Kawasaki Z750 1983 beim ZeltenViele Motorradfahrer wechseln alle paar Jahre die Maschine. Rainer seine Kawasaki Z 750 ist aber schon seit über 30 Jahren im Familienbesitz. Alte Liebe rostet nicht …

aus Kradblatt 11/15
von Rainer Miehe

Kawasaki Z 750 Bj. 1982 – Alte Liebe rostet nicht…

Kawasaki Z750 1983 beim ZeltenJa, jetzt sitze ich hier und soll auf Bitten des Kradblatt-Herausgebers etwas über meine Kawasaki Z 750 aus dem Baujahr 1982 schreiben. Marcus meint, es wäre schon etwas Besonderes, so ein Motorrad als Erstbesitzer immer noch aktiv zu fahren. Wie dem auch sei, so eine Langzeitbeziehung hat schon was. Aber beginnen wir im Jahre 1982, als alles begann.

Ich war Student und wie immer chronisch pleite. Aber ein Motorrad sollte her. Also bei Polo Motorrad in Bremen im Shop gearbeitet, auf dem Schlachthof in den Semesterferien und an Autos und Motorräder geschraubt – irgendwie musste die Kohle ja zusammen kommen.

Dann sah ich sie: Eine nagelneue Z 750L zu einem Kampfpreis, da sie ein Vorjahresmodell war. Lockere 77 PS, eine hässliche aber bequeme Sitzbank für den 2-Personen Betrieb, ein vernünftiger Lenker … was willst du mehr! Nach kurzem Überlegen gab es kein Halten mehr. Sie sollte es sein und keine andere. Ich konnte sie bezahlen, ohne Schulden machen zu müssen und die Versicherung war noch finanzierbar in der damaligen Zeit, als 100 PS Motorräder 1000 DM Versicherung pro Jahr kosteten. Es folgten in den darauffolgenden Jahren Touren im Weserbergland, in die Eifel, an den Rhein, die Mosel usw. Hinter der 900 Bolle von meinem Kumpel Dedi kam sie im Windschatten auf der Bahn immer gut mit, allerdings musste ich meinen Kumpel Frank auf seiner GPZ 750 Turbo dann doch auf den Geraden ziehen lassen.

Kawasaki Z750 1984 voellig ueberladen auf dem Weg nach Griechenland1984 dann ein großer Zelturlaub über Italien nach Griechenland mit meiner Freundin (heute die beste Ehefrau der Welt). Völlig überladen mit Koffern und „Bremer Müllsäcken“ als zusätzlichem Stauraum ging es los und vier Wochen später waren wir nach einer Traumrund­reise in Griechenland wieder zu Hause angelangt. Ohne Probleme hatten wir in dem Urlaub 5000 km abgespult. Wahnsinn für damalige Verhältnisse.

Überhaupt hat sie in den letzten 32 Jahren Straßen in Dänemark, Tschechien, Österreich, Italien, Schweiz, Frankreich, Belgien, Luxemburg und natürlich wie beschrieben in Griechenland bereist und zwar ohne größere Probleme.

Kawasaki Z750 1985 FehmarnEine Werkstatt hat sie dabei eigentlich nie von innen gesehen. Alle Wartungen und Reparaturen führe ich in meinem „Schrauberschuppen“ selber durch. Man braucht kein Spezialwerkzeug für die normalen Dinge. Ein Knarrenkasten ½-Zoll, ein Knarrenkasten ¼-Zoll, Ring- und Maulschlüssel, Schraubendreher, ein paar Zangen und das reicht. In den ersten Jahren wurde sie natürlich auch ein wenig umgebaut. Eine Cockpitverkleidung mit eckigem Scheinwerfer von einer GPZ 550 wurde verbaut. Es folgten Koni Federbeine, härtere Gabelfedern usw.
1995 war bei gut 65000 km eine Motorrevision fällig. Neue Kolben mit erstem Übermaß, neue Steuer- und Primärkette, neue Pleuel­lager usw. waren einfach fällig. Der Motor war Weihnachten wieder einbaubereit und am zweiten Weihnachtstag (ich kann diese ewige Rederei und die permanente Fresserei mit der versammelten Familie einfach nicht lange aushalten) habe ich den Motor wieder eingebaut und zum Laufen gebracht.

Kawasaki Z750 1986 auf dem Weg zum RheinIrgendwann konnte ich die Originalfarbe „Silber“ nicht mehr sehen und so wurde sie auf ein Grünmetallic mit dazu passenden Streifen im „Originallook“ neu gelackt. Optisch hat sie sich seit 1997 nicht mehr groß verändert.
Im Laufe der kommenden Jahre ging mir dann doch ein wenig das Wackeln bei höheren Geschwindigkeiten auf der Bahn auf die Nerven. Die Schwinge erhielt Emil Schwarz Lager und die Gabel härtere Gabelfedern. Das verbesserte das Fahrwerk schon deutlich, aber noch heute gilt: Wenn sie anfängt sich aufzuschaukeln, einfach ein wenig nach hinten rutschen. Man gewöhnt sich an alles!

Ich fahre in der Zwischenzeit auch noch eine Suzuki GSX 1200, die ich auch gerne im Winter einsetze, da mir dafür die Z einfach zu schade ist. Im Vergleich fällt auf, dass die Bremsen der Z im Solobetrieb immer noch brauchbar sind. Erst mit Sozia sind die Handkräfte doch erheblich höher. Der Sitzkomfort ist nach wie vor vorbildlich. In den Kniekehlen zwickt nichts, die Sitzposition ist aufrecht entspannt und auch der Beifahrer sitzt wie es sich gehört: Dicht am Fahrer, auf fast gleicher Höhe und hat ebenfalls einen entspannten Kniewinkel. Wenn ich mit meiner Frau mal gemeinsam unterwegs bin, sagt sie immer: „Können wir die Z nehmen? Da sitzt man so bequem drauf!“

Kawasaki Z750 1994 PfingstenDurch die schmalen Reifen im Trennscheibenformat (3.25 H 19 und 4.00 H 18 hinten) braucht es für eine richtig flott gefahrene Kurve erheblich weniger Schräglage, als mit breiten Schlappen. Auch die Preise für Ersatzgummis sind noch zivil.

Überhaupt ist die Handlichkeit der Kiste nach wie vor verblüffend. Enges Geläuf auf der Landstraße und sie ist in ihrem Element. Da braucht sie sich auch nicht hinter neueren Kisten zu verstecken. Vor zwei Jahren hat das ein guter Fahrer auf einer Yamaha 600 Fazer erfahren müssen, als ich ihn in Luxemburg im „Kautenbachtal“ verblasen hatte und er sich hinterher, bei einem zufälligen Treffen an einer Tankstelle wunderte, was ihn da vernascht hatte. Der staunte nicht schlecht, als es sah, dass das Moped gerade den 30. Geburtstag gefeiert hatte.

Kawasaki Z750 1996 mit dem damals 6 jaehrigem Christian als SoziusDer Verbrauch lag mit Keihin Originalvergaser bei knapp unter 7 Liter auf 100 km. Der Verbrauch ist durch den Einbau von Mikuni BS Vergasern der GPZ 750 Ut über einen halben Liter zurückgegangen. Gleichzeitig bringen die Mikunis erheblich mehr Druck. Ein lohnenswerter Umbau! Bis auf den Gaszug geht der Umbau sogar noch „Plug and Play“. Leistungsmäßig würde auch noch mehr gehen: Die Nockenwellen der GPZ 750 mit 87 PS passen ebenfalls. Nur der Schneckenantrieb für den Drehzahlmesser fehlt an der Auslassnockenwelle und es müsste ein Umbau auf einen elektrischen Drehzahlmesser erfolgen. Zusätzlich bietet Wiseco 810 ccm³-Kolben an. Das wäre eine Sünde wert!

Stichwort Druck: Die Z nimmt bei knapp unter 3000 Touren vernünftig Gas an und marschiert dann los. Bei 6000 Umdrehungen pro Minute kommt ein kleiner „Nachbrenner“ und bei 9000 Touren ist leistungsmäßig dann nicht mehr viel drin. Also auch hier eine klare Landstraßenabstimmung. Die Höchstgeschwindigkeit liegt nach Tacho bei knapp über 205 km/h. Das dürften echte 195 km/h sein. Das ist für mich nach wie vor völlig ausreichend und macht aber sowieso auf Dauer keinen Spaß.

Da mir bei längeren, schnellen Strecken und bei heißem Wetter der Öltemperaturmesser im Öleinfüllstutzen immer Temperaturen knapp über 120 Grad anzeigte, erfolgte ein weiterer Umbau auf eine Ölwanne mit zusätzlichem Ölkühler. Organspender hierfür waren erneut Teile der 750 Ut. Seitdem liegt auch beim beherzten Angasen die Öltemperatur bei beruhigenden 100 Grad. Die Z 750 Motoren basieren auf den Z 650 Motoren und sind mit dem größeren Hubraum, thermisch ohne Ölkühler, einfach dicht an der Grenze.

Kawasaki Z750 2010 HimmelfahrtGanz wichtig für die Haltbarkeit des Motors ist meines Erachtens ein gründliches Warmfahren. Ich drehe bis 40 Grad Öltemperatur den Motor nur bis 4000 Umdrehungen. Bis 50 Grad und dann bis 60 Grad jeweils max. 5000 bzw. 6000 Touren. Erst bei 80 Grad gebe ich auch mal richtig Drehzahl. Weiterhin darf man bei den Ölwechselintervallen einschließlich Filter nie schlampen (Klugscheißermodus: Aus!).

Meine Z ist nach wie vor völlig alltagstauglich. Allerdings braucht sie schon mehr zeitliche Zuwendung, als moderneres Material. Irgendetwas rödelt sich immer mal los! Ist halt sehr gut abgehangenes, altes Material! Dank des sehr einfachen und übersichtlichen Aufbaus der Maschine kommt man aber überall gut dran und kann so kleinere Wehwehchen schnell wieder lindern und beheben. Die alte „Bauerntechnik“ ohne Sensoren und den heute aktuellen Schnickschnack hat schon was, wenn man unterwegs ist und plötzlich nichts mehr geht. Bei den aktuellen Motoren ist ohne das Auslesen des Fehlerspeichers in der Werkstatt ja fast nichts mehr möglich.
Die Ersatzteilsituation wird bei Kawasaki langsam eher bescheiden. Aus diesem Grund hatte ich mir vor 5 Jahren eine verrockte Z 750 für € 220 als Ersatzteilspender geholt. Dieses blieb aber nicht lange so, denn in der Zwischenzeit fährt mein Sohn dieses Motorrad. Ist schon witzig. Das Bike ist Bj. 1982 und er ist 1989 geboren! Aber diese Geschichte schreibe ich gern ein anderes Mal.

Kawasaki Z750 2012 ElbsandsteingebirgeFast jedes Jahr geht es mit ihr entweder in die Eifel, ins Weserbergland, in den Westerwald oder in andere schöne Motorradgegenden. Sie hat jetzt insgesamt fast 120.000 km auf dem Buckel und rennt und rennt und rennt und ist unfallfrei. Jeden Gewindegang kenne ich mit „Vornamen“ und irgendwie gehört sie für mich zur Familie. Obwohl moderneres Material bei mir im Schuppen steht, genieße ich es, sie am Sonntag rauszuschieben und genüsslich 200 km entspannt mit ihr zu touren. Ich weiß, die Z 750 wird nie den Sammlerwert einer Kawasaki Z1 oder Z900 erreichen. Sie war nie ein Motorrad, um das sich die Leute auf der IFMA in Köln geschart haben, um einen Blick aus sie zu erhaschen. Aber wenn ich von einer Tour zurückkomme und sie dann langsam aber sicher beim Abkühlen leicht zu knacken beginnt, dann ist das einfach herrlich! Auch wird man an der Tankstelle oder anderswo mitunter angesprochen: „Die hatte ich in den 80ern auch mal …!“ Dann kann man so schön Fachsimpeln und sich austauschen.

Eines weiß ich: Meine Z 750 gebe ich nie mehr her! Sie bleibt einfach bei mir! Ja Marcus, es ist schon außergewöhnlich ein Motorrad als Erstbesitzer über 30 Jahre noch aktiv zu fahren. Für mich ist sie einfach etwas Besonderes.