aus bma 01/05
von Marcus Lacroix
1. Strahlen der Teile |
2. Pulvern |
3. Ab in den Backofen |
Alle paar Jahre eine neue Maschine? Klar, wer hätte die nicht gerne. Lediglich der Geldbeutel lässt dies nicht immer zu. Mit wenig Aufwand und etwas Farbe kann man aber auch sein altes Schätzchen wieder aufmöbeln. Die Frage nach Lack oder Leder stellt sich dabei eher selten, doch zwischen Lack und Pulver muss man sich schon entscheiden. Was eignet sich aber denn wofür?
Wir machten uns zur Klärung der Frage auf den Weg nach Stuhr-Heiligenrode zu MS-Pulverbeschichtung. Stefan Anton muss es wissen, pulvert er doch neben Motorradteilen u.a. bis zu 12.000 Oberklasse-Fahrradrahmen im Jahr.
Grundsätzlich, so Stefan, lässt sich jedes elektrisch leitfähige Material pulverbeschichten, das einer Temperatur von ca. 200 Grad Celsius standhält. Sinn mache das Pulvern aber nicht in jedem Fall. Verkleidungsteile und Kotflügel bestehen meist aus temperaturempfindlichen nicht leitfähigen Kunststoffen, fallen für’s Pulvern also aus. Der Tank wäre zwar beschichtbar, doch ist man bei der Farbwahl auf die rund 150 Farben der RAL-Palette sowie ca. 150 Sonder- und Metallicfarbtöne festgelegt, abgestuft in glänzend, seidenmatt, matt und stumpfmatt. Pulver lässt sich derzeit im Gegensatz zu Lacken aber nicht für individuelle Farbtöne mischen. Somit ist klar: Lackteile sind bei einem Lackierer besser aufgehoben, damit die Einzelteile hinterher nicht durch unterschiedliche Farbtöne und Oberflächen auffallen.
Für andere, leicht korrodierende Motorradteile wie Rahmen, Schwingen, Verkleidungshalter, Felgen und sogar Motordeckel ist die Kunststoffbeschichtung hingegen ideal. Das UV-Licht stabile Polyesterpulver bildet eine sehr strapazierfähige Oberfläche, wie uns Stefan eindrucksvoll demonstriert. Er schlägt ein beschichtetes Eisenrohr mit voller Kraft auf eine stumpfe Kante. Das Rohr verbiegt etwas, in der Pulveroberfläche zeigen sich aber weder Risse noch Abplatzungen – sie liegt weiter fest an. Erst als Stefan das Rohr auf eine scharfe Kante schlägt, schält sich ein kleines Stückchen von der Oberfläche ab. Steinschlag u.ä. äußere Einflüsse dürften gepul- verte Felgen und Rahmen also absolut kalt lassen. Beschichtete Felgenränder sind auch vor Beschädigungen, wie sie leicht durch eine nachlässige Reifenmontage entstehen, gut geschützt.
Der hier zu sehende Felgensatz wies einige sehr unschöne Kratzer auf, die sich nicht mit Hausmitteln kaschieren ließen. Mit Schleifpapier egalisierten wir vor dem Pulvern die beschädigten Stellen. Reifen und Bremsscheiben runter und ab mit den Teilen zu MS. Weiß sollte er werden – nicht unbedingt pflegeleicht.
Stefan wies uns ausdrücklich darauf hin, keine weiteren Vorarbeiten zu leisten. Immer wieder kommen Kunden, zu ihm, die z.B. bei Motorradrahmen alle Öffnungen und Gewinde in mühevoller Kleinarbeit verschlossen haben. Das sie den Arbeitsablauf dadurch eher stören, ahnen sie nicht. Die Motorradteile gehen nämlich zunächst zum chemischen Entlacken, ein Vorgang, bei dem vor allem Fette entfernt werden. Die sehr gründliche Vorbehandlung ist wichtig, da fettige Stellen das Pulver nicht dauerhaft annehmen und die Kunststoffschicht abplatzen würde. Mit heimischen Reinigungsmitteln und Hochdruckreinigern ist das Ergebnis nicht ansatzweise zu erzielen, alle Mühe also vergebens.
Erst jetzt kümmert sich Stefan um das Verschließen der Öffnungen und Gewinde. Radlager in Felgen können übrigens montiert bleiben, müssen vor der Montage aber neu gefettet werden um Lagerschäden zu vermeiden!
Frisch entlackt werden die zu beschichtenden Teile noch gestrahlt, damit die Oberfläche wirklich metallisch sauber und somit aufnahmebereit für das Pulver ist. Das Bauteil wird nun geerdet, den elektrischen Gegenpol bildet die Pulverpistole. Die Spannung zwischen den Polen beträgt 30.000 Volt. Bläst man die positiv geladenen Pulverteilchen nun mit geringem Druck durch die Pistole, setzen sie sich aufgrund der statischen Aufladung am negativen Pol (dem zu pulvernden Teil) ab. Das Prinzip dürfte bekannt sein – wer hat noch nicht mit einem Kamm oder Luftballon am Pullover herumgerubbelt und dann Papierschnipsel „angesaugt”?!
Damit das aufgebrachte Pulver sich zu einer haltbaren Kunststoffschicht verbindet, wird das Werkstück nun in den Backofen geschoben. Bei 200 Grad Celsius schmilzt das Pulver, ein Vorgang, der bei unseren Felgen knapp 30 Minuten dauert. Da das gebackene Pulver im Gegensatz zu Lack nicht aushärtet und „zäh-elastisch” bleibt, ergibt sie die von Stefan bereits demonstrierte hohe Belastbarkeit.
Das Endergebnis kann sich wirklich sehen lassen – die Felgen sehen besser aus als neu – und das für gerade mal 60 Euro das Stück. Das Pulvern eines Motorradrahmens kostet erträgliche 130 Euro, Preise für Kleinteile gibt’s auf Anfrage.
MS-Pulverbeschichtung pulvert übrigens mit einem hitzefesten Spezialpulver auch Auspuffendtöpfe, diese allerdings nur in schwarz oder silber. Interessant ist auch die Möglichkeit, Tanks innen entrosten und kunststoffversiegeln zulassen.
Die Sache mit dem Reinigen der weißen Felgen gestaltet sich übrigens auch einfacher als erwartet. An der recht rauhen Oberfläche von Gußfelgen setzt sich Schmutz leicht fest, von der glatten Pulverschicht lässt er sich hingegen recht gut entfernen. Tipp zum Entfernen von Kettenfett und gleichzeitiger Pflege: Hartwachs!
—
Kommentare