aus bma 01/03

von Peter Ohlrich

MZ ETZ 150Eines schönen Tages begab es sich, dass mein Vaters Sohn in Gestalt meiner selbst in sich den starken Drang verspürte flügge zu werden. Die Voraussetzungen waren gut, sprich Fahrerlaubnis für PKW und Motorrad waren erfolgreich bestanden und Vaters Trabant Kombi stand gut betankt in der Garage. Flugs wurde der Anhänger angespannt und mit dem Plan ein Moped (für Kenner ein S 51) zu erwerben fuhr ich zum nächsten Zweiraddealer. Überraschender Weise gab es gerade, welch Wunder, nicht ein einziges Moped. Aber es stand in der riesigen Lagerhalle in der letzten Ecke noch ein Motorrad herum. Spontan und bevor ich ohne Einkauf wieder zurück kehrte entschied ich mich für die ETZ 150 E in meiner Lieblingsfarbe blau. Die Ausstattung entsprach in etwa meiner Vorstellung und dem damals technisch Bestem was es eben gab.
Die Maschine, ja lacht nur, hatte also H4-Scheinwerfer, Drehzahlmesser und Scheibenbremse sowie eine elektronische Zündanlage. Deswegen auch das „E” in der Bezeichnung. Die Maschine ist Baujahr 1987 und kam am 26.05. des Jahres in meinen Besitz und ist es bis heute geblieben. Seiner Zeit blätterte ich einen Scheck in Höhe von 4130,-Mark auf den Ladentisch! Aber das Geld spielte keine Rolle, ein Motorrad musste es nun schon sein. Wenn nun ein aus heutiger Sicht guter Fahrer auf mein Motorrad steigt und eine Runde fahren sollte, würde ihm wohl das doch etwas schwammige Fahrverhalten auffallen, aber daran hat man sich nach kürzester Zeit gewöhnt.

 

ArbeitstierMeine längste Fahrt führte mich bin ins tiefste Thüringen. Beladen mit zwei Personen, zwei Taschen plus Rucksack und stattliche 9 kW unterm Hintern ging es über Landstrassen und Autobahnen bergauf und bergab. Wobei es bergab natürlich besser ging. Bei Steigungen quälte sich das Motörchen doch schon ganz gewaltig, was bei der Beladung auch kein Wunder war. Heute fahre ich mal eben in die Stadt zum Einkaufen oder zur Arbeit und dabei ist die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h eigentlich kein wirkliches Problem. Angegeben ist die Maschine mit 105 km/h und die erreicht sie auch spielend wenn man es darauf anlegt. Allerdings dreht der Motor dann auch im Bereich von etwas über 6000 Umdrehungen pro Minute und das hört sich bei einem Zweitakter dann auch entsprechend erbärmlich an. Aber für den Stadtverkehr ist die Maschine ideal geeignet. Die Sitzposition würde ich als bequem bezeichnen und man kann ja auch diverse Einstellungen vornehmen. So lässt sich der Lenker verstellen, Fussbremse und Schalthebel können ebenfalls verstellt werden. Für die oder den Sozius ist auch reichlich Platz vorhanden. Beim Tanken kommt man entsprechend billig weg, weil der Verbrauch kaum ins Gewicht fällt. Zwar gibt es nicht mehr überall das Zweitaktgemisch, Shell hat jetzt auch das Handtuch geworfen, aber Esso hat es noch. Also hat die Maschine keine Getrenntschmierung wie es bei den Exportmodellen gewesen ist. Befeuert wurde der Motor anfangs mit 1:33 und später, der Umwelt zuliebe, mit 1:50. Es könnte aber auch daran gelegen haben, dass es kein 1:33 mehr gab.
Was gibt es für Schäden zu vermelden? Eigentlich nichts wirklich Gravierendes. Was soll an einem pflegeleichten Motorrad auch kaputt- gehen? Abgesehen von den normalen Verschleissteilen wie Kette und Bereifung fällt mir auch kaum etwas ein. Die aktuelle Bereifung besteht aus: vorne Metzler ME 77 2,75-18 und hinten Heidenau 3,25-16. Der Test mit einem Metzler auf dem Hinterrad war nicht so toll!
ZündungDen einen oder anderen Sturz- oder Vandalismusschaden gab es auch. Naja, ganz so perfekt ist es dann doch nicht. Durch die recht heftigen Vibrationen im Zweiertakt löste sich nach einigen Jahren eine Niete von der Geberplatine der Zündanlage in Wohlgefallen auf. Das hatte zur Folge, dass der Motor plötzlich wie ein Lanz lief. Die Platine löste sich soweit von der Grundplatte, dass der Magnet am Hallschaltkreis kuschelte. Nicht schön und auch schwer zu finden, der Fehler! Aber es fand sich recht schnell Ersatz. So konnte ich einen von der Werkstatt angebotenen Umbau auf Unterbrecherzündung noch abwenden.
Ich kann sonst über die Zuverlässigkeit der Zündung nichts Schlechtes sagen. Die Maschine hat bis heute knapp 47.000 km hinter sich. Bei ca. 40.000 km wurde dem Motorrad das Herz überarbeitet und seit dem läuft das Maschinchen wieder wie eine gut geölte Nähmaschine. Nach dem letzten TÜV musste ich dann eine neue Felge für das Vorderrad installieren und da ich schon mal dabei war, gab es auch gleich neue Speichen dazu. Nun glänzt das Vorderrad mit einer Stahlfelge – vorher war sie aus Alu, gibt es aber nicht mehr. Nun spiele ich mit dem Gedanken auch das Hinterrad neu aufzuspeichen, sieht einfach besser aus.
Ach, da fällt mir doch noch was negatives aber auch nichts schlimmes ein. Nach relativ kurzer Zeit verweigerte der Bremslichtschalter im Hinterrad seine Kontaktvermittlung, aber als handwerklich nicht unbegabter Ossi half ich mir mit einem Mikrotaster weiter. Der wurde mittels eines Aluwinkels am Bremsgestänge befestigt und tut so bis heute seinen Dienst störungsfrei. Am Lenker habe ich eine Kontrollleuchte für das Bremslicht installiert, ist sehr hilfreich und gab beim TÜV auch schon „Händeschütteln und Schulterklopfen”! Das Bremsgestänge habe ich dann irgendwann mal gegen eines aus Edelstahl ausgetauscht. Ewig war die Einstellmutter verrostet und auch nicht mit gut zureden zu nur einer Umdrehung zu bewegen. Also entsorgt und ausgetauscht! Für meinen Geschmack sind die Tachowelle und Drehzahlmesserwelle etwas zu kurz bemessen. Muss man die Instrumentenbeleuchtug wechseln wird es eine kleine Fummelei. Aber auch dieses Problem ist nicht unlösbar. Wie eigentlich alle Probleme bei diesen Maschinen.
Winter- oder Überwinterungsprobleme kenne ich ebenfalls nicht. Ab irgendwann bleibt die Maschine eben in der Garage und wenn es im Frühjahr oder Frühsommer wieder schön ist wird der Staub abgewedelt und spätestens beim fünften Tritt auf den Kickstarter surrt der Motor. Im Normalfall braucht es nur zwei oder drei Tritte. Aus dem damaligen Zubehörregal bekam meine ETZ einen Seitenständer und Seitengepäckträger zum klappen. Heute muss ich den Seitenständer abbauen wenn ich zum TÜV muss. Die selbstgeklöppelten Handschützer aus Alu werden auch von Mal zu Mal schiefer angesehen, aber noch gibt es keine Probleme. Es gab sogar Zeiten, da hatte ich eine Halbverkleidung montiert – natürlich illegal und ohne ABE oder TÜV, die habe ich aber schweren Herzens wieder beiseite gelegt, sie war sehr hilfreich bei Wind und Wetter und obendrein sah es unverschämt gut aus! Doch Vorschrift ist Vorschrift und bevor die ABE erlischt … oder ein Schutzmann daran Anstoss nimmt … ist Verzicht angesagt.
Nachdem ich nun die Fotoserie gemacht habe, musste ich feststellen, dass es doch langsam aber sicher zu einer grösseren Erhaltungswerkelei kommen muss. An einigen Stellen fängt der Rost an sein Werk zu verrichten. Einige Schrauben, wie zum Beispiel an der Scheibenbremse und dem Schutzblech, habe ich schon gegen Edelstahlschrauben getauscht. Ein neuer Krümmer liegt auch schon bereit. Vor ca. vier Jahren spendierte ich den lackierten Teilen eine neue Lackierung. Auch der Heckbügel, der eigentlich verchromt war, ist dabei auch gleich blau lackiert worden. Neu verchromen war mir einfach zu teuer.
Und ist das Motörchen noch so klein, ich Grüsse fröhlich in die Runde und wünsche allen eine sturzfreie Fahrt!