aus bma 06/05

von Klaus Herder

MZ 1000 SF Na also, geht doch. Der Ossi an sich und der Sachse im Speziellen ist lernfähig. Zuerst entließ man im vergangenen Jahr in Zschopau den MZ-Geschäftsführer Petr Karel Korous. Längst überfällig, denn die unter seiner Leitung erfolgten unzähligen Ankündigungen von Aktionen und Motorrädern, die gar nicht oder erst mit unsäglicher Verspätung kamen (u.a. MotoGP-Engagement), waren dem MZ-Image nicht gerade zuträglich. Nach Korous besannen sich die Erzgebirgler auf ein bewährtes Arbeitsprinzip: Erst machen, dann darüber reden.
So vergingen zwischen der Vorstellung der MZ 1000 SF (Intermot München, September 04) und der Fahrpräsentation des echten Serienmodells (Andalusien/Spanien, Februar 05) gerade mal fünf Monate. Die Maschine steht mittlerweile bei den Händlern, sie kann Probe gefahren und vor allem auch gekauft werden. Dieser eigentlich recht simple Ablauf war in der Vergangenheit bei MZ nicht unbedingt selbstverständlich.
Die SF „Super Fighter“ ist für MZ die vielleicht letzte Chance, als eigenständiger Motorradhersteller im Geschäft zu bleiben. Der malaysische Geldgeber und Eigentümer Hong Leong möchte endlich Erfolge sehen, die SF muß sich spürbar besser verkaufen als die vollverschalte MZ 1000 S. Das sollte aus zwei Gründen auch klappen. Erstens ist die unter ihrer Feinabstimmung leidende und am Markt vorbei entwickelte S ein ziemlicher Flop. Von weltweit nur knapp 500 verkauften Exemplaren (davon rund 200 in Deutschland) ist die Rede. Diese Zahl zu übertreffen sollte also machbar sein. Besonders deshalb, weil – zweitens – die SF das rundherum bessere, günstigere und auch viel besser in den Markt passende Motorrad ist.

 

Die SF ist viel mehr als nur eine gestrippte S. Bei ihr passen Form und Funktion tatsächlich zusammen. Während bei den Sportlern und Sporttourern eigentlich niemand einen großvolumigen Zweizylinder braucht und zwar tolle, aber nur sehr schwer verkäufliche Modelle, wie Honda VTR 1000 F oder Suzuki SV 1000 S, genau das beweisen, ist die (Fließband-) Fighter-Szene wie gemacht für unkonventionelle Konzepte. Buell Lightning und Yamaha MT-01 als Zweizylinder und Benelli TNT sowie Triumph Speed-Triple als nicht minder ungewöhnliche Dreizylinder sind die besten Beweise dafür. Die MZ 1000 SF paßt mit ihrem kernig bollernden Reihenzweizylinder bestens in diese Klasse und kann aus der Exoten-Not eine echte Individualisten-Tugend machen.
MZ 1000 SF Wenn man von der SF berichtet, kommt man aber trotzdem nicht ganz an der unglücklichen S vorbei, denn natürlich ist sie die Basis für den neuen Zschopauer Hoffnungsträger. Damit aus dem vollverschalten Sportler ein fast nackter Fighter werden konnte, war allerdings jede Menge Feinarbeit angesagt. Straßenkämpfer wollen schließlich auch innerorts und damit schon bei niedrigen Drehzahlen Druck machen. Eben dieser Bereich war für den wassergekühlten Twin bislang aber absolutes Feindesland. Unter 5000 Umdrehungen ging fast gar nichts, Durchzug und Laufkultur ließen doch arg zu wünschen übrig. Dafür feuerte der von MZ selbst entwickelte Motor obenraus aber umso munterer.
Oben minimal weniger, unten dafür sehr viel mehr – das sehr kleine, aber hochmotivierte Team von MZ-Technikern wußte genau, was es wollte: Zahmere Steuerzeiten durch geänderte Nockenwellen, ein neu abgestimmtes Einspritzanlagen-Kennfeld sowie eine modifizierte Auspuffanlage sorgen für fülligere Arbeitsbedingungen. 113 statt 117 PS Höchstleistung und 98 anstelle von 95 Nm maximales Drehmoment kamen beim Feintuning heraus. Angenehmster Effekt der Operation: Das Drehzahlniveau wurde um gefühlte 1000 Umdrehungen in Richtung Drehzahlkeller verschoben. Es gab auch schon zu S-Zeiten diverse Überarbeitungen des Kurzhubers um sein Ansprechverhalten zu verbessern. Die Abstimmung für die SF ist im Vergleich dazu aber ein Quantensprung – dieser Zweizylinder ist der bislang mit Abstand beste MZ-Twin.
MZ 1000 SF Das ändert allerding nichts daran, daß Fahrer mit Schaltfußlähmung auf der vollgetankt 224 Kilogramm schweren Emme nichts verloren haben. Unter 3000 U/min zickt die 1000er, reißt dafür aber jetzt schon ab 4000 Touren mächtig an und mischt bis 7500 U/min sehr kräftig auf. Darüber geht’s dann ein klein wenig weniger dramatisch zu, und erst bei 9300 U/min greift der Drehzahlbegrenzer ein. Um flott unterwegs zu sein, muß man den trotz Ausgleichswelle kernige, aber nicht unangenehme Vibrationen verbreitenden Motor aber gar nicht so ausquetschen. So zwischen 5000 und 7000 U/min ist herrliches Power-Surfen angesagt. Daß man dann ab und an doch etwas heftiger an der Kordel zieht, hat mit dem wirklich sehr beeindruckenden Sound zu tun, den der Twin so um 8000 Touren aus den Edelstahl-Töpfen brüllt. Ein Kollege nannte es „typisches Gegenläufer-Stakkato“ – genau das ist es. Und es klingt sehr, sehr gut. Wer fleißig im hart, aber gerecht zu schaltenden Sechsganggetriebe rührt, wird mit dem fetten MZ-Beat belohnt. Und der klingt schon seit ein paar Jahren nicht mehr nach Rängdängdäng.
Der SF-Arbeitsplatz ist rundherum gelungen. Wo man sich bei der S noch mächtig flach über den langen 20-Liter-Tank spannen mußte, sitzt man auf der SF völlig entspannt. Fünf Millimeter weiter durchgesteckte Gabelholme und ein um 15 Millimeter abgesenktes Heck sorgen für eine von 835 auf 825 Millimeter reduzierte Sitzhöhe. Wer noch weitere 15 mm runter will, bekommt für 465 Euro ein kürzeres Federbein montiert. Die Position der Fußrasten blieb unverändert, der Kniewinkel ist weiterhin sportlich eng, aber nicht unbequem. Die gewaltige Schräglagenfreiheit dankt’s. Der breite, ausreichend hoch montierte und perfekt gekröpfte Alulenker liegt sehr gut zur Hand, und die sehr übersichtlichen Instrumente (Analog-Anzeigen. Danke MZ!) informieren bestens. Die Rückspiegel erledigen ihren Job tadellos. Der SF-Scheinwerfer stammt aus dem MZ-Baukasten und ist baugleich mit dem der S. Neu ist natürlich die kleine Cockpitverkleidung. Die schwer nach Insektenkopf aussehende Kombination funktioniert bestens: Top-Licht und dank guter Arbeit im Windkanal und hinterströmter Scheibe auch erstaunlich guter Windschutz. Das mag nicht unbedingt das sein, worauf es dem potentiellen Straßenkämpfer vorrangig ankommt, aber böse sieht’s ja trotzdem aus, und es schadet schließlich nicht, wenn man auch noch bei Tempo 180 ein cooles Gesicht machen kann. Wer den Hahn noch weiter spannt, treibt die SF auf rund 220 km/h, was für handelsübliche Straßenkämpfer eigentlich ausreichend sein sollte.
MZ 1000 SF Es ist wirklich erstaunlich, wie ein hoher Lenker, fehlendes Plastikgeraffel und eine eigentlich undramatische Motorüberarbeitung den Charakter eines Motorrads verändern können. Aus einer eher unbefriedigenden und angestrengt zu fahrenden 1000er ist mit der SF eine fahraktive, Spaß machende und absolut konkurrenzfähige Maschine geworden. Das, was an der 1000 S gut war, tut auch bei der SF Dienst: Das hervorragende Fahrwerk mit seinen goldrichtig abgestimmten Federelementen und den sehr guten Bremsen. Schon allein die viel entspanntere und dabei durchaus angriffslustige Sitzposition auf der SF sorgt dafür, daß man das Potenzial nun viel besser und mit sehr viel mehr Spaß nutzen kann. Was auf der S fast schon in Arbeit ausartete und recht schnell nerven konnte, gelingt mit der SF viel spielerischer.
Polarisierend ist auch diese 1000er-MZ, aber das Verhältnis von Fans zu Feinden dürfte ein deutlich anderes sein. Dazu könnte auch der recht attraktive Preis beitragen, denn mit 9490 Euro (plus 128 Euro NK) ist die SF günstiger als alle einschlägigen Konkurrenzmodelle. Ab Werk gibt’s den wartungsfreundlich aufgebauten Fighter (u.a. klappbarer Tank) in Mattschwarz und Knallorange. Für einen moderaten Aufpreis liefern die Sachsen die Maschine aber auch in jeder RAL-Farbe und im Wunsch-Design. Welcher andere Hersteller kann das ab Werk bieten? Es gibt also gute Gründe, mal beim MZ-Händler vorbeizuschauen. Und vorher vielleicht ins Internet zu gucken, denn unter www.mz-motorrad.de gibt’s jede Menge SF-Infos und ein paar nette Filmchen, die vielleicht schon etwas Appetit auf den „Super Fighter“ machen.