aus bma 11/04

von Jens Möller

Kymco KXR 250Nun steht es vor mir: vierrädrig und giftgrün. Martin Brandt, Kawasaki- und Kymcohändler in Hamburg, stellte uns das Kymco-Quad für die Probefahrt zur Verfügung.
Also los geht es, Testfahrt. Erst mal draufsetzen. Paßt alles wunderbar, egal ob 1,60 m lang oder mehr. Bremse vorne, wie gewohnt am rechten Hebel. Und am linken? Da liegt der Bremshebel für die hintere Bremse, die wahlweise auch mit dem rechten Fuß betätigt werden kann. Doch wo ist der Kupplungshebel? Gekuppelt wird nicht, werde ich aufgeklärt. Das Quad verfügt über ein stufenloses Variomatikgetiebe mit Fliehkraftkupplung und zusätzlichem Rückwärtsgang. So lassen sich die 213 kg Leergewicht erheblich leichter rangieren.
Gut, hab ich begriffen, und versuche den Gasgriff zu drehen, ohne Erfolg. Nach dem Hinweis auf den Hebel für das Daumengas kann es nun endlich losgehen. Also, den Starterknopf gedrückt und der wassergekühlte 250 ccm Einzylinder-Viertaktmotor läuft. Sonor, rund und ohne Starthilfe durch den links unterm Tank befestigten Chokehebel. Danach den auf dem rechten Kotflügel liegenden Schalthebel aus der Neutralstellung in die vordere Position gedrückt, dabei die Bremse gezogen halten und leicht Gas gegeben. Sanft vollzieht sich dieser Wechsel und das Quad setzt sich nun mit Hilfe des Daumengases in Bewegung; geht doch.

 

Schon beim Fahren in der Stadt fällt dabei auf, daß es nicht so einfach ist, mit dem Kymco-Quad um die Kurven zu kommen. Der kurze Gegenimpuls vorm Einlenken wie beim Motorradfahren bringt überhaupt nichts. Die breiten Reifen mit ihren weniger als 0,5 bar Druck tun ein Übriges, um sich mit dem Asphalt zu verzahnen und die Kurvenfahrt zu erschweren. Aber es muß doch irgendwie gehen? Vorm nächsten Abzweig wird eben ein wenig stärker gebremst, schon quietschen die Reifen, mit ein wenig mehr Kraft eng eingelenkt und dann mit Gas um die Kurve. Aha, schon besser, mal gucken, ob das auch bei einer Landstraßenfahrt gelingt.
Kymco KXR 250Mit einer elektronisch auf 80 km/h begrenzten Höchstgeschwindigkeit ist das Quad zwar nicht allzu flott unterwegs, doch erreicht es diese dank des zügig hochdrehenden Motors sehr schnell, weshalb so noch ein Mitschwimmen auf der Autobahn gelingt. Aber Landstraße war angesagt. Auch hier das gleiche Bild. Mit beherztem Griff wird dem Quad die Richtung vorgegeben und mit Schmackes aus den Ecken gedriftet. Richtig: gedriftet, weil Daumengas und Automatik diesen Fahrstil einfach herrlich fördern.
Es ist zwar nicht immer ganz einfach, die Balance zwischen Untersteuern und Driften zu erspüren, aber wenn es mal schief geht, reicht der Griff zur Bremse. Mit klarem Druckpunkt verbeißen sich die Bremskolben, dank Stahlflexleitungen, in die beiden Scheiben vorne und die hintere an der starren Achse. Geht es wieder geradeaus, folgt das Quad sicher der vorgegebenen Spur, es sei denn, die Straße weist Spurrillen auf. Hierauf reagiert das Quad etwas nervös, jedoch ohne stark zu verunsichern.
Damit der Motor mit seinen 17 PS auch genug zu tun bekommt, wird das Kymco-Quad über immer kleiner werdende Straßen getrieben. Dort, wo man mit einem Motorrad nicht mehr fahren möchte, weil Split und Dreck die Straßen übersäen, und es kaum für zwei Fahrzeuge nebeneinander reicht, beginnt der wahre Spaß mit dem Quad. Jedes Körnchen Dreck muß für den nächsten Drift herhalten, jede enge Kurve für ein abenteuerliches Quietschen der Bremsen sorgen. Klar, das Fahren bleibt anstrengender als mit einem Zweirad, man muß mit dem Quad mehr arbeiten, gerade weil (insbesondere) die Fliehkräfte nicht durch Gewichtsverlagerung und Schräglagenfahren ausgeglichen werden können. Gespannfahrer kennen diesen Umstand. Lästig wird das jedoch nicht, vielmehr freut man sich über jede gelungene Kurve und jede präzise Punktbremsung.
Leichter wird es auf unbefestigten Wegen. Durch den Gripverlust an der Hinterachse läßt sich das Quad perfekt per Daumengas lenken. Lenkung einschlagen, Gas geben, die Hinterhand bricht gut kontrolliert zur Seite aus, und die nächste Kurve kann anvisiert werden.
Die Einzelradaufhängung vorne vermittelt dabei stets einen guten Kontakt zum Untergrund, ist sogar in der Federbasis einstellbar, wie auch das hintere Federbein der Starrachse. Doch solch ein Treiben kostet auch. Nicht etwa den wassergekühlten Motor, der den Ausflug problemlos über sich ergehen lässt, doch sind beim Tankstop gut sechs Liter Benzin für 100 Kilometer zu kalkulieren. Was bei einem 12,5 Liter fassenden Tank mit nicht abschließbarem Tankdeckel einer Reichweite von gut 200 Kilometern entspricht. Obwohl, wer rechnet schon groß angesichts des Grinsens, das einem dieser Spaß auf das Gesicht zaubert.
Kymco KXR 250Auch bei der Ausstattung des Kymco-Quads wurde nicht gespart. So gehört ein Gepäckträger ebenso wie ein stabiler Motorschutz zur Serie. Kleinere Wartungsarbeiten wie Zündkerzenwechsel oder das Nachfüllen von Öl lassen sich dank guter Zugänglichkeit schnell erledigen. Der Ölstand selbst kann per Schauglas überprüft werden. Und wenn die Regenkombi mal mit soll, findet sie unter der leicht abnehmbaren, nicht verriegelbaren Sitzbank ein Plätzchen. Auf dieser darf zudem eine zweite Person mitgenommen werden, was aber auf Dauer nicht sehr bequem ist, da der Gepäckträger die Bewegungsfreiheit hinten merklich einschränkt. Das einzige, was dann doch ein wenig mehr stört, ist die Lage des Lenkschloßes am Kymco-Quad. Dies ist wenig glücklich hinter das rechte Federbein der Vorderradaufhängung gelegt worden. Man muß schon in die Knie gehen, um das Lenkschloß so schließen zu können. Aber macht man das nicht gern? Einfach, um aus noch einer neuen Perspektive einen Blick auf das aggressiv gestylte Quad zu werfen. So, wie es vorher schon unzählige Passanten getan haben. Denn unauffällig ist man mit diesem Quad nicht.
Was kann also noch zwischen einer dauerhaften Beziehung stehen. Nun, da wären noch die gut 5500 Euro, die der nette Kymco-Händler für das KXR 250 vom Käufer haben möchte. Zudem benötigt man die Fahrerlaubnis fürs Auto, darf dafür, zur Zeit noch, ohne Schutzbekleidung, sprich Helm, fahren. Da ersteres wohl fast jeder hat und letztgenanntes nicht zu empfehlen ist, muß man nur noch hin, angucken, anfassen, fahren. Doch Vorsicht, es besteht die Gefahr, den vier Rädern zu verfallen, spätestens nach dem ersten Drift.