aus Kradblatt 01/17 – Rechtstipp
von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen
www.janschweers.de

Blitzen ohne Bauartzulassung

Über das Messgerät Poliscan Speed hatte ich schon verhältnismäßig viel berichtet.
Es handelt sich um ein Lasermessgerät, das anhand einer Laserpuls-Laufzeitmessung eine Geschwindigkeit ermittelt. Dabei wird der Fahrbahnbereich über eine Distanz zwischen 10 – 75 Metern und einem horizontalen Scanwinkel von 45 Grad abgetastet. Der Messbereich erstreckt sich über einen Entfernungsbereich von ca. 20 – 50 Metern parallel zur Fahrbahnrichtung des Messgerätes. Die Lichtimpulse des Gerätes gelangen nach der Reflexion am Fahrzeug über einen rotierenden Spiegel zum Messkopf zurück und werden dort ausgewertet. Kommt das Messgerät zu dem Ergebnis, dass die errechnete Geschwindigkeit zu hoch ist und damit die zulässige Geschwindigkeit überschritten wurde, fertigt das Messgerät ein Foto.

Poliscan Speed ist ein Messgerät, das immer wieder in der Kritik steht. Die Amts- und auch die Oberlandesgerichte hat dies bisher wenig interessiert. Immer wieder haben die Gerichte in jüngsten Urteilen darauf hingewiesen, dass es sich um ein sogenanntes standardisiertes Messverfahren handele und deshalb die Messung nicht in Zweifel zu ziehen sei. Insbesondere wurde immer wieder kritisiert, dass das Messfoto zu einem Zeitpunkt gefertigt wird, zu dem die Messung bereits abgeschlossen ist. Die Gerichte interessierte dies wenig. Das Amtsgericht Mannheim, Urteil vom 29.11.2016, Aktenzeichen 21 OWi 509 Js 35740/15, wollte sich offensichtlich dieser Vorgehensweise nicht anschließen und hinterfragte nunmehr in einem Bußgeldverfahren einen Geschwindigkeitsvorwurf. Da das Gericht nicht die Sachkunde hatte, eine Messung auf die Ordnungsgemäßheit zu überprüfen, beauftragte es einen Sachverständigen damit. Der gerichtlich bestellte Sachverständige beschäftigte sich umfangreich mit dem Messgerät und insbesondere mit der Messwertbildung.

Er ging aber auch noch weiter und studierte die Bauartzulassung. Aus der Bauartzulassung geht hervor, dass außerhalb des Messbereiches von 20 bis 50 Metern detektierte Objektpunkte bei der Messwertbildung nicht berücksichtigt werden. Folglich darf alles was außerhalb dieses Bereiches ermittelt wird, nicht bei der Messwertbildung und der Ermittlung des Geschwindigkeitswertes berücksichtigt werden. Der Sachverständige stellte jedoch fest, dass im Vorfeld und Nachfeld des Messbereiches, also in einem Bereich von unter 20 Metern und über 50 Metern Rohdaten erfasst werden, die in die Messwertbildung einfließen. Folglich wird der Messwert auch außerhalb eines Bereiches ermittelt, der von der Physikalisch Technischen Bundesanstalt (PTB) festgelegt wurde.

Der Sachverständige bestätigt damit die immer wieder von den Verteidigern angebrachten Zweifel an der Ordnungsgemäßheit und Verwertbarkeit der Messung. Zweifel, die offensichtlich auch begründet sind, da sich die Herstellerfirma und das Messgerät nicht an die Vorgaben der PTB halten. Das Messgerät ist allerdings innerhalb dieser Vorgaben zu betreiben, so dass es bei Nichteinhaltung der Vorgaben gegen die Bauartzulassung verstößt.

Ich kann nicht verstehen, warum mit solch widrigen Methoden Bußgelder eingefordert werden und Bußgeldbehörden und Gerichte den Standpunkt vertreten, dass eine Messung bei einem sogenannten standardisierten Messverfahren nicht zu hinterfragen ist. Offensichtlich hat es unser Land nötigt, mit Messverfahren, die nicht der Zulassung entsprechen, Geldbußen einzutreiben. Ein Zustand, den es in Zukunft um so mehr zu hinterfragen gilt. Nach dieser Erkenntnis haben Verkehrs­teilnehmer gute Chancen, gegen einen falsch ermittelten Geschwindigkeitswert erfolgreich vorzugehen..