aus Kradblatt 11/15

Zum Editorial 10/15 gab es viele Reaktionen und Leserbriefe.

Marco Meyburg von MM-Performance aus 28844 Weyhe (www.mmperformance.de) schickte uns einen Erfahrungsbericht aus seiner Werkstatt. Marco beschäftigt sich u.a. mit der Vergaserreinigung und -instandsetzung.

verstopfte DuesenImmer mehr ältere Motorräder springen schlecht oder gar nicht an, oder laufen nicht auf allen Zylindern weil ein oder mehrere Vergaser verdreckt sind. Die ersten Anzeichen dafür sind meistens, dass das Motorrad immer länger mit Choke gefahren werden muss weil es ohne Choke ausgehen würde. Der Grund sind verdreckte Lehrlaufdüsen die zu wenig oder kein Benzin mehr durchlassen. Der Motor bekommt dann im unteren Drehzahlbereich nur noch Benzin, welches über den Choke zugeführt wird. Auch setzen sich die kleinen Kanäle durch die das Benzin durch die Vergaser läuft mit der Zeit zu, da hilft es dann nicht, nur die Schwimmerkammern abzuschrauben und die Düsen durchzupusten.

Gelee in SchwimmerkammernSeitdem wir den Biosprit haben ist das alles noch schlimmer geworden. Manche Vergaser die ich aufmache sehen von innen aus wie ein Feuchtbiotop. Dass einem da kein Frosch entgegenhüpft ist alles. Die einzig vernünftige Lösung ist den Vergaser komplett zu zerlegen und Ultraschall reinigen zu lassen.

Dabei werden die Vergaserteile in ein vorzugsweise beheiztes Ultraschallbad mit spezieller Reinigungsflüssigkeit gehängt, wo sie schonend gereinigt werden bis sie aussehen wie neu.

Das Prinzip der Ultraschallreinigung basiert auf der aus der Physik bekannten „Kavitation“. Bedingt durch sich ständig ändernde Druck- und Unterdruckzustände im flüssigen Medium platzen an den Werkstücken anhaftende Gasblasen und setzen dabei ein hohes Maß an Energie frei. Der Schmutz wird förmlich abgesprengt ohne den Vergaser zu beschädigen.

Sauberer VergaserMan kann auch nur mit destillierten Wasser reinigen, was aber nur bei sehr leichter Verschmutzung den gewünschten Effekt erzielt. Bei stark verschmutzten Vergasern gibt man spezielle Reiniger dazu, die den Dreck besser lösen, das Material aber nicht angreifen. Gute Ultraschallgeräte kann man bis 80  °C aufheizen, was die Reinigung noch mal verbessert. Meist reichen 40  °C völlig aus.

Einige reinigen mit Geschirrspülmittel als Zusatz weil es preisgünstiger ist was aber nach hinten losgeht wenn man den Reiniger nicht wieder komplett aus den Vergasern gespült bekommt. Es kann sich dann mit dem Benzin eine gallertartige Masse verwandeln, die den Vergaser mehr verstopft als vor der Reinigung.
Ein Motorrad bei dem die Vergaser zerlegt, im Ultraschallbad gereinigt und anschließend synchronisiert wurden springt sofort an und läuft viel besser. Meist kann man dann den Choke schon nach wenigen Sekunden wieder rausnehmen.

Das Reinigen eines Vergasers, der zerlegt gebracht wird, kostet ca. 30 Euro. Bei einem 4-Zylinder Motorrad kostet der Ausbau, zerlegen, reinigen, zusammenbauen und synchronisieren ca. 250 bis 350 Euro plus evtl. neue Dichtungen oder Teile für die Vergaser. Aber es lohnt sich! Genaue Preise gibt es auf Anfrage bei mir, der Versand ist auch möglich (Telefon 0421/801270).
Marco Meyburg

Detlef Brandenburg AralJörg van Senden hat Detlef Bradenburg, Pressesprecher der Aral, zu diesem Thema befragt und interessante Antworten bekommen.

Detlef Brandenburg:
„Zunächst einige einleitende Bemerkungen zum Thema:
Additive, die Kraftstoffen zur Verbesserung bestimmter Eigenschaften zugesetzt werden, verflüchtigen sich nicht während längerer Standzeiten von Motorrädern sondern haben eher einen positiven Einfluss auf das angeführte Problem der Korrosion an Metalltanks. Ursächlich ist nicht die Beimischung von Ethanol sondern Wasser, welches durch die so genannte Tankatmung in den Fahrzeugtank gelangen kann. Bei moderaten Temperaturen über Tage dehnt sich das Kraftstoffvolumen im Tank aus und leicht siedende Bestandteile können so über die Tankentlüftung entweichen. Abends und nachts kühlt der Kraftstoff ab, sein Volumen verringert sich und wird durch eingesaugte feuchte Außenluft ersetzt. Dieser immer wieder stattfindende Austausch führt zur Anreicherung von Wasser im Tank, welches sich wegen seiner höheren Dichte am Tankboden absetzt und so bei Metalltanks Korrosion verursachen kann. Stark begünstigt wird ein solches Verhalten, wenn der Tank des Motorrad bei längeren Standzeiten nur mit wenig Kraftstoff befüllt wird und somit ein größeres Volumen an feuchter Luft ermöglicht wird.
Ethanol ist aufgrund seines chemischen Aufbaus mit Wasser in jedem Verhältnis mischbar. Bei Verwendung von Kraftstoffen mit Ethanol kann die Feuchtigkeit durch den Kraftstoff aufgenommen und somit „unschädlich“ gemacht werden. Allerdings muss der Tank des Motorrades vor längeren Standzeiten z. B. beim Überwintern unbedingt möglichst vollgefüllt werden um übermäßige Tankatmung/Wasseranfall zu vermeiden und ein möglichst hohes Wasseraufnahmevermögen des Kraftstoffes zu erzielen.“

Jörg van Senden:
„Wie viel Alkohol steckt in Ihrem Premium Benzin?“

Detlef Brandenburg:
„Wir bieten unseren Kunden mit unserem Hochleistungskraftstoff Aral Ultimate 102 einen unverbleiten, schwefelfreien Ottokraftstoff, entsprechend den Anforderungen der DIN EN 228, bei dessen Herstellung auf die Zugaben von Bioethanol verzichtet wird. Der Basiskraftstoff wird aus besonders reinen Produktströmen und nach einer völlig eigenständigen Rezeptur exklusiv für Aral produziert. Die Kombination aus einem einzigartigen Grundkraftstoff und einem speziell angepassten Additivpaket schützt den Motor vor unerwünschten Ablagerungen und Korrosion.“

Jörg van Senden:
„Macht es Sinn als letzte Tankfüllung vor der Stilllegung Premium Benzin zu tanken?“

Detlef Brandenburg:
„Alle unsere Ottokraftstoffe sind potenziell geeignet Motorräder zu überwintern. Hierbei sind allerdings die Anforderungen des Fahrzeugherstellers bei der Kraftstoffwahl zu berücksichtigen.
Die Verwendung unseres Premiumproduktes Aral Ultimate 102 empfiehlt sich nicht nur für die letzte Tankfüllung sondern für den ständigen Betrieb des Fahrzeuges. Da der Kraftstoff kein Ethanol enthält ist die Wasseraufnahmefähigkeit begrenzt. Aral Ultimate 102 ist jedoch mit einer leistungsstarken Wirkstoffkombination ausgestattet. Die enthaltenen Korro­sionsinhibitoren überziehen Metallflächen mit einem äußerst dünnen Schutzfilm, der die Oberfläche vor Korrosion schützt.
Bei längeren Standzeiten von Fahrzeugen können leichtflüchtige Bestandteile, die eine gute Klopffestigkeit aufweisen, verdampfen. Hierdurch kann sich das Kaltstart- und Fahrverhalten in der Warmlaufphase der Motoren verschlechtern. Zudem kann es durch die Verschlechterung der Oktanzahlen zu klopfender Verbrennung, mit der Gefahr ernster Motorschäden, kommen. Hier kommen weitere Vorteile von Aral Ultimate 102 zum Tragen. Die deutlich verbesserte Klopffestigkeit, mit einer Research-Oktanzahl (ROZ) von 102 sowie der geringere Anteile an besonders leichtflüchtigen Bestandteilen im Aral Ultimate 102 bewirken ein sicheres Starten nach der Winterpause, besonders bei Motorrädern mit Vergasern.
Grundvoraussetzung ist aber auch hier, dass das Fahrzeug vor längeren Standzeiten wie dem Überwintern vollgetankt wurde.“

Jörg van Senden:
„Welche Hinweise können Sie uns zu verklebten Gummiteilen und Vergasern geben?“

Detlef Brandenburg:
„Elastomere, wie die im Kraftstoffsystem verbauten Dichtungen unterliegen der Alterung und dies führt zu deren Versprödung. Elastomere, die in älteren Motorrädern (ca. vor 2005) verbaut wurden, sind nicht unbedingt beständig gegen Ethanol. Alte, versprödete oder nicht beständige Elastomere (Dichtungen, Leitungen, Filter etc.) sollte der Anwender ggf. rechtzeitig austauschen. Die ausschließliche Verwendung von ethanolfreiem Premiumkraftstoff ist häufig keine Alternative, da auf Reisen – z. B. ins Ausland – seine Verfügbarkeit in vielen Ländern nicht garantiert ist. Grundsätzlich ist auch hier zu beachten, dass der Tank vor der Winterpause möglichst voll zu tanken ist. Elastomere, die „trocken“ überwintern, altern und verspröden schneller und stellen hierdurch u. U. auch ein Sicherheitsproblem durch Undichtigkeiten mit Brandgefahr dar.“

Jörg van Senden:
„Gibt es einen Zusammenhang mit zu schnell verflüchtigten Additiven oder verdunstet der Sprit im Vergaser und die Additive bleiben zurück und verkleben ihn?“

Detlef Brandenburg:
„Wird der Tank vor der Winterpause nicht vollgefüllt, kann eine höhere Fluktuation an leichtsiedenden Kraftstoffbestandteilen stattfinden. Die nicht so leicht flüchtigen Komponenten und auch die Additive reichern sich dann über der Zeit im Kraftstoff an. Zudem ist nicht auszuschließen, dass durch den hohen Luftanteil im Tank der Kraftstoff leichter altert und sich seine Eigenschaften hierdurch verändern. Dies kann einen erheblichen negativen Einfluss auf sein anwendungstechnisches Verhalten haben. Neben dem Füllstand und der getankten Kraftstoffqualität haben häufig stattfindende Temperaturwechsel, wie sie z. B. bei der Überwinterung im Freien auftreten, einen erheblichen Einfluss.
Wie bereits angeführt enthält Aral Ultimate 102 weniger leichtsiedende Komponenten, darüber hinaus ist das Siedeende auf max. 190 °C begrenzt (erlaubt ist laut der DIN EN 228 eine maximales Siedeende von 210 °C). Hierdurch werden relativ schwerflüchtige Kraftstoffkomponenten, die bei einer unvollständigen Verbrennung Ablagerungen bilden können vermieden. Das spezielle Additivpaket enthält Reinigungs- und Reinerhaltungsbestandteile, welche störende Rückstände an allen Problemzonen – von Vergaser und Einspritzventil bis hin zum Einlassventil — garnicht erst entstehen lassen.“

Jörg van Senden:
„Wie lange darf ein Motorrad mit welchem Sprit im Tank stillgelegt werden, ohne dass es zu Schäden kommt?“

Detlef Brandenburg:
„Die Eigenschaften von Ottokraftstoffen sind in den Mindestanforderungen der deutschen Fassung der europäischen Kraftstoffnorm DIN EN 228 festgelegt. Diese berücksichtigt auch die Oxidationsbeständigkeit und damit die Lagerbeständigkeit von Kraftstoffen. Einen ganz wesentlichen Einfluss auf die Alterung von Kraftstoffen haben die Lagerbedingungen und auch die im Kraftstoffsystem von Fahrzeugen verwendeten Materialien. Häufiger Temperaturwechsel, hoher Luft- (Sauerstoff-) Anteil, Wasser und Kupfer oder Messing beschleunigen die Kraftstoffalterung ganz erheblich. Bei diesem Alterungsprozess bilden sich zum Teil kraftstoffunlösliche Reaktionsprodukte mit klebriger Konsistenz, die Düsen verstopfen und Membranen in Vergasern verkleben können. Unter guten Lagerbedingungen sind Ottokraftstoffe mindestens 1 Jahr ohne Qualitätseinbußen einsetzbar. Bei der Verwendung ist allerdings zu berücksichtigen, dass Kraftstoffe jahreszeitlich angepasst werden um im Winter (16.11 bis 15.03) als auch im Sommer (01.04 bis 30.09) ein optimales Kalt- bzw. Heißfahrverhalten sicherzustellen.“

Nachfolgend sind zusammenfassend die wichtigsten Maßnahmen für eine hohe Betriebssicherheit nochmals aufgelistet:

Den Lagertank möglichst vollständig füllen, so hat nur wenig Luftsauerstoff zutritt. Dabei sollte der Tank jedoch nur bis zu 95 % gefüllt werden, um genügend Platz für temperaturbedingte Ausdehnungen des Kraftstoffs zu lassen.
Hohe und häufig wechselnde Temperaturen vermeiden. Der Kraftstoff/Fahrzeug sollte möglichst bei konstanten, niedrigen Temperaturen und wenn möglich geringer Luftfeuchte gelagert werden.
Die jahreszeitliche Eignung des Kraftstoffs ist bei seiner Verwendung zu beachten, d. h.: Winter-Ottokraftstoff nicht im Sommer verwenden (und umgekehrt).
Regelmäßige optische Überprüfung des Kraftstoffes auf Trübung, ggf. austauschen.

Jörg van Senden:
„Wann sollte man den Sprit besser komplett ablassen?“

Detlef Brandenburg:
„Wir empfehlen unseren Kunden bei der Überwinterung von Fahrzeugen den Kraftstofftank nicht komplett zu entleeren, da hierdurch kraftstoffführende Bauteile und Dichtungen austrocknen und ggf. porös bzw. undicht werden können. Dies betrifft im Besonderen alte nicht mehr flexible Elastomere, die Veränderungen meist mit Undichtigkeiten quittieren.“

Jörg van Senden:
Vielen Dank für die Antworten, Herr Brandenburg.

Auf unsere Anfrage bei Shell haben wir eine ziemlich kurze Antwort erhalten, die sich inhaltlich jedoch mit den Aussagen von Herrn Brandenburg deckt.

„Eine Zunahme von Beschwerden über das bekannte von Ihnen beschriebene Phänomen haben wir bei uns nicht registrieren können. Vielmehr ist diese Beobachtung saisonal immer mal wieder Thema in einigen wenigen Fällen.
Unsere Empfehlung zur Stilllegung eines Motorrades im Winter lautet deshalb seit Jahren adäquat zu der des ADAC, einen Metalltank unter Beachtung der Herstellervorschriften im Bedienungshandbuch bis zum max. Füllstand aufzufüllen – vorzugsweise mit unserem Premiumkraftstoff Shell V-Power Racing und möglichst diesen schon beim vorletzten Tankvorgang der Saison zu wählen. Shell V-Power Racing hat nicht nur eine höhere Oktanzahl, sondern ist auch ein E0-Kraftstoff, d. h. ohne Zugabe von Ethanol.
Verklebungen werden durch Kontaminationen mit Mikroorganismen verursacht, insbesondere bei Anwesenheit von Kondenswasser. Sollte so etwas passiert sein, hilft nur eine sorgfältige Reinigung und anschließende Desinfizierung mit einem geeigneten Biozid.“