aus bma 11/11 – Klassiker

Text: www.winni-scheibe.com
Fotos: Scheibe, Werk

Laverda 750 SFIn der Landwirtschaft hatte Laverda bereits einen guten Ruf. Nach dem Zweiten Weltkrieg sorgte das italienische Werk in der Motorradklasse bis 200 ccm für Furore. 1968 kam ein 750er Twin auf den Markt. Gut zehn Jahre blieb der Donnerbolzen im Programm.

In London ließ Laverda die Katze aus dem Sack. Auf der „Earl’s Court Motorshow“ präsentierte das italienische Werk 1966 einen 650er OHC-Viertakt-Twin. Die Aufregung war beachtlich. Bisher gab es, abgesehen von den kleinen und großen Traktoren, nur Motorräder bis 200 Kubik vom Fahrzeughersteller aus Breganze. In erster Linie produzierte Laverda nämlich Landmaschinen und das bereits seit 1873. Das wäre sicherlich auch so geblieben, wenn nicht im Nachkriegsitalien ein gigantischer Bedarf an motorisierten Zweirädern bestanden hätte. Francesco Laverda, ein Enkel des Firmengründers Pietro Laverda, baute Ende 1948 das erste Laverda Einzylinder-Viertakt-Motorrad mit 74 ccm. Im Laufe der Jahre folgten Touren- und Sportmaschinen mit 100, 125 und 200 ccm. Aber auch im Rennsport war der Name Laverda bald nicht mehr wegzudenken.

Laverda 750 SFEin Generationswechsel im alteingesessenen Familienunternehmen war Mitte der 1960er Jahre angesagt. Nun waren es die Söhne Massimo und Pietro Laverda, die die Geschäftsführung übernahmen. Beide waren genau wie ihr Vater Francesco Laverda begeisterte Motorradfans. Massimo besaß sogar privat eine BMW R69S und eine 1000er Vincent Black Shadow. Aber nicht genug. Für die Ausweitung des US-Geschäftes besuchte der clevere Nachwuchsmanager die USA. Es war die Zeit, als die Japaner gerade begannen, mit Siebenmeilenstiefeln den Markt zu erobern. Allen vorweg Soichiro Honda mit pfiffigen Viertakt-Bikes von 50 bis 305 ccm. Kaum zu Haus setzte Francesco Laverda die Idee für den Bau eines großen Motorrades durch. Es wurde eine 650er OHC-Zweizylinder-Viertakt-Maschine, mit 50 PS, Fünfganggetriebe und E.-Starter. Die Sen­- sation bei der Londoner Motorshow 1966 war zweifellos perfekt, auch wenn die neue Laverda der Honda CB77 verdammt ähnlich war. Doch die hatte nur 305 ccm und kam bekanntlich aus Japan.

Aber nur rund 100 dieser neuen 650er Laverdas verließen das Werk, denn schon 1968 erhöhte man den Hubraum auf 750 ccm. Ab 1969 gab es die 750 GT „Gran Tourismo“ und 750 S „Sportivo“. Die 750 S fuhr sich mitten ins Herz der damaligen Italofans. Der 60 PS starke Parallel-Twin brachte das gut 220 kg schwere Bike auf über 170 Sachen. Lange hielt der Akteur diese Tempi dann aber doch nicht aus. Der Gleichläufer ließ seine Vibrationen deutlich und kräftig spüren. Gab es gegen das Chassis und die Fahrleistungen kaum etwas zu sagen, musste sich die Bremsanlage etliches an Kritik gefallen lassen.

Laverda 750 SFCUnd so kam es, dass Laverda 1971 der 750er eine selbst konstruierte Duplex-Trommelbremse im Vorderrad spendierte und im gleichen Atemzug die Modellbezeichnung in 750 SF („Super-Freni“ = Superbremse) umbenannte.

Als renn­sportlichen Überhammer präsentierte das Werk im gleichen Jahr die 750 SFC. Es war ein reinrassiges Rennmotorrad mit Straßenzulassung.

Die SF-Baureihe blieb bis Ende 1977 im Laverda-Programm. Auf die 71er 750 SF folgte 1973 die 750 SF1 und Anfang 1974 kam logischerweise die 750 SF2 auf den Markt. Anstelle der „Super-Freni“ war nun als Stopper eine Brembo-Doppelscheibenbremse am Vorderrad montiert. Neben einigen weiteren Modifikationen behielt die SF2 jedoch ihr klassisches Outfit. Das änderte sich erst 1976, als neue Gussfelgen die Speichenräder ablösten und die hintere Trommelbremse gegen eine Scheibenbremse getauscht wurde. Dennoch, trotz etlicher Retuschen blieb das Konzept vom Triebwerk und Rahmen über 10 Jahre unverändert.

Längst gehören die 750er Laverdas zu begehrten Liebhaberfahrzeugen. Traum vieler Laverdaisten ist und bleibt allerdings die 750 SFC.