aus Kradblatt 2/21, Text: Marina Becker
Fotos: Bettina & Jörg van Senden, Claudia Hölzer-Kozik & Thilo Kozik

Wildes Grün und karge Schönheit …

Anfangs- und Endpunkt unserer Tour im Le Cèdre de Soyons
Anfangs- und Endpunkt unserer Tour im Le Cèdre de Soyons

Zum ersten Mal in meiner 30-jährigen Laufbahn als Motorradfahrerin mache ich eine geführte Motorradtour mit. Bisher stand ich dem immer eher skeptisch gegenüber, weil ich befürchtete, dass ich vielleicht nicht genug zu sehen bekomme oder von einer Veranstaltung – auf der einem das Geld aus der Tasche gezogen wird – zur nächsten geschleppt werde und gar nicht wirklich zum Motorradfahren komme. Nichts davon ist zutreffend, im Gegenteil würde ich wohl ohne den Tourguide Jochen Ehlers, dem Kopf von Endurofun Tours, nicht die Hälfte von alldem sehen, was wir zu Gesicht bekommen. Er beherrscht die Navigation durch den Süden Frankreichs ohne technische Hilfsmittel. GPS braucht er nicht!

Motorradfahren in Südfrankreich Der erste Kontakt: So treffe ich im September am Abend vor unserem ersten Fahrtag völlig verschwitzt nach 4 ½ Stunden Fahrt von meinem Zuhause in Lozère mit meiner Yamaha XJR 1300 in Soyons in der Ardèche an der Rhône ein. Die Rhône stellt eine natürliche Grenze zum Département Drôme dar. 

Die restlichen Teilnehmer der Gruppe sitzen schon frisch geduscht mit einem Kaltgetränk auf der Terrasse des Hotels Le Cèdre de Soyons (www.lecedredesoyons.fr), in dem wir die erste und die letzte Nacht verbringen. Sie sind bis auf den Tourguide Jochen, der einen großen Teil des Jahres in der Ardèche wohnt, mit Autos und Anhängern angereist. Nachdem ich die anderen begrüßt habe, nehme ich meinen Schlüssel in Empfang und beziehe mein riesiges, geschmackvoll eingerichtetes Zimmer.

Der Mont Gerbier, eine der höchsten Erhebungen im südöstlichen Zentralmassiv. An seinen Hängen entspringt die Loire.
Der Mont Gerbier im südöstlichen Zentralmassiv. An seinen Hängen entspringt die Loire.

Von Soyons nach Langogne: Nach einem schönen Abend mit gutem Essen und Wein, an dem ich die sympathischen Mitreisenden näher kennenlerne, starten wir am nächsten Morgen bei bestem Wetter über kleine Straßen ins Nachbardépartement Lozère, in dem ich seit zwei Jahren lebe. Dabei durchfahren wir das Eyrieux-Tal zwischen Le Cheylard und La Voulte-sur-Rhône mit seinen geschützten Landschaften, Kastanienwäldern und den typischen französischen Dörfern mit terrassenförmigen Plantagen. 

Eine Pause machen wir danach am 1551 Meter hohen erloschenen Vulkankegel Mont Gerbier-de-Jonc, einer der höchsten Erhebungen der Monts d’Ardèche. 

Vorbei am Lac-d’Issarlès, einem fast kreisrunden Kratersee schlängelt sich unser Weg schließlich nach Langogne, dessen Zentrum seinen mittelalterlichen Charakter behalten hat. Wir übernachten hier in einem Golfhotel (www.domainedebarres.com), das viel Wert auf den guten Ruf der Küche Langognes legt und werden mit vielen Leckereien überrascht. 

Großer Spaß: eine Geländetour mit E-Scootern. Nach einer kurzen Einführung ist es recht einfach
Großer Spaß: eine Geländetour mit E-Scootern. Nach einer kurzen Einführung ist es recht einfach

Lozère hat viel zu bieten: Am nächsten Morgen fahren wir zum nur 15 Minuten entfernten Stausee Lac de Naussac, der ein beliebtes Erholungsgebiet ist. Sein eigentlicher Zweck ist es, den Wasserstand der Loire auch im Sommer konstant zu halten um die Kühlung der an ihr liegenden Atomkraftwerke zu gewährleisten. 

Zu meiner großen Freude machen wir dort eine Geländetour mit E-Scootern, die zum Teil nicht ohne ist. Außerdem werden dort noch viele andere Möglichkeiten geboten, da ist für jeden etwas dabei (www.rondinparc-lozere.com). 

Danach machen wir uns auf den Weg vorbei an Villefort und Le Bleymard über den Col de Finiels am Mont Lozère (1699 m). Er ist mit 1541 Meter der höchste echte Pass des vor 50 Jahren gegründeten Parc National des Cévennes. Im Süden endet er in dem gemütlichen Ort Le Pont-de-Montvert, in dem man außerhalb der Hochsaison häufig auf schräge Vögel treffen kann. Nicht weit von hier entspringt übrigens der Tarn. 

Bizarre Felsformationen in den Gorges de la Jonte, das Zuhause der Geier
Bizarre Felsformationen in den Gorges de la Jonte, das Zuhause der Geier

Nach einem kleinen Imbiss geht es kurvenreich weiter vorbei an Florac, dann nahe des Mont Aigoual, dem mit 1567 Meter zweithöchsten Berg der Cèvennes über den Col de Perjuret mit 1031 Meter fast direkt an meiner Haustür vorbei nach Gatuzières, wo wir die kleine Brasserie de la Jonte besuchen (www.lesbrasseursdelajonte.fr), die von zwei jungen, kreativen Köpfen geführt wird, Thomas Cazenave und Jean Aine. Mehr als 20 verschiedene Biersorten, ein Bieressig und drei Sorten Limonade (vieles davon Bio) werden dort angeboten und verkostet. Da ich in der Nachbarschaft wohne, habe ich inzwischen alles durchprobiert und ich kann sagen, dass mir das meiste sehr geschmeckt hat! 

Motorradtour Ardeche und Lozere Weil uns nach der Besichtigung noch ein Karton voll mit unterschiedlichen Sorten mitgegeben wird, können wir am Abend dann im Hotel noch einmal eine Verkostung vornehmen.

Weiter geht es hinauf auf den Causse Méjean, einer sehr dünn besiedelten Kalk-Hochebene, die zwischen 800 und 1247 Meter hoch ist und zum größten Teil zum Parc National des Cévennes gehört, aber nicht zum Gebirge zählt. Hier geht es zur Abwechslung auch mal geradeaus! 

Wir machen einen Abstecher zu Florence Pratlong und ihrer Fromagerie Hyelzas (www.fedou.com), wo wir alle Käsesorten probieren dürfen. Direkt nebenan befindet sich eine alte Farm der Familie aus dem 18. und 19. Jahrhundert, die besichtigt werden kann. 

Von hier aus fahren wir direkt zur „Moulin de la Borie“ (www.moulindelaborie.com), einer wiederaufgebauten Windmühle aus dem 17. Jahrhundert, in der auf herkömmliche Weise verschiedene Sorten Mehl gemahlen werden, das von den umliegenden Bäckereien und Restaurants verarbeitet und an privat verkauft wird. Hier erklärt uns ein sehr engagierter, junger Mann die Herstellung und die Unterschiede in der Produktion. 

10 Spitzkehren runter nach La Malène
La Malène, es sind nur 10 Spitzkehren, aber mit einer spektakulären Aussicht auf das mittelalterliche Dorf und natürlich die Geier, die überall zahlreich kreisen

Nach diesem ereignisreichen Tag sind wir dann doch alle froh in dem malerischen mittelalterlichen Dorf Sainte Enimie im Hotel eine Dusche zu nehmen und danach in gemütlicher Runde zu Abend zu essen (und anschließend das Bier zu verkosten!). Natürlich geht das nicht, ohne vorher noch die Serpentinen von La Malène mitgenommen zu haben, die von der Causse Méjean hinunter zum Tarn führen, der noch genug Wasser für Kanutouren führt.

Le Moulin de la Borie
Le Moulin de la Borie in dramatischem Licht

Zurück zum Anfang: An unserem letzten Fahrtag starten wir früh und fahren wieder zurück in die Ardèche nach Vallon Pont d’Arc, wo wir unweit des bekannten Felsbogens, der sich über die Ardèche spannt, die „Domaine du Colombier“ der Familie Walbaum besichtigen (www.domaineducolombier.fr). 

Das Weingut ist seit Beginn des 19. Jahrhunderts in Familienbesitz. Nach einer Besichtigung der Räumlichkeiten und einer Verkostung sehen wir uns noch das alte Gutshaus der Familie an, das momentan zu einem Hotel umgebaut wird, in dem viele originale Abschnitte erhalten werden, wie beispielsweise die Fußböden. Schon im nächsten Jahr soll dieses Weinhotel eröffnet werden.

Wir machen uns auf den Rückweg, vorbei an „Villages des Charactères“ wie Ruoms und Vogüé entlang der Ardèche in Richtung Aubenas, Privas, bis wir schließlich – erschöpft, aber glücklich – wieder in Soyons an unserem Anfangspunkt der Reise einen schönen, gemeinsamen letzten Abend verbringen.

Eine tolle Tour mit Endurofun-Tours
Eine tolle Tour mit Endurofun-Tours

Mein Fazit: Am nächsten Morgen verabschieden wir uns nach dem Frühstück voneinander und hoffen uns im nächsten Jahr vielleicht wieder auf einer Tour von Endurofun Tours zu treffen. Ich bin vollkommen zufrieden mit dem Verlauf der Reise. Anders als erwartet habe ich mich nicht hin- und hergeschubst gefühlt und ich habe tolle Menschen kennengelernt. 

Für mich und einen anderen Teilnehmer geht es jetzt mit Jochen weiter zu einer kurzen Offroad-Tour, doch davon mehr beim nächsten Mal …

Unterstützt wurde die Tour von den Tourismusverbänden Ardèche und Lozère (www.lozere-tourisme.com / www.ardeche-guide.com) und durchgeführt von Endurofun Tours. Das komplette Reiseprogramm mit On- und Offroad-Touren findet man online unter www.endurofuntours.com.