aus Kradblatt 4/17
von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen
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Ausbremsen im Straßenverkehr

Ihr kennt sicherlich die Situation im Straßenverkehr, dass ihr in der Stadt, auf der Landstraße oder Autobahn fahrt und einem dicht im Nacken ein anderes Fahrzeug hängt. Man ist genervt und fragt sich, warum der nachfolgende Verkehrs­teilnehmer einen durch das dichte Auffahren gefährdet. Dies scheint in letzter Zeit immer mehr zuzunehmen. Woran das liegt, kann ich nur vermuten. Entweder daran, dass man sich nicht darüber bewusst ist, dass der Mindestabstand die Hälfte der Geschwindigkeit betragen muss oder aber, dass man sich zu sehr auf die Bremsen unserer modernen Fahrzeuge verlässt.

Dass eine Unterschreitung des Mindestabstandes ein Bußgeld und Punkte kostet, ist wohl jedem klar. Dass es zusätzlich ein Fahrverbot bedeuten kann, wenn die Abstände unterschritten werden, dürfte sich auch herumgesprochen haben. Strafrechtlich kann man sich auch einer Verfolgung wegen Nötigung und Straßenverkehrsgefährdung aussetzten.

Doch wie soll man sich als Vorausfahrender verhalten, um nicht auch mit dem Gesetzt in Konflikt zu geraten, wenn man den nervigen Verfolger loswerden und sich nicht durch das ständige Auffahren einer Gefahr aussetzen will? Eine schwere Entscheidung. Sicherlich macht man alles richtig, wenn man den Drängler durch ein Ranfahren an den Straßenrand oder durch einen Spurwechsel passieren lässt. Sofern dies nicht möglich ist, da man z.B. auf der Autobahn während eines Überholvorgangs nicht auf die andere Fahrspur wechseln kann, wird man den Drängler hinter sich erdulden müssen.

Darf man den Drängler nicht durch ein Abbremsen auf seine für alle gefährliche Fahrweise hinweisen? Eine interessante Frage.

Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 21.06.2016, Aktenzeichen 4 StR 1/16) hatte einen extremen Fall zu entscheiden, in dem ein Straßenverkehrsteilnehmer innerhalb der geschlossenen Ortschaft bei zugelassenen 50 km/h und einem Abstand von 15 bis 20 Metern sein Fahrzeug bis zum Stillstand abbremste. Es bestanden laut den Feststellungen des Bundesgerichtshofes keine Anhaltspunkte für die Vollbremsung. D.h. es lag keine Gefahrbremsung aufgrund des vorausfahrenden Verkehrs vor. Der vorausfahrende Verkehrsteilnehmer bremste so stark, dass auch der nachfolgende Fahrer stark bremsen musste, da er nicht mehr ausweichen konnte. Nur durch dieses starke Abbremsen konnte er eine Kollision vermeiden.

Der Bundesgerichtshof hatte sich mit der Rechtsfrage zu befassen, ob eine Straßenverkehrsgefährdung gemäß § 315 b StGB vorliegt. Setzt ein Fahrzeugführer sein Fahrzeug in verkehrsfeindlicher Einstellung bewusst zweckwidrig ein, um in die Sicherheit des Straßenverkehrs einzugreifen und um Leib oder Leben eines anderen Menschen oder einer fremden Sache von bedeutendem Wert konkret zu gefährden, dann ist dies strafbar.

Im vorliegenden Fall war dem vorausfahrenden Fahrer zwar bewusst, dass er durch sein Verhalten die Gefahr eines Zusammenstoßes schuf, er vertraute jedoch darauf, dass es nicht dazu kommt. Der Bundesgerichtshof ließ die Strafbarkeit des Fahrers daran scheitern, dass er keinen Schädigungsvorsatz hatte und das Gericht in seinem Verhalten auch keine konkrete Gefährdung des nachfolgenden Fahrers sah. Dies offensichtlich, weil der Angeklagte davon ausging, dass die Aktion gutgeht.

Das Urteil soll sicherlich keinen Freibrief für solch ein Verhalten geben. Es ist eine Einzelfallentscheidung. Wer sich so verhält, muss sich darüber im Klaren sein, dass es die Fahrerlaubnis und eine empfindliche Geldstrafe kosten kann.

Unsere Straßen werden immer voller, so dass weder Drängeln noch Ausbremsen eines nachfolgenden Verkehrsteilnehmers dazu führen werden, dass das gewünschte Ziel schneller erreicht wird. Bewahrt einen kühlen Kopf und haltet die Vorgaben zum Abstand ein. Ein Unfall bringt niemanden weiter und kostet noch mehr Zeit.