aus Kradblatt 7/25 von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen
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Wie lange darf es vom Verstoß bis zum Entzug dauern?
Bei Delikten im Straßenverkehr, insbesondere bei Alkoholfahrten und bei Straßenverkehrsgefährdungen, wird in der Regel die Fahrerlaubnis entzogen. Bei Verkehrsdelikten ist dies von der Schwere der Tat abhängig und bei Alkoholfahrten vom Alkoholwert. Es kommt jedoch auch vor, dass die Fahrerlaubnis nicht unmittelbar nach der Tat entzogen wird, sodass immer wieder die Frage vor Gericht entschieden werden muss, wann eine Erziehung nicht mehr aufgrund Zeitablaufes zu erfolgen hat. Führt der Beschuldigte nämlich weiter ein Fahrzeug im Straßenverkehr, und dies unauffällig ohne jegliche Beanstandungen, wächst sein Vertrauen in den Bestand seiner Fahrerlaubnis.
Das heißt, die Möglichkeit der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis ist nicht mehr angemessen. Ein langer Zeitablauf zwingt damit zu einer besonderen Prüfung, ob unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten die Fahrerlaubnis noch vorläufig entzogen werden kann. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hatte einen solchen Fall, Urteil v. 23.11.2024, Az.: 2 Ws 355/24, zu entscheiden.
Der Verkehrsteilnehmer hatte sich der fahrlässigen Gefährdung des Straßenverkehrs strafbar gemacht. Die Tat hatte er am 10.04.2023 begangen. Das erstinstanzliche Urteil des Amtsgericht wurde jedoch erst am 25.03.2024 gesprochen – also fast ein Jahr später. Er wurde zur Zahlung einer Geldstrafe i.H.v. 50 Tagessätzen zu je vierzig Euro verurteilt. Zudem sollte die Fahrerlaubnis entzogen sowie eine Sperrfrist von sechs Monaten für den Gebrauch der Fahrerlaubnis verhängt werden.
Mit diesem Urteil waren weder die Staatsanwaltschaft noch die Verteidigung des Angeklagten einverstanden. Es wurde gegen das Urteil Rechtsmittel (Berufung) eingelegt. Das Urteil ist dadurch nicht rechtskräftig und die Fahrerlaubnis musste (noch) nicht abgeben werden. Das Landgericht, als zweite Instanz, sollte den Fall jetzt entscheiden.
Die Staatsanwaltschaft hat erst zweitinstanzlich beantragt, die Fahrerlaubnis vorläufig zu entziehen. Es wurde daraufhin mit Beschluss des Landgericht Karlsruhe vom 13.11.2024 die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis angeordnet. Hiergegen wurde das Rechtsmittel der Beschwerde eingelegt.
Das Oberlandesgericht Karlsruhe hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob die Fahrerlaubnis nach einem Zeitablauf von über achtzehn Monaten noch vorläufig entzogen wird oder aber abgewartet werden muss, wie das Berufungsverfahren vor dem Landgericht ausgeht. Dieser erhebliche Zeitablauf zwingt zu einer besonders sorgfältigen Prüfung, ob dem Angeklagten unter Verhältnismäßigkeitsgrundsätzen noch die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen werden kann.
Das Oberlandesgericht kam zu dem Ergebnis, dass kein vorläufiges Sicherungsbedürfnis an dem Führerschein bestand, sodass dem Angeklagten die Fahrerlaubnis nicht vorläufig zu entziehen war. Letztendlich wurde ihm die Fahrerlaubnis wieder herausgegeben, sodass er zumindest bis zum Abschluss des Berufungsverfahrens am Straßenverkehr teilnehmen durfte.
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