aus Kradblatt 11/13
von Udo Szepanski / www.kingdom-of-wonder-tour.com

Ueberwucherte-AnlageMeine Leidenschaft für Asien begann vor etwa 10 Jahren. Nachdem ich gesundheitlich angeschlagen war, schenkte mir meine Frau einen Urlaub auf einer thailändischen Insel im Golf von Bengalen. Die Stromversorgung der Insel bestand aus einem Notstromaggregat, das erst am Abend in der Dunkelheit angeworfen wurde. Die asiatische Freundlichkeit und Gelassenheit sowie die Schönheit der Natur haben mich sofort in ihren Bann gezogen. So entstand in mir der Wunsch, jedes Jahr eine Zeit in Asien verbringen zu können. Schon drei Jahre später lernte ich auf einer meiner Reisen Toot, meinen heutigen Partner, in Kambodscha kennen. Wir beschlossen, gemeinsam interessierten Menschen Kambodscha zu zeigen. Ein weiteres Anliegen von uns war, dieses Angebot mit einer konkreten Hilfe für Kinder zu verbinden. Mit unserer Unterstützung für ein Förderprojekt, das von der Thüringisch-Kambodschanischen-Gesellschaft e.V. durchgeführt wird, möchten wir unseren Beitrag zur Verbesserung der Lebensbedingungen in Kambodscha leisten.
Über die Ausarbeitung unserer ersten Streckenführung für Motorradfahrer möchte ich hier berichten.
Am 4. Januar 2011 starte ich von Frankfurt aus nach Phnom Penh, der Hauptstadt Kambodschas. Mein Partner Toot wartet bereits auf meine Ankunft. Er hat schon im Vorfeld einige Erkundigungen eingezogen. In diesem Jahr wollen wir unsere erste Tour planen und abfahren. Toot möchte den Menschen mehr zeigen als nur Angkor Wat. An Kambod­schas Küste wie auch im Binnenland gibt es einiges zu bestaunen. Wir werden Wege abfahren, die vorher noch kein Tourist gesehen hat. Voller Spannung und Vorfreude fliege ich Kambodscha entgegen.
Nach ca. 16 Stunden Ankunft in Phnom Penh. Erst einmal ins Hotel, duschen und ausruhen. Toot kommt heute Abend mit dem Bus, dann will ich fit sein.
Angkor-WatToot lebt mit seiner Familie in Battambang. Er betreibt ein kleines Restaurant mit Kochschule dort. Seit Jahren führt er Touristen durch die Anlagen von Angkor. Er findet es sehr schade, dass viele Touristen lediglich an diesem Kulturdenkmal interessiert sind. Toot hat mich mit seinem umfangreichen Wissen über die Geschichte Kambodschas sowie seinen umfassenden Englischkenntnissen sehr beeindruckt. Durch ihn habe ich die Kultur Kambodschas kennen und lieben gelernt. Das hat mich bestärkt, dieses auch anderen Menschen zu ermöglichen. Am Abend treffe ich mich mit Toot und wir planen unser weiteres Vorgehen. Mit dem Motorradverleih vereinbaren Toot und ich die Übernahme der Motorräder am nächsten Morgen um 9 Uhr. Unser erstes Etappenziel, Kampong Cham, führt uns teilweise am Mekong entlang.
Udo und TootDa das Gelände stellenweise sehr unwegsam werden wird, haben wir uns für zwei Enduros, eine Honda Baja 250 und eine Honda Degree entschieden. Der Gepäckträger bietet Platz für kleines Gepäck. Nachdem wir den technischen Zustand der Maschinen überprüft haben, übernehmen wir die Motorräder für die nächsten drei Wochen.
Erste Fahrübungen in Phnom Penh, was schon einiges an Mut und Übung erfordert. In Kambodscha ist das Verkehrssystem noch nicht so ausgebaut wie in Deutschland. Einheitliche Verkehrsregeln wie wir sie kennen gibt es dort nicht. Alle passen auf und fahren so wie es möglich ist, auch wenn es sich mit „unseren“ Verkehrsregeln nicht vereinbaren lässt. In der Hauptstadt ist viel Verkehr und die Umstellung echt gewöhnungsbedürftig. Um unsere Gäste mit der Umstellung auf die neuen Fahrregeln und -gewohnheiten nicht zu überfordern, können die Motorräder auch außerhalb von Phnom Penh übernommen werden.
Im Umland geht es etwas ruhiger zu. Die Menschen fahren nicht so schnell, in der Regel nicht über 60 bis 80 km/h.
Auf der Fahrt nach Kampong Cham kommen wir an ein paar interessanten Tempelanlagen vorbei. Die Straße ist größtenteils unbefestigt. Die Fahrt ist anstrengend. Wir machen drei Pausen, um uns zu stärken und die Tempel zu besichtigen. Ein Drittel der Strecke führt uns am Mekong entlang. Schöne Landschaften, kleine Fähren und Boote, Wasserbüffel und Ochsenkarren säumen unseren Weg. Es ist wie eine andere Welt, in der Eile keine Rolle spielt. Am Abend fallen wir müde ins Bett. Das Hotelzimmer ist gut, sehr guter Standard: Kampong Cham selbst hat wenig zu bieten. So entschließen wir uns, am nächsten Morgen unseren Weg fortzusetzen.
Im RestaurantUnsere nächste Etappe ist etwa 110 km lang und führt uns nach Kratie. Die Hälfte der Strecke ist unbefestigt und Straßenschilder gibt es kaum. Die Strecke ist schwierig zu finden und wir verfahren uns dreimal. Aus Zeitmangel verzichten wir auf einen ausgiebigen Besuch der schönen Tempelanlage „Hanchoe“. Nach knapp der Hälfte müssen wir auf die andere Seite des Mekong übersetzen. Die Fähre ist klein und etwas gewöhnungsbedürftig, wenn man wie ich häufig mit der Weserfähre einen Fluss kreuzt. Es geht die Böschung runter an ein natürliches Ufer ohne ausgebauten Fähranleger, der besteht aus ein paar Holzplanken.
Auf der anderen Seite fahren wir an kleinen Orten und Kautschukplantagen entlang. Immer wieder treffen wir auf den Mekong. Die Landschaft ist schön aber der Weg schwierig zu fahren. Wie aus dem nichts tauchen plötzlich Speed­breaker auf. Kleine gelbe Schilder, die in dem roten Staub kaum zu erkennen sind, weisen darauf hin. Auf dem roten Sand, der rote Schnee von Kambodscha, braucht man fahrerisches Können und Konzentration. Aber die Fahrt lohnt sich. Kratie ist ein sehr schöner Ort direkt am Mekong. Hier soll es weiße Delfine geben. Wir bleiben einen Tag dort und genießen die Umgebung. Unser Hotelzimmer ist einfach ausgestattet aber guter Standard. Ein weißer Delfin ist uns leider nicht begegnet.
Schienenfahrzeug für den TransportVon Kratie brechen wir früh auf nach Banlung, etwa 250 km entfernt. Es ist eine lange Etappe und das Fahren steht im Vordergrund. Nur ca. 40 % der Strecke sind befestigt Es wechselt sich extrem pulveriger roter Sand mit extrem pulverigem weißen Sand ab. Der Staub ist stellenweise unerträglich und man muss sehr aufpassen. Die anderen Fahrzeuge auf der Fahrbahn erkennt man kaum. Ab Stoeng Trang wird es einsam. Wenig Verkehr und nur ab und an sieht man ein paar Hütten inmitten des Dschungels oder einer Plantage. In Banlung verbringen wir einen Tag mit einer Rundfahrt durch die Plantagen, einen Besuch bei den Edelsteinsuchern und Entspannung am See.
Am nächsten Morgen geht es weiter nach Bang Khnoun, etwa 80 km entfernt. Die Etappe verspricht ein Abenteuer zu werden. Voller Vorfreude machen wir uns auf den Weg. Fast unberührte Natur liegt vor uns. Die Fahrbahn ist ein staubiger, kaum befahrbarer Pfad quer durch den Dschungel. Es ist schwierig, die Richtung zu halten. Ohne die Hilfe von Einheimischen aus den Dörfern, die rar gesät sind, hätten wir den Weg kaum gefunden. Zuerst macht das Fahren Spaß, was sich jedoch nach ca. drei Stunden ändert. Der Reiz von unberührter Natur birgt auch so manche Tücken in sich. Endlich, nach neun Stunden, erreichen wir einen Ort, an dem wir übernachten können. Er liegt mitten im Dschungel und die Lebensbedingungen sind sehr einfach. Als die Dunkelheit einbricht, werden die Feuer am Dorf­rand entfacht, um die wilden Tiere, wie Tiger, zu vertreiben. Wir sind froh, dass wir so herzlich aufgenommen werden. Zur Feier des Tages gibt es Fleisch von einem mir unbekannten Tier. Auf meine Nachfrage weist ein Dorfbewohner auf den Dschungel. Es schmeckt hervorragend. Ich bin der fünfte „Weiße“, der jemals dort war. Es tut gut nach der anstrengenden Tour, die Beine auszustrecken. Trotzdem wollen wir am nächsten Morgen früh aufbrechen. Nicht noch eine Nacht in der Wildnis. Eins ist klar, für unsere Tour ist diese Etappe nicht zu gebrauchen. Wir müssen nach Alternativen suchen. Also Neustart in Balung.
Übersetzen mit FähreWieder starten wir in Banlung diesmal nach Donbralor, etwa 300 km lang. Es gibt eine neue Straße nach Stroeng Trang, so dass wir auf gutem Bodenbelag fahren. Ansonsten wäre die Strecke nicht zu schaffen. In Dombralor besichtigen wir die Grenze nach Laos und gönnen uns eine Bootsfahrt auf dem Mekong zu den weißen Delfinen. Wir haben uns in einem ruhigen schönen Hotel eingemietet. Am Abend verzehren wir bei den Locals ein köstliches traditionelles kambodschanisches Mahl.

Von Donbralor geht es weiter in das ca. 180 km entfernte Theng Mean Chey. Die Strecke ist anstrengend, da viele Wege unbefestigt sind. Sie ist jedoch auch sehr schön, so dass es sich lohnt, die Strapazen auf sich zu nehmen.

Von Theng Mean Chey machen wir uns auf nach Siem Reap zu den Tempelanlagen von Angkor Wat. Die Strecke ist etwa 190 km lang und Fahren steht im Vordergrund. Ich freue mich auf Angkor Wat, weil ich immer wieder von der Baukunst und der Rückeroberung der Region durch den Urwald überwältigt bin. Hier ist die Kraft der Natur buchstäblich sichtbar. Wir schöpfen neue Kraft, genießen den Sonnenuntergang am Tempel und besuchen einen Wasserfall. Es ist einfach schön, hier sein zu dürfen.
Luxeriöses HotelbettNachdem wir uns erholt haben, brechen wir auf nach Battambang. Diesmal lassen wir uns jedoch fahren. Am Morgen verladen wir die Motorräder auf ein Boot und los geht es nach Battambang. Auf unserer Bootsfahrt begegnen uns schwimmende Dörfer, Menschen, die auf ihren Booten leben und uns freundlich zuwinken, vorbei an Orten aus Häusern, die auf meterhohen Stelzen stehen. Der Wasserpegel schwankt je nach Jahreszeit um einige Meter. An den Rändern nutzen manche die freiliegenden Flussbettflächen für den Gemüseanbau. Sie fangen jedes Jahr von Neuem an. Nach der Regenzeit bleiben große Mengen von Kunststoffmüll am Uferstreifen zurück. Einige bauen sich aus den blauen Müllsäcken spärliche „Unterkünfte“. Die Fahrt geht weiter über den Tonlé Sap, vorbei an einem Meer aus Lotuspflanzen.
In Battambang erwartet uns Toots Frau mit einem leckeren Imbiss. Den können wir nach der langen Fahrt gut gebrauchen. Am nächsten Tag besuche ich mit Toot den heimischen Markt und kaufe Gemüse für unser abendliches Mahl ein. Toot zeigt mir seine heimische Küche und traditionelle Zubereitungsarten. Am Nachmittag haben wir eine Fahrt mit dem Bamboo Train geplant. Die einfache Technik und Handhabung dieses Transportmittels ist beeindruckend. Die Schienen sind stellenweise krumm und schief. An manchen Stellen wurde die Schiene durch Holzstücke ersetzt, was dem Nutzen dieser Bahn keinen Abbruch tut. Wie überall in Kambodscha gibt es auch hier eine wunderschöne Tempelanlage.
250er Enduros reichen lockerAm dritten Tag brechen wir auf Richtung kambodschanische Küste zum Golf von Thailand. Zunächst führt unser Weg über Phnom Penh. Die Etappe ist ca. 350 km lang und führt über befestigte Straßen. Es gibt wenig Pausen, da wir es sonst vor Einbruch der Dunkelheit nicht schaffen. In Kambodscha im Dunkeln zu fahren, ist sehr anstrengend. Die Sichtverhältnisse sind schlecht und plötzlich auftretende Hindernisse wie parkende Autos, Löcher, Tiere etc. kosten unheimlich viel Konzentration und Energie. Von Phnom Penh geht es weiter nach Kampot, das etwa 150 km entfernt liegt. Die Landschaft ist bergig und sehr schön. Unterwegs schauen wir uns noch einen Tempel an. Die Anfahrt zum Tempel ist stellenweise so steil, dass wir unsere Motorräder schieben müssen. Die Tempel sind immer reich verziert und die Umgebung ist mit bunten Figuren geschmückt. Sie sind ein Ort der Ruhe.
Von Kampot brechen wir auf nach Sihanoukville, wohl einer der bekanntesten Küstenorte von Kambodscha. Es liegt ca. 150 km südwestlich von Kampot. Dort erwartet uns ein weißer Sandstrand, schöne Lokale am Meer und ein Flair von Südsee.
Von dort reisen wir weiter nach Koh Kong, das ca. 220 km entfernt ist. Es ist ein gemütlicher Ort mit schönen Hotels am Fluss und netten Restaurants. So langsam naht das Ende unserer Rundfahrt. Wir müssen zurück nach Phnom Penh und die Motorräder wieder abgeben.
Es war eine beeindruckende und manchmal auch anstrengende Tour. Ich habe viel gesehen und neue Eindrücke gewonnen. Kambodscha wächst mir mehr und mehr ans Herz. Die Menschen sind freundlich und hilfsbereit. Im nächsten Jahr plane ich eine Tour mit dem Geländewagen.
Wenn ihr mehr über uns und unser Angebot erfahren möchten, besucht uns auf unserer Homepage: www.kingdom-of-wonder-tour.com.

Info:

Die Thüringisch-kambodschanische Gesellschaft e.V. (www.tkgev.org) betreibt soziale Projekte in den Bereichen Schulbildung, Landwirtschaft, Umwelt sowie Medien, um den Menschen in Kambodscha eine persönliche Weiterentwicklung zu ermöglichen. Unter dem Motto „Hilfe zur Selbsthilfe“ hat der Verein schon einige Projekte initiiert.
Im Sozialen Abfallzentrum Battambang erhalten die Kinder, die auf der Müllhalde leben, täglich ihren Schulunterricht. Jeder Fahrgast der Kingdom-of-Wonder-Tour übernimmt daher die Kosten für den Unterricht eines Kindes für ein Jahr. Diese sind im Reisepreis enthalten. Auf den Bildern unter www.kingdom-of-wonder-tour.com kann man die Lebensbedingungen dieser Kinder erahnen. Es ist möglich, vor Ort die Kinder aus dem Projekt zu besuchen.