aus Kradblatt 8/20 von Reiner Johannsen

Erfahrungsbericht aus dem Driving Center …

Driving Center in Groß Dölln

Himmelfahrt, Sonntag, 17.10 Uhr, Flugplatz Groß Dölln, Regen, die Maschine hält. 

Ständer und Gurte halten meine Suzuki auf dem Anhänger in der Senkrechten. Plane zu und los, ab nach Hause, Richtung Pinneberg. Tobi fährt, orientiert sich mit seinem Navi, das uns von Groß Dölln, nordwestlich von Berlin, dann doch wieder durch die mecklenburgische Pampa führt. 

Damit geht wieder ein Wochenende auf der Rennstrecke zu Ende. Das Wetter war Samstag und Sonntag gut, bis ein starker und lang andauernder Gewitterregen die Strecke teilweise unter Wasser setzte. Damit waren die letzten beiden Turns gestorben, immerhin zwei mal zwanzig Minuten – schade.

Wir kommen vom Driving Center Groß Dölln bei Templin. Das Center entstand 2002 auf dem Gelände des ehemals größten Militärflughafens Europas. Die Renn- und Trainingsstrecke mit einer möglichen Gesamtlänge von 4250 Metern gibt es seit 2009. Wer mehr über die Strecke wissen möchte, sollte die Beschreibung, z.B. bei Motomonster, lesen, oder die Website der Strecke unter www.drivingcenter.de besuchen.

Angekommen waren wir am Freitag Abend. Das Fahrerlager stand schon zum großen Teil, Zelte waren aufgebaut und WoMos in Position gebracht worden. Unter den Paddockzelten stehen jetzt die Motorräder und allerlei lebensnotwendiges Equipment, wie Benzinkanister, Campingstuhl und Grill. Straßenmaschinen, denen lediglich Kennzeichen und Spiegel abmontiert und deren Scheinwerfer und Rücklichter abgeklebt wurden, stehen neben Mopeds, die augenscheinlich nur auf der Strecke gefahren werden. Da stehen ältere Suzuki SV 650 neben der neuesten Ducati Panigale und alles was es sonst noch so gibt. Nur Chopper und stollenbereifte Enduros fehlen. Das Publikum ist, so wie die Mopeds, gemischt. Neben jungen Burschen, die letztes Jahr noch 125er fahren mussten, viele ältere Herren bis ins Rentenalter. Mit 58 bin ich noch nicht ganz so weit. Der Frauenanteil ist insgesamt geringer, aber durchaus keine zu vernachlässigende Größe.

Mit der Suzuki SV 1000 S in Groß Dölln Wir reihen uns ein, T4 und Hänger werden entladen (Suzuki SV 1000, Honda VTR 1000) und das Paddockzelt, aufgestellt.

Dann zur Anmeldung: „Gruppenaufkleber, Startnummer, Zeitplan, Transponder für die Zeitnahme, jupp, alles da.“ Die letzten Tagesordnungspunkte: Betten bauen, Bier trinken, pennen.

Am nächsten Tag, die Startnummer ist angebracht, geht es zuerst zur technischen Abnahme. „Ja, alles abgeklebt, nix leckt, Transponder ist dran, Phonmessung, alles klar – Abnahmeaufkleber drauf und ab zum Frühstück.  

Wer meint, man könne hier mal so richtig schön seine Krachtüte ausfahren, muss noch mal schnell ins Fahrerlager und den Originalendschalldämpfer montieren. Die Lärmvorschriften sind von Strecke zu Strecke verschieden. Auch abgefahrene Reifen werden hier nicht geduldet. 

Nach dem reichhaltigen Frühstück, wir haben all inclusive gebucht, geht es zur obligatorischen Fahrerbesprechung.

Sicherheitshinweise („Es passen keine zwei Mopeds durch die Schikane“, Bedeutung der Flaggen) und Organisatorisches werden von Ivo, dem Chef von Motomonster, vorgetragen. Er stellt seine Crew vor, die Leute fürs Catering, die, die an der Schranke und an der Strecke stehen und die, die dich einsammeln, falls doch mal die Straße ausgehen sollte. Und klar, die Instruktoren, die die Anfängergruppen führen werden, oder den Erfahreneren den Feinschliff geben. Daneben die Jungs und Mädels, die uns das „Rennfahrerleben“ leichter und noch  schöner machen: Reifen- und Reparaturdienst, Fahrwerksprofi, Masseurin, Fotograf. Und, sollte doch mal was schiefgehen, auch zwei Krankenwagen sind vor Ort.

Fahrerlager in Groß Dölln Während sich die erste Gruppe für ihre ersten Runden fertig macht, geht es für die Blaue Gruppe erst mal zur Theorie (richtiges Sitzen, Blickführung, Fahrphysik) und zur Einteilung der Instruktorgruppen (Instruktor Franky übernimmt heute mal die, die sich selbst als relativ schnell einschätzen).

Ein Turn, also die Fahrzeit auf der Strecke, dauert hier in Dölln zwanzig Minuten. Auch die Freifahrer der anderen Gruppen ordnen sich zunächst ihrer eigenen Einschätzung nach ein. Die Rundenzeiten des Vormittages werden dann als Grundlage für die nächste Gruppenzusammensetzung genommen. 

Für die instruktorgeführten Gruppen gilt: Nach dem Turn erklären dir die Instruktoren deine Schwächen, zeigen dir Verbesserungsmöglichkeiten auf und gehen die Strecke noch mal mit der Gruppe durch. Während des Turns fährt der Instruktor vorweg und die Teilnehmer hinterher. Überholen gibt’s nicht, stattdessen wird die Reihenfolge je Turn geändert, so dass jeder mal direkt hinter dem Intruktor fährt. Ich finde es immer wieder erstaunlich, was diesen Jungs – denn in den meisten Fällen sind es Männer – so alles auffällt. Während man sich abmüht sauber zu fahren, dran zu  bleiben, den richtigen Gang zu nehmen, schon mal in die richtige Sitzposition zu gehen, zu bremsen usw. haben sie dich im Blick und nach dem Turn erzählen sie dir erst mal, was du gut oder nicht so gut gemacht hast.

Renntraining in Groß Dölln Nach den Erfahrungen der Instruktoren werden die Kleingruppen nach Bedarf Mittags noch mal neu zusammengestellt, so dass möglichst homogene Gruppen auf die Strecke gehen. Am zweiten Tag gibt es noch einen Turn mit der Gruppe und dann werden die Anfänger in die (fast) freie Wildbahn entlassen. So ist z. B. überholen in den Kurven nicht erlaubt. Die Instruktoren mischen sich unter die Blauen und geben noch Hilfestellung. Ich finde, das ist ein gutes System. 

Insgesamt laufen die Trainingswochenenden sehr diszipliniert ab, sowohl neben, als auch auf der Rennstrecke. Jeder ist sich des Risikos bewusst, ist sich bewusst, dass langsamere und schnellere Fahrer auf der Strecke sind, die alle wieder heil nach Hause kommen wollen. Diejenigen, die dann doch mal über die Stränge schlagen, werden ermahnt und bekommen notfalls die schwarze Flagge, was ich allerdings noch nie erlebt habe. 

Buntes Fahrerlager in Groß Dölln Auch über die Verpflegung kann man nicht klagen. Mineralwasser, Kaffee und Obst stehen immer bereit, Mittags Salat und, fast schon obligatorisch, Nudeln mit Wurststückchen in Tomatensoße. Und abends dann Buffet, oder der Grill wird angeschmissen. 

Wer so ein Training noch nicht besucht hat, sollte es unbedingt einmal versuchen. Ihr werdet durch die Instruktoren sicher geführt und ihr fahrt nur so schnell, wie ihr es euch zutraut. Das Durchsortieren und umgruppieren, wie es z. B. beim Veranstalter Motomonster gemacht wird, sorgt dafür, dass jeder in seiner Wohlfühlgruppe landet. 

Selbst wenn man, so wie ich, bei seinem ersten Ausflug auf die Strecke, schon so bummelig 200.000 Mopedkilometer auf der Landstraße hinter sich hat, ist man gut beraten, zunächst mit einem Instruktor zu fahren. Fahren auf der Renne ist einfach noch mal ganz was anderes. 

Diejenigen, die meinen, so ein Kurventraining auf der Rennstrecke bringt für die Landstraße gar nichts, man will ja nicht wie ein Bekloppter durch die Gegend ballern, sollten es mal versuchen und die 200–300 € investieren. Man erfährt im wahrsten Sinne des Wortes seine Möglichkeiten und Grenzen. Man sieht, was machbar ist, letztendlich auch auf der Straße, wenn man z. B. eine Kurve zu schnell angegangen ist. Ich denke, sich flott auf der Strecke zu bewegen ist dabei ungefährlicher, als mit nicht mehr ganz zulässiger Geschwindigkeit auf der Landstraße unterwegs zu sein. 

Das wichtigste aber: Es macht echt Laune. Aber Achtung, liebe Feierabend­rundendreher, liebe Sonntagstourfahrer der norddeutschen Tiefebene: Es besteht die Gefahr, dass ihr euch nach dem Fahren auf der Rennstrecke auf eurer Hausrunde langweilt und statt der Sonntagstour durch die Marsch doch mit zur Schwiegermutter fahrt, der Erdbeertorte wegen. 

Diese Gefahr kennen einige von euch vielleicht. Nachdem man, so wie ich, Jahrzehnte lang Motorrad fährt und zwischen Nord- und Ostsee alles in bester Ordnung schien, kommt man dann das erste Mal in die Alpen, oder zumindest mal in den Harz oder ins Sauerland. Danach ist Mopedfahren zwischen Pinneberg und Eutin, zwischen Drochtersen und Bremerhaven immer noch irgendwie gut, aber in den Alpen … ja, in den Alpen, da ist es einfach viel geiler. (Das wäre nun aber eine andere Geschichte). Und die Rennstrecke ist dann noch besser.

Rennspaß in Padborg

Gerade, wenn man, so wie ich, im Randgebiet Hamburgs wohnt, merkt man, dass der Verkehr in den letzten Jahren an allen Tagen und zu allen Tageszeiten erheblich zugenommen hat. Und wenn man dann  mal eine „kurvenreiche“ Strecke vor sich hat, hat man auch gleich mehrere Autos vor sich. Am Wochenende bevorzugt Hamburger, die unter der zulässigen Höchstgeschwindigkeit bleiben, teils der Landschaft wegen, teils, so vermute ich, der Verwirrung wegen, weil über mehrere hundert Meter keine Handlungsanweisung in Form eines Verkehrszeichens erfolgt. Auch das ein Grund, andere Gefilde aufzusuchen, bzw. sich drei bis vier Wochenenden im Jahr auf der Rennstrecke auszutoben. 

Meine ersten Erfahrungen habe ich auf dem Heidbergring in Geesthacht, an der südlichen Peripherie Hamburgs, gesammelt. Ein kleiner, enger Kurs von gerade mal 850 Metern, aber immerhin mit sieben Kurven. Da mag man zunächst schmunzeln, 850 Meter …, aber fürs Kurventraining halte ich die Strecke für gut geeignet. Man hat keine Zeit sich auszuruhen, denn schon folgt die nächste Kurve. Die gefahrenen Geschwindigkeiten sind niedrig, das Verletzungsrisiko und die Masse der kaputten Teile halten sich bei eventuellen Stürzen in Grenzen.  Hier bietet z. B. switch-event oder die Zweiradakademie Trainings an. Ich finde, auch für 125er Fahrer ist diese Trainingsstrecke gut geeignet. Ein Gutschein für einen Renntag wäre ja mal was für Weihnachten. 

Für uns Norddeutsche ist auch Padborg interessant. Die über zwei Kilometer lange dänische Strecke liegt nur wenige Kilometer hinter der Deutsch-dänischen Grenze bei Flensburg und ist über die A7 schnell zu erreichen. Die Strecke ist übersichtlich und leicht zu lernen. Und nach Assen und Oschersleben ist es auch nicht weit …

PS: Actionbilder haben wir leider keine aus Groß Dölln, das Bild mit der Kawa ist aus Padborg …