aus Kradblatt 7/14
von Jogi / penta-media.de

 

Motorrad-Trial
Früh übt sich, Jarmo Robrahn erzählt

Jarmo-Robrahm-Motorrad-TrialJarmo ist gerade einmal fünfzehn Jahre alt und hat nun schon zum vierten Mal die Norddeutschen Trial Meisterschaften gewonnen. Wir durften ihn bei seinem Wettkampf auf den Luhe-Ring nach Ashausen begleiten und bekamen dabei erstaunliche und atemberaubende Akrobatik auf dem Motorrad zu sehen. Selbst wer glaubt ein begabter Motorradfahrer zu sein, wird nach dem Besuch einer Trial-Meisterschaft die Selbsteinschätzung über sein fahrerisches Können mit Sicherheit revidieren.

Bereits beim Betreten des Trial-Geländes macht sich die typische Motorsport-Atmosphäre bemerkbar. Zweitakt-Duft hängt schwer in der Luft. Die gleichzeitig laufenden Motoren erzeugen eine Geräuschkulisse, als würden gerade fünfzig Waldarbeiter mit singenden Kettensägen einen ganzen Urwald roden. Überall sieht man Trial-Fahrer von einer Sektion in die andere wechseln und im Fahrerlager vor dem Wohnmobil oder VW-Bus noch schnell etwas an der Maschine justieren. Trial-Fahren ist familienfreundlich. Häufig sind Vater und Sohn mit dem Wettbewerb und der Technik beschäftigt, während Mutti im Camper das Umfeld richtet und für Verpflegung sorgt. Das ist auch bei Jarmo und seinem Vater Gerd so. Beide sind mit ganzem Herzen dabei. Während Jarmo um seinen nächsten Titel kämpfte, betätigte sich Gerd als Punktrichter auf dem Veranstaltungsgelände.

Motorrad-Trial-Jarmo-2Der Trial-Sport entwickelte sich vor etwas über siebzig Jahren in England, als einige Wagemutige versuchten unwegsames Territorium mit dem Motorrad zu durchfahren. Damals waren die Maschinen dafür noch nicht speziell ausgelegt und es war mehr ein „try“ (engl. Versuch). Später wurden die Maschinen für diese Zwecke angepasst und aus dem „try“ wurde „Trial“ (engl. Prüfung). Fahrtechnik und Maschinen verfeinerten sich im Laufe der Jahre. Erfahrene und geübte Trial-Fahrer sind heute Meister in Balance, Maschinen- und Körperbeherrschung.

Jede Veranstaltung hat eine festgelegte Höchstfahrzeit. Sie steht jedoch nicht im Vordergrund, denn die Hauptaufgabe besteht darin, die einzelnen Sonderprüfungen, Sektionen genannt, möglichst ohne Fehler zu meistern. Die Sektionen sind recht unterschiedlich aufgebaut. Mal sind es Hügel, Gräben, Steinlandschaften, Autoreifen, Baumwurzeln oder gar Betonklötze. Gemeinsam haben sie jedoch immer, dass sie ein sehr unwegsames Gelände darstellen, das ohne mit den Füßen den Boden zu berühren abgefahren werden muss. Die Wege sind durch Flatterbänder und Pfeile markiert. Fehler werden mit Minus-Punkten bestraft. Ein Punkt für das Aufsetzen eines Fußes, zwei Punkte für das zweimalige Aufsetzen, drei Punkte für das dreimalige und fünf Punkte bei Sturz, Absteigen oder Berühren von Begrenzungen. Es zählt nur der schwerste Fehler. Mehr als fünf Minus-Punkte pro Sektion sind nicht möglich. Sektionen dürfen vor der Prüfung abgegangen und eingeschätzt werden. Viele Trial-Fahrer haben einen Helfer mit dabei. Dieser „Wasserträger“ genannte Team-Kollege darf beraten, während der Prüfung verbal coachen und helfen, die ideale Linie zu finden. Bei besonders schwierigen Aufgaben steht der „Wasserträger“ auch schon einmal mit im Sektionsfeld, um durch seinen helfenden Eingriff bei drohenden Stürzen die Unfallgefahr zu minimieren. Jeder Wettkampf besteht aus mindestens 30 Einzelprüfungen. Bestehen nur sieben oder acht Sektionen, werden vier Durchläufe gefahren. Bei zehn Sektionen sind es drei Durchläufe.

Motorrad-Trial--Hilfestellung-wenn-es-nicht-klapptBereits ab dem zarten Alter von acht Jahren darf an den Trial-Meisterschaften aktiv teilgenommen werden. Nach oben gibt es keine Begrenzung. Die Teilnehmer werden in eine der zu ihnen passenden Klassen eingeteilt. Die acht Klassen berücksichtigen Alter und fahrerisches Können. Soviel zum trockenen Regelwerk.
Die Praxis gestaltet sich dagegen recht lebendig. Die Trial-Szene ist verglichen mit anderen Motorsport-Arten relativ klein. In der Regel wird kein Eintrittsgeld verlangt. Viele Fahrer kennen sich gut, pflegen ein freundschaftliches Verhältnis und trainieren auch zusammen. Trial ist nicht nur Körperbeherrschung, sondern auch höchste Konzentration vor jeder Sektion. Es ist eine große Leistung diese Konzentration über eine vier bis sechs Stunden dauernde Meisterschaft aufrecht zu erhalten. Mit schwindender Konzentration häufen sich die Fehler und es steigt die Unfallgefahr. Kein Sport für Hitzköpfe. Sanitäter mit Rettungsfahrzeugen sind bei jeder größeren Veranstaltung trotzdem immer anwesend. Meistens haben sie jedoch keine Arbeit, denn die Trial-Fahrer zeigen sich selbstbeherrscht und verantwortungsbewusst. Sie wissen, was sie angehen können und was nicht. Eine angepasste Schutzkleidung, volle Konzentration und die helfende Hand des „Wasserträgers“ schützen vor größeren Verletzungen, wenn die Kandidaten und ihre Maschinen auf den weich aufgepumpten Reifen hüpfen, mit Gas-Stößen das Vorderrad hochziehen und Hindernisse scheinbar spielerisch überspringen.

Was so leicht aussieht, erfordert enorm viel Training und Disziplin. Jarmo hat uns in einem Interview über seinen Sport erzählt.

Motorrad-Trial-Jarmo-3KB: Jarmo, andere Burschen in deinem Alter lernen gerade den Umgang mit dem Mofa und versuchen damit ihrer Freundin zu imponieren. Du bestreitest erfolgreich Wettbewerbe und gewinnst Meisterschaften. Wie hat das seinen Anfang genommen?
Jarmo: Ich habe schon mit fünf Jahren mein erstes kleines Motorrad geschenkt bekommen. Es war eine PW 50 von Yamaha, ein Pocket-Bike. Damit bin ich auf privatem Gelände herum gefahren und hatte meinen Spaß daran.
Zwei Jahre später bekam ich dann meine erste Beta, auch mit 50 ccm. Damit habe ich angefangen richtig zu üben. Schon ein Jahr später habe ich an meinem ersten Wettbewerb teilgenommen. Das fand ich ganz toll.

KB: Mit was für einer Maschine fährst du jetzt die Wettbewerbe?
Jarmo: Ich fahre immer noch Beta. Eine 125er mit 11 PS. Das klingt nicht sehr mächtig, aber sie hat im unteren Drehzahlbereich ein gutes Drehmoment und wiegt nur 68 kg. Man kann sie problemlos auf einem Fahrradträger hinten am Wohnmobil transportieren. Außerdem handelt mein Vater mit Beta Motorrädern. Da liegt es auf der Hand, dass ich Beta fahre. Aber unabhängig davon hat Beta ein sehr stimmiges Gesamtkonzept. Das ganze Drumherum muss schließlich auch passen. Die 125er haben ihren besonderen Reiz. Je weniger Leistung ein Trial-Motorrad hat, desto mehr muss man sich selber bewegen. Das trainiert den Gleichgewichtssinn. Deshalb werde ich die 125er wohl noch eine Weile weiter fahren.

Motorrad-Trial-FamiliensportKB: Der Trial-Sport kostet natürlich auch Geld, Zeit und Material. Wie bekommst du das als Schüler auf die Reihe?
Jarmo: Ohne die Hilfe meiner Eltern geht das natürlich nicht, aber ich bekomme auch Unterstützung von Sponsoren, wie z.B. von Beta direkt oder von Liqui Moly. Von denen bekomme ich die Öle gestellt. McRent hilft uns mit dem Wohnmobil. Mein Helm kommt von der Firma Nau und die besser einstellbare Vordergabel kommt von Reiger.

KB: Wie sieht dein Training aus? Wo trainierst du?
Jarmo: Wir haben nebenan ein kleines und gut geeignetes, privates Trainingsgelände. Da fahre ich mehrmals in der Woche herum und übe. Außerdem war ich dieses Jahr mit dem Deutschen Junior Kader in Katalonien im Trainingslager für die Europa Meisterschaft und ein weiteres Mal in der Nähe von Andorra zum Training für die Deutsche Meisterschaft. Da wird natürlich nicht nur Trial gefahren. Wir trainieren auch die gesamte körperliche Fitness und Laufen. OK, Laufen ist nicht so mein Ding. Die richtige Ernährung ist ebenfalls sehr wichtig. Auch das lernen wir.

KB: Wie sehen deine Zukunftspläne im Trial-Sport aus?
Jarmo: Als nächstes kommen die Deutsche und die Europa Meisterschaft. Ansonsten möchte ich einfach nur besser werden. Ich fahre bereits in Klasse 2, aber wenn ich älter werde und besser… Mal sehen was geht und wie lange ich Freude daran habe.

Motorrad-Trial-NachwuchsDie Marke BETA:
Betamotor ist die drittälteste Motorradschmiede und wurde 1904 in Italien von der „Società Giuseppe Bianchi“ gegründet. Der Name BETA setzt sich aus den Initialen der beiden Gesellschafter zusammen, Bianchi, Enzo und Tosi, Arrigo. Nach dem anfänglichen Bau „normaler“ Motorräder spezialisierte sich die Firma auf die Produktion von Off-Road-Fahrzeugen. BETA fertigt in seinem Werk in Rignano jährlich um die 11.000 Maschinen und ist auch an Komponenten und Maschinen der Marke KTM nicht unwesentlich beteiligt. Die Liste der auf BETA gefahrenen Meistertitel ist lang.

 

Termine für Trial-Interessierte 2014:

  • 3. bis 6. Juli 2014 EM Polen
  • 6. Juli 2014 NC-Celle
  • 1.–3. August 2014 Nachttrial, SH + NC Preetz
  • 16./17. August 2014 DM Kiefersfelden
  • 23. August 2014 EM Bilstain/Belgien
  • 30./31. August 2014 Deutsche Jugendmeisterschaft Grossheubach
  • 7. September 2014 NC Wörpetal
  • 20./21. September 2014 DM Werl
  • 27./28. September 2014 JDM Biberach
  • 4./5.Oktober 2014 DM Osnabrück
  • 26. Oktober 2014 NC Schwemlitz
  • 9. November 2014 NC-Endlauf Lüneburg