aus Kradblatt-Ausgabe 4/24 von Mo (Moni) Kieselhorst

Endurofahren macht viel Spaß

Vorab etwas zu meiner Person. Ich bin Mo (60), aus Stuhr bei Bremen und mein Wachstum ist inzwischen geschrumpft auf 158 cm. Seit meinem 18. Lebensjahr fahre ich leidenschaftlich gerne Motorrad. 13 Jahre lang war ich auf Choppern unterwegs, mein erstes Moped war eine Honda CM 400 T. 

1994 war ich dann irgendwann bei Motorrad Lehne (damals Kawasaki in HB) und habe ohne vorherige Probefahrt mein erstes Rennbrötchen gekauft, eine Kawasaki ZXR 400. Irgendwann hat’s mit ihr auch klick gemacht und ab ging die Post! 

CBR 600 auf Korsika: inkl. Gepäck gestohlen
CBR 600 auf Korsika: inkl. Gepäck gestohlen

Meine wilde Heizer-Zeit ging dann weiter mit einer hübschen Honda CBR 600, die mir allerdings auf Korsika samt Gepäck gestohlen wurde. Die war gut versichert und es folgte 1998 eine CBR 900 Fireblade. Das war ’ne geile Zeit – und im Nachhi­nein betrachtet hab ich einfach Glück gehabt, nicht irgendwann morgens schwarz umrandet in der Zeitung gelandet zu sein. 

Als ich 2000 meinen Ex-Mann kennenlernte, der Enduro fuhr, folgte ein radikaler Umstieg auf Honda Transalp mit 50 PS. Unterm Strich war mir das aber viel zu lahm, so dass ich aufgrund anderer Outdoor-Hobbys ein paar Jahre auf anderen Zielen ganz ohne Moped unterwegs war. 

Ein guter Freund aus Loxstedt, den ich ein paar Jahre aus den Augen verloren hatte, schleppte mich nach meiner Scheidung Anfang Januar 2014 mit auf das „Frühlingserwachen“ nach Rodenkirchen, ich solle mir doch mal die kleine BMW anschauen. Gemeint war damit die F 800 GS. Ich sagte noch: „wenn ich in meinem Leben je wieder Motorrad fahre, dann ganz bestimmt keine BMW!“ 

Tja, was stört mich mein Geschwätz von gestern! Angeschaut, raufgekrabbelt und vom ersten Moment an schockverliebt in das Bike in calamati-­braun. Aber die Sitzhöhe? Ich mit meinen kurzen Kackstelzen bekam man gerade so den großen Zeh auf den Boden mit nur einer Arschbacke auf der Sitzbank. Mir wurde aber erzählt, es gibt einen Tieferlegungssatz und eine tiefe Sitzbank!? So, so – eigentlich war die Entscheidung hier schon längst gefallen.

Im Februar, im strömenden Regen, dann Probefahrt. Das Gefühl, nach 10 Jahren wieder Moped zu fahren war einfach unbeschreiblich! Das Anhalten war aber echt tricky, doch dank meiner langjährigen Erfahrung ging es mit etwas Gewackel doch ganz gut, auch wenn der Verkäufer bei meiner Rückkehr ein wenig das P in den Augen und Angst um seinen Vorführer hatte. Schlussendlich kam aber der Daumen hoch für meinen Mut, es einfach zu probieren. 

Probefahrt mit einer GASGAS
Probefahrt mit einer GASGAS

Meine neue Liebe kam Anfang April samt Tieferlegung zu mir in die Garage und wir waren schon nach kurzer Zeit unzertrennlich. Es folgten Urlaube in Norwegen und Italien (nur onroad) und wir waren stets gut miteinander unterwegs. Irgendwann wurde mein Abenteuer-Drang jedoch immer größer.

2016 sollte es dann nach Südamerika gehen. Eine geführte Tour mit Verschiffung des eigenen Bikes und die Tante ohne jegliche Offroad-Erfahrung. Prost Mahlzeit, was hatte ich denn da wieder gebucht? Gott sei Dank hatte ich ein Jahr Vorlaufzeit!

Kurzentschlossen hatte ich mich zunächst für ein Enduro-Offroad-Training beim ADAC in Lüneburg angemeldet. Puh … mein erster Einsatz auf unbefestigten Wegen, noch mit Straßenbereifung, weil Stollen nicht vorgeschrieben waren. So ganz geheuer war mir das nicht. Was für Leute machen da mit, sind die besser als ich, kann ich das überhaupt, was ist, wenn ich stürze … Fragen über Fragen.

Der Trainer beim ADAC war super und hat das Anfängertraining total klasse geleitet. Langsames ranpirschen an die Bodenverhältnisse (Frühtau und feucht), Bremsübungen mit und ohne ABS auf der Wiese, das Bike auf Waldboden zwischen Bäumen jonglieren, leichte Auf- und Abfahrten auf Schotter usw. Die Sandpassagen habe ich aufgrund der Reifen aber doch ausgelassen, hab’ mich einfach nicht getraut! Das war ein mega anstrengender Tag und hat tierisch Spaß gemacht und Lust auf mehr! Und meine Zweifel, ob die Männer nun besser sind oder nicht, kann ich nur so beschreiben: alle hatten genauso Lampenfieber wie ich und alle hatten nach kurzer Zeit Spaß auf losem Untergrund. Die anfängliche Unsicherheit war ganz schnell verflogen (learning by doing). Am Ende des Tages standen wir alle da – mit breitem Grinsen bis in die Abendstunden. 

Mit der BMW F800 GS in Chile
Mit der BMW F800 GS in Chile

Wochen später habe ich die Reifen auf Heidenau K60 Scout gewechselt und den Kurs für Fortgeschrittene gebucht. Fortgeschritten im Sinne von „Anfänger-Kurs belegt, die Skills ein wenig erweitert“. Danach noch einen ADAC-Offroad-Tag mit der KTM-Freeride gebucht (106 kg im Gelände lassen sich so einfach wie ein Damenfahrrad bewegen) und je mehr Erfahrung, um so mehr Begeisterung für das Offroad-Fahren war geboren.

Meine Südamerika-Reise mit der BMW ging dann Mitte Februar 2016 über fünf Wochen durch Chile, Bolivien und Peru. Auf den knapp 7.000 km waren wir zu 80 % auf Schotterpisten unterwegs, manchmal etwa Sand, aber niemals ganz schwierig und für meine Fahrkünste immer im grünen Bereich. Da hat mich die Höhe in den Anden bei knapp unterhalb von 5.000 Höhenmetern doch mehr an meine Grenzen gebracht als der Untergrund.

Für den Spaß kam Monate später noch ein kleines Spielzeug hinzu. Mit der KTM-Freeride habe ich im Hoope Park zwei Kurse belegt. Bei jedem Training lernt man halt dazu …

2018 folgte damit eine geführte Offroad-Tour im Friaul, die mich wirklich manches Mal richtig gefordert hat, nicht nur konditionell. Dank meiner kurzen Beine bin ich dann in diesen 5 Fahr-Tagen mehrfach und nahezu im Stand umgekippt, Kraft weg und irgendwann wollte der Kopf auch nicht mehr.

Im Oktober 2019 kam noch eine Offroad-Tour nach Namibia mit einem Leihmoped (Yamaha XT 660 R) dazu; auch ein wahnsinniges Erlebnis. Hier waren schon deutlich mehr Sand-Etappen eingebaut. Geschwindigkeit stabilisiert – man muss sich nur trauen, am rechten Handgelenk zu ziehen und den Kopf dabei auszuschalten. Wenn das gelingt, fährt man quasi wie auf Schienen. 

Endurotraining mit der Africa Twin
Endurotraining mit der Africa Twin

Seit 2020 fahre ich nun eine Honda Africa Twin 1000 mit DTC-Getriebe (ohne Tieferlegung). Durch die tiefe Sitzbank komme ich mit einem Fuß auf den Boden. Zum Anhalten scanne ich den genauen Haltepunkt stets vorab, weil sonst … bautz. Bei einer Fahrleistung von ca. 15.000 km pro Jahr ist das in Fleisch und Blut übergegangen und ich bin bislang (glaubt es oder nicht) noch nicht einmal auf der Straße umgekippt. Die kleinen Pannen im Gelände, wo es mich öfters leicht auf die Nase gelegt hat, sind natürlich nicht eingerechnet. Egal, auf Abwegen ist es eh besser, nicht ohne Begleitung unterwegs zu sein!

Kleiner Umfaller - Offroad kein Thema
Kleiner Umfaller – Offroad kein Thema

2022 bin ich mit der Africa Twin nach Albanien und retour gefahren und habe hier und da immer mal wieder leichte Offroad-Passagen gemeistert. Unterm Strich ist sie mir mit ihren 245 kg deutlich zu schwer (zumindest offroad). Eine spaßige Wieder-Aufstell-Übung war leider erfolglos, aber vielleicht lag’s auch an den 3 Bierchen und meinen Badeschlappen auf dem Campingplatz.

Meine KTM Freeride habe ich inzwischen gegen eine Honda CRF 250 getauscht, mit der ich Ende September in den Pyrenäen unterwegs war. Sie hat nur 23 PS, aber wenn sie auf Drehzahl gehalten wird, krabbelt die Kleine überall mit mir hin und macht richtig Gaudi. 

Wenn ich auf Social Media von meiner Erfahrung mit der Africa Twin berichte, werde ich von der Männerwelt oft belächelt (die mich live im Übrigen noch nie erlebt haben), ich solle mir doch mal ein Moped kaufen, das zu meiner Größe passt. 

Jungs, dazu kann ich nur sagen: Macht es erst mal besser und bewegt euer Moped mal so, wie ich kleine Frau es mache und dann das Ganze bitte noch einmal von vorne! Vorurteile gibt es in der Szene genug und manche sind mit dem Mund einfach besser unterwegs. Mit Sicherheit bin ich kein Profi, aber ich kann mit meinen Mopeds schon recht gut umgehen, auch wenn das Rangieren immer etwas schwerfällig aussieht und ich dafür absteigen muss. 

Mit der Honda CRF 250 L in den Pyrenäen
Mit der Honda CRF 250 L in den Pyrenäen

Da ich als Single urlaubstechnisch öfter alleine reise, suche ich mir vor Ort gerne neue Leute für Offroad-Etappen. Ich werde zunächst stets abschätzig gescannt und rede mir den Mund fusselig, damit ich mit „darf“ (manchmal auch nicht). Ich glaube, die Jungs haben einfach Angst, dass Frauen die Truppe ausbremsen. Hab’ schon mal überlegt, ein Bewerbungs-Video mitzunehmen, das spart dann die anfänglichen Diskussionen. Endlich unbefestigt unterwegs, lässt die Anerkennung aber nicht lange auf sich warten! 

Und nun ein Tipp an die Mädels: Traut euch einfach was zu, macht Fahrtrainings, Kurventrainingss, Bremstraining, Offroad-Kurse! Es gibt auch reine Frauenkurse. Blamieren könnt ihr euch gar nicht. Und vor allem: lasst euch nicht Bange machen von denen, die es auch nicht können! Denn die, die es können, die stehen euch mit Rat und Tat immer beiseite und feuern dich an, anstatt dich runterzumachen. Jede Wette! In diesem Sinne: oben bleiben und habt Spaß!