aus bma 6/11 – Reisebericht

von Klaus Rogge und Martje Richardsen-Rogge

Motorradreise Norwegen / Lofoten NordpolarkreisNach jahrelangem Träumen war es Ende Juli endlich soweit. Ich hatte 3 Wochen Zeit, die nötigen finanziellen Mittel, ein reisetüchtiges Motorrad für 2 Personen und eine liebe Sozia, die das Abenteuer nach Nordnorwegen mitmachte.

Die BMW 1200 GS war schon abends gepackt und am nächsten Morgen früh um 4:30 wurde der Anlasser betätigt. Von Nordfriesland bis zur Fähre der Stena Line in Frederikshavn/Danmark sollte man schon 6 Std. einplanen, will man zwischendurch noch eine Pause einlegen und den Tank nachfüllen. Um 11 Uhr hieß es Leinen los und nach ca. 4 Std. wurde in Göteborg ausgeschifft. Dank Navigationsgerät fuhren wir ohne lange suchen zu müssen die E6 Richtung Norden. In der Jugendherberge von Halden, kurz hinter der schwedischen Grenze, war Norwegen erreicht und die erste Übernachtung angesagt. Am nächsten Tag hieß es Strecke machen. Wir wurden unterwegs mit schönen Kurven, einem Elch am Waldrand und Rentieren auf der Fahrbahn belohnt. Über Elverum, Kongsvinger, Trysil ging es nach Röros, dem einzigen Ort in Skandinavien, der in der Liste der UNESCO steht. Hier wurde bis 1977 circa 333 Jahre Kupfererz abgebaut. Auf dem Campingplatz bekamen wir ein Zimmer und fuhren am nächsten Morgen über die Straße 31 und 705 eine wunderbare Strecke fast ohne Verkehr Richtung E6 bis nach Steinkjer ca. 120 km nördlich von Trondheim. Um der „Nordkap-Rallye“, den vielen Wohnmobilen, LKW’S und sonstigen Fahrzeugen zu entgehen, verließen wir die E6 und nahmen die relativ schwach frequentierte und sehr kurvenreiche RV 17, die auch den Namen Kystriksveien trägt. Aber Achtung: auch hier wird der Verkehr in den Tempo 70-Zonen mit Radarpistole überwacht. Zum Glück bin ich rechtzeitig von einem entgegenkommenden Motorradfahrer und LKW gewarnt worden.

Motorradreise Norwegen / LofotenUm die fast 700 km lange Strecke bis zum „Saltstraumen“ bei Bodø, bei der sechs Fähren genommen werden müssen, sollte man sich auch deswegen mindestens 3 Tage Zeit nehmen, will man sich doch auch die einzigartige Landschaft mit dem Torghatten (Berg mit dem Loch) bei Brønnøysund, die unübersehbaren rund 1000 m hohen Berggipfel der „sieben Schwestern“, der rund 60-minütigen Fährüberfahrt von Kilboghamn nach Jektvik mit der Überquerung des Polarkreises, das gewaltige Eisfeld des Svartisen-Gletschers und den stärksten Mahlstrom der Welt, den Saltstraumen, nicht entgehen lassen.

Bei Fauske trafen wir wieder auf die E6 um von Bognes nach Lødingen auf die Vesterålen überzusetzen. Dieser Teil der E6 hat dutzende Tunnel und wird deshalb auch scherzhaft als die “längste Geisterbahn der Welt” bezeichnet.

Motorradreise Norwegen / Lofoten, Lofotr-WikingermuseumZiel unserer Reise war Andenes auf Andøya, der nördlichste Punkt der Vesterålen. Sechs Tage und 2.450 km ohne Pannen lagen hinter uns und wir gönnten uns zwei Tage Pause, da wir doch an einer Walsafari teilnehmen wollten.

Trotz Frühnebel meinte es das Wetter weiterhin gut mit uns und am Nachmittag des nächsten Tages liefen wir mit einem ehemaligen Walfangtrawler zu einer ca. 4-stündigen Fahrt zu den bis zu 60 t schweren und 16 m langen Pottwalen aus, die in den ca. 1000 m tief abfallenden Gewässern auf Nahrungssuche sind. Das Glück war auf unserer Seite und so konnten wir vier Pottwale mit „Blas“ und „Fluke“ entdecken.

Von nun an fuhren wir in südlicher Richtung an der Westküste von Andøya, vorbei an einem der längsten Sandstrände Norwegens, über Sortland, Stockmarknes (Hurtigruten Museum) und dann mit der Fähre Melbu-Fiskebøl um auf Austvågøya, der nördlichsten Insel der Lofoten zu landen.

Motorradreise Norwegen / LofotenMit einem Abstecher entlang des dramatischen Raftsundes erreichten wir, bei stahlblauem Himmel und 26° C, mit einem tollen Blick in den berühmten Trollfjord; eingerahmt von gewaltigen noch teilweise vergletscherten Bergketten; am Ende der Straße Digermulen, vor mehr als hundert Jahren auch hochgeschätztes Reiseziel Kaiser Wilhelms. Dann ging es zurück zur E10 die auch scherzhaft “Lofoten-Highway” genannt wird und wir nahmen für zwei Tage Quartier in der Jugendherberge von Kabelvåg, dem traditionsreichen Fischerort. Hier befindet sich auch direkt an der Kirchenbucht, die Vågankirche, die größte Holzkirche nördlich von Trondheim auch “Lofot-Kathedrale” genannt. Mit einem Spaziergang durch Svolvær, der Hauptstadt der Lofoten, einem Sprung ins kalte Nordmeer zur Abkühlung an der Westseite der Insel bei Laukvik und mit einem erfolgreichen Angelversuch von der Mole in Henningsvær, das auch das Venedig des Nordens genannt wird, beendeten wir unsere Tagestour. Dieser Fischerort ist auf mehrere Inseln verteilt, mit Brücken verbunden und bietet mit seinen weißen Häusern, Fischerhütten, Booten und gewaltigen Bergen faszinierende Fotomotive und ist auf alle Fälle einen Besuch wert.

Motorradreise Norwegen / Lofoten ReineUm den südlichen Teil der Lofoten zu erkunden, verlegten wir unsere Unterkunft nach Stamsund, ins Justad Vandrerhjem, wo wir drei Tage verweilten. Eine wunderbare Jugendherberge, im Rorbuerstil, direkt am Wasser gelegen. Wir konnten mit einem Ruderboot auf den, fast wie ein Spiegel, glatten Vestfjord zum Angeln hinausfahren und unser Abendbrot, einen Dorsch und einen Seelachs fangen. Die Sonne brannte vom stahlblauen Himmel und weiter draußen kreuzten die Schiffe der Hurtigrute, eine Wohltat für die Seele.

Bei unseren Tagestouren besuchten wir auch das Wikingermuseum in Borge, wo gerade die Wikingertage stattfanden. Aufgrund der schon fast heißen Temperaturen (28°C) haben wir uns noch eine Abkühlung im Meer geholt um dann weiter Richtung Süden über die schmale Küstenstraße, mit rundherum wild ge­zackten Lofotenbergen, die malerischen Fischerdörfer Nusfjord, Reine, Moskenes und Ǻ, am Ende der E10, zu besichtigen. Die hier früher, am südlichsten Teil der Lofotenspitze und der Außenseite von Moskenesøy gelegenen kleinen Fischersiedlungen, deren Menschen Jahrhunderte lang ums Überleben kämpften, sind heute ausgestorben und verlassen. In der Nacht fiel der erste Regen auf unserer Norwegenreise und für uns wurde es Zeit die Lofoten zu verlassen. Mit traurigem Blick sahen wir am frühen Morgen die wild gezackte Lofotenkette, auf der 4-stündigen Fährfahrt über den Vestfjord von Moskenes nach Bodø, unseren Blicken entschwinden…

Motorradreise Norwegen / LofotenJetzt hieß es Strecke machen und über die E6 südwärts dem Polarkreis entgegen. Nach deren Überquerung nächtigten wir in einer kleinen Hütte auf einem schönen Campingplatz und machten uns am frühen Sonntagmorgen weiter auf den Weg Richtung Trondheim. Doch plötzlich, kurz vor Mosjøen Straßensperrung! Politi! Sämtliche Fahrzeuge wurden angehalten und eine Alkoholkontrolle durchgeführt. Für mich war es die erste nach 40 Jahren Führerschein und da ich am Abend vorher noch ein Bier getrunken hatte, wurde ich doch etwas nervös. Aber das Gerät zeigte 0,00 Promille und wir konnten mit den guten Wünschen des Polizeibeamten unsere Fahrt fortsetzen. Da wir gut in der Zeit lagen, wollte ich unbedingt noch mal den Trollstiegen und den Adlerweg über Geiranger abfahren, zumal auch der Nordfjord dann nicht mehr weit war, wo ich doch vor ca. 35 Jahren das erste mal meinen Norwegenurlaub verbrachte und von dem Tag an mit dem unheimlichen Norwegenvirus befallen worden bin, den ich bis heute nicht mehr los wurde. Nach einer Übernachtung in der Jugendherberge Andalsnes nahmen wir die Strecke, die meine bisher größte fahrerische Herausforderung mit dem Mopped wurde, in Angriff. Das Wetter wurde immer schlechter. Starker Regen, Nebel, Wolken, das Visier beschlagen, die GS oft im 1. Gang und mit Warnblinklicht kurvten wir die Haarnadelkurven bis auf den mit 850 Metern höchsten Punkt der Strecke hinauf. Nur nicht anhalten müssen in den Spitzkehren war die Devise! In diesem Moment ist man froh, wenn man eine der weltbesten Sozias im Rücken hat, um einen eventuellen Gegenverkehr frühzeitig anzukündigen.

Motorradreise Norwegen / Lofoten BorgundNach einer 2-stündigen Pause in einem Café in Geiranger, das rege Treiben der Kreuzfahrtschiffe, der Hurtigrute und sonstigen Fähren auf dem gleichnamigen Fjord beobachtend, konnten wir leider von der Schönheit der Natur nicht viel mitbekommen, aber Hauptsache alles ging gut und so fuhren wir weiter im Regen und buchten für zwei Tage eine gut ausgestattete Hütte in Stryn am Nord­fjord. Bei einer Tagestour zum Brigsdalsbreen Gletscher, einem Ausläufer des Jostedalsbreen, dem größten Plateaugletscher des europäischen Festlandes, entdeckte ich sogar die Hütte in Innvik am Nordfjord, die vor circa 35 Jahren mein Urlaubsziel war. Am nächsten Tag ging es über Lærdal (Lachsmuseum), einer Besichtigung der Stabkirche von Borgund und noch einer Übernachtung in Fargernes, weiter zur Nachtfahrt mit der Stena Line von Oslo nach Frederikshavn/DK.

Geduscht und gestärkt mit einem tollen Büfett, ließen wir uns ins Bett fallen und waren noch lange in Gedanken versunken über das Erlebte, bevor wir einschliefen. Nach einem leckeren Frühstück am nächsten Morgen wurde ausgeschifft und es ging zurück durch Dänemark Richtung Husum/Nordsee und der Himmel fing noch einmal richtig an zu weinen. Auch wir waren traurig aber der schönste Augenblick sollte noch am nächsten Wochenende stattfinden:

Ich wurde 60 Jahre alt und habe mit meiner Sozia Hochzeit gefeiert, so wie es alles vorher geplant war. Warum soll man nicht auch mal die Hochzeitsreise vor der Trauung machen und so danken wir allen Schutzengeln, die immer mit uns geflogen sind! Leuchtende Tage – nicht weinen, dass sie vorüber, sondern lächeln, dass sie gewesen!