aus Kradblatt 11/21, von Volker FahrLässig

Vom Westwind zum Starfighter
Mutation einer Kawasaki 550 Zepyhr zur F-104 q

Kawasaki Zephyr 550 Cafe Racer

Die Zeit vergeht so schnell und nicht nur die Motorräder um mich herum werden älter. Irgendwie scheint die mit Superbike Lenker umgebaute SC50 (Honda CBR 900 RR Fireblade) nicht mehr das Richtige für mich und meinen Hang zu engen sehr kurvigen Straßen zu sein. Modernes Einspritzgeraffel, 150 PS bei 200 kg, was anderes muss her. 

Bezüglich Design hab ich da, aus verschiedenen Gründen, auch schon Bilder im Kopf. Mein Vater war als junger Mann bei den Starfightern. Gerne hat er von der Zeit erzählt, also muss so ein Alu-Nieten-Design her und es muss fertig sein, bevor er geht.

Die Ausgangsbasis: Kawasaki Zephyr 550
Die Ausgangsbasis: Kawasaki Zephyr 550

Nach nur ein paar Nächten Motorräder und deren Rahmen checken, steht eine 550er Zephyr als Basis fest. Die eignet sich mit dem tiefen Rahmen und dem kurzen Auspuff sehr gut für einen flotten flachen Roadster. Die Dinger sind robust, haben bis auf die Federn vorne ein tolles Fahrwerk und es gibt sie noch recht häufig. Schnell war ein vermeintlich sehr gutes Exemplar gefunden. 

Leider entpuppte sich die Maschine mit nur 15.000 km bei der Besichtigung als Kernschrott. Kein Teil ohne Dellen, Kratzer oder Ausbrüche. Der Motor schweigt seit Jahren. Da die Anbauteile eh ausnahmslos in die Tonne müssen, nehme ich sie letztlich für kleines Geld aber hohes Risiko mit.

Die Zeit drängt, daher wird auf Rahmenkosmetik verzichtet. Räder, Schwinge, Vergaser, Lenkkopflager, Kette, Ritzel, Ruckdämpfer kommen runter. 

Ranzige Vergaser
Ranzige Vergaser

Die Lager sehen bis auf das untere Lenkkopflager sehr gut aus, müssen nur gereinigt und neu geschmiert werden. Das Schwingenlager war trocken, aber noch ohne Korrosion. Der Luftfilter zerfällt beim Ausbau gefühlt zu Staub. Der Ruckdämpfer muss neu und das alte Öl samt Filter raus. Das Öl riecht übelst nach jeder Art von Motorablagerung, eingesickertem Benzin und diversen Säuren. Perfekt also um die steife Kette über Nacht darin einzuweichen. Am nächsten Tag funkelt sie tatsächlich wie neu. 

Über die 8 Liter 4–6 Jahre alten Benzins freut sich der Rasenmäher. Fender, Tacho und Sitzbank werden preiswert vertickt. 

Bridgestone BT46 ersetzen die über 10 Jahre alten Reifen. Die 25 Jahre alten Bremsleitungen vorne werden durch schwarze Kabel aus Stahlflex getauscht. 

Kupferwurm in den Kabeln
Kupferwurm in den Kabeln

Sogar die Gabelfedern meiner W650 sind härter als die Dinger in der Zephyr. Daher wird günstig gewechselt und die Federn der 550er wandern als Ersatz in einen Kugelschreiber.

Zwei der vier Vergaser sehen innen aus, als hätte jemand Rollrasen über die Düsen gelegt. Das Reinigen macht Arbeit, denn wichtig ist es, auch die Kanäle des Vergasers zu spülen. Bremsenreiniger hat nicht gerade die beste Ökobilanz, also bitte sparsam damit umgehen. 

Nach der Reinigung habe ich die Düsen und Nadeln wieder verbaut. Hätte ich normalerweise nicht gemacht, da ich aber noch nicht sicher bin, ob ich nicht offene Trichter nachrüste, wollte ich mich noch nicht auf neue Hauptdüsen festlegen. Nur die Leerlaufdüsen tausche ich gegen 38er, damit das Kaltstartgejaule endlich aufhört. 

Die Flex kürzt das Heck
Die Flex kürzt das Heck

Für die ersten Versuche reicht es in der Tat. Die Maschine läuft und hängt recht ordentlich am Gas. Nur Zylinder eins läuft zu fett.

Schnell ist das Rahmenheck TÜV-konform abgeflext. Der Kontakt mit dem TÜV-Rheinland in Koblenz war wirklich klasse. Ich sendete die Bilder meines Rahmen-Schnittmusters an Herrn Alex C. und bekam das OK und ein paar Auflagen per Mail. Perfetto. Leider durften wir da hinten nicht schweißen, daher musste für die Höckeraufnahme eine geschraubte Konstruktion her. 

Auch die Aluminiumseitendeckel werden eine echte Herausforderung. Die müssen zum einen in das Rahmendreieck passen, zum anderen aber auch das obere Horizontalrohr abdecken. 

Spachtelarbeiten am Tank
Spachtelarbeiten am Tank

Es folgte ein launiger Nachmittag (mit Donauwelle, danke Sabine) in der Metallwerkstatt von Thomas H., ohne den ich das sicher nicht hinbekommen hätte. Da bleibt die Maschine dann wegen Nacharbeiten auch eine lange Woche stehen. Das gibt mir Zeit, den Lack zu erneuern. Die Beule im Tank wird in drei Gängen mit Kunstharzspachtel gefüllt. Geht auch in einem Gang, dann gibt es zur Belohnung aber später oft Risse und Senkungen. 

Die Felgen, Lampenhalter, Tauchrohre und Deckel werden mit 2K-Lack überzogen. Der Tank bekommt nur eine 1K Deckschicht und billigen Klarlack. Mit dem Basislack-Ergebnis auf dem Tank bin ich maximal unzufrieden. Da würde ich beim nächsten mal ein paar Euro mehr investieren. 

Kaum ist die Maschine wieder daheim, kommen der Höcker, der geschrumpfte Lampenhalter mit der kleinen Lampe und die 12 € China Instrumente (Tacho und Drehzahlmesser) drauf. Ich schneide die Alu-Applikationen für die Seitendeckel und tackere die Nieten drauf. Der Auspuff ist poliert und die kaputte Endkappe geschwärzt. 

Kawasaki Zephyr 550 Cafe Racer
Kawasaki Zephyr 550 Cafe Racer

Tatsächlich bin ich von der geschaffenen Basis wirklich ergriffen. Ich trau mich kaum, die alte Badger-Airbrushpistole anzusetzen. Mit zittrigen Fingern hauche ich mit ständig wechselndem Druck (grrr – böser Kompressor) die schwarzen Schatten auf Tank und Seitendeckel. Ich hab keine echte Ahnung, was ich da mache, versuche nur das Bild vor meinen Augen mit dem in meinem Kopf deckungsgleich zu bekommen.

Einen Tag später klebe ich die Verbandsabzeichen auf den Tank und die Staffelabzeichen aufs Heck. Ich schmeiße die Kiste an, sie läuft, nicht toll, aber sie läuft und lässt sich fahren. Die Einstellung wird Feinarbeit, das hat Zeit. 

Schnell ein paar Bilder vor der Bruchsteinmauer. Sabine kommt mit einer Flasche Sekt – es fühlt sich richtig gut an. Ich schicke die Bilder an meinen Vater, der sich sehr darüber freut.

Fazit: Keine Angst vor Sachverständigen! Die Einzelabnahme war bis zum Schluss meine größte Sorge. Dass einen Tag vor der Abnahme der Leerlaufschalter gestorben ist und plötzlich ein Schwimmer hing, hat meinen Puls bei der Vorführung nicht gerade gesenkt. Aber wenn man ordentliche Arbeit vorzeigen kann, dann ist der TÜV kein Problem.

Mit etwas Willen und Unerschrockenheit im Umgang mit der Flex kann man auch in der Garage seine Ideen (vorausgesetzt man hat welche) verwirklichen. Zeit sollte man aber schon mitbringen.

Völlig überbewertet finde ich teure Designer-Anbauteile oder ein teures Basismotorrad. Wichtig ist vielmehr, dass es insgesamt eine stimmige Linie wird.

Mit Basisfahrzeug, Lack, Lampen, neuen Reifen, Blechwerkstatt, TÜV (ca. 270 €), Fender, Stahlflex und Höcker blieben die Kosten unter 1700 €.

Besucht Volkers Website unter www.feldweg-streuner.blogspot.com.
Dort gibt es die lange Version der Umbau
geschichte mit viel mehr Bildern …

Tolles Bikes für kleines Geld
Tolles Bikes für kleines Geld