aus bma 01/05
von Heiko Rippe
Wenn Du dich fragst wie unsereiner zum Moto Cross (MX) kommt, hier die Antwort und noch ein bißchen mehr:
Ich bin seinerzeit gerne mit meiner 97er DR 650 durchs Unterholz geheizt. In den Jahren vorher hatte ich schon mit zwei DR 800 und eine DR 650 für Unruhe in der Gegend gesorgt. Irgendwann meinte ich dann, ich sei der total geile Endurist! Was aus meiner jetzigen Sicht mächtig naiv war. Als ein Kumpel, Showman, sich Anfang 99 eine KTM Six-Days kaufte, änderte sich so einiges, wir entdeckten unseren Spaß am Springen. Was mit solch einem Amboß unterm Arsch aber gar nicht so einfach war, aber so bekamen wir einen Einblick und leckten Blut. Als die regionalen „Jump tauglichen” Hügel keinen Reiz mehr hatten, entdeckten wir ganz in unserer Nähe eine private Moto-X Bahn. War doch logisch, daß wir mit unseren geilen Crossern (guter Witz, oder?) auf dieser Bahn fahren mußten. Dort befuhren wir unsere ersten Tabels. Und so nach und nach wurden die Jumps länger und höher. So brachten wir unseren Eisenhaufen mit 10 Meter weiten und 2,5 Meter hohen Sprüngen das Fliegen bei. Das war der totale Kick. Nach ein paar Monaten waren unsere Moppeds längst über dem Limit bewegt worden.
So kaufte ich ein Jahr später eine Honda CR 250 mit 54 PS bei 103 kg Gewicht. Das war schon ein richtig anspruchsvoll zu fahrender Crosser, da das Teil oben rum Power ohne Ende hat. Bei solch einem Krad ist nicht das Problem auf dem Hinterrad zu fahren, sondern das Vorderrad auf dem Boden zu halten. Im fünften Gang, im Sitzen, konnte ich ohne am Lenker zu zerren die Maschine auf das Hinterrad ziehen. Von so viel Power in einer Enduro durfte ich früher nur träumen. Dann aber machte ich einen Fehler. Ich ging zu meinem Stammdealer (Böse Bikes) und lieh mir eine KTM SX (SX steht für Moto-Cross) 520 ccm mit ca. 60 PS.
Als ich mich zum ersten Mal auf die Kati setzte, dachte ich so bei mir: Na Baby, ob wir zwei wohl Freunde werden. Drei Runden später hatte ich die Antwort: Ja!!!
Nun hatte ich ein Problem. Auf Anhieb war ich mit einem fremden Krad schneller unterwegs als mit meinem eigenen 2-Takter. Und mehr Spaß machte es auch noch, denn ich konnte entweder mit Drehmoment oder purer Spitzenleistung fahren. Ganz im Gegensatz zur CR, die unten rum und im mittleren Drehzahlbereich kaum Leistung hatte, um dann mit einem Schlag die volle Kraft zu entfalten. Crossen war mit einem mal viel leichter geworden. Nun war es mir endlich möglich auch mal durch eine lange Kurve kontrolliert einen Powerdrift hinzulegen. Außerdem hatte die Kati nur vier statt fünf Gänge im Getriebe. So mußte ich auf der Sulinger MX-Bahn nur zweimal schalten und konnte so einiges an Kraft sparen.
Hätte ich gewußt, daß es so suchtgefährdend ist, eine KTM 4-Stroke zu fahren, hätte ich die Finger davon gelassen. Nun aber war es zu spät, ich war infiziert. Am Ende der Saison hatte ich mich dann zu einem Markenwechsel durchgerungen. Aufgrund des besseren Wiederverkaufswertes hatte ich mich für eine 2001er EXC entschieden. Hier ein Paar Daten: Zentralrohrrahmen aus Chrom-Molybdän-Stahlrohren, 43er White Power USD Gabel mit 295mm Federweg, WP-PDS Dämpfer mit 320mm Federweg und einem Leergewicht von 112 kg. Die hatte sechs Gänge anstelle der erwähnten vier einer SX, aber man kann halt nicht alles haben. Nun hatte mein neues Krad noch einen Gang mehr zum sortieren, als meine CR 250, aber meine EXC hatte ab Standgas Leistung und konnte mit recht wenig Schaltvorgängen flott bewegt werden.
Beim Kauf war ich auch noch der Meinung, das eine oder andere Mal ein bißchen auf der Straße und durch die Wälder in unserer Gegend fahren zu wollen. Aber das konnte ich knicken. Warum? Ganz einfach:
1.) Die Reifen. Die sind sauteuer und laufen auf der Straße schnell ab. Wenn ein nagelneuer Reifen auf Asphalt gefahren wird, runden sich die Ecken der Stollen binnen weniger Kilometer ab und auf einer MX-Bahn ist damit kein Blumentopf mehr zu gewinnen.
2.) Das Moped hat 13 kW im Brief, anstelle der echten 40 bis 45 kW. Da braucht den Cops keiner was von Serienstreuung zu erzählen und mit der legalen Drosselung ist die Maschine, das sagt auch jeder ehrliche Händler, unfahrbar. Aber glücklicherweise fahre ich eine EXC mit 37 kW im Brief, der Rest ist dann Serienstreuung.
3.) Die Spiegel, Blinker und das Heck im Ganzen sind bei mir unnötig und können so auf Dauer demontiert bleiben.
4.) Der Motor möchte am liebsten unter permanent wechselnder Leistung gefahren werden. Soll heißen, Vollgas – schalten – Vollgas – schalten – Vollgas – bremsen usw.
Dann hält dieser waschechte Rennmotor auch lange. Für das endlose ausdrehen auf der Straße ist der halt nicht gemacht.
5.) Im Sitzen komme ich mir vor wie ein Affe auf dem Schleifstein und das macht man auf der Straße notgedrungen relativ lange. Wobei just diese Haltung optimal im Gelände ist. Bei einer EXC ist artgerechte Haltung also oberste Pflicht.
Da ich mir eine EXC (Enduro) gekauft habe mußte ich ein paar Veränderungen vornehmen. So habe ich mir zum Entlüften der Gabel spezielle Ventile gekauft. Jetzt muß ich nicht mehr die Kreuzschlitzschrauben lösen, sondern brauche nur noch einen kleinen Knopf zu drücken. Das geht zwar nicht schneller, weil es etwas fummelig ist, aber ich muß nicht andauernd die Gummidichtungen der Schrauben erneuern. Weiterhin mußte das Fahrwerk zum Crossen stark modifiziert werden. Dies erledigte ein guter Freund (www.Suspension-Mode.com). Er griff tief in die Trickkiste um das Setting der Gabel-Dämpfer-Kombination auf meine Bedürfnisse anzupassen. Dabei wurde auch noch das Ansprechverhalten der Vordergabel, was bei der 2001/02er EXC ein Schwachpunkt war, optimiert. Nun hat meine 43er Gabel ein sehr geringes Losbrechmoment, ein super Ansprechverhalten bei kleinen Schlägen und eine Top-Dämpfung. Die 48er ist natürlich noch einen Ticken besser, aber das fährt unsereins nicht raus. Auch der hintere Dämpfer mußte sich einen Umbau gefallen lassen und ist nun ein echtes Sahneteil. Zum Schutz des Motors vor Steinen und zum Sliden über Hindernisse habe ich mir einen Karbon-Motorschutz gegönnt. Wenn ihr wissen wollt weshalb ich keinen viel billigeren Aluschutz verwendet habe, nehmt mal so ein Karbonteil in die eine und einen aus Alu in die andere Hand, dann wißt Ihr warum. Anpassung der Kupplungs-, Handbrems-, Schalt- und Fußbremshebel sowie des Lenkers mußten auch sein. Aber das hier zu erläutern wäre zu komplex. In nächster Zeit will ich noch Tank und Sitzbank einer SX anbringen. Dadurch kann ich in Kurven noch weiter nach vorne rutschen und bleibe nicht andauernd mit meinen Knieorthesen am Seitenteil hängen. Des weiteren will ich der Motorentlüftung, die zur Zeit noch im Ansaugkanal endet, einen separaten Ausgang mit Filter basteln. Sonst kann nämlich im ungünstigsten aller Fälle, ein Teil des Motoröls mit dem Benzin-Luftgemisch in den Brennraum gelangen und die Zündkerze zerstören. So etwas passiert natürlich nur im Wettkampf, wenn man da total drauf verzichten kann.
Ansonsten hat der normale Endurofahrer eigentlich nicht viel zu basteln. Die KTM ist ein wettbewerbtaugliches Motorrad mit Straßenzulassung, mit der man auch sofort an einer Rallye teilnehmen könnte.
Was die Pflege des Moppeds betrifft gibt es auch noch das Eine oder Andere zu beachten.
Die Inspektionen sollten im normalen Betrieb (meistens auf der Straße) alle 3000 km gemacht werden. Im Wettbewerbsbetrieb oder beim Crossen sieht die Welt schon ein bißchen anders aus. Da sich beim semi-professionellen Offroad-Fahren das Hinterrad ca. dreimal so schnell dreht wie das Vorderrad, an dem auch der Tachoantrieb sitzt, verkürzen sich dementsprechend die Intervalle. Als Beispiel 3000 : 3 = alle 1000 km Inspektion. Das hängt aber von der persönlichen Fahrweise und vom Wetter ab. Im Matsch dreht das Antriebsrad noch mehr durch. Ist ja auch logisch, oder? Da ist also ein wenig gesunder Menschenverstand gefragt.
Optimal ist es auch, die Gabel in jeder Fahrpause kurz zu entlüften, natürlich erst recht beim Springen. Hier zählt auch wieder die Sache mit dem Verstand. Nach dem Waschen, erst recht wenn Reiniger benutzt wird, kann man das Leben der Gabelsimmeringe auf einfache Weise sehr verlängern: dazu die Staubdichtungen an der Vordergabel entfernen, reinigen und mit dem Finger ein wenig Silikon- oder Teflonspray auf die Standrohre auftragen. Auf den Rohren ist normalerweise ein mikroskopischer Ölfilm der durchs Waschen entfernt werden kann und beim ersten Sprung kommt dann die Überraschung. Wenn die 295 mm Federweg komplett gebraucht werden, die Gabelstandrohre aber ohne Mikrofilm sind, kann man sich ja denken, daß die Simmerringe dieses nicht vertragen. Dazu muß ich sagen, genau das ist mir schon passiert. Erfahrung ist halt unbezahlbar. Auch der hintere Dämpfer sollte jedes Jahr einen Termin beim Dealer für einen Service haben. Auch wenn er noch dicht ist und du meinst das sei nicht nötig. Sonst kann das sehr teuer werden.
Ach ja, das Tolle an der KTM ist, daß sie ein direkt angelenktes Federbein hat. Es ist also nicht nötig nach jeder Fahrt im Schlamm die Umlenkung zu zerlegen, zu reinigen und zu fetten. Bei meiner Honda CR 250 meinte ich auch das würde nicht nötig sein, aber das wurde teuer. Manche meinen ein Fahrwerk mit Federbeinumlenkung würde sensibler ansprechen. Wer daran glaubt, bitte schön. Es ist nur wichtig bei der KTM den Renndurchhang richtig einzustellen. Das genau zu beschreiben würde auch zu weit führen. Die Luftfilter dürfen auch nicht zu lange benutzt werden, denn beim Reinigen weiten sich mit der Zeit die Poren des Filters und es könnte Schmutz in den Motor gelangen. Ich habe mir angewöhnt mindestens drei Filter im Jahr zu benutzen. Du solltest auch möglichst viele Schrauben mit Gewindekleber sichern, welche das sind, erfährt jeder im Laufe der Zeit selber. Ich habe mir auch noch angewöhnt die meisten wichtigen Schrauben oder Muttern mit einer weißen Markierung zu versehen. So kann ich auf den ersten Blick schon sehen, ob sich da was löst oder nicht. Auch die Speichen müssen unter harten Bedingungen öfter mal nachgestellt werden.
Alles in allem ist meine Kati ein pflegeleichtes Krad. Was unter extremen Bedingungen bewegt wird, braucht halt ein bißchen mehr Pflege. Meine anderen weichwuschel Enduros (nicht gleich aufregen) hatten nie viel zu leiden und brauchten kaum weniger Zuwendung.
Ein Paar Freunde und ich, haben uns einen Acker gepachtet um in unserer Nähe was zum Trainieren zu haben. Mal ehrlich, das ist doch besser als die arglosen Wanderer im Wald zu Tode zu erschrecken. Außerdem können wir so vielen Tieren ein Asyl gewähren, die auf den kultivierten Äckern ohne Deckung, nichts zu lachen haben. Wer jetzt meint, die armen Tiere erschrecken sich doch auch! Nee, nee, die haben sich da schon dran gewöhnt und sehen uns interessiert beim Fahren zu. Einer unserer Bahn-Mitbetreiber ist übrigens erfahrener Jäger, das sagt doch schon so einiges, oder? Unsere Nachbarn sind glücklicherweise auch sehr tolerant und dafür möchte ich mich hier auch noch bedanken. Wir sind aber auch der Meinung, daß wir es mit unserem Quantum an Training nicht übertreiben dürfen. Bei solch einem Miteinander ist selbst in unserem reglementierten Land noch so einiges möglich. Es muß halt jeder mal seine Scheuklappen beiseitelegen und die Wünsche der Anderen respektieren. Wir möchten halt einmal in der Woche Krach machen, dabei vergessen wir aber auch nicht, daß die Anderen auch mal Ruhe brauchen. Wenn einige wenige Endurofahrer, die durch die Wälder heizen, was im Prinzip ok ist, auf die Wanderer Rücksicht nehmen würden, würde ihnen so die eine oder andere Anzeige erspart bleiben. Als ich so was noch gemacht habe, habe ich die anderen „Waldfreunde” immer gegrüßt, denn wer mit der Hand winkt, kann keinen Vogel zeigen. Oder aber, wenn die Leute trotz allem wütend rumgefuchtelt haben, hielt ich kurz zu einem kleinen Schnack an. So konnten sie sehen, daß dieser Irre auf dem Motorrad ein Typ wie Du und ich war.
Falls Du einmal irgendwo ein paar Bekloppte mit Crossern über eine Bahn jagen siehst, geh doch mal zu einem kleinen Gespräch dort hin. Wir freuen uns wenn jemand für unser Hobby Interesse zeigt. Es gibt immer etwas Neues zu erleben. Und mit Glück kannst Du dort jemanden kennenlernen, der, wenn Du möchtest, Dich mal fahren lässt. Aber Vorsicht, Suchtgefahr!
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