aus bma 4/10

von Patric Birnbreier

Kawasaki Z 1000 Modell 2010Kawasaki haut einen raus und präsentiert mit der völlig überarbeiteten Z1000 für den Jahrgang 2010 die dritte Generation der Wiederauferstehung des geilsten Naked Bikes der Welt. Mehr Agressivität, radikales Design, ein eigenständiger und extrem starker Motor in einem sportlichen Fahrwerk. Kawas neue Z1000 setzt die Tradition ihrer 1972 auf der Tokyo Motorshow präsentierten Urahnin – der legendären Z1 – fort. Ein echtes Männer-Bike. Nicht nur wegen der Schlangenledersitzbank der Braunen.

Sorry, liebe Damen, aber die Statistik lügt nicht. Die gefragten Exemplare der beiden bisherigen Modellreihen der Z1000 von 2003 und 2007 gingen zu 98,5 Prozent an männliche Käufer im Alter zwischen 26 und 45 Jahren. Und daran wird sich auch mit dieser Evolutionsstufe wohl nichts ändern. Im Gegenteil. „Frankensteins Tocher“ im Manga-Design wird die Herren der Schöpfung stärker fesseln, denn je zuvor. Laut unserer allwissenden Online-Bibliothek Wikipedia, ist ein Manga ein zwangloses, ungezügeltes Bild. Stilbildend für japanische Comics. Wer ein Auge auf die neue Z 1000 wirft, wird genau dies erblicken. Ein comicartig überzeichnetes Bild eines reinrassigen Muscle-Bikes. Entworfen von japanischen Designern, die bei der Motivfindung völlig freie Hand hatten, den Manga-Style zum ersten Mal in die real existierende Motorradwelt zu transportieren. Wild, zwanglos, ungezügelt. Schon im Stand. Aggressivität in ihrer reinsten Form.

Kawasaki Z 1000 Modell 2010Alles an diesem Motorrad geht nur in eine Richtung, steil nach vorn. Die neue Lampenmaske, der Bugspoiler, die Verkleidung der voll einstellbaren 41mm Upside-down-Gabel. Endlich mal wieder was total Neues. Eine Herausforderung für das Auge. Da guckt man auch gern vier oder fünf mal hin und entdeckt bei jedem schüchternen Blick wieder und wieder etwas Neues, noch nicht Dagewesenes. Keinesfalls eine gefällige, anbiedernde Erscheinung, gefühlvolle Rundungen sucht man vergebens. Zackig ist die Formel der Formensprache. Selten machte ein Motorrad schon im Stand deutlicher, dass hier am besten Fahrer aufsteigen, die mit dem Messer zwischen den Zähnen das Licht der Welt erblickten und mit der Muttermilch schon einen guten Schuss TNT aufgenommen haben. Bad Boys only, es sei denn, die feinen Vibrationen die der neue Motor zwischen 6.000 und 7.000 Umdrehungen zwischen die Schenkel des Piloten sendet, kitzeln nun auch endlich die Damenwelt hinter dem Ofen hervor. Einen Versuch wäre es auf jeden Fall wert. Abgesehen von der Statistik fällt mir nämlich nach den beiden Testtagen auf Spaniens kurvenreichen Straßen kein vernünftiger Grund ein, warum nur XY-Chromosomierte dieses euphorisierende Spaßgerät benutzen sollten. Weder bedarf es besonderer körperlicher Kräfte, die Z1000 zielgenau zu bewegen, noch irgendwelcher anderer rein männlicher Fähigkeiten, um die immense Kraft des Reihenvierzylinders wohl dosiert ans Hinterteil zu leiten.

Kawasaki Z 1000 Modell 2010Der Hubraum des komplett neu entwickelten Motors wuchs im Vergleich zum Vorgängermodell auf 1043 ccm, die schiere Power des turbinenartigen Triebwerks wird auf dem Papier mit 138 PS angegeben. Nach dem ersten Fahrtag möchte daran niemand zweifeln. Die neue Z liefert in jedem Gang aus jeder Drehzahl reichlich satten, machomäßigen Schub ab. Ohne Ruckeln, ohne Zuckeln. Selbst, wenn man im Sechser bergauf einem Reisebus zu folgen verdammt ist. Eine Ganganzeige gibt es nicht. Die braucht auch niemand. Dafür ist das neu gestylte Cockpit mit transluzent oranger Plexiglasscheibe tatsächlich einstellbar; nein, nicht in der Helligkeit, sondern im Blickwinkel. Keine schlechte Idee, denn auf Kawas neuem Brenner finden Menschen jeder Bauart wunderbar Platz. Sitzplatz, Fußrastenposition und Lenker passen perfekt. Sowohl für die Langen, wie auch für die Kurzen. Nur der Blickwinkel auf die orange gefärbten Instrumente variiert dementsprechend. Und ist nun eben justierbar, gute Lösung. Ob man das Drehzahlbalkendiagramm wirklich braucht, darf bezweifelt werden. Nicht nur, weil es sowieso nicht wirklich gut abzulesen ist, sondern, weil man die Drehzahl auch ohne visuelles Werkzeug bestens einzuschätzen vermag. Erstens kribbelt es, wie erwähnt, im entscheidenden Bereich, zweitens ist der Sound ab 6.000 derart rotzfrech brüllend heiser, dass man sich den Blick auf das Instrument jederzeit ersparen kann. Und drittens geht im oberen Drehzahldrittel derart die Post ab, dass man schon anhand des orkanartig anschwellenden Schubs ganz genau weiß, was hier wann Sache ist. Und dementsprechend auch lieber den Blick weit voraus richtet, als ihn irgendwo hinter der zackigen Lampenmaske zu verlieren. Die Welt fliegt nur so vorüber während der Pilot im Rausch der Brüllorgie eins wird mit dem Manga-Comic-Strip.

Kawasaki Z 1000 Modell 2010Verantwortlich für den Ohrenschmaus auf Formel1 Niveau sind in erster Linie die neuen, nun nur noch zwei Drittel so voluminösen Endschalldämpfer im vier in vier Design der ersten Stunde und die neue Ansaugluftführung mit ihrem wohl vernehmlichen Darth Vader liken Röcheln. Hier passen Vortrieb und Sound perfekt zu einander, Hut ab. Das haben die Ingenieure wirklich gut hingekriegt. Aber nicht nur das.

Was wäre ein derart potentes Kraftwerk, ohne den richtigen Rahmen. Was vor 38 Jahren die Fahrer noch in Angst und Schrecken versetzte, arbeitet heute völlig unauffällig zuverlässig. Die Rede ist vom Fahrwerk der Z. Und das, obwohl der Motor seit der Erstausführung seiner Vierzylindrigkeit im 900 Kubikvolumen ungefähr 100 Prozent Leistung zugelegt hat. 1972 reichten noch knappe 73 PS aus, um die Motorradwelt aus den Angeln zu heben. Diesmal schmiegten die Ingenieure einen derart ultrastabilen Aluminium Käfig um den Vierzylinder-Screamer, dass da garantiert gar nichts mehr wackelt, schwimmt, oder sich aufschaukelt. Zudem konzentrierten sie die Massen zusätzlich durch das fast waagerecht hinter dem Motor im Rahmen liegende Zentralfederbein und verschraubten den Motor an vier, anstatt wie bisher nur drei Punkten tragend im Rahmen. Absolute Stabilität und Direktheit sind die Folge. Der Pilot sitzt zwar nur eine Nuance weiter vorne und tiefer im Gefährt als bei der 2007er Baureihe, durch den breiteren und weiter vorne positionierten Lenker, sowie durch den sehr kurz gehaltenen Tank ergeben sich jedoch deutlich mehr Bewegungsfreiheit und Kontrolle über das Vorderrad. Überhaupt ist die ganze Z sehr frontorientiert ausgelegt. Sicher in den geborgten Rasten der ZX-10 R stehend, streckt der Pilot beim Kurvenjagen den Kopf weit in den Radius hinaus und steuert das Manga-Bike quasi per Gedankenschnittstelle. Ein ganz wunderbares Fahrgefühl, das die Z 1000 des Jahrgangs 2010 da offeriert. Potenziert durch die aggressive Gesamterscheinung euphorisiert diese Nackte tatsächlich und beflügelt zu wahren Schräglagenorgien. Niemals zuvor war es so leicht und stets sicher möglich, in nahezu jeder Landstraßenkurve auf dem Knieslider durch die Gegend zu schlittern. Feedback in seiner gläsernsten Form.

Auch die oft gescholtenen Dunlops laufen in diesem Gesamtpaket zur Höchstform auf. Der schmierige spanische Asphalt ist jedenfalls komplett bedeutungslos in der neuen Kawasaki-Welt. Da mag man sich kaum ausmalen, wie die Kawa am guten deutschen Asphalt kleben wird, wenn wir ein paar bewährt potente Pirelli-Gummis aufziehen.

Kawasaki Z 1000 Modell 2010Fahr-zit:

Kawasakis Neuauflage der Z 1000 trifft den Naked-Freund mitten ins Herz. Das aggressive Äußere verspricht nicht zuviel. Die Z räumt in Sachen Performance mächtig auf. Ein absolut euphorisierendes Gerät, das technisch ausgereift als brilliante Fahrmaschine glänzt, mit der es sich messerscharf durch jeden Radius schneiden lässt. Das jederzeit reichlich Fahrwerks- und Leistungsreserven zur Verfügung stellt und dem Piloten auch bei schärferer Gangart stets das Gefühl der absoluten Kontrolle beschert. Für zusätzliche Sicherheit bietet Kawa die Z 1000 in Deutschland ausschließlich mit ABS in der radial montierten, bestens funktionierenden Bremserei an. Der Preis von 11.295 Euro geht angesichts des großen Fahrspaßes, der sehr guten Verarbeitungsqualität und der neuen eigenständig rattenscharfen Optik mit den aufwändigen Designvarianten in Schwarz-Weiss-Rot, Schlangenleder-Braun und freundlichem Schwarz, zudem absolut in Ordnung.