aus bma 08/01

von Markus Witt

MuZ 251 SaxonÜber die Zweitakter aus Zschopau ist viel geschrieben worden. Ob es nun die uralten TS-Modelle sind oder die ETZ-Zweitakter, jeder Motorrad-Fahrer ist den MZlern in irgendeiner Weise schon begegnet. Mancher rümpft beim Gedanken an alte MZ die Nase, und das nicht nur wegen der bläulichen Fahne, die die Zweitakter als signifikante Spur im Straßenverkehr hinterlassen. Häufig ist es das gurkenförmige Design, das die Gemüter der ostasiatischen Fraktion erhitzt.
Wie der Kleister die Mythen und Legenden der Geschichtsbücher zusammenklebt, haftet an den MZ-Treibern das Image des unbeugsamen Einheitssozialisten, des ewigen Brot- und Butterfahrers. Dies war mit Sicherheit eine der Hauptschwierigkeiten, mit denen man in Zschopau zu kämpfen hatte, als den beiden Buchstaben ein „U” für „und” zugefügt wurde. Diese Imageprobleme hafteten auch den „Scorpion”-Modellen an, obwohl sie weder optisch noch von den inneren Werten mit den Zweitaktern verwandt waren. Die Zschopauer waren sich ihrer Identitätsprobleme durchaus bewusst. Interessanterweise sollte man mal einen Blick in einen Motorradkatalog des Jahrgangs 1993 werfen. Dort entdeckt man eine vielseitige MuZ-Modellpalette, wie sie vom Umfang eigentlich nur in diesem Jahr existiert hat.

 

Seit einiger Zeit besitze ich eine MuZ aus diesem besagten Jahrgang, und zwar eine MuZ Saxon Fun 251 mit „offiziell” 17 PS. Bis dato besaß ich keine, und ich zählte mich auch weder zu den MZlern noch zu deren Kritikern. Durch einen Zufall erwarb ich diese Maschine von einem guten Freund, der – aus allen möglichen Gründen – nun der MZ-Gemeinde nach zig Jahren innigster Verbundenheit abschwor (auch das gibt es!).
251 FrontMein Gefährt weist erstaunlicherweise einige technische Merkmale und Details auf, die ich nicht unbedingt erwartet hatte. Rahmen, Motor und Motoraufhängung sowie die Bremsen entsprechen genau dem Vorgängermodell ETZ 251. Gestartet wird per Kickstarter, der sich auf der linken Seite befindet. Der zweistufige Choke ist günstig am Kupplungsgriff platziert, wo übrigens nicht nur die Tast- und Schiebeschalter für die Beleutung vorhanden sind, sondern auch die Schalter für Hupe und Blinker. Nach dem zweiten oder dritten Kick springt die MuZ mit dem bekannten Rengdängdäng an. Der Choke wird bereits nach ca. 100 Metern zurückgenommen und die MuZ nimmt sauber Gas an.
Der Motor ist gummigelagert aufgehängt, dennoch dringen genug Vibrationen bis zum Fahrer durch. Dieser Zweitakter mit Getrenntschmierung liebt Drehzahlen. Unter 6000 Umdrehungen verspürt man als Fahrer kaum einen Vorwärtsdrang. Alles recht zäh, so dass man runter schalten muss. Ab 7000 Umdrehungen aber – urplötzlich – verwandeln sich die 17 Pferdestärken in eine kleine Horde wild galoppierender Hengste (Bitte als Vergleich zu ähnlich leistungsstarken Motorrä- dern zu verstehen!). Dabei läuft der elektronische Drehzahlmesser immer gewaltig voraus und suggeriert Werte, die über 10.000 U/min liegen.
Die Gänge lassen sich sauber schalten. Das Einlegen des ersten Ganges braucht hin und wieder etwas Geduld, auch geht es nicht ganz geräuschlos vonstatten. Beim Losfahren und anschließenden Hochschalten der Gänge kommt die Kupplung butterweich. Bei Rückenwind erklimmt die Tachonadel auch mal die 120 km/h-Hürde. Überholvorgänge sind dennoch mit Vorsicht zu genießen, und Fahrten auf der Autobahn sollten besser die Ausnahme bleiben. Als hilfreich erweisen sich dabei die Rückspiegel. Ohne Einschränkungen in der Sicht erfährt der Fahrer alle rückwärtigen Verkehrsinformationen. Jedoch vibrieren die guten Stücke in bestimmten Drehzahlregionen ordentlich mit. Am meisten bringt es Spaß, die MuZ durch kurvige Landstraßen zu jagen, auf denen es nicht auf die Höchstgeschwindigkeit ankommt. Von 60 km/h auf 90 km/h (3. und 4. Gang) am Kurvenausgang hoch zu beschleunigen ist trotz der geringen Motorleistung eine Gaudi.
Problemlos lässt sich die MuZ durch den Verkehr lotsen. Schon beim normalen Beschleunigen kann man die Autos hinter sich stehen lassen, und beim Abbiegen erkennt man gut die hell leuchtenden und großen Blinker. Nicht nur optisch fällt die Maschine im Verkehr auf, sondern auch akustisch. Mit einem lauten, durchdringenden Hup-Ton lassen sich gefährliche Begegnungen bei eilig entgegenkommenden Linksabbiegern entschärfen. Die Brembo-Bremsscheibe schafft es, die Fuhre zügig zum Stehen zu bringen. Doch Vorsicht, denn sie packt recht giftig zu. Im Trockenen super, aber unter widrigen Wetterverhältnissen mit nassfeuchtem Asphalt kann ohne Vorwarnung die Reibgleitung des Vorderradreifens schnell in den Zustand der Gleitreibung versetzt werden, mit ungewissem Ausgang für den Fahrer!
Hinten benötigt die Trommelbremse wenig Aufmerksamkeit. Wer es ganz eilig hat, zum Stehen zu kommen – genügend Übung vorausgesetzt – schafft es durchaus, den Bürzel des Entleins in die Höhe zu bringen.
Bekanntlich verbrennt der Zweitakter seinen Schmierstoff, egal ob nun mineralisch oder synthetisch. Der Gestank kann auf Dauer ziemlich nerven. Ich war eigentlich jedesmal wieder froh, als erster von der Ampel aus starten zu können. Den Unmut nicht weniger Vierradlenker habe ich des öfteren im Stop and Go auf mich nehmen müssen.
Am augenscheinlichsten fällt dem Betrachter die rahmenfeste Verkleidung und der üppige 24 Liter fassende, durchgefärbte Kunststofftank auf. Reichweite ohne Ende! Mit dem Inhalt schafft das feuerrote Spielmobil locker an die 420 bis 450 km. Je nach Fahrweise liegt der Verbrauch bei 4 bis 5,5 Litern. Nicht nur der Tankdeckel ist abschließbar, sondern auch der rechte Seitendeckel, wo sich eine 12 V/14 Ah-Batterie versteckt. Mit dem gleichen Schlüssel lässt sich ebenfalls das integrierte Zünd-Lenkschloss bedienen. Von solchen Details träumt auch heute noch so manches große Mopped.
Um Strecken problemlos bewältigen zu können, bedarf es einer ordentlichen Sitzbank. Und die hat die Saxon. Breit und lang genug für zwei unternehmenslustige Weggefährten, dazu gut gepolstert. Auch die hinteren Fußrasten sind in einer vernünftigen Höhe angebracht.
Also eine niedliche kleine Tourenmaschine? Zu zweit mehrere Tage durch die Lande zu touren, würde die Beziehung beider Weggefährten arg strapazieren. Dazu reicht letztlich die Motorleistung dann doch nicht.
Als Solist mit großem Tankrucksack und Gepäckrolle – kein Problem. Und wer Lust hat, auf diversen Treffen einen echten Hingucker zu erzielen, der ist mit der MuZ Saxon bestens gerüstet. Für 1500 bis 2000 DM werden gut erhaltene Exemplare angeboten. Bei 36 DM Steuern und rund 130 bis 180 DM Versicherungsprämie inklusive Teilkasko ist die MuZ eine günstige Anschaffung.Die Saxon Fun ist eine echte Alternative zur Hauptmaschine. Ich benutze sie als witziges Zweitfahrzeug und gönne mir den Luxus, noch einen Zweitakter fahren zu dürfen. Rengdängdäng!