aus Kradblatt 3/24 von Kai Sievers
Leider Geschichte
Während meiner 50-jährigen Motorradkarriere besaß und fuhr ich schon sehr viele verschiedene Modelle, eine MZ war vor dieser RT nicht dabei.
Neben den Motorrädern fahre ich auch ein Wohnmobil. Um im Urlaub mobil zu sein und auch, um an entlegene Orte zu kommen, nehme ich schon immer gern ein motorisiertes Fahrzeug mit. Nach zuletzt einer BMW XCountry, einer Vespa ET4, steht jetzt eine MZ RT 125 auf dem Träger. Meine RT 125 kaufte ich 20 Jahre alt, mit nur 6.000 km. Da sie viel Zeit im Freien nur unter einem Carport verbrachte, bedurfte es etlicher Pflege meinerseits.
Der kleine Viertakter liefert 15 PS und wiegt 130 kg. Außerdem qualifiziert eine lange und bequeme Sitzbank das Mopped für den Soziusbetrieb. Meine Frau sitzt komfortabel und ohne Klagen. Wir machen gern 150 bis 200 km Touren, das funktioniert prima.
Nun zu meinen Erfahrungen. Dieses Modell der 125er RT wurde von 2000 bis 2008 gebaut und verkauft. Alles wurde von MZ entwickelt und auch produziert, z.T. mit zugekauften Komponenten aus Italien. Als Yamaha SR 500 Fan und Besitzer seit 1980, gefiel mir das Design schon bei ersten Berichten in Zeitschriften. Für mich sollte ein Motorrad so aussehen, alles schön rund, wohl proportioniert und harmonisch.
Das Fahrwerk macht genau was es soll und verhält sich neutral und sicher, auch mit zwei Passagieren. Kurvenfahren ist, wie sprichwörtlich mit einem Fahrrad. Kurve denken, Ohr anwinkeln und zack Schräglage. Auch federn und dämpfen erledigen die Komponenten einwandfrei.
Die vordere Scheibe bremst zuverlässig und gut, somit kommt der hintere Stopper eher selten zur Anwendung. 190 kg Zuladung finden sich heute auch eher selten.
Der Motor funktioniert famos und es bereitet mir viel Freude, den kleinen Kolben bis an den roten Bereich auszudrehen, um danach im nächsten Gang genauso weiter zu beschleunigen. Besonderer Vorteil einer 125er: Man ist damit auf einer Landstraße selten schneller, als die Rennleitung erlaubt. Die 15 PS sind sicher vollständig vorhanden, denn auf der Autobahn, ohne Wind oder Steigung rennt die Kleine Tacho 120. Zu zweit ziehen die Pferdchen uns auf 90 km/h. Auch die Übersetzung des Getriebes passt, nur unter 5000 Umdrehungen kommt konzeptbedingt, nicht viel.
Leider hat diese MZ Entwicklung auch einen kleinen Haken, nämlich die Steuerkette. Diese ist, wie die Antriebskette, wohl aus Kostengründen zu mickerig. Beide längen sich im Original gern. Wenn dann der Steuerkettenspanner zu Ende gespannt hat, peitscht die Kette gegen einen Ölkanal. Macht sie das lange genug und der Fahrer kontrolliert das nicht rechtzeitig, fräst die Kette den Ölkanal auf, der Öldruck bricht zusammen und wer dann die rote Warnleuchte missachtet, erzeugt einen Motor-Totalschaden. Glücklicherweise gibt es mittlerweile stabilere Ketten und auch Werkstätten, welche betriebssichere Umbauten anbieten.
Die Elektrik verhält sich bei meiner RT unauffällig und die Steckverbindungen sehen, trotz 20 Jahren, gut aus. Die eingebaute Batterie machte einmal Zicken, weswegen ich sie durch einen Lithium Ionen Akku ersetzte. Im Nachhinein war das keine gute Idee, denn die höhere Spannung vertrug das System überhaupt nicht. Zuerst quittierte der elektronische Drehzahlmesser seinen Dienst. Es war nicht nur der Vorwiderstand abgeraucht und eine Diode entlötet, sondern auch das Drehspulmessgerät gehimmelt. Ebenso waren nach nur einer Fahrt mit dem Akku sieben Lampen durchgebrannt. Mit einem guten gebrauchten Drehzahlmesser, neuen Glühlampen und zurück zu einer neuen AGM-Batterie, läuft die Elektrik wieder störungsfrei.
Als ich die RT kaufte, waren noch die ersten originalen Reifen drauf, mit TÜV. Tatsächlich gab es keine Risse, nur waren sie völlig ausgehärtet. Jetzt rollt sie auf Heidenau K66 und die haften tadellos.
Im Wartungsstau begründet, zickte der Vergaser wiederholt. Trotz mehrfacher Demontage, Reinigung, Einstellung und Montage lief der Motor unsauber oder das Benzin lief aus. Auch ein Austausch des Schwimmernadelventils brachte keine Besserung. Erst der Wechsel des Schwimmers, welcher optisch und akustisch heil war, löste das Problem. Ohne Spritpfützen auf dem Asphalt reicht bei einem Verbrauch von etwa 3 Liter auf 100 km der 13,5 Liter Kunststofftank ordentlich lange.
Die Ersatzteilsituation wird leider schon teilweise schwierig. Den Topcaseträger fand ich glücklicherweise mittels Suchanzeige und den Drehzahlmesser durch Nachfragen bei Händlern und nur gebraucht. Gerade suche ich eine defekte oder Schlacht-RT, um Vorrat zu haben. Wer eine hat oder weiß, kann sich gerne melden (Das Kradblatt leitet eure E-Mail gerne an Kai weiter).
Da dieses Motorrädchen mir sehr viel Spaß bereitet und es gut zu meinem anderen Fuhrpark passt, wird sie noch lange in meiner Garage bleiben.
Weitere Infos, Bilder und eine Reparaturanleitung findet man unter: https://muz125.weebly.com.
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