aus bma 12/04

von Dagmar Strömpl

Pegasus Sky 125Vorweg gesagt: Ich bin passionierte Motorradfahrerin und Endurofan. Ohne Motorrad fühle ich mich nur als halber Mensch. Selbst wenn ich mal ein paar Tage nicht fahren kann, so brauche ich doch das Wissen, daß meine Kleine startbereit in der Garage steht. So war ich untröstlich, als ich mein geliebtes Moped erstmals über Nacht beim Händler lassen musste. Alles Argumentieren hatte nichts geholfen, der Händler bestand darauf, daß das Motorrad vor dem Ventile einstellen mindestens eine Nacht gestanden haben muß, damit der Motor kalt genug ist. Als Ersatzfahrzeug bekam ich damals einen 80er Roller. Wie peinlich. Hoffentlich sieht mich keiner von meinen Bekannten auf diesem Ding durch die Gegend fahren, dachte ich damals. Und so schrecklich kippelig ist das Teil, die Tanköffnung irgendwo unten im Fußbereich, kein Motorradfahrer grüßte mehr, und wie ich mit dem Ein-Schloß-System den Stauraum aufbekommen soll, hatte ich irgendwie auch nicht so richtig verstanden. Zum Glück mußte ich mich ja nur einen Tag mit diesem (Un-)Ding herumquälen, dann konnte ich mich endlich wieder als richtige Motorradfahrerin fühlen…

 

Ein Jahr später: Mein Auto nutzte ich im Grunde nur noch für gelegentliche Einkaufsfahrten und als Werkstattersatzfahrzeug. Rund 1.000 km in sechs Monaten. Durch den morgendlichen Hamburger Berufsverkehr quälte ich mich mit dem Motorrad. Halbwegs vorschriftsmäßig fahrend nutzte ich die Gasse zwischen den Fahrspuren nur, wenn ich mal wieder etwas zu spät aus dem Haus gekommen war. Doch ich war genervt. Ewig dieses Stop and Go: anfahren, viermal hochschalten, 150 m fahren, bremsen, dreimal runterschalten, gasgeben, dreimal hochschalten, 100 m fahren, bremsen, usw. Bei dieser ewigen Schalterei kann man ja direkt den Spaß am Motorradfahren verlieren. So langsam kam da doch der Gedanke an ein Automatikgetriebe und damit die Erinnerung an den Roller von damals auf. Damit würde wenigstens die nervige Schalterei im Stadtverkehr entfallen. Außerdem könnte ich den Roller auch zum Einkaufen nutzen und das Auto ganz abschaffen. Für jemanden, der sich gerade beruflich neu orientiert, ein nicht unerheblicher Kostenfaktor. Also überlegte ich mal, welche Kriterien so ein Roller für mich eigentlich erfüllen müßte.
Pegasus Sky 125Neu sollte er sein, möglichst billig und wenig Sprit verbrauchen, dazu eine Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h erreichen. Staufach unter der Sitzbank, einen durchgehenden Fußraum für den Transport der obligatorischen Getränkekiste, eine durchgehende Sitzbank und ausreichend Beinraum für meine 1,86 m Länge sollten schon sein. Und noch ein paar weitere Kleinigkeiten.
Nachdem ich mit meinen Überlegungen so weit gekommen war, klapperte ich nach und nach verschiedene Händler ab und wälzte Prospekte. So richtig gefiel mir eigentlich keiner. Mal fehlte der durchgehende Fußraum oder die durchgehende Sitzbank. Oder der Gepäckträger war, wenn er existierte, so konstruiert, daß nur das herstellereigene (= teure) Topcase paßt. Mal war das Helmfach zu klein, mal der Preis zu hoch, mal die Verarbeitung miserabel und meistens entsprach der Roller auch vom Aussehen nicht meinem Geschmack.
Und dann sah ich in einem der Prospekte den Pegasus Sky 125. Sah richtig enduromäßig aus mit den Stollenreifen und dem Schutzbügel. Höchstgeschwindigkeit 95 km/h = ausreichend. Verbrauch 2,5 l = noch weniger als mein ohnehin schon sparsames Moped. Preis rund 2.200 Euro, im Rahmen meiner eingeschränkten Möglichkeiten. Durchgehender Fußraum, durchgehende Sitzbank, auch als 50er oder 25er zu bekommen, Rohrgepäckträger serienmäßig, also ab zum Händler und vor Ort anschauen. Helm paßt mit ein bißchen Drücken ins Staufach, Sitzplatz ausreichend, nach ein bißchen Verhandeln sind Windschild und Schutz- bügel bei Barzahlung im Preis mit drin. Serienmäßig ist der Roller mit Haupt- und Seitenständer, E-Starter und Kickstarter (letzteren habe ich noch nie gebraucht) und Kaltstartautomatik ausgerüstet. Wer eine Warnblinkanlage nachrüsten möchte, findet hierfür unter der Lampenverkleidung einen Stecker-Schalter anschließen, fertig. Das Topcase kommt von Polo. Dank einer zweiten Adapterplatte kann ich es sekundenschnell auf das Motorrad umbauen – sehr praktisch für das kleine Gepäck auf Kurzreisen oder auch auf Ausflügen, wenn man den Helm diebstahl- und/oder regensicher wegschließen will.
Pegasus Sky 125Zwei Tage später gehörte der Roller mir. Und ich fühlte mich sofort wohl auf dem Ding! Der Roller liegt gut auf der Straße, ist trotz 10 Zoll-Reifen kein bißchen kippelig. Nach dem Einfahren packen die Bremsen (vorne Doppelkolben mit 190 mm Scheibe, hinten Trommel) besser als die meines Motorrads. Der Verbrauch liegt in der Stadt bei ca. 2,7 bis 2,8 l, auf der Landstraße etwas darunter. An die Tankuhr und den fehlenden Tageskilometerzähler gewöhnte ich mich rasch. Der Tacho geht sehr genau. Die angegebene Höchstgeschwindigkeit von 95 km/h erreiche ich bei meiner Größe allerdings selten. Die Beschleunigung reicht, um die meisten Autos an den Ampeln stehen zu lassen. Das grobe Reifenprofil sorgte jedoch bei hohen Geschwindigkeiten insbesondere hinten für ziemliche Unruhe. Als sich der Hinterreifen nach gut 8.000 km der Verschleißgrenze nähert, wechselte ich zum Winter daher vorne und hinten auf Heidenau K59/58. Damit fährt es sich ab ca. 70 km/h deutlich ruhiger. Die Federung (welche Federung?) kann ich schlecht beurteilen, da mir der Vergleich zu anderen Rollern fehlt. Mein enduroverwöhnter Rücken fragte sich allerdings, wie über Nacht aus einer topfebenen Straße eine Buckelpiste werden kann. Das Verstellen des Federbeins brachte etwas Besserung. Nach knapp einem Jahr war ein neues Federbein fällig, da sich beim alten die Gummidichtung gelöst hatte (Garantiefall). Die Tanköffnung befindet sich gut zugänglich zwischen Sitzbank und Gepäckträger. Dies hat allerdings den Nachteil, daß mir das Tankschloß bereits einmal so stark eingefroren ist, daß ich es an der Tankstelle auch mit Türschloßenteiser nicht aufbekam. Hier hilft nur Vorbeugen oder eine warme Werkstatt. Winterfahrer müssen außerdem mit Vergaservereisungen rechnen. Entsprechende Zusatz- mittel im Tank bringen Linderung. Der Tank könnte größer sein. Auch wenn der Roller nur wenig verbraucht, ein bis zwei Liter mehr als die vorhandenen 6 l Tankvolumen wären angenehm. Ein weiteres Manko ist die Rostanfälligkeit von Auspuff und Gabelbrücke. Hier muß man zu gegebener Zeit nachlackieren (oder den Auspuff regelmäßig mit Ofenschwärze einreiben). Eine Temperaturanzeige oder -warnleuchte vermisse ich ebenfalls. So kann ich nur hoffen, daß die Gebläsekühlung immer funktioniert.
Pegasus Sky 125Als wirklich störend empfinde ich aber nur zwei Punkte: 1. Das Licht mag für einen 50er Roller zwar angemessen sein, für einen 125er ist jedoch das Fernlicht mit der 35 Watt Bilux-Lampe deutlich zu schwach. Wer nur im Sommer und/ oder in der Stadt fährt, kann damit wohl noch auskommen. Mein Roller bekam bei Gelegenheit jedoch einen zusätzlichen H3-Scheinwerfer montiert. 2. Die Wartungsintervalle (alle 3.000 km) sind nicht mehr zeitgemäß und für Vielfahrer ziemlich lästig. Zumindest beim Ölwechsel sollte man sich aber an diese Vorgabe halten, da der Roller keinen Ölfilter, sondern nur ein Ölsieb besitzt. Auch die Reinigung des Luftfilters (Papier) ist nach 3.000 km dringend nötig. Die Fliehkraftgewichte dagegen halten durchaus auch drei- bis viermal so lange wie angegeben. Da sie nicht, wie bei den meisten anderen Rollern, in teurem Spezialfett liegen sondern trocken laufen, kann ein geübter Schrauber sie auch zuhause wechseln. Das Einstellen der beiden Ventile (OHC-Motor mit Kipphebeln) ist ein bißchen fummelig, da sich der Ventildeckel bei eingebautem Motor nicht am Rahmen vorbeiquetschen läßt, aber machbar. Die Ventildeckeldichtung besteht nur aus einem einfachen O-Ring. Wer die Ventile selber einstellt, sollte daher vorsorglich einen neuen Dichtring parat haben.
Fazit: Alles in allem bietet der Pegasus Sky 125 noch ein gutes Preis-/ Leistungsverhältnis. Insbesondere für Leute mit kleinem Geldbeutel, die den Roller nicht zum Touren sondern ganz überwiegend in der Stadt als Autoersatz bzw. Ergänzung zum Auto/Motorrad nutzen wollen, kann der Pegasus Sky 125 eine gute Wahl sein. Ich habe in zwei Jahren gut 21.000 km mit dem Roller zurückgelegt und möchte ihn trotz der oben erwähnten Mängel nicht mehr missen. Ein vollwertiger Motorradersatz ist der Pegasus für mich nicht, aber als Nutzfahrzeug für meine Einsatzzwecke (Arbeitsweg, Einkaufen, Kurzstrecken in der Freizeit, Kleintransporte und Ersatzfahrzeug bei Ausfall des Motorrades) bislang eine sehr gute Alternative zum Auto. Mehr Stauraum als im Smart hat man allemal. So habe ich vom Fahrrad bis zur Latexmatratze und vom Großeinkauf bis zur Gartengerätebox bislang alles (mehr oder weniger) problemlos mitbekommen. Sogar der Computer überstand den Transport unbeschadet, Monitor im offenen Topcase, der Rest im Fußraum.
Und wenn mich irgendein Motorradfahrer versehentlich grüßt, grüße ich natürlich nach Möglichkeit zurück. Schließlich ist es mir ja auch schon passiert, daß ich die Hand oben hatte, bevor ich merke, daß das, was mir da entgegen kommt, nur ein Roller ist.