aus bma 8/12
von Peter Utikal

Kawasaki-ZRX1200S-100000km_tachoAm 9. Juni 2012 war es endlich so weit, auf einer gemeinsamen Tour mit meinen langjährigen Motorradkollegen nach Ostfriesland hat meine ZRX die ersten 100.000 km überschritten.

Aber der Reihe nach…

Nach einer Probefahrt im Frühjahr 2001 mit einem Fahrzeug dieses Typs habe ich am 15. November 2001 die ZRX bei dem im Juli 2008 leider zu früh verstorbenen Kawasaki Vertragshändler Klaus Kiebitz in Wildeshausen zum für mich interessanten Preis von 15.000 DM (ca. 7.500 Euro) gekauft. In diesem Preis war eine erste kostenlose Inspektion bei 1.000 km enthalten. Das Motorrad hatte eine einmonatige Zulassung auf Kawasaki Deutschland. Sie hatte bis zum Zeitpunkt des Kaufes jedoch noch nicht gelaufen – lt. Klaus Kiebitz war der Motor zum Kaufdatum noch nicht einmal mit Öl befüllt. Sie war also nagelneu.

Die ZRX lief während der gesamten Zeit bis heute überwiegend problemlos. Ich bin mit ihr nie wegen technischer Defekte oder Störungen liegengeblieben und habe immer mit eigener Kraft wieder die heimatliche Garage erreicht.

Wenn ich die Kawa bewege, wird sie ca. 10 bis 20 km warm gefahren, d.h. mit einer maximalen Drehzahl von ca. 3.500 U/min. Danach zeigt die Temperaturanzeige am Öleinfüllstutzen ca. 50 – 60 Grad. Die anschließenden Touren waren und sind dann in der Regel länger als 100 km. Kurzstrecken hat meine ZRX fast nie über sich ergehen lassen müssen. Vielleicht ist der Grund dafür, dass sich der Motor in einem nach wie vor guten technischen Zustand befindet.

Im normalen Fahrbetrieb auf Land- und Bundesstraßen bewegen sich die Drehzahlen zwischen 3000 und 5000 U/min. In diesem Bereich ist trotz der langen Gesamtübersetzung bereits ein guter und eigentlich ausreichender Durchzug vorhanden. Wenn es, speziell in kurvigen und bergigen Gegenden, doch noch zügiger vorwärts gehen soll, ist der 4. Gang die richtige Wahl. Der reicht im übrigen bei Bedarf bis weit über 200 km/h.

Peter und seine Kawasaki ZRX 1200 SBei den Fahrten ist es mir auf meinen Hausstrecken und selbst in den Alpen, Eifel, Harz und Erzgebirge nie gelungen, die an den Fußrasten angeschraubten „Angstnippel” anzuschleifen – d.h., die gebotene Schräglagenfreiheit ist für Normalfahrer mehr als ausreichend.

Das Fahrwerk lässt sich dank der Möglichkeiten, die Zug- und Druckstufe und die Federvorspannung sowohl an der Telegabel als auch an den Federbeinen einzustellen, auf den persönlichen Geschmack bzw. die speziellen Anforderungen abstimmen. Ich habe auch mehrfach hin und her experimentiert, bin dann aber immer wieder auf die im Handbuch genannten Werte unter Berücksichtigung meines Gewichtes zurückgekehrt.

Die Maschine ist – auch für mich als „Schwergewicht” – recht gut zum Reisen geeignet. Die Sitzposition ist selbst auf längeren Strecken bequem, der Windschutz mit der Serienscheibe auch bei höheren Geschwindigkeiten bis ca. 160 km/h akzeptabel. Man fährt ja nicht ständig mit über 200 km/h auf der Bahn durch die Gegend. Für zwei gewichtige bzw. groß gewachsene Personen ist die ZRX jedoch nicht geeignet. Die Sitzbank ist einfach zu kurz. Mein Sohn (1,86 Meter groß) wusste nicht, wo er seine langen Beine lassen sollte.

Kawasaki ZRX 1200 S am FichtelbergVon der maximalen Zuladung wollen wir lieber nicht sprechen. Diese ist für eine Maschine dieses Kalibers nach meiner Einschätzung viel zu gering. Mit einer 60 kg Frau als Sozius macht das Fahren jedoch viel Spaß, da diese Zuladung sich kaum auf die Fahreigenschaften auswirkt. Mit wenig Aufwand lässt sich eine Gepäckrolle auf dem Beifahrerplatz mit Spanngurten an den vorhandenen Verzurrpunkten (Stoßdämpfer und Gepäckträger) problemlos und sicher befestigen. Ein Topcase schafft zusätzlichen Stauraum, führt jedoch auch mit den aktuell aufgezogenen Michelin Pilot Road 3 (siehe Reifenbewertung) zu leichtem Shimmy, so dass ich nach Möglichkeit auf diesen zusätzlichen Stauraum, speziell auf längeren Strecken, verzichte.

Die weitesten Reiseziele, von Wildeshausen aus betrachtet, waren im Laufe der letzten 10 Jahre im Norden die Holsteinische Schweiz und die Ostseeküste. Im Süden Norditalien, im Osten das westliche Polen und im Westen die Benelux-Staaten und Frankreich. Obwohl das keine Riesenentfernungen waren, sind auch so inzwischen mehr als 100.000 km zusammen gekommen.

Folgende Verbräuche habe ich bei den unterschiedlichen Anforderungen ermittelt:

  • ca. 4,5 Liter/100 km (gemütlich in den Alpen),
  • ca. 5,5 bis 6,5 Liter/100 km auf Land- und Bundesstraßen,
  • ca. 7,5 Liter/100 km auf der Autobahn bis max. ca. 160 km/h,
  • ca. 10,0 Liter/100 km bei überwiegend Vollgas auf der Autobahn

Die Spitzengeschwindigkeit mit Serienübersetzung beträgt lt. Drehzahlmesser ca. 8.500 U/min = Tacho 260 km/h. Diese Leistung habe ich dem alten Schätzchen jedoch schon lange nicht mehr abgefordert.

Inspektionen (Schwerpunkt Ventilspiel einstellen und Vergaser synchronisieren) habe ich alle 12.000 km bei Klaus Kiebitz bzw. später bei seinem Nachfolger Ralf Oehlerking in Wildeshausen in der Kawa-Werkstatt zu meiner Zufriedenheit durchführen lassen. Die Kosten hierfür hielten sich in akzeptablem Rahmen (ca. 150 bis 300 Euro, je nach Umfang der Arbeiten), zumal wenn ich höre, welche Rechnungen den in meiner Truppe fahrenden BMW-Fahrern für Inspektionen präsentiert werden. Ölwechsel und Filterwechsel mit ausschließlich mineralischem Motor­­öl wurden ebenfalls alle 12.000 km überwiegend in Eigenleistung erledigt. Motoröl musste zwischen den 12.000 km Inspektionsintervallen bis heute nur selten (wenn überhaupt, dann nur nach längeren Autobahnfahrten) nachgefüllt werden.

Wegen der Versicherung mit Saisonkennzeichen – März bis Oktober – wurde bei der Stillegung regelmäßig die Batterie ausgebaut und die Schwimmerkammern der Vergaser entleert. Das hat sicher mit dazu beigetragen, dass ich die Vergaser bisher nicht aufwendig reinigen musste. Vorsorglich wird einmal im Jahr Vergaserreiniger dem Benzin beigemischt.

Meine ZRX befindet sich überwiegend im Serienzustand. Die Änderungen umfassen lediglich einen Edelstahlkettenschutz, Heizgriffe, Öltemperaturmessgerät und Topcasehalterung.

Reifenbewertung:

  • Bridgestone BT 020 (Originalbereifung), Lebensdauer ca. 7.500 km
  • Metzeler Z 6, Lebensdauer ca. 11.000 km, kann ich empfehlen
  • Michelin Power, Lebensdauer ca. 7.000 km, dieser Sportreifen ist für die ZRX nicht notwendig, ich konnte das Potential dieses Reifens nie ausreizen.
  • Michelin Road 2, Lebensdauer ca. 12.000 km, kann ich sehr empfehlen
  • Michelin Road 3, kann ich nach nunmehr ca. 2.500 km sehr empfehlen. Als sehr positiver Effekt ist zu vermerken, dass der Shimmy zwischen 60 und 90 km/h verschwunden ist, welcher mit allen anderen vorher gefahrenen Reifen mehr oder weniger stark vorhanden war. Die Lebensdauer kann derzeit noch nicht beurteilt werden, da ich die Road 3 zum ersten Mal fahre und der Einbau erst bei ca. 98.000 km erfolgte.

Reparaturen und Störungen:

  • 40.540 km: Heizgriffe nachgerüstet,40 Euro
  • 62.580 km: Simmering Schaltwelle er­neuert
  • 72.700 km: Reifenpanne hinten, repariert mit „Pilz“ von Tip Top
  • 72.920 km: Gabelöl vorne erneuert
  • 74.405 km: Tachowelle erneuert, 12 Euro
  • 74.650 km: Filter für Vergaserheizung gereinigt (war voll mit schwarzen Ablagerungen)
  • 76.143 km: Lenkkopflager erneuert, 115 Euro
  • 77.952 km: Bremsbeläge hinten das erste mal erneuert
  • 83.792 km: vorsorgliche Erneuerung der Nockenwellen-Steuerkette sowie der Kette von der Lichtmaschine zum Anlasser, 200 Euro
  • 85.817 km: neue Batterie, 50 Euro

Fußrasten-Gummi abgenutztDie Radlager, Dichtungsringe der Telegabel sowie Ruckdämpfer im Hinterrad mussten bisher noch nicht ausgetauscht werden. Beide Bremsscheiben vorne sind inzwischen an der Verschleißgrenze angelangt, d.h. sie müssen vor dem nächsten TÜV erneuert werden. Wenn ich die ZRX weiter fahre, wird das ein teures „Vergnügen”.

Die Lebensdauer der Antriebsketten betrug ca. 20 – 25.000 km, wobei ich für die Schmierung die besten Erfahrungen mit dem HKS-Kettenspray gemacht habe. Bei trockenen Fahrbahnen ist eine Nachschmierung erst nach ca. 1.000 km erforderlich. Da keine Endlosketten wegen der schicken und äußerst stabilen Alu-Schwinge montiert werden können, habe ich diese Arbeiten immer durch meine Kawa-Werkstatt erledigen lassen, weil die offenen Ketten sicher vernietet werden müssen.

Die Bremsbeläge vorne halten nur ca. 15.000 km und sind, wenn Original-Kawa-Beläge zum Einsatz kommen, recht teuer (ca. 115 Euro). Mit den Kawa-Belägen bremst die ZRX jedoch am besten.

Die Zündkerzen wurden ca. alle 20.000 km erneuert. Bei km-Stand 96.125 habe ich zum ersten Mal NGK-Iridium-Kerzen eingebaut. Ich meine, dass sie damit noch besser und runder läuft.

Kawasaki ZRX 1200 S noch für viele Kilometer gut...Insgesamt wurden bisher 12 Scheinwerferbirnen verbraucht. Das Licht aus den Doppelscheinwerfern ist dafür allerdings richtig hell. Da kann man auch nachts flott fahren.

Und wie geht es mit meiner Kawasaki ZRX 1200 S weiter? Vielleicht versuche ich, auch die 200.000 km mit ihr zu erreichen?! Oder gönne ich mir in meinem nicht mehr ganz jugendlichen Alter noch mal eine „Neue“?

Ich werde in den nächsten Wochen mal einige Modelle probefahren, z.B. Kawasaki Versys 1000, Triumph Tiger Explorer, Honda Crosstourer. Die ZRX werde ich aber wohl behalten, einer meiner Söhne will in absehbarer Zeit den Motorradführerschein nachholen und dann könnte er mit der ZRX das Motorrad fahren lernen.

Ach ja, in diesem Jahr bin ich 40 Jahre auf Motorrädern unterwegs, angefangen hat alles 1972 mit einer neuen Honda CB 250, dann gönnte ich mir eine gebrauchte Honda CB 750, mit der ich jedoch nach einem halben Monat einen schweren Unfall hatte. Nach Abschluss der langwierigen Genesung kam eine Suzuki GT 250, die anschließende Honda CX 500 sowie eine Kawasaki Z 750 (4-Zylinder mit Luftkühlung) habe ich jeweils über 100.000 km getrieben, vor der ZRX fuhr ich dann noch eine Suzuki SV 650.

Ich wünsche allen Bikern immer ausreichend viel Grip bietenden Asphalt unter den Rädern und allzeit eine gute unfallfreie Fahrt.