aus Kradblatt 3/17
von Matthias Schlich – www.hfclan.de
Fotos: M. Schlich, J. Riedel

Ist der Ruf erst ruiniert lebt es sich recht ungeniert …
Aber Moment mal, hier geht es doch um die koreanische Marke Hyosung also bitte Contenance.

Ein bisschen Hintergrund

Hyosung zählt zu den nicht mehr ganz unbekannten Marken in Deutschland. Vor Jahrzehnten hat der Mischkonzern aus Korea im Heimatland die Zweirad Sparte abgespalten und einen eigenständigen Betrieb für Zweiräder auf die Beine gestellt. Ein kurzfristiges Joint Venture mit der japanischen Marke Suzuki stellte sicher, dass technische Grundlagen weiter ausgebaut werden konnten. Hyosung baute einige Zeit für Suzuki erfolgreich Motorräder, die in verschiedenen asiatischen Ländern vermarktet wurden.

Später produzierte Hyosung für den asiatischen Raum, recht erfolgreich, eigenständig entwickelte Motorräder mit kleinem Hubraum, nicht gerade unüblich für dieses weit im Osten gelegene Zielgebiet.

Es war nur eine Frage der Zeit, bis der Export in westliche Länder angestrebt wurde, exportieren wollte man nicht selbst und suchte nach Importeuren aus anderen Ländern, die waren damals auch für Deutschland schnell gefunden.

Zunächst wurden Fahrzeuge in Form von Motorrollern und Motorrädern bis 125 ccm nach Germany exportiert.  Im Jahre 2004 war es dann endlich soweit, das erste „große“ Motorrad die GT 650 kam in unser Land und erinnerte irgendwie an das Konzept der Suzuki SV 650. Der Motor, Rahmen und die Abmessungen waren der erfolgreichen Suzuki nicht gerade unähnlich. Die GT hieß bei Markteinführung „Hyosung Comet 650“, nicht unbedingt ein schmissiger Name für ein Motorrad der Mittelklasse.

Die Fachpresse und Kunden waren zunächst nicht abgeneigt und der Verkauf der Fahrzeuge lief für die damals unbekannte Marke gar nicht mal so schlecht, der Preis der Maschinen war auch in dieser Zeit recht attraktiv.

Dass billig nicht gleich gut bedeutet, mussten dann viele Hyosung Fahrer feststellen, denn bedingt durch einen unglücklichen Konstruktionsfehler im Motor, ging das reihenweise Sterben desselbigen los. Die Auslassventile vom vorderen Zylinder des Motors, rissen durch thermische Probleme in Verbindung mit zu kurz gehaltenen Ventilführungen ab, das Ergebnis waren dann kapitale Motorschäden. Man berichtete, das SLS (Sekundärluftsystem) hätte auch eine Teilschuld gehabt, da dieses System kalte Außenluft direkt vor die Auslassventile beförderte, was zu Spannungsrissen an den heißen Ventilen führen konnte.

Rost an vielen Stellen des Motorrades, besonders im Rahmenbereich, sowie diverse elektrische Probleme, wie sterbende Laderegler und Lichtmaschinen, gaben dem Modell und der Marke den Rest. Kunden-Loyalität vorhanden? Mitnichten, denn auch der härteste Kunde hat irgendwann den Papp auf.

Nachdem der Motor dann endlich standfest wurde, der Rost am Rahmen im Griff war, ging der Verkauf leider immer noch schleppend voran, neue Modelle wie die GV 650 und ST 7 folgten, allerdings mit mäßigen Erfolg am Markt.

Zu tief saß der Stachel im Fleisch der Kundschaft, bekannte GT 650 Probleme wurden auch im Laufe der Jahre einfach nicht beseitigt. Dazu gehören ein stark überdämpftes hinteres Federbein, defekte Seitenständer-Schalter, defekte Instrumente, defekte Kupplungen, aufplatzende Sitzbank-Bezüge, defekte Wasserkühler. An den GT 650i Modellen gab es dann noch zusätzlich defekte Drosselklappen-Potentiometer, defekte Motor-Steuergeräte und eine Vielzahl von Kleinigkeiten, die in der Gesamtsumme sehr ärgerlich waren bzw. noch sind.

Ist so etwas ein Zeichen von Schläfrigkeit oder einfach nur koreanische Ignoranz? Dass aus Korea auch gute Sachen kommen zeigt uns die PKW-Marke Hyundai. Qualitätsprodukte, die schon lange am deutschen Markt bestehen und aus der Automobilbranche nicht mehr wegzudenken sind, Samsung will ich wegen der brennenden Akkus eigentlich nicht nennen, ups …

Technik aus der Steinzeit

Eine Einspritzanlage kam bei den GT und GV Modellen viele Jahre zu spät auf den Markt, auf ein ABS wurde bis heute komplett verzichtet und neue Modelle wie die GD 250i kamen und verschwanden schneller als sie eingeführt wurden.

Auch bei einigen GDs gab es reihenweise Probleme mit der gesamten Fahrzeug Elektrik und den Dichtungen, an dem sonst sehr gut gelungenen Einzylindermotor.

Etwas richtig Neues oder gar Innovatives konnte Hyosung in den letzten 10 Jahren nicht abliefern, dazu fehlt es offensichtlich an allen Ecken und Kanten. Echt schade, denn optisch sind die Maschinen aus Korea wirklich sehr gelungen, Optik alleine zählt aber nicht, denn fahren muss so ein Motorrad und das vorzugsweise ohne größere Probleme.

Wer hat da das Sagen?

In den vergangen Jahren gab es im Hintergrund von Hyosung mit S&T sowie KR-Motors mehrere Besitzer. Beide haben eines gemeinsam: Sie konnten die Qualität der Produkte bis heute nicht deutlich verbessern. Die Verkaufszahlen sind entsprechend der Gesamtsituation bei uns jährlich immer weiter gesunken, so dass der Marktanteil von einst fast 3 Prozent, am heutigen Tag eigentlich nicht mehr messbar ist. Daran kann auch eine kleine eingeschworene Gemeinschaft von Hyosung Fahrern nichts mehr ändern. Optisch up to date, technisch leider rückständig

Wie sieht es heute aus?

Euro 4 gibt es nicht, ein ABS gibt es nicht, neue Motorräder von Hyosung kann man in Deutschland nicht mehr bestellen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass der europäische Markt für KR-Motors scheinbar keine Rolle mehr spielt. Der Markt in den asiatischen Ländern ist für KR-Motors offenbar groß genug und dort gibt es auch kaum oder keine Garantie-Leistungen für die Besitzer einer Hyosung.

Der aktuelle deutsche Importeur, dies ist die MSA-Gruppe aus Weiden, steht nun vor einem großen Trümmerhaufen. Die wenigen noch vorhandenen Händler, die die Fahne für Hyosung bisher hochgehalten und viel Herzblut in einen hoffnungslosen Plan investiert haben, stehen nun auch im Regen und müssen den Kunden Rede und Antwort stehen.

Meistens war Hyosung nicht die einzige Marke, die durch diese Händler vertrieben wurde, was sich jetzt auf jeden Fall auszahlt. Alleine mit der in Deutschland momentan toten Marke wäre wohl Land unter.

Können wir denn jetzt alle noch weiterleben?

Zunächst einmal: Ja, einen Strick muss sich niemand nehmen.

Ist das mit Hyosung nun ein echter Verlust für den deutschen Motorradfahrer? Nein ist es nicht. Es fehlte bei Hyosung scheinbar die letzte Konsequenz und der Wille vernünftige Motorräder zu bauen.

Das Konzept war im Ansatz eine gute Idee, die offenbar nicht vernünftig zu Ende gedacht worden ist. Diese Marke werden zukünftig wohl die wenigsten Menschen vermissen, viele haben diese auch gar nicht auf dem Schirm und ehrlich gesagt hat man da auch nicht wirklich viel verpasst. Noch ist die deutsche Webseite von Hyosung online, wer einmal schauen möchte was es da gab der sollte das jetzt machen. Vielleicht kommt ja aus Korea doch noch etwas Neues – kann ich mir zwar nicht vorstellen aber wer weiß das schon so genau, Asiaten sind ja manchmal absolut unberechenbar. Wer für den Neukauf eines Motorrads ein sehr begrenztes Budget zur Verfügung hat, muss nicht zwangsläufig Hyosung fahren, denn auch die japanischen Hersteller bieten ihre Mittelklasse-Fahrzeuge zu absolut attraktiven Preisen an.  Die neue Suzuki SV 650 kostet z.B. gerade einmal 6.390 Euro. Ich denke, dass alle Japaner das bessere Angebot geschnürt haben. Eine junge, gebrauchte, japanische Maschine hält bei guter Pflege ebenfalls viele Jahre – nur als Information, falls es keine neue Maschine sein muss oder kann.


Fahrberichte zur Hyosung GT 650 Naked II, GV 650 Aquila, GT 650 naked und GT 250i naked gibt’s <hier> bei uns.