aus bma 8/13
von Torsten von Reeken

Moto Guzzi V 1000 G5Wenn mir einer vor zehn Jahren gesagt hätte, ich würde mal auf große Guzzis stehen, den hätte ich ausgelacht! Klar war es damals beeindruckend, als mein damaliger Kumpel „Buschi“ auf dem Weg zum „Alten Elefantentreffen” am Nürburgring bei einsetzendem Schneefall mit seiner damals modernen Cali mit hundertsechzig an mir vorbei gezogen ist, ohne dass ich auch nur die leiseste Unruhe im Fahrverhalten seiner „Dicken“ hätte sehen können. Und dennoch, Guzzi war für mich kein Thema.

Durch Zufall kam ich dann zu einer kleinen Guzzi, war mehr eine „Double-Win-Situation“, als ich meine Yamaha XS 750 (das bullige Eisenschwein!) gegen eine Moto Guzzi TT 350 eingetauscht hatte. Die war flott, richtig spurtstark, mit einem erstklassigem Fahrwerk und doch habe ich sie dann eingetauscht. Mein bester Freund Dirk machte es möglich und brachte mir eine Moto Guzzi V 650 TT mit. Ohne Frage, im Vergleich zur 350er ein „rotes Feuerzeug“!

Irgendwie hatte es sich dann ergeben, dass einer meiner allerbesten Freunde, der Matze, ohne Moped da stand und ich anschließend ohne Guzzi V 650 TT. Wenn auch das Fahrgefühl auf der TT klasse war, ich wurde mit Guzzi einfach nicht warm.

Moto Guzzi V65TTEtwa vierzehn Tage nach einem Oldtimermarkt in Bockhorn habe ich dann mit meinem besten Freund für einen Kameraden aus Berlin eine Moto Guzzi 1000 SP aus Ostfriesland abgeholt. Sah gut aus und das Motorrad machte einen sehr gepflegten Eindruck. Warum ich jetzt den Verkäufer fragte ob er nicht noch so ein „Moped“ zu verkaufen hätte, erschließt sich mir einfach nicht mehr. 1000 SP war ich ja auch schon bereits reichlich Probe gefahren und fand’s, na ja, eher langweilig. Da wusste ich ja auch noch von Gaaar-Nixxxx!

Der Verkäufer antwortete mir, er habe da nichts mehr an „Mopeds“, aber ein befreundeter Biker hätte noch eine Yamaha XS 650 (Typ 447!) Als ich zu diesem Bikerfreund ganz in der Nähe von meinem Wohnort kam und eh seit Jahren auf Yamaha SR/XT 500 und 600 eingeschossen war, stand mein Herz für die XS gleich in Flammen, zumal die XS in gutem Zustand und zu einem unverschämt günstigen Preis angeboten wurde. Das hatte natürlich einen Haken! Die XS gab’s nur im Paket zusammen mit einer Moto Guzzi V 1000 G5. 

Oh Mann, so’n Ding hatte mir gerade noch gefehlt, teilzerlegt, Motor fest, Calli Aufbau mit zerrissener Sitzbank, überall rostig und insgesamt in einem eher sehr traurigem Zustand. Für beide zusammen hatte ich einfach nicht genug Bares! Wie ich es auch überlegte, so kam ich an die XS nicht ran. Vielleicht hatte der Besitzer ja auch so eine Art Vorahnung denn „Aufkäufer“ hatten sich die Guzzi ja bereits angesehen, sie sollte aber nicht „geschlachtet“ werden, so die Bedingung zum Verkaufsangebot.

Was dann folgte kann ich nur schwer in Worte fassen. Über Tage wurde ich nachts von Alpträumen aus dem Schlaf gerissen. Habt ihr schon mal von sprechenden Motorrädern geträumt? In der Geschichte „Frontmans Traum“ wird ähnliches berichtet. Warum auch immer, die Guzzi rief nach mir, Nacht für Nacht! Um nicht ernsthaft zu erkranken habe ich mir dann ein Herz gefasst, nach zähen Verhandlungen die Guzzi V 1000 G5, ohne auch die XS 650 kaufen zu müssen, gekauft (meinen ausdrücklichen Dank an den Vorbesitzer für die Unterstützung beim Transport und für das sehr faire Verhalten!) und das Krad nach Hause geschafft. Zuhause angekommen habe ich mir dann von meiner Liebsten anhören müssen „was ich jetzt da schon wieder für einen Schrott nach Hause bringe, aber wäre ja nicht so schlimm, bald würde es der G5 besser gehen und die Nächte vielleicht wieder normaler“ und mein Kumpel Matze lachte und sagte: „Guck mal wie lustig, die G5 und meine SP sind am selben Tag zum ersten Mal zugelassen worden“.

Moto Guzzi V1000 G5 HeckNach wenigen Wochen waren die festgerosteten Zylinder (da stand das Wasser drin!), die gebrochene Kupplung, die festgerosteten Federbeine, die verrosteten Vergaser und etliches anderes ausgetauscht. An dieser Stelle möchte ich ganz ausdrücklich ein ganz großes Dankeschön für die Unterstützung durch Lutger und Benny von MTS Ricambi aussprechen. Ohne deren unkomplizierte Unterstützung hätte ich das alles nicht innerhalb weniger Wochen wieder an’s Laufen gebracht, zumal einige Ersatzteile (z.B. Kolben und Zylinder) zu dem Zeitpunkt bei keinem lieferbar waren und ich mit Guzzi nun nicht gerade die große Erfahrung hatte. Seit über Zwanzig Jahren muss ich meine Bikes, zum Glück würde ich sagen, selber schrauben.

Auch ein mindestens eben so großes Dankeschön an meinen besten Freund Dirk, der nicht nur hin und wieder mein Leben rettet, sondern auch Mechaniken und Gewinde! Ohne ihn wäre ich heute eher ein Tretrollerfahrer mit wechselndem Geschick. Aber er gibt nicht auf und neulich sagte er mir ich wäre auf dem Weg doch noch ein guter Werkzeugmacher zu werden. So wächst man mit seinen Aufgaben, wenn man sich solchen Aufgaben stellt. Mit viel Geld machen lassen kann halt jeder!

Zur ersten Inbetriebnahme kam Matze auf einen Kaffee vorbei. Doch als der Motor lief und ich die ersten Meter fahren wollte ist die G5 immer wieder nach dem Anfahren abgesoffen. Enttäuscht brachen wir die Fahrversuche ab und hofften bei einem weiteren Heißgetränk den Fehler zu ergründen. Meine Liebste setzte sich dazu, fragte auch noch „wie läuft sie denn?“ (Grrrr…) und während ich mich noch ärgerte sagte sie dann: „…denkst fei schon dran, das ist ne‘ Italienerin, mit ‘ner Schaltwippe, da liegen die Gänge genau andersrum!“ Hä?! Au weia, da hatte meine Liebste aber was gesagt! Tasse weggestellt, Guzzi gestartet, schön die Verse auf die Schaltwippe, die Gänge runter schalten und siehe da, fahren kein Problem! Seit diesem Tage ist sie für mich kein „Technik-Unversteher-Zombie“ mehr, vielmehr hatte ich völlig unterschätzt, dass es Menschen gibt, die bei gewissen Themen einfach zuhören können, das Gehörte abspeichern, um es dann bei passender Gelegenheit heraus zu schießen. Seit diesem Tage ist meine Liebste Problem-Supervisor! Das meine ich in vollem Ernst! Manchmal ist ein Mensch der zum Thema einen gewissen Abstand hat eben die beste Wahl!

Moto Guzzi V1000 G5 DoppelzündungNach den Restarbeiten und der TÜV-Abnahme bin ich dann sehr viele Kilometer gefahren. Schöner Punsch aus dem Keller und auch „obenrum“ mit reichlich Leistung. Aber schon damals hätte ich auf MTS Ricambi hören sollen, den Betonmischer auf Doppelzündung (kontaktgesteuert, denn ich wollte keine elektronische Zündanlage!) umzubauen. Ich hatte notgedrungen kleine Delortos verbaut, da es für meine Flachschieber keine Ersatzteile mehr gab und ich für derlei Investitionen gerade nicht flüssig und die Gemischaufbereitung mäßig und die Dichtungen nicht mehr dicht waren. Zunächst war die billige Notlösung mit 32er Rundschieber-Vergaser, einigermaßen fahrbar und der teure Sprit verteilte sich nicht mehr übers Moped sondern wurde in Vortrieb umgesetzt. 

Dann hatte ich alles soweit, dachte ich. Hatte meinem besten Freund das Gesamtkonzept vorgestellt, mit Original Tank und Einmannsitzbank, da besieht er sich alles, lächelt und sagt: „Wie gut würde das jetzt mit einem WBO-Alutank aussehen?“ Ich lächelte etwas verlegen zurück und sagte so etwas wie: „woher nehmen…?“ Ein Augenzwinkern später war dann auch das klar gemacht.

Als ich wieder ein bisschen „bei Kasse“ war, habe ich bei Ricambi nach einem intensiven Gespräch die Doppelzündung in Auftrag gegeben. Muss schon sagen, das läuft jetzt richtig klasse, etwas über einen Liter weniger Verbrauch und „Punsch“ in allen Drehzahl Bereichen und Fahrstufen! Einfach klasse!

Angefangen hatte alles mal wieder ganz harmlos. Wenn man Guzzis als Betonmischer verhöhnt, dann meinetwegen! Am Anfang war meine V 1000 G5 dann jedenfalls „Racofix“ – eben fahrbar. Wenn ich jetzt so unterwegs bin, dann denke ich, dass aus meiner „Dicken“ eher so etwas wie „Stahlbeton“ geworden ist. Fakt ist, ich bin Guzzi-Suchtkrank geworden und mehr als „angefixt“. Und wenn ich ehrlich bin, Lutger und Benny von Ricambi (www.mts-ricambi.de) machen mir da echt den Mund wässrig, da beide noch sehr verlockende Ideen haben. Was da wohl noch so geht?!