Markus MZ ETZ 250 Bj 1982 Michael Honda CJ 250T Bj 1979 Carl Honda CB 400 Bj 1980Es muss wirklich nicht der neueste Tourer oder die fette Reiseenduro sein, um auf zwei Rädern im Urlaub Spaß zu haben. Markus und seine Kumpel gingen oldschool-mäßig mit ETZ 250, CJ 250 und CB 400 auf Frankreich-Fahrt …

aus Kradblatt 9/16
von Markus Schilling

 

Ohne Hightech nach Paris
mit MZ ETZ 250, Honda CJ 250 & CB 400 auf Tour

Markus MZ ETZ 250 Bj 1982 Michael Honda CJ 250T Bj 1979 Carl Honda CB 400 Bj 1980Einen Fachmann für MZ in Hannover zu finden, erscheint für einen Thüringer vorerst eher unwahrscheinlich. Erst recht einen, der es ernst meint, das Krad erst aus der Werkstatt zu lassen, wenn er seiner Arbeit sicher äußert: „Wir sind fertig, und wenn nicht hoffe ich, dass dir die Karre an der Westküste nicht mehr anspringt und ich das Ding nicht mehr sehen muss!“

Die Liste was Antriebstechnisch an der 250er ETZ gewechselt und gerichtet werden musste lässt sich jedoch kurz zusammenfassen: Alles!

Die Liste an Teilen, welche auf 4300 km am Zweitakter geschraubt werden mussten folgt hier: Tankdeckel.
Ja! Nicht mal der Schaltkontakt der hinteren Trommelbremse verstellte sich!

Die Rede ist von KFZ-Schröter. Eine Firma die schwer zu finden war im Norden Hannovers. Er war von vorn herein von der Idee überzeugt, von der Zweitakttechnik seit Jahrzehnten sowieso und versprach mir seine Hilfe und Know-How um diese Reise auch durchzuziehen. Das Sponsoring war perfekt! Und diese Reise ist wirklich ein gutes Aushängeschild seiner Arbeit. Die Maschine kam lahm und altersschwach mit vielen Gebrechen in die Reha. Da gab es zwar keine orthopädische Liege, aber eine Hebebühne, die nicht verlassen wird, ehe alles so zuverlässig läuft wie man sich das in Zschopau damals gedacht hat.

Zurück zur Tour
Fahrzeugübergabe, Gepäck aufsatteln, Kicken, ab in die Heimat! Da warten ungeduldig die beiden Kumpanen auf mich um endlich auf ihren japanischen Alteisen nach St. Augustin bei Köln zu fahren. Dabei lief der Sachse nun wirklich konstant 135 km/h!

Vive la FranceEs passte alles ineinander. Wir fuhren los und es regnete – sofort. Das war egal,
Hauptsache wir kamen durch, klappte auch. Bis Kasseler Berge bei Harburg.
Die CB 400 schmeckte das Regenwasser ab, verschluckte sich direkt und blieb stehen um sich vom Schock zu erholen. In diesem Moment erschien nichts sinnvoller als den ADAC zu rufen und zu warten. 90 Minuten, im strömenden Nass, ohne jede Unterstellmöglichkeit, denn gelbe Engel bekommen schwere Flügel wenn es Nass wird.

Der Abschleppbedienstete starrte uns ungläubig an: „Was? Paris? Auf so kleinen Maschinen?“ … Was sonst? … Lieber mit der 1200er GS mutig über den Feldweg zum Nachbarort, weil man sich ja sonst nichts traut? Also ging der erste Trauergeleitzug zum ADAC-Stützpunkt.

Zwei Stunden später, nachdem der Regen vorbeigezogen war und einer Vergaserreinigung ging es weiter. Fünf Uhr Morgens Ankunft in St. Augustin am Schlafplatz bei Verwandten. Acht Uhr aufstehen, aufsitzen und weiter nach Trier.

Selbstverständlich regnete es ab Ortsausgang, die Panne wiederholte sich, aber ab späten Nachmittag war alles trocken und vor allem dicht!

Ausblick AuvergneDie grünen Weinberge und Ortschaften boten ein phantastisches Panorama mit all den Brücken über Tälern und der wundervollen Mosel. Es wurde romantisch am Fluss gezeltet. Irgendwie war das fast wie Urlaub.
Endlich ging es auf nach Paris! Zum Nationalfeiertag! Durch das wohlhabende Luxemburg und seine roten, rauen Landstraßen, entlang an schmucken Häusern und Tankstellensiedlungen, welche fast übereinander stünden wäre das Land noch kleiner.

Die Französische Grenze war schnell überquert. Dahinter begaben wir uns in eine plötzliche Zeitreise beim Anblick der zerfahrenen Straßen und Häusern, von denen blasse Farbe und Putz blätterte. Gerade im Norden auf dem Land sah es fast überall so aus. In Frankreich pflegt man eher das leibliche wohl. Zudem lernten wir schnell: Ohne Kreditkarte („Card Bleu“), ist’s schwer zu tanken. Uns wurde aber über die ganze Tour von freundlichen Franzosen geholfen, welche bereit waren ihr Plastikgeld gegen Bargeld zu tauschen, wenn sich keine offenen Tankstellen fanden.

Strasse vor dem Landhaus in VoulangisWenige Ortschaften, vereinzelt gigantische Silos, weit und breit Mais- und Weizenfelder in sowjetischem Ausmaß gelegen an langen, langen, schnurgeraden Straßen. 90 km/h, warme Luft und Sonne, es waren die amerikanischen Highwaymomente des kleinen Mannes. Ich war mir schnell sicher, dass meiner ETZ nun nichts mehr zu weit ist, solide, unbeeindruckt vom Gepäck, gab es nur eine Richtung: Voran!
Das dachte sich die CB 400 anders. Eine fehlende Buchse im Hinterrad lies die ihr Kettenrad ausschlagen. 30 Kilometer vor Paris schlug sich die Kette um ihr Rad und blockierte was sie fasste. Kein Sturz, aber der Schaden war am Straßenrand nicht reparabel.

Das Gepäck wurde auf die beiden laufenden Maschinen gesattelt und Carl passte da irgendwie auch noch drauf. Das blockierte Motorrad wurde fürs erste im Straßengraben unter einer herumliegenden Plane versteckt.
So fuhren wir im Vietnam-Style nachts den Feierwerken des Nationalfeiertages entgegen bis in das Zentrum von Paris auf eine der Stadtinseln auf der Seine.

Da hieß uns Ulrike selbst um zwei Uhr nachts noch herzlichst willkommen, wir bekamen unsere Zimmer und eine leibliche Stärkung.

Ersatzteilsuche in Paris
Blechlawinen schoben sich durch alle breiten Straßen und engsten Gassen. Mit Kreuzungen würde hier auch kein Mensch klarkommen, sinnvolle und hübsche Kreisverkehre hielten darum den Verkehr annähernd flüssig, im ganzen Land.

Am LouvreAcht Stunden fuhren wir durch die pralle Hitze ausschließlich zwischen den gestauten Autos von Händler zu Händler buchstäblich über Kreuz und Quer. Doch nichts war zu finden. Ein Bulgare hielt mit seinem rostigen Transporter neben mir und konnte es nicht fassen eine MZ auf der Champs-Élysées zu sehen. Und ja! Es gibt auch Franzosen die sie kennen!

aris beeindruckt mit all den Bauwerken, nur mit dem Auto ist die Stadt trotz Stadtplanung von Baron Haussmann schier fast unpassierbar, ohne Dellen und Kratzer. Auf dem Motorrad hat man die besten Chancen gut durch das Gewirr zu kommen, die Pariser machen ausnahmslos Platz. Aber wer die Sprache nicht versteht, sollte besser Zuhause bleiben.

Kettenrad Gut gereist weil gut verschweisstZurück am Unfallort des Vortages ließen wir die Honda von der Polizei abschleppen, da es auf der Schnellstraße sonst nicht erlaubt war, selbst die sprachen kein Wort englisch.
Nachts kamen wir in Voulangis an. Ein Vorort in dem uns Ulrike für vier Tage ihr Landhaus überließ. Diese vergingen mit viel Wein, Käse, Nächten und Nachmittagen an der Seine in Paris und gutem Essen bis wir die Ersatzteile und Pannenmaschine endlich geliefert bekamen und schrauben konnten.

Die CJ 250T bekam gleich einen neuen Kettensatz, da sie mittlerweile auf einer Art Sägeblatt fuhr.
Carls CB 400 bekam in einer hilfsbereiten Peugeot-Werkstatt noch ein paar Schweißpunkte, da nicht alles lieferbar war. Das war ok und hat gehalten. Das Kettenrad hat der Altgeselle vorher höchstpersönlich mit dem Vorschlaghammer kaltverformt – pfeilgerade!

Langsam kam mir in Erinnerung der vergangen Tage der Gedanke, der Firma Schröter aus Dankbarkeit einen fetten Blumenstrauß zu schicken.

So, sind wir jetzt so weit?
Ab nach Tours, leider reichte ab da die Zeit nicht mehr für La Rochelle. Bis dahin gab es wieder Landwirtschaft, wirklich nur nette und hilfsbereite Landsleute in verträumten Ortschaften aber immer noch keine Kurven, aber der Bogen war gespannt! Jetzt nochmal zelten neben einer Tankstelle und dann ging es Südwärts! Endlich!
Durch den Naturpark Brenne mit wunderbaren Badeseen bis wir irgendwo in der Nähe von Châteauroux auf einem Stoppelfeld Nachtruhe fanden. Tagsdarauf ging es an der Volvic-Quelle vorbei über Hügelketten der Mont-Dore durch Bergdörfer wie Besse-et-Saint-Anastaise und ihren ersten Pässen zu einem kleinen Ort in dem es sogar Radeberger und anderes Bier aus der restlichen Welt gab. Da traf Carl einen alten Freund auf dem dortigen Stadtfest. Der fuhr mit seinem Fahrrad bis zu seinem Haus im Nachbarort von uns eskortiert voraus, wieder einen Schlafplatz gesichert, der Tag war grandios!

St Michel auf der Nadel

Am Folgetag besuchten wir den heiligen Michael auf der Nadel (Saint-Michel d’Aiguilhe) in Le Puy-en-Velay. Eine römische Kirche aus dem 10. Jahrhundert auf einer Basaltkuppe.

Der hl Michael auf der NadelWir nahmen uns die gewonnene Zeit und tourten weiter durch die wundervolle, langkurvige Auvergne. Das satte Grün und die guten Straßen und die immer anspruchsvolleren Bergpässe steigerten die Lust auf sehr viel mehr.
Mittlerweile sollte übrigens der regenerierte Motor mit nagelneuem Kolben eingefahren sein. Es gab ohnehin kein halten mehr beim Anblick von engen Serpentinen, steilen Auf- und Abfahrten, blauen Seen, mächtigen Felsen und weitesten Landschaften und tiefen Schluchten.

Es gab mit der MZ keine Abstriche beim Fahrspaß. Die Kurven konnten flott und tief beflogen werden. Bergauf zog der Zweitakter kompromisslos alles womit er beladen war. Nicht einmal vermisste man Leistung, selbst für Überholmanöver war immer genug Druck und Reserve da. Diese Maschine ist alles, was man braucht um agil und zuverlässig überall anzukommen, ich brauche dafür kein aufgepumptes Tourenboot!
Wenn wir die Zeit gehabt hätten, hätten wir am liebsten das ganze Zentralmassiv abgegrast, doch wir mussten langsam an das zurückfahren denken.

Freundliche Fremde nahmen uns am späten Abend bei sich auf wegen einem drohenden Unwetter. Wir schliefen ein paar Stunden und es ging nach Grenoble und schließlich nach Genf. Malerische Landschaften, der Rand der Alpen, tiefe Gräben und in Felsen gehauene enge und spitzkurvige Straßen. Es wurde paradiesischer je weiter wir kamen.

Richtung Grenoble
Carls Konstruktion löste sich jedoch langsam auf und wir beendeten die Tour Nachts notgedrungen auf einem Campingplatz am Genfer See. Das Geld, welches wir bisher an Übernachtung sparten, konnten wir hier loswerden. Die Flasche Cidre, die noch aus Paris übrig blieb schmeckte umso besser.

Zurück blieben nach 2 Wochen nun Michael mit seiner Honda CJ 250T und ich mit meiner unbeeindruckten ETZ 250. Zu zweit fuhren wir bis Strasbourg, von dort gab es noch an Tag 16 einen Abstecher in den Schwarzwald, bald traten wir jedoch unsere Heimreise an.

Insgesamt ist gerade der Süden Frankreichs mit dem Motorrad jede Reise wert! Angenehm ist es ohnehin, dass die Tempolimits niedriger sind, das schont die Nerven.

Die MZ lässt niemanden im Stich, so lange alles vernünftig und genau in Stand gesetzt wurde. Der treue Tourenbegleiter ist mit einer VAPE-Zündung ausgestattet und wird ausschließlich mit EUROL 2-Stroke FORMAX mit 1:70 gefahren. Nach meiner Erfahrung das schonendste Öl. Für Hilfe, Tipps und natürlich Reparaturen von Young-, Oldtimerkrads ist die Firma KFZ-Schröter in Hannover der kompetente Ansprechpartner.
Wir haben viel gelernt, es gäbe noch mehr Anekdoten, denn der Spaß kam trotz der Pannen lange nicht zu kurz! Vorbereitung ist alles und die nächste Reise kommt bestimmt, denn wer IFA fährt, fährt nie verkehrt!