aus Kradblatt 5/18
von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen
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BGH-Urteil in Sachen Nutzungsausfall

Der Nutzungsausfall ist nicht nur bei einem Pkw-Schaden, sondern auch beim Motorradschaden immer wieder höchst umstritten und auch über die Dauer des zu zahlenden Nutzungsausfalls werden sehr viele Rechtsstreitigkeiten vor den zuständigen Amts- und Landgerichten geführt. 

Der Bundesgerichtshof hatte bereits in einem Urteil vom 13.12.2011, Aktenzeichen VI ZA 40/01, entschieden, dass sofern ein Pkw vorhanden ist nach einem Motorradunfall für das Motorrad während der Wiederbeschaffungszeit oder auch der Reparaturdauer kein Nutzungsausfall gefordert werden kann. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte seine Entscheidung damit begründet, dass dem Geschädigten durch den Verkehrsunfall die Mobilität nicht entzogen sei. Dieses Urteil folgte der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 10.06.2008, Aktenzeichen.VI ZR 248/07) zum Nutzungsausfall für ein Wohnmobil.

Der sogenannte „Spielzeugcharakter“ greift bei der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes durch, obwohl in einer umgekehrten Konstellation, also wenn ein Pkw sowie ein Motorrad vorhanden ist und der Pkw in einen Unfall verwickelt wurde Nutzungsausfall gefordert werden kann. In diesem Fall muss sich der Geschädigte nicht auf sein Motorrad verweisen lassen. Insgesamt kann die Rechtsprechung nicht überzeugen. 

Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 23.01.2018, Aktenzeichen VI ZR 57/17) hatte jüngst einen Fall zu entscheiden, bei dem einem Geschädigten lediglich ein Motorrad als einziges Fahrzeug zur Verfügung stand. Das Besondere an diesem Fall war, dass das Motorrad lediglich über ein Saisonkennzeichen für die schöneren Jahreszeiten verfügte und nur bei gutem Wetter genutzt wurde. Der Geschädigte nutzte bei schlechterem Wetter die öffentlichen Verkehrsmittel mit einer Monatskarte. 

Der Geschädigte begehrte vor dem Gericht den Nutzungsausfall für das Motorrad, das aufgrund eines Unfalls beschädigt worden war. Das Landgericht, als erste Instanz, sprach dem Geschädigten keinen Nutzungsausfall zu, da er keinen Nutzungswillen habe. Der Geschädigte nahm dies jedoch nicht hin und legte gegen das Urteil ein Rechtsmittel ein, sodass der BGH als letzte Instanz darüber zu entscheiden hatte. 

Der BGH sprach dem Geschädigten den sogenannten Nutzungswillen zu und gab dem erstinstanzlichen Landgericht die Aufgabe zu ermitteln, an wie vielen Tagen im reparaturbedingten Ausfallzeitraum der Geschädigte das Motorrad genutzt hätte.

D.h. der BGH verwies den Geschädigten nicht auf seine Monatskarte, die er ja während der Reparatur hätte benutzen können, sondern urteilte, dass sofern während der Reparaturdauer schönes Wetter bestand, dem Geschädigten auch ein Nutzungsausfall zusteht. Das erstinstanzliche Landgericht muss folglich ermitteln, an wie vielen Tagen während der Reparaturzeit gutes Wetter war.

Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Nutzungsausfall für Motorräder wird durch dieses Urteil erneut konkretisiert. Einem Motorradfahrer, der einen Pkw hat, steht grundsätzlich kein Nutzungsausfall zu. Verfügt er jedoch über eine Monatskarte, um öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen und fährt er dann bei gutem Wetter mit dem Motorrad zur Arbeit, steht ihm nach der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs während der Zeit des guten Wetters der Nutzungsausfall zu. 

Der BGH macht folglich einen Unterschied, ob jemand über einen Pkw oder über eine Monatskarte verfügt. Eine Logik mag ich hierin nicht zu erkennen, aber letztendlich müssen wir das Urteil so hinnehmen. 

Es bleibt abzuwarten, wie der BGH in einem Fall entscheidet, in dem der Geschädigte vor dem Gericht unter Beweis vorträgt, dass er seinen Pkw bei gutem Wetter nicht nutzt und mit dem Motorrad zur Arbeit fährt. Eventuell wird der BGH nach dem Urteil zum Vorliegen einer Monatskarte seine Rechtsprechung dann ändern.