aus Kradblatt 10/15 von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen www.janschweers.de

Schadenersatz für Motorradkleidung

Kommt ein Motorradfahrer unfallbedingt zu Fall und wird seine Schutzkleidung dadurch beschädigt, so darf die regulierende gegnerische Krafthaftpflichtversicherung keinen Abzug „neu für alt“ vornehmen. Dies entschied das OLG München (Urteil vom 26.06.2015, 10 U 2581/13).

Grundsätzlich gilt: Beschädigt jemand das Eigentum eines Anderen, so darf dieser Schadenersatz fordern und verlangen, dass der Zustand wieder hergestellt wird, der bestehen würde, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre. Dieser Grundsatz ist auch gesetzlich verankert (§ 249 Abs. 1 BGB). Eine Bereicherung soll der Geschädigte durch den Unfall jedoch nicht erfahren.

Auf die Unfallsituation eines Motorradfahrers bezogen heißt dies konkret: Stürzt dieser infolge eines Unfalls von seinem Motorrad und wird dabei seine Motorradkleidung beschädigt, so wird die gegnerische Krafthaftpflichtversicherung diese ersetzen müssen. Jedoch stellt sich die Frage, wie z.B. die schon getragene Schutzkleidung wieder herstellt werden soll. Denn die Schutzkleidung war in den meisten Fällen gebraucht und getragen, bevor sie beschädigt wurde. Es ist so nahezu aussichtslos die beschädigte Jacke, die Handschuhe oder den beschädigten Helm in dem Zustand, in dem sich die Sachen vor dem Unfall befanden, gebraucht irgendwo zu finden, so dass es unmöglich sein dürfte den vor dem Unfall bestehenden Zustand der Schutzkleidung wiederherzustellen.

Da die Wiederherstellung des Zustandes vor dem Unfall praktisch unmöglich war, wurden die Anschaffungsbelege der beschädigten Schutzkleidung bei dem Versicherer eingereicht, um den Motorradfahrer überhaupt entschädigen zu können. Anstatt den Schadensbetrag (d.h. den Anschaffungsbetrag) vollständig auszuzahlen, kürzen die Versicherer die Beträge und begründen ihre Kürzungen mit dem sog. „Abzug neu für alt“. Das heißt, dass ein bereits zwei Jahre in Gebrauch befindlicher Helm, der damals rund 500 Euro kostete, nicht mehr mit diesem Wert erstattet wird, sondern beispielsweise nur noch mit dem hälftigen Betrag, da sich der Gegenstand im Laufe der Zeit abgenutzt hat. Es soll so keine Bereicherung des Geschädigten stattfinden.

Auch ich erfahre in der Praxis immer wieder, dass sich die Krafthaftpflichtversicherer „querstellen“, wenn es um die Regulierung des vollständigen Bekleidungsschadens geht. Immer wieder werden die eingereichten Anschaffungsbelege der Schutzbekleidung nicht vollständig reguliert. Die Versicherungen begründen dies mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, der die Höhe des Schadensersatzes nach dem Verhältnis der Nutzungsdauer des alten und des neuen Gegenstandes bemessen.

Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte zu diesem Thema ist nicht einheitlich. Jetzt hat sich das OLG München in seinem aktuellen Urteil zu dieser Problematik geäußert. Der Entscheidung des OLG München lag der folgende Fall zu Grunde:
Bei dem Verkehrsunfall des Klägers (Motorradfahrer) wurde unter anderem die Motorradschutzkleidung, d.h. der Helm, die Motorradstiefel und die Lederkombi beschädigt. Der Kläger klagte auf vollständige Erstattung des Wertes für die Schutzbekleidung und unterlag in der ersten Instanz. In der zweiten Instanz sprach ihm das OLG München jedoch den Ersatz der bei dem Motorradunfall beschädigten Schutzkleidung, ohne einen Abzug „neu für alt”, zu. (Anmerkung: aufgrund einer Mithaftung des Motorradfahrers an dem Unfall jedoch in einer Quote von 50 %.). 
Zur Begründung führte das OLG München aus, dass die Schutzkleidung ausschließlich der Sicherheit diene, so dass eine Vermögensmehrung bei Neuanschaffung bei dem Geschädigten nicht eintritt und aus diesem Grunde der im Bereich des Kleiderschadens übliche Abzug nicht vorgenommen werden darf.

Es bleibt abzuwarten, ob weitere Oberlandesgerichte ihre Rechtsprechung zu diesem Thema ändern und den Geschädigten den vollen Ersatz zusprechen..