aus Kradblatt 6/25 von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen
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Aufmerksam rechnen empfiehlt sich …

Nach einem Verkehrsunfall kann man den Schaden konkret anhand der Reparaturrechnung abrechnen, man kann den Schaden aber auch „fiktiv“ abrechnen. Das heißt, man rechnet den Schaden so ab, wie er im Gutachten eines Sachverständigen berechnet wurde, bekommt jedoch nur den Netto-Schadensbetrag erstattet. 

Wählt man diese Abrechnungsvariante ist jedoch die gegnerische Versicherung berechtigt, das Gutachten und die Stundenlöhne im Gutachten zu überprüfen. Ermittelt die Versicherung eine Werkstatt, die in einer regionalen Nähe von 20 km vom Wohnsitz des Geschädigten ist und geringere Stundenlöhne für die Reparatur nimmt, kann die Versicherung den Geschädigten auf diese kostengünstigere Reparaturmöglichkeit verweisen. 

Der Bundesgerichtshof hatte jüngst einen Schadensfall zu entscheiden, in dem der Geschädigte sein Fahrzeug zu einem geringeren Betrag als im Sachverständigengutachten ermittelten Wert reparieren ließ. Die Versicherung verlangte von ihm die Herausgabe der Reparaturrechnung, nachdem der Geschädigte zunächst fiktiv abgerechnet hatte. 

Der Bundesgerichtshof hatte in einem Urteil vom 28.01.2025, Az.: V 1 ZR 390/24, einen solchen Sachverhalt zu entscheiden. 

Das Gericht kam letztendlich zu dem Ergebnis, dass der Geschädigte nicht verpflichtet ist, bei einer fiktiven Abrechnung die Rechnung für die Reparatur vorzulegen. Legt er die Rechnung nicht vor, dann bekommt er auch die Umsatzsteuer nicht erstattet. Legt er jedoch die Rechnung vor, dann kann es sein, dass, sofern der Rechnungsbetrag unter den fiktiven Reparaturkosten liegt, er sogar noch etwas zurückzahlen muss. Dies hatte zuvor auch der Bundesgerichtshof  schon entschieden. 

Im konkreten Fall hatte der Geschädigte während eines Heimaturlaubes in der Türkei die Reparatur durchführen lassen. Er verlangte anschließend die sogenannte Wertminderung und die Nutzungsausfallentschädigung von der Versicherung. Benötigt man jedoch für die Geltendmachung des Nutzungsausfalls eine Bestätigung der Werkstatt bzgl. der Reparaturdauer, läuft man Gefahr, dass die gegnerische Versicherung die Stundenlöh­­ne dieser Werkstatt dann ermittelt und die Abrechnung zudem kürzt. 

Man sollte sich folglich, bevor man einen Schadensfall auf der Grundlage einer fiktiven Abrechnung abrechnet oder eine Werkstatt mit der Reparatur beauftragt, genau durchrechnen, welche Alternative sich am meisten lohnt, um sich am Ende des Tages nicht ins eigene Fleisch zu schneiden.