Fritz W. Egli
In einer Zeit, als Fahrwerke wie „Lämmerschwänze wackelten”, baute ein Schweizer einen Rahmen, der es zu Weltruhm brachte: Das Egli-Chassis. Und da die Leistung nie genug sein konnte, kümmerte sich Fritz W. Egli auch um das Motortuning. Ein Perfektions-Mythos war geboren.

aus bma 8/09

Text: www.winni-scheibe.com
Fotos: Scheibe, Archiv-Egli

Fritz W. EgliIn einer Zeit, als Fahrwerke wie „Lämmerschwänze wackelten”, baute ein Schweizer einen Rahmen,
der es zu Weltruhm brachte: Das Egli-Chassis. Und da die Leistung nie genug sein konnte, kümmerte sich Fritz W. Egli auch um das Motortuning. Ein Perfektions-Mythos war geboren.

Die Premiere seiner beiden neuen Maschinen sollte standesgemäß stattfinden. Ohne wenn und aber! Und das konnte natürlich nur bei der Spatz sein. Der größten und wichtigsten Schweizer Motorrad-Ausstellung (vergleichbar mit unserer damaligen IFMA) im Frühjahr 1967 in Zürich. Als aber Fritz W. Egli den Preis für seinen geplanten Messestand erfuhr, verschlug es ihm die Sprache. Diesen Betrag wollte und konnte er niemals bezahlen. Aus der Traum. Doch schon wenig später kam ihm eine rettende Idee. Genau einen Tag vor dem Eröffnungstermin telefonierte er mit der Messeleitung und bot für Dekorationszwecke „zwei außergewöhnliche Motorräder“ an. Und da er für die Leihgabe auch nichts haben wollte, wurde das Angebot selbstverständlich gerne angenommen.

„Irgendwie hatten wir aber aneinander vorbeigeredet. Als ich nämlich mit meinen Maschinen bei der Messehalle ankam und nach dem Weg fragte, hieß es, der Platz für die Dekorationsblumen wäre ganz hinten in der Ecke. Doch ganz gleich, ob Blumen oder Motorräder, dass war mir in diesem Moment ziemlich egal. Wichtig war nur, meine Maschinen standen auf der Messe“, erinnert sich der Schweizer mit einem Schmunzeln an das damalige Missverständnis. Dass sie die Hauptattraktion werden sollten, hatte sich der junge Motorradhersteller in seinen kühnsten Träumen nicht auszumalen gewagt. Ohne es gewollt zu haben, stahl die kleine „Spezial-Werkstatt für Vincent-Motorräder“ aus Oberwil/Aargau, in der neben dem Chef nur noch zwei weitere Mechaniker beschäftigt waren, allen etablierten Herstellern die Show. Die beiden 1000er Egli-Vincent waren die Sensation schlechthin.

Dabei war es längst nicht nur der Name Vincent, der für Aufregung sorgte. Vincent Motorräder, einst die stärksten, schnellsten und teuersten Maschinen der Welt, gab es ja schon seit 1955 nicht mehr. Vergessen hatte sie aber keiner und die British-bike verrückten Schweizer schon ganz und gar nicht. Die beiden blinkenden und blitzenden Bikes im letzten Winkel der Messe hatten allerdings nur noch wenig mit den bekannten Vincents aus den ruhmreichen Fünfzigern zu tun – bis auf das gewaltige 1000er V-Triebwerk von der sagenumwobenen Black Shadow. Das hatte Egli nach allen Regeln der Tuning-Kunst modifiziert und auf rund 75 PS gebracht. Der Rest war so neu, dass den Messebesuchern der Atem stockte. Solche Motorräder hatte die Welt noch nicht gesehen. Es waren reinrassige Sportmaschinen, nichts für Anfänger, brave Familienväter oder Leute, die gemütlich über die Chaussee bummeln wollen. Genau wie echte Rennmaschinen hatten die Egli-Vincents Stummellenker und hinten liegende Fußrasten, GFK-Sporttank, Ein-Mann-Höcker, schmale Schutzbleche und Speichenräder mit Hochschulterfelgen aus Alu. Im Vorderrad sorgte eine Ø 210 mm Fontana Doppelduplex-Trommelbremse und hinten eine Simplex-Trommelbremse für atemberaubende Verzögerungswerte. In der zweiten Egli-Vincent, eine echte Rennmaschine, waren sogar moderne Scheibenbremsen verbaut.

Vincent von Fritz W. EgliDer Oberknaller jedoch war der Rahmen. Eine Konstruktion, die nicht durch ein aufwendiges Rohrgeflecht, sondern durch seine schlichte Einfachheit bestach. Das Chassis bestand lediglich aus einem 100 mm starken Zentralrohr aus Präzisionsstahl direkt über dem V-Motor, das gleichzeitig als Öltank diente, und einem Rohrdreieck für das Rahmenheck, diese Rohre hatten 30 mm Außendurchmesser. Der Motor war mittragendes Teil, er war am vorderen Zylinder mit dem Zentralrohr verschraubt und hinten über stabile Halteplatten mit dem Rahmenheck verbunden. Die Führung der Hinterradschwinge aus Profilstahlrohr mit zwei Ceriani-Federbeinen erledigten Kegelrollenlager, die Ceriani-Telegabel war ebenfalls in großzügig dimensionierten Schrägrollenlagern gelagert.

Für tadellosen Korrosionsschutz, aber auch für eine bestechende Optik, hatte der rührige Konstrukteur das hartgelötete Fahrwerk auf Hochglanz vernickeln lassen. Eine Maßnahme, die zum Markenzeichen aller folgenden Egli-Rahmen werden sollte. Bis auf wenige Ausnahmen, wie sich mit der in diesem Bericht gezeigten, originalgetreu restaurierten, 1000er Egli-Vincent mit schwarz lackiertem Fahrwerk aus dem Jahr 1969 von Bernd Stutz belegen lässt.

Und dann gab es noch etwas, was die Schaulustigen bei der Spatz vom Hocker riss: der riesige original Vincent Smith-Tacho mit einer Zifferneinteilung bis 250 Stundenkilometer!
In einer Zeit, als die 42 PS starke BMW R 69 S als Maß der Dinge galt, brachte die Egli-Vincent die Motorradwelt mächtig durcheinander. Dabei stand der Schweizer Spezialmaschinenhersteller erst am Anfang seiner Karriere, die er so eigentlich gar nicht gewollt hatte. Sein Handwerk hat Fritz W. Egli von der Pike auf gelernt und schon früh begann er, sich für Motorräder zu interessieren. Besonders beeindruckte ihn die schwere Maschine eines älteren Arbeitskollegen. Wie er richtig hieß, wusste eigentlich keiner, alle nannten ihn nur Blacky: er fuhr nämlich eine 55 PS starke und 200 Stundenkilometer schnelle 1000er Vincent Black Shadow. Immer wieder beobachtete der junge Egli wie Blacky beim Starten des mächtigen V-Motors Probleme hatte. Handwerklich begabt, wie er war, konnte er seinem Arbeitskollegen helfen. Es dauerte nicht lange und zwischen dem alten und jungen Motorradfan entstand eine Motorradfahrerfreundschaft. Und was nun folgte, klingt zurückblickend fast wie ein modernes 1001-Nacht-Märchen. Blacky bekam mit der Zeit ernsthafte gesundheitliche Probleme, was ein Weiterfahren mit seiner Vincent unmöglich machte. Verkaufen wollte er das Bike aber nicht, und so fragte er seinen jungen Freund eines Tages, ob er die Black Shadow haben möchte. Bei ihm wüsste er sie in guten Händen und weil er seine Fahrerausrüstung nun auch nicht mehr brauchte, verschenkte er sie gleich mit. Für den stolzen Nachbesitzer war es viel mehr als nur ein Geschenk, es sollte seinen weiteren Lebensweg maßgeblich beeinflussen. Dass Blacky kurz darauf verstarb, gab der Angelegenheit eine Tragik, die den jungen Egli tief berührte und er beschloss, die Black Shadow nie wieder herzugeben, er besitzt sie tatsächlich noch heute.

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Die Ausbildung zum Feinmechaniker schloss er in seinem Jahrgang als Bester in der ganzen Schweiz ab und als Lohn für diese herausragende Leistung durfte er für drei Jahre zu einem Montageaufenthalt auf die Baja California. Neben vielen Eindrücken und Erfahrungen hatte der Eidgenosse eine schöne Stange Fränkli zusammen gespart, die es ihm ermöglichte, eine kleine Motorrad-Schrauberbude einzurichten. Tagsüber arbeitete er weiterhin als Mechaniker in seiner ehemaligen Lehrfirma, nach Feierabend und am Wochenende wurde an seiner Vincent und anderen eigenen Maschinen sowie den Motorrädern von Freunden gewerkelt. Fast alle fuhren englische Bikes und da gab es schließlich immer etwas zu reparieren, zu verbessern oder umzubauen. Es war eine eingeschworene Clique, das gemeinsame Motorradhobby verband zu einer festen Freundschaft, bezahlen ließ sich Egli für seine Arbeit nicht. „Es war eine wunderschöne Zeit. Wir hatten viel Spaß zusammen, und wenn wir nicht irgendwo unterwegs waren, wurde an den Motorrädern geschraubt“, erzählt der Schweizer über früher. Im Prinzip hätte es bis ans Ende der Welt so weitergehen können. Beruflich stand ihm eine gesicherte Karriere bevor, die genügend Zeit für die feierabendliche Motorradfahrerei und natürlich die Motorradbastelei ließ. Doch längst hatte er sich andere Ziele gesteckt: eine Motorradwerkstatt. Er wollte sich selbst die Arbeit einteilen und sich von niemandem mehr sagen lassen, was und wie es zu machen war. Wenn es um Motorradsachen ging, entwickelte Fritz W. Egli seinen eigenen Kopf.

 

Geht nicht, gab es für den zum Perfektionismus strebenden Techniker nicht und wenn ein Problem zu lösen war, sinnierte er so lange, bis er es gelöst hatte. In seiner Welt drehte sich alles um Motorräder, er war Techniker, Tüftler und Konstrukteur in einer Person, der „Geschäftsmann“ stand hinten an.

In einer Zeit, als auch in der Schweiz bald keiner mehr etwas vom Motorrad wissen wollte, setzte er Mitte der Sechziger diese Vorhaben in die Tat um. Schlecht standen seine Aktien nicht. Im Mikrokosmos der Vincent-Motorradwelt hatte er sich in der Schweiz längst einen guten Ruf erworben. Als Black Shadow Besitzer und Fahrer kannte er alle Stärken, aber auch die Schwächen des legendären Bikes. Mit geschlossenen Augen konnte er das Triebwerk auseinander- und wieder zusammenbauen. Und weil man die Ersatzteile nicht an jeder Ecke bekam, war im Laufe der Zeit ein gut sortiertes Lager angewachsen. Bei der Pflege, Wartung und Reparatur von Vincent blieb es natürlich nicht. Was die Kunden brachten, wurde instand gesetzt. Und als einige Freunde anfingen Moto Cross und Grasbahnrennen zu fahren, sprang der Rennbazillus auch auf den Jungunternehmer über. Für ihn kamen aber nur die in der Schweiz typischen Bergrennen in Frage. Die Black Shadow war längst mit Leistungsteilen der Black Lightning-Rennmaschine auf gut 80 PS getunt und ging, wie er noch heute versichert, „wie die Hölle“. Doch über den dritten Rang kam er nicht hinaus. Schuld daran war das veraltete Fahrwerk, das Philip C. Vincent bereits kurz nach dem Zweiten Weltkrieg konstruiert hatte. Die Vorderradführung erledigte eine Girdraulic-Trapezgabel, der Rahmen bestand im Prinzip nur aus einem kurzen Vierkant-Rohr über dem Motor, und lange bevor Yamaha die Erfindung der Cantilever-Hinterradfederung für sich in Anspruch nahm, sorgte bei der Vincent exakt solch ein System für Fahrkomfort. Im kommoden Straßenbetrieb mochte das Fahrwerk seiner Aufgabe ja nachkommen, doch im scharfen Renneinsatz war es hoffnungslos überfordert.

Fritz W. EgliUm auch weiterhin Spaß an der Rennerei zu haben, musste etwas passieren und das konnte nur ein neues Fahrwerk sein. Da es aber so etwas nirgends zu kaufen gab, blieb keine andere Wahl als es selbst zu bauen. Doch leichter gesagt, als getan. Ein Vorbild für ein gutes Chassis war nicht das Problem, und sich ausgerechnet nach dem Rahmenlayout des berühmten Norton Manx-Rahmens zu orientieren, kam Egli erst gar nicht in den Sinn. Da blieb er lieber beim Vincent-Vorbild. Nur musste dieses Rahmenprinzip vollkommen neu überdacht und gemäß dem aktuellen Stand der Technik umgesetzt werden. Der Clou des neuen Rahmens war seine Einfachheit und die möglichst verdrehsteife Verbindung zwischen Lenkkopf und Hinterradschwinge. Aus dieser Idee entstand der bis heute legendäre Egli-Zentralrohrrahmen.

Da es Mitte der Sechziger allerdings noch kein brauchbares Federbein gab, das für den Einsatz einer Cantilever-Schwinge geeignet gewesen wäre, entschied ich mich zunächst für eine konventionelle Hinterradschwinge mit zwei Federbeinen“, verrät Fritz Egli. Alles weitere war handwerkliche Meisterarbeit, wobei er jedoch nichts dem Zufall überließ. Bauteile, die nicht selbst gefertigt wurden, bezog er ausschließlich von renommierten Zulieferfirmen. Perfektionist wie er war, wurde aber kein Bauteil einfach nur angebaut, sondern penibel überarbeitet und exakt in das System eingepasst. Die Flut von sündhaft teuren und passgenauen Zubehörteilen, die man heute von jedem Motorrad-Versandhandel bekommen kann, gab es damals nämlich noch nicht.

Anfang 1968 stand die erste 1000er Egli-Vincent Rennmaschine für die Schweizer Bergmeisterschaft startbereit. Acht Läufe waren ausgeschrieben, sieben Mal wurde Fritz W. Egli Erster, einmal Dritter. Der Name „Egli-Vincent“ war in der Rennszene bald nicht mehr wegzudenken, am Ende der Saison war der Konstrukteur und Rennfahrer Egli Schweizer Bergmeister!

Dass Fritz W. Egli ein talentierter Rennfahrer war, hatte er nachhaltig bewiesen, doch seine wirkliche Stärke war die des Motorradkonstrukteurs, Tuners und Mechanikers. Und so überließ er im folgenden Jahr seinem Freund Fritz Peier die Rennerei. Auch hier das gleiche Bild, die Kombination Egli/Vincent/Peier war 1969 unschlagbar. Peier wurde Schweizer Bergmeister, darüber hinaus brach er alle Rekorde und erzielte etliche Achtungserfolge bei internationalen Rennen in England. „Unsere damaligen Einsätze lassen sich mit dem heutigen Motorradrennsport nicht mehr vergleichen. Der Fritz Peier und ich haben uns alles geteilt, Essen, Benzin und Reisekosten. Rennsport war noch Idealismus, außer ein paar Fränkli Preisgeld war kein Geld damit zu verdienen. Dafür war die Kameradschaft im Fahrerlager um so besser, oft waren wir bei englischen Rennkollegen zum Tee eingeladen“, plaudert Fritz Egli von früher. „Unsere Renn-Vincent hat damals sehr viel Aufmerksamkeit erregt. Oft konnten wir sogar so bekannten Werksfahrern wie Phil Read und Giacomo Agostini mächtig einheizen. Rennfertig brachte die Vincent knapp 160 kg auf die Waage, und je nach Abstimmung leistete das Triebwerk zwischen 80 und 85 PS bei 7000 Touren.“

Fast immer Zweiter in der damaligen Schweizer-Meisterschaft wurde Florian Bürki auf einer Triumph-Métisse. Fritz Egli erinnerte sich eines Tages an die Geschichte mit seinem alten Arbeitskollegen Blacky und fragte Bürki, ob er mal Lust hätte die Ersatz-Vincent auszuprobieren. Es kam wie erwartet: im Ziel trennten die beiden „Egli-Werksfahrer“ nur Zehntelsekunden voneinander. Fritz Peier wurde 1971, Florian Bürki 1972 und 1973 Schweizer Bergmeister auf Egli-Vincent. In seinem Betrieb hatte sich Fritz W. Egli längst auf die Herstellung von Rahmen-Kits und kompletten Egli-Motorrädern spezialisiert.

Zwischen 1968 und 1972 entstanden etwa 50 Egli-Vincent mit dem 500er Einzylindermotor und rund 200 Egli-Vincent mit dem 1000er V-Triebwerk. Von einer Serienfertigung konnte dabei allerdings keine Rede sein. Jede Maschine wurde exakt nach Absprache des Kunden in Handarbeit aufgebaut. Wobei bei den Zubehörkomponenten grundsätzlich nur Spitzenerzeugnisse von Ceriani, Grimeca, Campagnolo, Lockheed, Brembo, Orlandi, Fontana, Lucas, Kröber, Dellorto und Borrani zum Einsatz kamen.
Die Sonderwünsche beschränkten sich allerdings nicht nur auf das Chassis, auch Motortuning war in der nach oben offenen Leistungsskala grundsätzlich möglich. Vom ursprünglichen Vincent-Motor war außer den Gehäusen sowieso kaum noch ein Teil original. Die durchgeführten Modifikationen und Veränderungen begannen beim Kurbeltrieb und dessen Lagerung, es gab unterschiedlich „scharfe“ Nockenwellen, verbesserte Kolben, komplett überarbeitete Zylinderköpfe, Stoßstangen aus Alu und eine modifizierte Kupplung. Bei allen Tuningarbeiten wurde größter Wert auf Zuverlässigkeit und Langlebigkeit gelegt. Egli-Motorräder waren durch die Bank alltagstauglich und wer wollte, konnte damit sogar ans Nordkap oder nach Sizilien fahren. Aus heutiger Sicht ist diese Vielfalt für Restaurateure und Egli-Kenner allerdings ein schwieriges Unterfangen, wenn es darum geht, genau zu beurteilen, was nun original ist und was nicht. Hinzu kommt, dass im Laufe der Zeit viele Eglis um- oder nachgerüstet worden sind. Denn genau hierauf legte Fritz W. Egli immer großen Wert. Modifikationen, Weiterentwicklungen sowie hochwertigere Anbauteile ließen sich problemlos nachrüsten – so dass eine Egli immer auf dem neuesten Stand der Technik war.

Honda von Fritz W. EgliDas Rennsportengagement machte die „Egli-Schmiede“ weit über die Schweizer Grenzen bekannt. Von überall aus Europa, aber auch aus Übersee trudelten Aufträge ein. Dieser Erfolg brachte es mit sich, dass Fritz W. Egli 1971 nun schon zum zweiten Mal mit seinem Betrieb umziehen musste. Um ein für allemal Ruhe zu haben, kaufte er in Bettwil/Aggrau ein altes Bauernhaus und baute den Hof nach und nach für seine Bedürfnisse um. Die Zeit, in der man sich überwiegend mit dem Aufbau von den Egli-Vincents beschäftigte, ging im Wechsel der Sechziger zu den Siebzigern langsam aber sicher dem Ende zu. Die Kundschaft fuhr mittlerweile Triumph Bonneville, Honda CB 450, Kawasaki Mach III oder Mach IV oder Laverda 750 SF. Auch für diese Maschinen bot Egli Fahrwerke an, wobei an große Stückzahlen nicht zu denken war. Je nach Modell wurden nur zwischen 10 und 25 Rahmen-Kits hergestellt.

Eine Revolution auf dem Motorradmarkt löste die ab 1970 in Europa verkaufte Honda CB 750 Four aus. Hondas „Meilenstein in der Motorradgeschichte“ läutete eine neue Generation ein, mit der Schlosserei vor der Ausfahrt war nun endgültig Schluss. Das 750er Vierzylinder-Triebwerk war leistungsstark, zuverlässig und langlebig. Nur die japanische Fahrwerkstechnik steckte damals noch in den Kinderschuhen. Bei Egli reagierte man sofort. Bereits Anfang 1971 stand die erste Egli-Honda CB 750 fahrbereit auf den Rädern.

Das Rahmenprinzip hatte sich, abgesehen von den zusätzlichen zwei Motorhaltestreben vor dem Zylinderblock, nicht geändert. Neu dagegen waren die Egli-Gussräder aus Magnesium. Nach Friedel Münch war Fritz W. Egli der zweite Motorradhersteller, der solche Räder im Serienbau einsetzte. Diese neuen Laufräder waren nicht nur leicht, sondern auch enorm stabil. Im Vergleich zu einem normalen Speichenrad, das sich bereits bei 3.03 Tonnen Belastung verformte, ertrug das Egli-Gussrad 7,45 Tonnen Druckbelastung stellte die Eidgenössische Materialprüfungsanstalt bei der statischen Festigkeitsprüfung beeindruckend fest. Selbstverständlich gab es die Egli-Honda auch in getunter Ausführung mit 810 ccm, 75 PS und über 210 km/h schnell. Von allen je produzierten Eglis etablierte sich dieses Modell zum Dauerbrenner. Von 1970 bis 1984 wurden 700 Egli-Hondas mit CB 750-Motor gebaut. In der Egli-Geschichte bis heute absoluter Rekord, lediglich die Egli-Kawasaki kommt mit 600 Einheiten an diese Zahl heran.Fritz W. Egli
Wobei wir schon beim nächsten wichtigen Egli-Kapitel sind: Der Kawasaki-Ära. „Als 1973 die Kawasaki 900 Z 1 auf den Markt kam, übertraf sie all unsere Erwartungen“, plaudert der Fahrwerks-Guru aus dem Nähkästchen, „zuerst dachten wir, jetzt können wir unser Geschäft zu sperren, gegen solch ein Motorrad können wir nie und nimmer ankommen. Doch als wir mit der Z1 gefahren waren, wussten wir, genau das Gegenteil wird der Fall sein. Damals wussten wir allerdings noch nicht, welch fast unerschöpfliches Potential in diesem Motor steckte.“

Es dauerte nicht lange und es folgten Taten. Das Egli-Racing Team beteiligte sich mit den französischen Starpiloten Godier/Genoud im Endurance-Langstreckenrennsport. 1974 gewann das Team auf der Egli-Kawasaki im Prinzip alles, was zu gewinnen war und stand am Ende der Saison als Champion fest.
„Bitterer Beigeschmack an der Geschichte war“, zeigt sich Egli noch heute über das Engagement verärgert, dass Kawasaki überall mit diesem Erfolg Werbung machte, der Name Egli in der Reklame aber nirgendwo auftauchte.“ Fritz W. Egli ging trotzdem seinen Weg, 1975 wandelte er die Einzelfirma F. W. Egli in eine Aktiengesellschaft um. Seiner Kawa-Aktivität setzte er 1979 mit der MRD 1 die Krone auf. Gemäß dem selbst gewählten Motto „machen, was machbar ist“, wurde die Egli MRD 1 als optimale Fahr-, Leistungs- und Speed-Maschine auf die Räder gestellt.

20 Jahre bevor die aktuelle Suzuki Hayabusa an der 300-km/h-Schwelle knabbert, schaffte die MRD 1 bereits Anfang 1979 echte 297 Stundenkilometer! Auch kein Wunder. Der auf 1016 ccm aufgebohrte Z 900 Kawa-Motor war mit einem ATP-Abgasturbolader bestückt und zusätzlich durch alle möglichen Tuningkunststücke auf beachtliche 180 PS bei 10000/min aufgepäppelt worden. Zeitgleich wurde erstmalig die patentierte Egli-Telegabel, mit zwei zusätzlichen Verbindungsachsen, und die Cantilever-Hinterradschwinge mit Monoshock-Federbein verwendet. Am Egli-Zentralrohr-Rahmensystem, um es an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich zu betonen, hatte sich dagegen nichts verändert. Im Laufe der Egli-Geschichte gab es eigentlich kaum einen Motor, der nicht irgendwann einmal in das Schweizer Spezial-Chassis gebaut wurde. Das waren Honda, Yamaha und Enfield Einzylinder-Triebwerke, Ducati-Motoren und sogar Aggregate von BMW fanden sich im Zentralrohrrahmen wieder.

Seit Anfang der neunziger Jahre hat sich Fritz W. Egli einer neuen Aufgabe gewidmet: dem Import der Enfield India. Und weil die Enfield längst nicht seinem Qualitätsstandard entspricht, gibt es natürlich diverse Tuningstufen für den Dampfhammer. Aber noch etwas ist interessant an dieser Geschichte. Ausgerechnet die 350 Enfield Bullet war neben der Vincent Black Shadow Fritz Eglis erstes Motorrad. Egli im Internet findet man unter www.Egli-Racing.ch.

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