aus Kradblatt 2/23 von Alexandra Frauen

Vor einigen Jahren hat mir eine Freundin erzählt, dass sie allein mit dem Motorrad nach Schweden fährt. Und ich war sehr beeindruckt und konnte mir zu diesem Zeitpunkt nicht vorstellen, allein mit dem Motorrad mehrere Tage unterwegs zu sein. Früher bin ich sehr viel mit meinem Freund oder mit Freundinnen gefahren, aber so ganz alleine?

Auf Tour mit der Suzuki Gladius
Auf Tour mit der Suzuki Gladius

So gingen die Jahre ins Land und mit der Zeit und verschiedenen Veränderungen reifte in mir die Idee: Hey warum soll ich das nicht einfach auch machen, auf was soll ich warten? Auch wenn viele sagen und mich bewundern, dass ich solch eine Tour und eigentlich ja auch ein kleines Abenteuer starte.

Meine treue Reisegefährtin Suzuki Gladius, die ich seit mittlerweile neun Jahren fahre und die selbstgefahrene 91.000 km auf dem Tacho hat, hat mich noch nie in Stich gelassen.

So startete ich meine erste Verpieseltour Richtung Lausitz und einem kleinen Abstecher nach Polen, die zweite Tour ging dann von Hamburg runter in den Schwarzwald. Dann kam Corona und die Planungen lagen brach.

Aber es juckte wieder in den Fingern. Mein Freund hat sein Motorrad für die Straße abgemeldet und fährt nur noch auf der Rennstrecke. Also reifte der Entschluss loszufahren, und zwar sollte es eine Reise von Hamburg durch den Harz und das Erzgebirge und durch Tschechien werden.

Über den Winter alle Touren und Unterkünfte geplant und gebucht und im Juni konnte es endlich losgehen.

Die Nacht vor der Abreise habe ich schlecht geschlafen, war viel zu aufgeregt und hatte wahrscheinlich wieder viel zu viel eingepackt, wovon man am Ende des Tages wieder nur die Hälfte braucht. So ging es morgens früh endlich los.

Blankenburg im Harz
Blankenburg im Harz

Die Fahrt führte uns durch Hamburgs Westen raus aus der Stadt und über Lauenburg fuhren wir die B 195 immer entlang von Boizenburg über Amt Neuhaus und nach Dömitz. Das Wetter war herrlich und hätte man es sich nicht besser ausmalen können. Es ging durch schöne Ortschaften entlang Richtung Königslutter, wo ich nach 260 km meine erste Unterkunft bezog (Hotel zur Post, Ochsendorf, www.hotel-zur-post-ochsendorf.de). Ein absolut gelungener Start in eine abenteuerliche Zeit.

Nach einem großartigen Frühstück ging es früh am nächsten Morgen von Ochsendorf bei Königslutter über schöne leere Landstraßen. Einen Stopp eingelegt habe ich in Halberstadt auf dem Domplatz. Eine kurze Besichtigung der Kirche musste sein und war auch sehr interessant und beeindruckend.

Aber wir hatten ja noch ein Etappenziel, also rauf aufs Moped durch Quedlinburg die B 180 entlang und durchs schöne Selketal.

Meine Unterkunft war in der Nähe von Chemnitz in Lunzenau. Übernachtet habe ich in der Ferienwohnung zum Kugelbaum, Lunzenau (www.ferienwohnung-am-kugelbaum.business.site/). Eine tolle Ferienwohnung zu moderaten Preisen. Das Motorrad kann sich man sicher in der Garage abstellen und es fehlt an nichts.

Bei wunderbarem Wetter führte mich die nächste Tagesetappe aus Lunzenau heraus über kurvenreiche verkehrsarme Wege durch Flöha und an Augustusburg vorbei, welches ein wunderbares Museum beheimatet (www.die-sehenswerten-drei.de/schloss-augustusburg) bevor ich endlich die Grenze zu Tschechien passierte. Das richtige Abenteuer konnte endlich losgehen, darauf hatte ich mich schon monatelang gefreut. Spoiler: Ich wurde nicht enttäuscht.

Gönn dir was: Windbeutel
Gönn dir was: Windbeutel

Meinen ersten Stopp legte ich in Klíny ein, wo man einen herrlichen Ausblick über die Berge hatte. Der Kurventraum war noch lange nicht zu Ende.

Bei teilweise geringem Verkehr, was sich weitestgehend durch die ganze Reise zog, ging die Fahrt über Litvínov, Teplice und Děčín. 

Im Vorwege hatte ich ein Restaurant hoch oben immer entlang der Elbe ausgemacht (www.
restauracedolnigrund.cz). Es ging einen teilweise zwar asphaltierten, aber engen Weg entlang und kurz bevor das große Donnerwetter in Form von jeder Menge Regen losbrach konnte ich mich noch ins Restaurant retten und außerdem wollte ich ja eh ’ne Pause machen.

Nach einer ausgiebigen Pause mit Germknödel war auch der Regen Geschichte und es ging einmal mit der Fähre über die Elbe auf die andere Seite und nach Liberec.

Meine Unterkunft war das Apartmá SunGarden (www.apartma
sungarden.cz). Die Unterkunft hat mir sehr gut gefallen. Es fehlte an nichts. Das Frühstück war lecker und üppig, ich konnte mein Motorrad auf dem abgeschlossenen Parkplatz der Unterkunft parken und das Zimmer war schön eingerichtet.

Nach Sonnenschein folgt auch mal Regen und leider war für den nächsten Tag nur Regen angesagt. Da in der wunderbaren Unterkunft das Apartment für einen weiteren Tag frei war, habe ich mich spontan entschlossen einen Tag länger zu bleiben.

Das Rathaus in Liberec (Reichenberg)
Das Rathaus in Liberec (Reichenberg)

Da ich ein Mensch der spontanen Sorte bin, entschied ich mich mit dem Bus nach Prag zu fahren. Ca. 1:20 Stunde hat die Fahrt gedauert und der Bus hielt vor den Toren Prags. Noch eine halbe Stunde Fahrt mit der Metro, die Fahrkarte kostete 120 tschechische Kronen und schon war man in der City.

Um die Stadt mit ihren Sehenswürdigkeiten zu besuchen, sollte man meiner Meinung nach zwei Tage einplanen. Ich hatte nur ein paar Stunden Zeit und entschloss mich mit dem Fahrstuhl das alte Rathaus hochzufahren, denn dort hatte man einen großartigen Blick über die Stadt und es zeigte sich auch mittlerweile ein wenig die Sonne. Runter ging es dann zu Fuß und ich konnte den gläsernen Fahrstuhl bestaunen. Der Eintritt und die Fahrt mit dem Fahrstuhl liegen bei 300 tschechischen Kronen.

Auf dem Weg zurück habe ich noch die wunderbare Teynkirche entdeckt, einen Besuch kann ich wirklich empfehlen. Mit dem Bus ging es dann wieder zurück nach Liberec. Die Hin- und Rückfahrt mit dem Bus kostet 240 tschechische Kronen.

Mit einem Sonnenstrahl sollte ich geweckt werden und ich finde, das ist immer ein guter Start in einen perfekten Motorrad-Tag.

Also schnell die Sachen eingepackt und auf dem Motorrad verstaut und los ging es, raus aus der Stadt. Was für mich sehr gewöhnungsbedürftig war, ist die Verkehrsführung mit der Straßenbahn, man muss verdammt aufpassen, dass man in seiner Spur bleibt. 

Was auch ungewohnt ist, sind die Bahnübergänge. Wenn sie weiß blinken, dann darf man langsam rüberfahren.

Auch wenn man z. B. jemanden vorlässt, dann bedankt sich der Überholende mit der Warnblinkanlage. Und immer wenn Motorradfahrer einen überholen, dann bedanken sie sich damit, dass sie ihren rechten Fuß von der Fußraste nehmen.

Rast bei Děčín an der Labe (Elbe)
Rast bei Děčín an der Labe (Elbe)

Als ich aus der Stadt raus war, war der Verkehr nicht mehr so dicht und man hatte häufig freie Fahrt. Auch fand ich es auf der Autobahn zu fahren weitaus entspannter, da selbst in der Woche wenig LKW unterwegs waren und die Höchstgeschwindigkeit bei 130 km/h liegt; daher hat man auch nicht so das Gefühl gehetzt zu sein. Nicht zu verachten ist auch, dass man als Motorradfahrer keine Maut bezahlen muss.

Durch den verlorenen Tag musste ich meine Tour anpassen und dadurch bin ich bei dem grandiosen Schloss Sychrov gelandet (www.zamek-sychrov.cz/de).

Der Eintritt für das Schloss und den angrenzenden Schlosspark liegt bei 250 tschechischen Kronen. Hier ist auch die Führung durch das Schloss enthalten, ohne Führung bekommt man leider keinen Zugang.

Der Guide hat die eine Stunde dauernde Führung auf Tschechisch durchgeführt, man bekommt aber ein Heft in seiner Landessprache und dann kann man sehr gut der Tour folgen. Der Eintritt ist sein Geld absolut wert und es ist eine Reise in die Vergangenheit. Auch wenn man sich nicht so sehr für Schlösser interessiert, ist es doch sehr interessant zu sehen, wie die Menschen früher gelebt haben.

Dann ging es aber auch schon weiter – aber wir kommen wieder, der Park hat auch noch einen Besuch verdient.

Wir wollten rechtzeitig in Tábor in unserer Unterkunft ankommen. Die Straßenverhältnisse waren toll und ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass es so tolle kurvenreiche Strecken gibt. Ein Oh- und Wow-Moment reihte sich an den anderen. 

Die Fahrt durch Prag machte mir im Vorwege ein wenig Angst, aber es war nicht schlimmer, als wenn man in Berlin oder München durch die Stadt fährt.

Schloss Sychrov, Zutritt nur mit Führung
Schloss Sychrov, Zutritt nur mit Führung

Ein Stopp am Veitsdom fiel leider aus, mangels Parkplatzes, aber stattdessen war ein kleiner Stopp an der Karlsbrücke drin und ich konnte ein paar Fotos schießen. Aus Prag heraus warteten wieder beste Straßen und wenig Verkehr auf uns.

Meine Unterkunft in Tábor, THIR (www.penzionthir.cz) war in einer kleinen Seitengasse versteckt.

Empfangen wurde ich von einem sehr freundlichen Gastgeber. Er hatte auch einen kleinen Parkplatz für meine Gladius, aber ich war mir unsicher, ob ich sie da am nächsten Morgen wieder rausbekomme. Er holte ein Brett als Stufe und wollte es versuchen. Aber das war mir eine Spur zu risikoreich und da fragte er seinen Nachbarn, der selbst Motorradfahrer ist (Suzuki und Honda) ob ich mein Motorrad in den Hinterhof stellen kann. Gesagt getan und da stand sie dann sicher und trocken und dort konnte sie sich ausruhen, bis es am nächsten Tag weiterging.

Hrad Loket im Okres Sokolov (Burg Elbogen im Bezirk Falkenau)
Hrad Loket im Okres Sokolov (Burg Elbogen im Bezirk Falkenau)

Ich hätte sie sonst auch auf den Marktplatz gestellt aber der Gastgeber fand es sicherer, wenn sie  abgeschlossen steht. Solch Engagement und Gastfreundlichkeit habe ich selten erlebt.

Nach dem Zimmerbezug ging es in die Altstadt von Tábor und ich war sprachlos und das ist selten der Fall. Ein großartiger Platz mit einer tollen Kirche, eine Band spielte Folklore und die Menschen tanzten. Kann es einen schöneren Ort geben?

Für den nächsten Tag war wieder Regen angesagt. Aber nur die Harten kommen in den Garten. Also schnell Sachen eingepackt, gefrühstückt und mein Motorrad wieder abgeholt. Aber halt stopp: Das war einfacher gesagt als getan. Der nette Herr hat die Nacht davor als Taxifahrer gearbeitet und ich musste ihn mithilfe des Chefs der Pension erst mal wachklingeln, aber dann konnten meine Gladius und ich unsere Reise fortsetzen.

Da es den ganzen Tag regnen sollte, bin ich die ersten Kilometer auf direktem Wege nach Budweis gefahren und ab da ging es weiter mit der schönsten Strecke bis jetzt auf dieser Reise. 

Durch Krummau an der Moldau ging es Richtung Süden, eine tolle Kurve reihte sich an die nächste, der geringe Verkehr und der super Asphalt taten ihr übrigens.

Immer entlang der Moldau ging es, als der Himmel auf einmal seine Schleusen öffnete, die nächste Tankstelle war meine.

Lecker: Altslawische Küche
Lecker: Altslawische Küche

Vor mir stand schon eine Gruppe Männer mit Motorrädern, die sich unter den Sonnenschirm gestellt hatten. Da standen wir nun, es schüttete wie aus Kübeln, dazu passte, wie eine nette ältere Dame in Seelenruhe ihre Rubbellose rubbelte.

Meine Geschichte des Tages: Ein Motorradfahrer aus der Slowakei kam auch auf die Tankstelle und in Englisch konnten wir uns gut verständigen. Er sei von der Slowakei aus durch Tschechien auf dem Weg zum Spreewaldring zu dem Treffen „Built not Bought“ (www.racecafe
berlin.wordpress.com). Als ich ihn fragte, wie lange er denn unterwegs sei und wo denn sein Gepäck sei, zeigte er auf sein Topcase. Ich musste ein wenig schmunzeln, denn dort war alles drin was er für fünf Tage brauchte. Zelt, Zubehör und Klamotten. Ich war beeindruckt und zeigte ihm mein Gepäck. Endlich hörte es auf zu regnen und es konnte weiter gehen. Die Strecke suchte ihresgleichen, leider fing es aber wieder an zu schütten.

Das Beeindruckendste war der Nebel, der am Abend über den Bergen hing. Die letzten 80 km bis zur Unterkunft nach Kdyně war es zum Glück trocken.

Die Unterkunft Pension Janka war eine gute Wahl. Der Empfang war sehr nett, das Zimmer sauber und das Frühstück lecker. Die Preise sind moderat und ich konnte mein Motorrad in einer Garage sicher unterstellen.

Wundervoll ausgeschlafen ging es zum Frühstück, wo ich eine nette Dame kennenlernte, die auf Pilgerreise mit ihrem Mann war. Mit dem FlixBus ging es von Frankreich nach Prag, wo sie ihre Reise starteten. Sie waren schon eine Woche unterwegs und wollten noch weiter bis nach Freiburg. Sehr
beeindruckend!

Aber es musste weitergehen, mein Freund wartete in Most auf der Rennstrecke mit einem kalten Bier auf mich.

Autodrom Most - das Ziel der Tour
Autodrom Most – das Ziel der Tour

Auch die Strecke von Kdyně nach Most war großartig. Durch verschiedene kleine Ortschaften ging es nach Loket mit einer schönen historischen Altstadt. Es gibt einen Aussichtspunkt, von dem man einen tollen Blick auf die Burg hat. Ein kurzer Besuch der Burg war auch noch drin, aber der Hunger trieb mich in das Restaurant „Altslawische Küche“ (www.beerspaloket.cz) direkt vor der Burg. Ich setzte mich zu einem netten Paar aus Deutschland und man kam schnell ins Gespräch. Das Essen war lecker, reichlich und hatte einen absolut fairen Preis. Gut gestärkt und ausgeruht ging es auf die letzten Kilometer nach Most.

Geht auf Tour - es lohnt sich!
Geht auf Tour – es lohnt sich!

Die Tage in Most nutze ich zum Ausruhen und Relaxen, denn so jeden Tag immer im Schnitt 250 km zu fahren, schlaucht doch ganz schön. 

Dann ging es leider wieder gen Heimat. Ich wäre am liebsten weiter immer weiter gefahren, aber zu Hause warteten die Verpflichtungen. Aber ich verspreche dir Tschechien: Ich komme wieder.

Zurück ging es auf dem direkten Wege Richtung Königslutter wieder zum Hotel zur Post in Oschsendorf.

Auf einer Tankstelle in Deutschland sprach mich eine Gruppe netter Biker aus Stendal an und fragte nach meinem Visierreiniger und so kamen wir ins Gespräch und ich erzählte ihnen von meiner Reise. Leicht beeindruckt fuhren sie wieder ihrer Wege und der eine Biker sagte noch zu seinem Kumpel: „Mensch, so ganz alleine unterwegs das Mädel…“. Und irgendwie hat mich das bestärkt und froh gestimmt und ich wusste, dass es die beste Entscheidung war und die nächste Verpieseltour für nächstes Jahr ist auch schon in Planung: Sardinien.