aus Kradblatt 3/20 von Andreas Wiesenzarter

Dem „Benediktweg“ auf der Spur …

Sehenswert: Die Gnadenkapelle in Altötting

Auf etwa 250 Kilometer führt der für den Fahrradtourismus konzipierte „Benediktweg“ entlang einiger Lebensstationen von Ex-Papst Benedikt XVI durch dessen bayerische Heimat rund um Marktl und Altötting. Der Radweg kann jedoch auch für Motorradfahrer perfekt als roter Faden für eine gemütliche Tagestour dienen.

Start an der „Papstlinde“ „Hey – möchtest du darin baden oder dich damit eincremen?“ Andi deutet auf ein Verkaufsregal am Altöttinger Kapellplatz, das unter anderem auch Weihrauch-Badelotion und -Creme präsentiert. Nebenan wird in einer Schale eben dieser Weihrauch verbrannt und der ausströmende Duft des orientalischen Baumharzes gibt mir die eindeutige Antwort: NEIN – so möchte ich dann doch nicht riechen. Aber der Altöttinger Kapellplatz hat einiges mehr zu bieten als Weihrauch: Seit mehr als 500 Jahren ist Altötting der bedeutendste Marienwallfahrtsort im deutschsprachigen Raum, wobei die „Schwarze Muttergottes“ in der Gnadenkapelle das Ziel aller Pilger und Wallfahrer ist – und selbstverständlich zählt auch Ex-Papst Benedikt XVI zu dieser Gruppe.

Rundgang mit Votivbildern Wir allerdings gehören weniger dazu, staunen jedoch trotzdem über die aus Dank für Heilung oder Rettung aus höchster Not angebrachten mehr als 2.000 Votivtafeln im Umgang der Gnadenkapelle. Den „Büßergang“ mit einem der dafür bereitgestellten Holzkreuze lassen wir definitiv aus und widmen uns lieber unserem eigentlichen Vorhaben, dem Motorradfahren.

Dafür haben wir uns als gemütliche Tagestour den „Benediktweg“ als roten Faden ausgesucht – und der hat seinen offiziellen Start an der „Papstlinde“ unweit des Kapellplatzes. Bei erfreulich wenig Verkehr lenken wir unsere Bikes in Richtung Inn, um parallel dazu – vorbei an Peracher und Marktler Badesee – in den Geburtsort des Ex-Heiligen Vaters zu kommen. Klar, dass diese Tatsache hier touristisch vermarktet wird und so wundert es nicht, dass im Geburtshaus ein Papst-Benedikt-Museum eingerichtet ist und den Marktplatz eine Papst-Stele schmückt. 

Und so nebenbei erfährt der Besucher auch, dass im selben Haus auch Georg Lankensperger, der Erfinder der Achsschenkellenkung, geboren wurde. Mit diesem Wissenszuwachs schwingen wir unsere Motorräder weiter in Richtung Burghausen, queren dafür neuerlich den Inn und passieren ein ausgedehntes Waldstück, bevor uns Burghausen mit seinen weitläufigen Anlagen der dort ansässigen Chemie,- Raffinerie- und Technologie-Unternehmen begrüßt. 

Motorradtour auf dem BenediktwegUns interessiert die Auffahrt zum auf österreichischer Seite liegenden Aussichtspunkt jedoch eindeutig mehr – und auch der von dort zu genießende Ausblick auf die Grenzstadt und deren Hauptattraktion: die mit 1.051 Metern längste Burganlage der Welt präsentiert sich eindrucksvoll hoch über der Salzach. 

Dieser Grenzfluss ist für uns weiter der Richtungsweiser und wir schwingen uns auf der österreichischen Seite des Gewässers durch die verkehrsarmen, dafür umso reizvolleren Kurven des Weilhartforsts. Bei Tittmoning wechseln wir neuerlich nach Bayern, schlendern kurz über den imposant großen Stadtplatz und statten auch hier der deutlich kleineren Burg einen Kurzbesuch ab. Für die Strecke nach Waging wählen wir bewusst die kleinen und kleinsten Wege und Straßen, die uns der Fahrradführer ausweist; und wir sind überrascht und höchst erfreut, über die kurvenreichen Alternativen zu den „großen“ Staats- und Bundesstraßen!

Im Zick-Zack-Kurs geht’s an Bauernhöfen, Kapellen, Kirchen und Marterln vorbei, der Waginger See bietet mit der Gebirgskette im Hintergrund ein klasse Panorama und wir genießen einfach den Fahrspaß! So dauert’s nicht lang und wir erreichen ein nächstes Highlight – den Chiemsee. Dort genehmigen wir uns am bekannten Biker-Treffpunkt Kupferschmiede bzw. Roadhouse Chiemsee in Seebruck eine kleine Rast. Zahlreiche andere Biker tun es uns gleich und der Treffpunkt macht seinem Namen alle Ehre.

Seltsamer Anblick: Büßerkreuze für die Pilger Frisch gestärkt geht’s an der Uferstraße entlang nach Gstadt, von wo aus sich per Boot ein Besuch der Fraueninsel anbietet. Die dortigen Gasthäuser locken mit prächtigen Biergärten und entsprechend kulinarischen Angeboten, die wir allerdings ausschlagen. Wir genießen lieber die Fahrt mit unseren Bikes und den Blick auf das malerische Ensemble der Fraueninsel mit dem dominierenden Klostergebäude und den Chiemgauer Alpen im Hintergrund.

Achsschenkellenkung und Papst, das Haus mit Geschichte steht in Marktl am Inn Fast wie in einer Modelleisenbahn-Anlage kommen wir uns auf dem weiteren Weg teilweise vor: Weitläufige Wiesen und Wälder, kleine adrette Orte, sanft geschwungene, hügelige Landschaft und alle Komponenten verwoben durch, wie für Motorradfahrer geschaffene, Straßen und Wege. Wir passieren Kloster Seeon und wedeln neuerlich dem Inn entgegen. Bei Gars und dessen Kloster queren wir den Fluss und passieren auf kurvenreichem Geschlängel mit Kloster Au den nächsten Sakralbau, der uns neuerlich verdeutlicht, wo wir sind: im katholischen Bayern – und auf den Spuren von Ex-Papst Benedikt XVI.

Wir folgen weiter dem Inn und genießen gegen Ende unserer „Runde“ nochmal die kurvenreiche Route, die uns durch die enge Altstadt von Kraiburg und quer durch den Golfplatz von Schloss Guttenburg nach Tüßling führt. Hier weist uns das dortige imposante Schloss den Weg für die restlichen „paar Meter“ zu unserem Ausgangs- und jetzigen Endpunkt: Altötting.

Wieder machen wir am Kapellplatz halt, genehmigen uns zum Abschluss nochmals eine kleine Einkehr und genießen einfach nur den diesmal Weihrauch-freien Duft von Kaffee und Kuchen …

Weihrauch in allen Formen für Hardcore-Fans... Info: Altötting liegt etwa 90 Kilometer östlich von München und ca. 60 Kilometer nördlich von Salzburg. Als das Wallfahrts- und Pilgerzentrum Bayerns ist der Ort auch Ausgangs- und Endpunkt des „Benediktwegs“. Die Fahrradkarte dazu gibt es kostenlos im Wallfahrts- und Tourismusbüro, Kapellplatz 2a, 84503 Altötting; Tel. 08671-5062-19, E-Mail: touristinfo@altoetting.de 

Wer länger in der Region bleiben möchte, findet mit Sicherheit genügend Übernachtungsmöglichkeiten. Hilfreich hierbei ist entweder auch das Altöttinger Wallfahrts- und Tourismusbüro oder die allgemeine Tourist-Info der gesamten Region: Tourismusverband Inn-Salzach, Bahnhofstr. 13, 84503 Altötting, Tel.: 08671-502-4444, E-Mail: info@inn-salzach.com

Für Biker zu empfehlen: das „Hotel Traumschmiede“. Es liegt nur 10 Kilometer von Altötting entfernt: Tüßlinger Str. 1–2, 84579 Unterneukirchen; Telefon 08634-1535; Online: www.hotel-traumschmiede.de