aus Kradblatt 3/23 von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen
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Geht Datenschutz vor?

 

Verbotswidrig geparkte Fahrzeuge sind für sich ordnungsgemäß verhaltende Verkehrsteilnehmer oft ein Ärgernis: Neben der möglichen Verkehrsbehinderung stört sich mancher an Verkehrsteilnehmern, die sich über Halteverbote einfach hinwegsetzen. Aber ist es zulässig, falsch geparkte Fahrzeuge zu fotografieren und deren Halter damit bei der Polizei anzuzeigen oder steht dem der Datenschutz entgegen? Das Verwaltungsgericht Ansbach hat mit zwei Urteilen vom 02.11.2022 (Aktenzeichen: AN 14 K 22.00468 und AN 14 K 21.01431) im Sinne des Anzeigenden entschieden.

Der Kläger hatte mehrfach Fotoaufnahmen von ordnungswidrig geparkten Fahrzeugen, auf denen das Kfz-Kennzeichen zu erkennen war, in der jeweiligen Parksituation gefertigt und diese per E-Mail teilweise über eine entsprechende Internet-Seite zum Zwecke der Verfolgung als Ordnungswidrigkeit an die Polizei übersandt. Er zeigte auf diese Weise mindestens sechs Personen bei acht Vorfällen an. 

Nach einer Prüfung des Vorliegens eines Datenschutzverstoßes wurde der Kläger durch die zuständige Behörde verwarnt. Ihm wurde erklärt, dass das Fotografieren und Weiterleiten der Kfz-Kennzeichen eine Datenverarbeitung im Sinne der Datenschutz-Grundverordnung darstelle, für die aber kein Erlaubnistatbestand des Artikel 6 greife, insbesondere liege kein hinreichend berechtigtes Interesse nach Art. 6 Absatz 1 Satz 1 Buchstabe f Datenschutz-Grundverordnung vor. 

Diese Vorschrift besagt, dass eine Datenverarbeitung nur rechtmäßig ist, wenn die Verarbeitung zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist. Laut Behörde sei die Übermittlung von Fotos kein Teil des Anzeigerechts und eine persönliche Betroffenheit durch das Falschparken war nicht mitgeteilt worden. Die Übersendung von Fotos sei zudem nicht erforderlich, eine Dokumentation der Ordnungswidrigkeit sei für die Anzeige nicht notwendig.

Der Kläger erhob gegen die Verwarnung Klage und das Verwaltungsgericht Ansbach gab den Klagen statt. Es sah die Verwarnung als rechtswidrig an und ordnete die Aufhebung an. Ein Verstoß gegen das Datenschutzrecht liegt danach nicht vor. 

Durch die Übermittlung der Fotoaufnahmen ist zwar eine Datenverarbeitung gegeben. Der Kläger hat aber ein berechtigtes Interesse an der Anzeige mittels Übersendung von Lichtbildern, da die Datenverarbeitung dem Hinweis auf eine begangene Ordnungswidrigkeit dient. Zudem besteht durch falsch geparkte Fahrzeuge eine abstrakte Unfallgefahr, die auch den Kläger betrifft. Ob dies auch für den Fall von massenhaften Anzeigen gelte, war nicht zu entscheiden, weil es hier nur um sechs Fälle ging. 

Auch die Erforderlichkeit wurde vom Verwaltungsgericht Ansbach bejaht. Eine rein mündliche oder schriftliche Beschreibung der Umstände etwa durch bloße Nennung des Kennzeichens und des Standorts ist nicht in gleichem Maß wie ein Lichtbild geeignet, eine Ahndung des Parkverstoßes herbeizuführen. Ein objektives Foto erleichtert die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten durch die Polizei. Schließlich wiegt das Interesse der Falschparker am Datenschutz weniger als das des Anzeigenden. Der falsch Parkende muss damit rechnen, dass seine Daten zum Zwecke der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten verarbeitet werden können, zumal der Informationsgehalt des Kfz-Kennzeichens sehr gering ist. Die Rechte des Anzeigenden an der Anzeige mittels Datenverarbeitung überwiegen. Die Verwarnung war deshalb aufzuheben.