aus bma 11/08

von Dirk Pannhoff

Moto Guzzi Centauro UmbauEs war im Jahre 2002, als der Capt’n beschloß, daß seine englische Gräfin mit der Kraft der drei Herzen im mittleren Lebensbereich einfach zu schwachbrüstig ist und somit etwas anderes mit der Kraft der zwei Herzen her mußte.

Die englische Maid war eine Triumph T595 Daytona, die ihn bei der Probefahrt dadurch schwer beeindruckte, daß sie jenseits der 6000er Marke das Gefühl vermittelte, daß sie für den Capt’n eher den infernalischen Drehzahltod sterben würde, als zuzugeben, daß der Capt’n härter war als sie. Der Capt’n war so gesehen auch schwer beeindruckt, aber als Speed-Freak und Kenner zweizylindriger Motorräder mußte er sehr schnell feststellen, daß der Großteil seines zweirädrigen Alltags sich in der Mitte abspielte, wo seine Lady nichts schaffte.

Also weg damit und überlegt, was denn jetzt wohl her müßte. Eine Guzzi hatte ihn schon 14 Jahre lang begleitet, eine T3, auf 190 Kilogramm reduziert und mit vielen selbst gebauten Leckerlis ausgestattet. 90 PS waren damals ein Wort, wo man mitreden konnte. Die machte Spaß, aber der Capt’n wurde auch älter und sein Rücken sowieso. Als er dann probeweise einen Yamaha SR-Lenker auf seinen Heizhobel baute, merkte er, daß jede Umbauaktion praktisch einen kompletten Neuanfang bedeutete, und er auch nicht die Lust hatte, den alten, flachen Tonti-Rahmen hochbeinig für rückengeplagte Aufrechtsitzer umzugestalten.

Also wenn wieder Guzzi, dann aber was Neueres. Er wollte auch mal gerne eine Upside-down Gabel haben und ein breiter Reifen wäre doch auch mal was fürs Ego. Und ’ne Einspritzanlage, das wäre klasse. Immer die doofen 40er Dellos synchronisieren und denen das Saufen abgewöhnen, dazu hatte er auch keine Lust mehr, zumal die alte T3 schon im chronischen Stadium der Saufkrankheit war, und der Capt’n einfach nicht mehr die Geduld und Kraft besaß, sich um diese Krankheit zu kümmern.

 

Moto Guzzi Centauro UmbauKurzum: Für den Capt’n war die Luft aus alten Guzzis und neuen Triumphs raus. Und wie er so forschte und sich kundig machte, stachen ihn die alten Vierventil-Daytonas von Guzzi ins Auge. Klasse. Allerdings sagte man denen Schwächen in den Köpfen und miserable, geradverzahnte Getriebe nach. Na gut, dann mußte eben eine Centauro das Objekt der Begierde werden. Aber die waren rar und kaum zu kriegen. Also forschte er weiter und ihm stach eine Centauro aus Leipzig bei mobile.de ins Auge. Die hatte 14000 Kilometer runter und war aus erster Hand. 1998 Tageszulassung und 2001 auf die Straße. Im September 2001 mit 1500 Kilometern auf der Uhr in die erste Inspektion -unglaublich. Er rief den guten Mann an und bot statt der geforderten 5500 Euro erstmal 5000 Euro, aber der fand den Preis nicht gut, und so mußte der Capt’n weitersuchen. Allerdings waren alle anderen noch viel teurer und hatten viel mehr Kilometer runter. Also rief der Capt’n ein paar Wochen später nochmal in Leipzig an und bot 4500 Euro. Und der gute Mann in Leipzig sagte, daß er den Hobel jetzt weghaben wollte, und der Preis jetzt für ihn stimme. Na gut, dann also nach Leipzig, Guzzi kaufen.

Nachdem der Capt’n einen ganzen Tag lang mit Karlheinz unterwegs war, um festzustellen, daß es in Leipzig doch noch eine Menge verfaulte Häuser gibt, schoben sie abends im August 2003 die Centauro aus Karlheinz‘ VW Bus in die Garage vom Capt’n.Moto Guzzi Centauro Umbau

Am nächsten Tag drehte der Capt’n noch mal schnell eine Runde mit Leipziger Nummernschild durch die Oldenburger Häuserschluchten und schämte sich. Er war nicht gerne ein Centaurofahrer aus Leipzig und der Sound dieses Produktes einer  geschmacksentgleisten Designer-Crew machte ihn sehr unzufrieden. Der Hobel klang während der Fahrt so, als wäre der Motor aus. Also wurde der Hobel am zweiten Abend seines Daseins in der norddeutschen Tiefebene all seiner Designteile beraubt, und es wurde auf der Haben-Seite der Bestand aufgenommen: Motor, Fahrwerk, und ein Teil der Auspuffanlage konnten bleiben. Also mußten ein anderes Rahmenheck, ein anderer Höcker und ein völlig anderer Tank her. Und alles sollte so aussehen, wie es bis jetzt keiner hatte. Somit wurde das Skelett erstmal im Profil fotografiert und auf dem Rechner wurden Entwurfsskizzen erstellt. Der zehnte Entwurf oder so sagte dem Capt’n zu.

Jetzt hatte er einen Winter Zeit, einen Tank, einen Höcker und ein Rahmenheck zu bauen. Als erstes modellierte er sich einen Tank aus Bauschaum, indem er einen ausreichend großen Pappkarton ausschäumte. Dann schnitzte er daraus ein grobes Modell seines Wunschtanks. Auf diesem Modell konnte er jetzt Pappe auflegen und diese entsprechend den zukünftigen Alu-Einzelteilen passend gestalten. Danach die Teile aus Alu mit der Stichsäge ausgeschnitten und diese ebenfalls vorgeformt. Bei seinem Schlosserkumpel Andreas in Kneheim (nahe Cloppenburg) wurden die Teile dann zusammengeschweißt.

Moto Guzzi Centauro UmbauDasselbe mit dem Höcker: Erst jedes Teil aus Pappe am Hobel direkt abnehmen und dann die Schablone aufs Blech und mit der Stichsäge umzu. Das Rahmenheck wurde aus 20 x 2mm V4A Edelstahl zusammen gebraten, in dem dann die komplette Elektrik, Einspritzelektronik und sogar die Batterie Platz fanden. Das größte Problem war der Stutzen mit der Tankdeckelaufnahme. Vier Anläufe und zum Schluß die Erkenntnis, daß man gegossenes Alu (Stangenmaterial beinhaltet Hilfsmittel für den Guß, die die Schweißeigenschaften beinträchtigen) nicht benzindicht mit Plattenmaterial verschweißen kann, und der Tank war endlich dicht.
Torsten, ein alter Schulkamerad vom Capt’n und Schlosser-Copilot von Andreas, hatte ihm einen Stutzen aus Plattenmaterial gepresst und dann ging das auf Anhieb. Toll, hätte der Capt’n das vorher gewußt, hätten sie gleich das komplette Tankoberteil einfach eingepresst, und er hätte da gar keine Schweißnaht gehabt. Egal.

Jetzt nur noch die Elektrik kürzen, was aber mindestens auch schon mit allem Drum und dran über hundert Stunden dauerte, und einen neuen VA-Lampenhalter, der die zwei DE-Scheinwerfer und den DET-Tacho aufnehmen konnte (Den entwarf er mit einem Vektor-Zeichenprogramm Namens Adobe Illustrator, das der Laserschneideapparat verstehen konnte), und es mußte nur noch ein vernünftiges Schutzblech für vorne gefunden werden. Das fand er relativ schnell bei einem V-Max-Dealer im Internet, passend für White Power. Na gut, die Benzinpumpe und der Benzinfilter mußten auch noch von vorne unterm Lenkkopflager in Richtung zwischen die Zylinder wandern, was auch noch Zeit kostete, und alles war fertig.

Nee, immer noch nicht, ein breiter Lenker, ein ABM 225 auf Suzuki DR-Big-Lenkerhaltern, mußte auch noch drauf. Sein Rücken… Und dann brauchte der Capt’n noch etwas fürs Ohr. Aber er fand einfach keine schlanken Schalldämpfer. Nach allem Hin und Her kürzte er einfach die Zwischenkrümmer, die den Vorschalldämpfer mit den originalen Endschalldämpfern verbanden und schweißte zwei Siebrohre ein. Das war schön. Das gefiel dem Capt’n. Als er sein neues Meisterwerk das erste Mal startete, war er zwar etwas enttäuscht, die Mühle war seines Standes entsprechend immer noch zu leise, aber sie lief. Wenn auch schlecht.

Ein Jahr lang und 105 Eproms später, er mußte sich auch noch das Eprom-Brennen beibringen, lief sie endlich richtig gut, um dann gleich auf dem rechten Zylinder über den Asphalt geschickt zu werden. Er rutschte auf einem frisch aufgebrachten Pfeil aus, der nicht abgefegt wurde. Höllisch glatt. Auf den Schreck hin hatte der Capt’n dann beschlossen, erstmal hinten eine von Deget auf 5,5 Zoll verbreiterte Originalfelge mit 180er Reifen einzubauen. Nicht daß man damit nicht mehr auf Pfeilen ausrutschen kann, aber wenn schon auf die Klappe fliegen, dann wenigstens standesgemäß mit breitem Reifen. Die Mühle war also fertig.

Die komplette Story dieses Umbaus mit reichlich Bildern und genauester Beschreibung findet der geneigte Leser unter: http://www.drag1.de.