aus Kradblatt-Ausgabe 4/24 von Konstantin Winkler

Feuchte Hände inklusive …

Oldietreffen: Kawasaki Zephyr 750, Honda CB 550 four und Kawasaki Z 1000
Oldietreffen: Kawasaki Zephyr 750, Honda CB 550 four und Kawasaki Z 1000

Die Kawasaki Z 1000 gehört im übertragenen Sinne mit zu den schnellsten Motorrädern auf unseren Straßen. Ein kurzer Blick, ein Wimpernschlag lang, reicht aus, um die 1970er Jahre wieder aufleben zu lassen, wenn sie vorbeifährt. 

„Darf es etwas mehr sein?“ Diesen bekannten Spruch der Fleischfachverkäuferin unseres Vertrauens sagte sich auch die Firma Kawasaki. 

Kickstarter, damals noch Serie
Kickstarter, damals noch Serie

Durch simples Aufbohren um 4 auf 70 Millimeter bei gleichbleibenden 66 Millimetern Hub entstand 1976 aus der legendären Z 900 die Z 1000 mit genau 1.016 ccm Hubraum. 85 PS bei 8.000 Umdrehungen pro Minute, da konnte die Konkurrenz von Laverda und Honda nicht mithalten. BMW sowieso nicht, dem bajuwarischen Topmodell R 90 S fehlten 100 ccm und 18 PS!

Mit dem Reihenvierzylinder schuf Kawasaki ein äußerst aufwendiges Triebwerk, das technisch gesehen auch heute noch „up to date“ ist. Zwei obenliegende Nockenwellen und über Tassenstößel betätigte Ventile (zwei pro Zylinder) waren Anfang der 1970er Jahre noch den Rennmotoren vorbehalten gewesen.

Schlanke Linie, übersichtliches Cockpit
Schlanke Linie, übersichtliches Cockpit

Schwer verständlich für die an breite Niederquerschnittsreifen gewohnte Bikergeneration von heute: Ein vier Zoll (etwa zehn Zentimeter) breiter Diagonalreifen der Größe 4.00 H18 musste die Vierzylinder-Power via Kette auf die Straße bringen. Der Vorderreifen der Größe 3.25 H19 war noch schmaler, nämlich nur dreieinviertel Zoll (etwa acht Zentimeter) und war beim Bremsen genauso gefordert wie sein hinteres Pendant beim Beschleunigen.

Das interessiert den Oldtimer- Enthusiasten Thomas Robrahn aus dem Lauenburgischen herzlich wenig. Gekauft hat er seine Z1F (so die offizielle Verkaufsbezeichnung), Baujahr 1977, im Jahr 2009 aus erster Hand mit 79.150 Kilometern auf dem Tacho. Da war sie auch schon ein gefragter Oldie. 

Benzinhahn öffnen, Choke ziehen und auf den Elektrostarterknopf drücken. Oder – ja, das gab es noch in den 70ern – ganz cool den Kickstarter betätigen. Egal wie, die Kawa springt immer zuverlässig an! 

Man nimmt hinter dem bequemen (natürlich verchromten) Lenker Platz und blickt auf eine bescheidene Anzahl von Kontrollleuchten und Instrumenten. Beachtlich: der Tacho reicht bis 240 km/h und der rote Drehzahlbereich beginnt bei 9.000 UpM! Das stach nicht nur beim Quartett sondern auch bei der vom Zweiradvirus infizierten Jugend. 

Die Höchstgeschwindigkeit war mit 202 km/h angegeben. Das verlockt selbst einen Oldtimer-Enthusiasten, es mal krachen zu lassen. Allerdings nicht im Getriebe, denn selbiges arbeitet mit all seinen fünf Gängen und der Mehrscheiben- Kupplung im Ölbad butterweich. 

Selbstverständlich gab es vor fast 50 Jahren schon Motorräder, mit denen sich durch vollständiges Aufdrehen des Gasdrehgriffes bis zum Anschlag auch der Adrenalinspiegel in den roten Bereich hochpumpen ließ. Schweißperlen auf der Stirn und feuchte Hände waren kein Zeichen von Stress, sondern vom Sieg im Kampf gegen die Maschine, denn Fahrwerk, Teleskopgabel, Federbeine und schon erwähnte Reifen können mit einem modernen Superbike natürlich nur sehr bedingt mithalten. 

Betörend: Optik und Sound
Betörend: Optik und Sound

Macht nichts, denn Cruisen statt Heizen ist die Devise von Thomas. Er empfindet eher akustische als physikalische Dynamik und legt gar keinen Wert darauf, das Verhältnis umzukehren. Soll es in eine Kurve gehen, ist ein kräftiger Einlenkimpuls nötig. Beim Herausbeschleunigen begeistert dann das typische Vierzylinder-Röhren.

Wenn Thomas mal etwas zügiger unterwegs ist, kann er sich über eine erstklassige Verzögerung freuen. Dafür sorgen vorne eine Doppelscheibenbremse mit Einkolben-Schwimmsätteln und hinten ein einzelner Zweikolben-Festsattel.

Damals wie heute bietet die Kawasaki Z 1000 unbeschwerten Fahrspaß und höchste Sympathiewerte. Und das bei geringen Unterhaltskosten. Mehr geht eigentlich nicht für einen Enthusiasten der Golden 70th!