aus bma 8/09

von Olaf Rutenberg

MuZ Baghira
Im zarten Alter von acht Jahren sah ich zum ersten Mal eine Yamaha XT 500. Das hinterließ einen derartigen Eindruck, dass mir sofort klar war, „die wird es später sein“. In den darauf folgenden Jahren konnte auch nichts diesen einmal gefassten Entschluss ins Wanken bringen. Jeder Gedanke an ein moderneres, stärkeres, oder gar vierrädriges Gefährt prallte spurlos an meiner Großhirnrinde ab. Nach dem Erwerb des Führerscheins stand sie dann auch recht schnell vor der Tür.
Es folgten 50.000 gemeinsame Kilometer und die Erkenntnis, dass knapp 30 PS zum Fahrvergnügen völlig ausreichen, wenn sie so urig präsentiert werden, wie in der XT. Erst nach einem etwas desaströsen Libyenurlaub mit anschließendem Krankenhausaufenthalt und dreimonatigem Arbeitsausfall wuchs der Wunsch nach mehr Motorleistung und fahrwerkstechnischen Sicherheitsreserven.

Wir schrieben das Jahr 1998 und meine Wahl fiel auf die MuZ Baghira. Kaufentscheidend für mich waren die hochwertigen und sehr geländetauglichen Fahrwerkskomponenten, in Verbindung mit dem ausgereiften Motor der Yamaha XTZ 660, zu einem obendrein sehr fairen Preis. Da ein allgemeiner Fahrbericht von mir bereits im bma erschienen ist, schreibe ich jetzt in erster Linie über die Umbauten am Motorrad, die im Laufe der Zeit von mir vorgenommen wurden.
Anlässlich eines geplanten Tunesien Urlaubs begann die Suche nach einem größeren Tank.

 

MuZ BaghiraIch entschied mich für den Umrüst-Kit der Firma African Queens. Der Tank ist von KTM und findet serienmäßig Verwendung in den LC 4 Adventure Modellen. Mitgeliefert wird eine Tankhalterung, die an den Stellen angeschraubt wird, an denen sonst die geweihähnlichen Bügel befestigt sind. Ebenso eine unterdruckgesteuerte Benzinpumpe und ein dem Tank angepasster Sitzbankrohling, der auf Wunsch und gegen Aufpreis auch aufgepolstert wird. Mit seinem 28 Litern Inhalt und dem tiefen Schwerpunkt, ist er die erste Wahl für Fernreisen oder Wüstentouren. Die Passgenauigkeit ist erfreulicherweise so gut, dass man glauben könnte es handle sich um einen MuZ Tank.

Die Einzelabnahme beim TÜV gestaltete sich dann auch dementsprechend problemlos. Obwohl ich die Baghira jetzt seit ca. 10 Jahren fahre und von ihrem Fahrwerk immer noch begeistert bin, war von Anfang an der Wunsch nach etwas mehr Leistung da. Weil mir aber Haltbarkeit und Zuverlässigkeit über Alles gehen, scheute ich vor größeren Eingriffen in den Motor wie z.B. einer schärferen Nockenwelle oder Ähnlichem zurück.

Mit den herkömmlichen Brot und Butter Methoden, wie einem Dynojet Kit im Vergaser, oder einem Supertrapp Auspuff hatte ich nicht nur kein Glück, sondern obendrein viel Pech. Während der Vergaserkit keinerlei Wirkung zeigte, kostete die Supertrapp Anlage spürbar Leistung und wurde nach kurzer Zeit wieder durch das Original ersetzt.
Dann im Frühjahr 2008 erweckte eine kleine Anzeige der Firma EGU meine Aufmerksamkeit. Power für die Muz, die Rede war von 6 PS und 10 Nm Mehrleistung nur durch den Austausch der Auspuffanlage. Der im schwäbischen Waiblingen ansässige Einzylinderspezialist war mir noch aus meinen XT Zeiten ein Begriff und erschien vertrauenswürdig. Mit 500 Euro war die Anlage nicht grade ein Ebay Schnäppchen, aber auf der Homepage von EGU war eine Leistungskurve abgelichtet, die mich dann doch zum Überweisungsformular greifen ließ.

Nach dem Erhalt der Sendung kam dann die große Ernüchterung: Keine ABE Papiere, keine Rechnung, keine Halterung um die Auspuffschelle am Rahmen zu befestigen und als Krönung war der gelieferte Zwischenkrümmer im Durchmesser 1 mm zu klein und passte nicht auf den Originalkrümmer. Alles in allem Grund genug, das ganze Paket wieder zurück zu schicken, aber vier Stunden und drei durchgeschwitzte T-Shirts später hatte ich den Krümmer passend gefeilt. Ein zurecht gebogener Edelstahl-Flachstahl ersetzte mir die Auspuffhalterung und ich konnte zur ersten Probefahrt starten.

MuZ BaghiraMit dem serienmäßigen Auspuff zeigte der XTZ 660 Motor der Baghira das typische Leistungsbild, wie es auch allen anderen XT Einzylindern zu eigen war. Im unteren bis mittleren Drehzahlbereich bereits recht kräftig, ist mit steigender Drehzahl dann allerdings kein nennenswerter Temperamentsausbruch mehr zu erwarten. Umso angenehmer war dann die Überraschung, als der Motor ab etwa 4000 U/min mit einem deutlich spürbaren Leistungsplus reagierte, welches sich mit steigender Drehzahl noch verstärkte. Die MuZ hing gerade zu zornig am Gas und zeigte eine Drehfreude, die ich an ihr noch nie erlebt hatte. Um es kurz zu machen, die Investition hat sich trotz des ganzen Ärgers für mich gelohnt, denn der Fahrspaß ist deutlich gestiegen. Alle fehlenden Unterlagen wurden mir auf Anfrage noch von EGU nachgeliefert. Eventuelle Interessenten sollten bei ihrer Bestellung aber unbedingt den Außendurchmesser ihres Krümmers angeben.

Schon länger im Dienst ist der nachgerüstete Motorschutz des Reiseveranstalters WD Adventure Tours, der seine Tourguides noch vor einigen Jahren mit Baghiras in die Wüste schickte. Er hat sich schon lange bezahlt gemacht und erleichterte die Anbringung eines selbst gebauten Alukastens zur schwerpunktgünstigen Unterbringung des Bordwerkzeuges.

Nachdem im Geländeeinsatz bereits zwei Scheinwerfer entzwei gegangen waren, kam ich auf die Idee mir auch hierfür einen Schutz zu bauen. Eine Scheibe aus Makrolon, die mir buchstäblich in den Schoß viel, kam da gerade recht. Mit einem hohen Alulenker von Renthal, Handprotektoren und einem Vorderradkotflügel von Acerbis schließt sich der Kreis der Umbauten, die die Baghira zu einer Art Über-Ténéré machen.

Als nächstes steht der Austausch des Handbremszylinders auf dem Programm. Trotz Stahlflexleitungen, neuer Bremsflüssigkeit und korrekter Entlüftung lässt sich der Bremshebel ohne fühlbaren Druckpunkt bis zum Lenker ziehen. Kein Einzelfall, wie man so in der „Szene“ hört, sodass als Ersatz wohl kein Originalteil in Frage kommen wird.
Als qualitativ nicht besonders hochwertig haben sich leider auch die sehr korrosionsfreudigen Speichen erwiesen, die inzwischen durch Exemplare aus Edelstahl ersetzt wurden. Doch trotz dieser kleinen Mängel passt das Gesamtkonzept der Baghira für meine Zwecke haargenau. Und die XT 500? Nein, die habe ich natürlich nicht verkauft! Es gibt einfach Dinge, die gibt man für schnödes Geld nicht weg, und eine alte Liebe rostet im Gegensatz zu so mancher Speiche bekanntlich nicht.