aus bma 04/07

von Kadderine aus Lüneburg

310.000 km auf Honda XBR 500Der aufmerksame bma-Leser wird sich gegebenenfalls entsinnen: Im Jahr 1996 vermeldete ebendieses Blatt, daß es Leute gibt, die von sich behaupten schon fast vier Mal den Äquator abgefahren zu haben. Nun ja, es folgen dann auch Meldungen, die einen Tachostand von 210 tkm für möglich halten. Alles Schnee von gestern. Die 300 tkm sind erbracht und um genauer zu sein: 310 tkm. Der zweite Motor hat somit 160.000 km gelaufen, und das Aggregat befindet sich im Ziellauf auf die achte Erdumrundung. Und das, obwohl es fast vorbei gewesen wäre mit der Herrlichkeit.
Zwanzig Jahre sind eine verdammt lange Zeit, in der sich doch selbst das beste Material irgendwann von dieser schnöden Welt verabschieden möchte. Die meisten Menschen wissen darum, aber wenn die Tatsache dann bei ihnen selbst an die Tür klopft, werden sie etwas ungehalten. „Kann doch gar nicht sein, Hab’ ich doch vorgestern erst gekauft” So wurde das Schicksal des Unabwendbaren auch mir zuteil. Nachdem ich einige Ersatzteilpreise eingeholt hatte, wäre ich beinahe einer soeben nahenden Ohnmacht erlegen. Die wichtigsten Erneuerungen zum Erlangen des TÜV-Segens lassen sich – leider – nur als Originalersatzteil einkaufen. Oder man sucht „3-2-1 hintermbett”, aber diese Möglichkeit bleibt mir aus Geizgründen weiterhin verschlossen. Alleine die Auspuffendrohre, die auf der Höhe der Hinterradnabe von innen nach außen durchgerostet waren und den eh schon markigen Einzylindersound noch verstärkten, hätten bei Neukauf den Wert des Fahrzeuges vermehrfacht. Also wurde der damalige Händler kontaktiert und um Aufnahme des Altfahrzeuges gebeten. Als Bedingung wurde ausgehandelt, daß die XBR bis 300.000 km gefahren wird. Daran sollte es nicht liegen.

 

Aber erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Denn im Mai 2005 wurde eine 87er XBR für wenig Geld in einer größeren Stadt feilgeboten. Eine Besichtigung wurde vereinbart, und die junge Frau hatte offensichtlich Erbarmen mit einer Bekloppten. Nachdem ich ihr meine „Schlacht-Pläne” geschildert hatte, mir aber dennoch nicht so hundertprozentig sicher war, ob und wie ich alles schaffen könnte, reservierte sie mir quasi das gute Stück für 24 Stunden auf eigene Initiative. 310.000 km auf Honda XBR 500Nach Rücksprache mit Doktor A. aus E. kaufte ich das Motorrad dann via Telefon, versprach eine umgehende Auslösung und hielt mich auch daran. Die „Neue” wurde – aufgrund fehlender Zulassung – dann per VW-Bus in eine schleswig-holsteinische Privatklinik verlegt und dort in Einzelteile zerlegt. Nach sechsstündiger Schrauberei war die „Oma” einer Verjüngungskur unterzogen worden und erstrahlte sozusagen im neuen Glanz. Wenige Tage später suchte ich den netten Herrn von der DEKRA auf. Einziger Punkt auf der Mängelliste war die Lautstärke der Anlage (er hätte das Moped vorher hören sollen). Meinem Einwand von den eingetragenen 92 db wurde stattgegeben. und so gab es eine orangefarbene Plakette. Wenn das nichts ist. Auf einer Probefahrt von 2000 km rund um die Republik – mit Teilstücken in Tschechien, Bayern und Frankreich – wurde dann die Arbeit auf die Probe gestellt. Leider versagte der blöde Qualdi-Fotoapparat, so daß historische Bilder nicht präsentiert werden können. Die Reise muß also in naher Zukunft wiederholt werden. Ansonsten verlief die Fahrt ohne Befund, das heißt, die XBR bullerte geradezu vergnügt vor sich hin. Hiermit noch mal mein herzlicher Dank an Herrn A. aus E., denn ohne seine spontane Hilfe wäre meine XBR-Karriere sicherlich in diesem Jahr beendet gewesen. Ich hatte schon eine Probefahrt auf einer Zweizylindermaschine gleichen Herstellers absolviert, aber zum Glück war das angebotene Stück lange nicht so gut wie es zuerst den Anschein hatte.
Bei der Angabe der Laufleistung wird nicht geschwindelt. Leute, die behaupten, man kann den Tacho ja auch per Bohrmaschine einstellen, sei gesagt: Das hilft allenfalls im „Rückwärtsgang” vor dem Verkauf einer Altlast. Manchmal wird den Fragenden schwindelig, denn das eigene 4-Rad-Fahrzeug hat oft nicht einmal die Hälfte der Kilometer gelaufen. Tja, gute Pflege, Herr Doktor. Aber Mühe allein genügt nicht, denn es gilt: Man(n) muß auch schon mal zu einer Fahrt aufbrechen und nicht nur darüber reden, denn der Weg ist das Ziel.