aus Kradblatt 9/17
von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen
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Kein Versicherungsschutz für Touristenfahrten auf offiziellen Rennstrecken

Das OLG Hamm (Beschluss vom 8.3.2017, I-20 U 213/16) hat entschieden, dass die Ausschlussklausel in der Kfz-Vollkaskoversicherung, in der es unter der Überschrift „Touristenfahrt“ heißt: „Kein Versicherungsschutz besteht für Touristenfahrten auf offiziellen Rennstrecken.“, wirksam ist.

Der Fall:

Der Kläger befuhr am 9.6.2015 mit seinem Fahrzeug  im Rahmen eines sog. „Freien Fahrens“, die Nordschleife des Nürburgrings. Es kam zu einem Unfall, bei dem sein Fahrzeug stark beschädigt wurde. Der Kläger meldete den Schaden bei  seiner PKW-Vollkaskoversicherung (im Folgenden Beklagte) und bat um Kasko-Abrechnung des Schadens. Der Schadensbetrag belief sich auf 8.200 Euro.

Die Beklagte lehnte, auch nach einem weiteren anwaltlichen Schreiben, die Einstandspflicht und Zahlung gegenüber dem Kläger ab und verwies auf die Risikoausschlussklausel in ihren AKB. In den zugrunde liegenden AKB (Ziff. A.2.17.4) heißt es nämlich unter der Überschrift „Touristenfahrten“: „Kein Versicherungsschutz besteht für Touristenfahrten auf offiziellen Rennstrecken“.

Die Beklagte wendete ein, dass sich der Unfall gerade im Rahmen einer solchen Touristenfahrt ereignete und sie deshalb nicht zur Zahlung verpflichtet sei. Zahlen werde sie jedenfalls nicht. Wegen dieser ablehnenden Haltung erhob der Kläger Klage zum Landgericht Hagen.

Das Landgericht Hagen lehnte die klägerische Forderung mit Urteil vom 22.11.2016, Aktenzeichen 9 O 366/15 als unbegründet ab. Es begründete seine Entscheidung damit, dass der Kläger von der Beklagten keine Leistungen aus der bestehenden Vollkaskoversicherung verlangen kann, da der streitgegenständliche Schadensfall nicht in den Versicherungsschutz fällt. Es steht nämlich dem klägerischen Anspruch die o.g. Ausschlussklausel der Beklagten entgegen. Der Kläger wollte sich jedoch nicht geschlagen geben und legte gegen das Urteil des Landgerichts Berufung beim Oberlandesgericht Hamm ein. Die Berufung wurde auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Das OLG Hamm sah nämlich den Ausschluss des Versicherungsschutzes für solche Fahrten, wie bereits das Landgericht, ebenfalls als wirksam an. Es begründete seine Entscheidung damit, dass für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer ausreichend erkennbar ist, dass das Risiko von Unfällen im Rahmen auch von „freien Fahrten“ auf Rennstrecken, außerhalb von offiziellen Rennveranstaltungen, erhöht ist. Die Beklagte hat klar und deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie gerade das damit verbundene Risiko nicht decken will. Der Sinn und Zweck der Ausschlussklausel ist es doch, das erhöhte Risiko von Unfällen im Rahmen von „freien Fahrten“ auf Rennstrecken außerhalb von offiziellen Rennveranstaltungen vom Versicherungsschutz auszuschließen. Es ist – insbesondere unter dem Kostenaspekt – nachvollziehbar, dass der Versicherer solche bewussten risikointensiven Fahrten nicht decken möchte und sie somit vom Versicherungsschutz ausnimmt, so der Senat.

Vor diesem Hintergrund ist die Ausschlussklausel nach Ansicht des OLG Hamm auch AGB-rechtlich nicht zu beanstanden.

Der Kläger konnte auch nicht mit der Begründung für seinen Anspruch durchdringen, dass es unter Umständen und insbesondere bei bestimmten Wetterverhältnissen häufig wesentlich gefährlicher sein mag, ein Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr zu führen, als im Rahmen einer Touristenfahrt auf einer Rennstrecke. Jedoch kommt es hierauf nicht an. Denn entscheidend ist einzig und allein, dass der Versicherer, hier die Beklagte, durch die vertragliche Ausschluss-Regelung unmissverständlich zum Ausdruck bringt, dass das Risiko von Touristenfahrten auf offiziellen Rennstrecken, wie gerade dem Nürburg­ring, vom Versicherungsschutz nicht gedeckt wird. Die Ausschlussklausel betrifft nicht den öffentlichen Verkehrsraum, etwa eine öffentliche Straße oder Plätze. Als öffentlicher Verkehrsraum kann der Nürburgring indes nicht angesehen werden.

Begibt sich der Fahrer somit selbstständig und bewusst mit seinem Fahrzeug auf solch eine freigegebene Rennstrecke und kommt es zum Unfall, kann er nicht damit rechnen, dass sein Fahrzeugschaden durch die Vollkaskoversicherung gezahlt wird.

Es ist sein alleiniges Risiko, was er einschätzen und im Zweifel auch abdecken muss und nicht das der Vollkaskoversicherung. In diesem Fall geht der sich auf die Rennstrecke begebende Fahrer im Falle eines Unfalls leer aus.