aus bma 11/04

von Claus Föste

Kawasaki ZRX 1200 SBegonnen hat das Ganze damit, daß mein jüngster Sohn im August 2001 seinen Motorradführerschein angefangen hatte. Meine Frau selbst fährt seit sechs Jahren ganzjährig eine CB 500 und ich seit neun Jahren eine alte, gut gepflegte 750 Bol d’Or F2 Baujahr 82. Im Fall, daß mein Sprößling den Führerschein besteht, sollte er die alte 750er Honda (natürlich nur gedrosselt) bekommen. Für mich hatte ich noch nicht das Richtige gefunden, ich hatte so meine Vorstellungen: wassergekühlt sollte sie sein, wenn möglich mit Katalysator, sportlich usw. Für meine Größe natürlich passend (bin 195 cm groß).
Mein Sohn wurde entweder von meiner Frau, oder von mir zur Fahrschule gebracht, wenn Fahrstunden anstanden. Der Fahrschullehrer hatte seine Garage mit den Motorrädern direkt hinter einem Kawa-Händler, so hatte ich Zeit, wenn die Fahrstunde meines Sohnes etwas länger dauerte, einige Kawasakis mal genauer anzusehen. Mir gefiel die ZX-12R ganz gut, aber die war mir dann doch zu teuer. Ganze 26.000 DM sollte das gute Stück kosten. Daneben stand die ZRX 1200 S in grau-schwarz. Die hatte ich immer übersehen und sie wurde auch noch zu einem Super-Hammerpreis von 15.900 DM (Listenpreis 18.700 DM) angeboten. Bei genauerem Hinsehen gefiel mir die ZRX mit der Zeit immer mehr.

 

Also, ich nichts wie hin und Klaus, (so heißt der Kawa-Händler mit Vornamen) und ihn gleich überfallen mit: „Die will ich haben. Die Maschine im Fenster zu dem Hammerpreis ist meine!” Der guckte mich an, als wenn die Kuh das Donnern hört und sagte: „Tja Pech gehabt, die ist schon weg, hab ich gerade am Samstag verkauft.” Oh shit, was nun? Nochmal alles überlegt, anschließend zur Pulverkammer (Bank) gefahren und draufgeguckt ob überhaupt noch so viel Bares zur Verfügung stand – jau gute Aussichten. Also wieder hin zum Kläusle und ihm gesagt: „Ich gebe keine in Zahlung und zahl sofort bar. Nu mach mal!” Das Kläusle hat sich auch nicht lumpen lassen, aber leider nicht für 15.900 DM (schade), aber wir sind uns trotzdem handelseinig geworden. Eine Blaue sollte es sein. Fahrbericht und Testheft 11/2001 hatte ich mir von der Tanke geholt, und prompt war auch ein Vergleich zwischen der Susi 1200 Bandit und meiner ZRX in dem Bericht abgedruckt. Die Kawa hatte dabei etwas besser als die Bandit abgeschnitten und so hatte ich ein gutes Gefühl.
Kawasaki ZRX 1200 SAm 1.02.02 war es dann soweit, daß ich sie abholen konnte, mit einer roten Nummer natürlich, und es wurde erst einmal bei trockenem Wetter bei nur 3°C Außentemperatur (in der Richtung ist man ja hart mit sich selbst) rumgekurvt. Fahrverhalten, Kurvenlage, Anzug (wow), alles mal angetestet. Das war ein himmelweiter Unterschied zu meiner „alten” Honda, keine Frage. Ich muß sagen, zuerst hatte ich doch ziemlich Schiß (ehrlich), die Maschine hatte mich zuerst voll im Griff (Schei…), aber nach einiger Zeit habe ich den Spieß dann umgedreht und hab ihr mal gezeigt, wo Clausi den Sprit holt. Es war tatsächlich eine Umstellung, meine alte Honda war halt eben eine etwas ältere Dame, die in die Jahre gekommen war. Die wäre jetzt genau richtig für Fahranfänger, also für meinen Sohnemann, der die Prüfung auch auf Anhieb bestanden hatte.
Mittlerweile hatte ich mit meiner Kawa ca. 4500 km abgerissen, nicht ganz viel, aber ich fahre nur ungern bei Regen bzw. bei schlechtem Wetter. Soll nicht heißen das ich grundsätzlich nicht bei Regen fahre, nee, aber das ewige Visier freiwischen bei Regen, weil man nichts mehr sieht, das muß ich nicht unbedingt haben. Außerdem war das Jahr 2002 wettermäßig recht bescheiden.
Mit der Zeit hatte ich bei meiner Maschine festgestellt, daß meine Kupplung auf den letzten Punkt kommt. Daraufhin habe ich das Rädchen für die Bowdenzug-Vorspannung, das sich am Kupplungsgriff befindet, mehrfach verstellt, aber es ist nichts besser geworden. Ab zum Klaus, und gefragt ob das normal ist. Man muß ja rumnerven, ist ja noch alles Garantie. Der hat sich das angesehen und gemeint, da kann man nichts nachstellen, da es sich um eine hydraulische Kupplung handelt. Dafür ist ja das Handrädchen am Kupplungshebel da, meinte er. Toll, das weiß ich auch, aber das hilft mir nicht weiter, bei Stop and Go (Stau) fängt die Maschine beim Loslassen der Kupplung (letzten Punkt) das Ruckeln an und das nervt. Seine Mechaniker sind selbst Probe gefahren, konnten aber angeblich nichts finden, was Anlaß zur Sorge gegeben hätte.
Mit der Zeit fängt man an, die Maschine hier und da optisch zu verschönern, sprich: blaue Schrauben, Kettenschutz aus lasergeschnittenem Alu mit „ZRX” drauf, Bremsflüssigkeitsbehälter in blau, neue Fußrasten hinten und vorne in blau usw. Das geht natürlich ins Geld und kann nur Stück für Stück passieren. Außerdem sollte es auch nicht kitschig aussehen, sondern optisch etwas hermachen.
Kawasaki ZRX 1200 SAls Krönung habe ich mir dann eine Tourenscheibe von MRA bestellt. Diese war nicht ganz billig und die Lieferzeit betrug fast sechs Wochen, aber das war mir egal. Endlich im Juni kam die heiß ersehnte Scheibe an und wurde von mir sogleich angebaut. Denkbar einfach und ohne Komplikationen. Doch was war das? Da wo die Scheibe zum Scheinwerfer spitz zuläuft, stand sie ca. 5 mm ab. Ich hab sie dann nochmals wieder abgebaut und nachgesehen ob ich vielleicht einen Fehler gemacht hatte. Oder hatte ich etwas übersehen, nein alles O.K. Also die Scheibe wieder angebaut und: das Gleiche in grün. Überstand 5mm, Schei… Also egal, erst mal fahren und sehen ob sich die Ausgabe gelohnt hat. Jau, das ist es, der Fahrtwind war jetzt erträglicher und man konnte auch mal über 160 km/h fahren ohne das einem gleich der Kopf abbricht.
Im August mußte ich nach Bremen, da mein Jüngster bald Geburtstag hatte und ich ihm für die Honda neue Heizgriffe schenken wollte. Tja, da fährt man schon mal etwas schneller, wenn die Bahn frei ist. Erst ist es mir nicht einmal aufgefallen, aber als ich mit meinem zweirädrigen Schätzchen zur Arbeit fuhr und diese dann abstellte, fiel mir im vorbeigehen auf, daß meine Verkleidung an den unteren Schrauben, womit die Scheibe gehalten wird, gebrochen war. An beiden Seiten genau gleich groß. Au man, dachte ich, das kann doch wohl nicht wahr sein, wie kommt denn das? Der Tag war für mich erst mal gelaufen (hatte sooo einen Hals), das kann man sich bestimmt vorstellen.
Ich bin erst einmal zum Kawa Händler gefahren und habe ihm die Misere gezeigt. Der hat ziemlich erstaunt geguckt und meinte, er hätte schon einige Scheiben von MRA angebaut, aber so etwas hätte er noch nicht gesehen, oder gehabt. Was sollte ich nun machen? Ich bin aus Frust erst mal damit herumgefahren, da das Wetter zum Fahren einlud und ich das gute Wetter mit meiner Frau ausnutzen wollte. Die alte Scheibe wollte ich nicht wieder anbauen, da ich befürchten mußte, das dadurch der Schaden noch größer werden würde. Ich dachte ständig über die Scheibe nach, irgendwie fühlte ich mich etwas mulmig, konnte ja sein, daß ich die Scheibe doch verkehrt angebaut und somit selbst Schuld hatte. Aber der Einbau war denkbar einfach, da konnte man einfach nichts falsch machen.
Kawasaki ZRX 1200 SIrgendwann habe ich dann den Entschluß gefaßt, mitte November 2002 über das Internet die Firma MRA anzumailen. Hierzu habe ich mit meiner Digital-Kamera Aufnahmen der Bruchstellen gemacht sowie auch den 5 mm Überstand abgelichtet und einen wohl überlegten Text dazu geschrieben, wodurch es passiert sein könnte usw. Also irgendwie hatte ich mich schon auf Ärger eingestellt (eventuell Anwalt). Ich dachte mir, das geht bestimmt nicht ohne ab. So, die Mail wurde abgeschickt, und nach vier Tagen kam eine Antwort von MRA, von einer Sachbearbeiterin Frau Seidel: „So etwas würde Sie das erste Mal hören.” Sie hätten schon viele von ihren Scheiben verkauft, aber das wäre neu. Sie machte den Vorschlag, die Scheibe über einen Paketdienst kostenlos abholen zu lassen zur Begutachtung.
Gesagt getan, die Scheibe habe ich dann abgebaut, und dem Paketdienst gegen eine Quittung übergeben und fertig. Nach weiteren vier Tagen kam eine neue Mail, worin stand: „Wir haben festgestellt, daß Ihre Scheibe zu breit ist und somit wahrscheinlich die Verkleidung beschädigt hat! Bitte besorgen Sie sich auf unsere Kosten eine neue und schicken Sie uns die Rechnung! Die defekte Verkleidung lassen wir dann wieder kostenlos über einen Paketdienst wie gewohnt abholen!” Peng, ich war geplättet über das Ergebnis, das könnt Ihr mir glauben. Ich hatte mich, wie gesagt, schon auf Ärger eingestellt. Aber das es so gut ablaufen würde, hätte ich nicht erwartet. Daraufhin habe ich erneut eine Mail hingeschickt und mich bedankt. Als Antwort kam dann: „Wir möchten nur zufriedene Kunden, das ist für uns das wichtigste.” Top, kann ich da nur sagen, wenn alle Firmen so korrekt handeln würden, (vorausgesetzt die Mängel sind berechtigt), gäbe es weniger Zoff und Anwaltskosten.
Ansonsten habe ich, bis auf die Kupplung, nur den Seitenständer zu bemängeln. Einen Hauptständer haben die in der Kawa Designerabteilung wohl vergessen. So war ich gezwungen eine Aufbockvorrichtung zu kaufen, damit ich wenigstens die Kette mal fetten konnte. Ansonsten bin ich spitzenmäßig zufrieden und es gibt immer wieder etwas Neues zu entdecken und anzuschrauben. Sie ist für große Menschen und lange Strecken ideal in der Sitzhaltung und wenn man eine vernünftige Fahrweise an den Tag legt, kommt man mit fünf bis sechs Litern auf 100 km gut hin. Klar, es gibt immer bessere Maschinen als meine, aber man kann nicht alles haben.
Ich bin mit meiner Maschine sehr zufrieden, das muß ich hier nochmals betonen und das ist das Wichtigste. Leider hatte meine Frau bis heute noch keine Gelegenheit mit meiner Kawa zu fahren, aber Sie sagt: „Das kommt noch, wart’s ab!”