aus bma 10/07

von Lars Godejohann

Honda VT 600 CZum Wiedereinstieg sollte es ein gebrauchter Altherrencruiser mittlerer Klasse sein, der quer in die Garage paßte. Es kamen von Harley die Sporty 883, die aber zu teuer und zu schwer war, von Honda die Black Widow, die sich als zu wuchtig erwies, als auch die Yamaha XVS 650 in Frage, doch deren Sitzposition gefiel nicht. Blieben noch Suzukis VS 600 und 800-Modelle, die aber von der Sitzposition und der verarbeitungsqualität nicht überzeugen konnten. Es wurde letztendlich Hondas alte VT 600 C, für die ich mich endschied.
Im Winter wurden also allerlei Umbauteile besorgt, unter anderem Riser, ein breiter Lenker, Trittbretter vorne und hinten, eine Tourenscheibe, Zusatzscheinwerfer, Lederkoffer, eine Sissybartasche und diverse Chromteile. Parallel zum Wintereinkauf begann die Suche nach einer Honda VT 600. Ich fand nach einiger Zeit eine VT 600, Baujahr 1990 mit 30000 km, die noch mit dem alten Viergang-Getriebe und einem lackierten Rahmen ausgerüstet war. Und das in gutem Zustand.
Beim Kauf waren der Hinterreifen, die Sitzbank, der Kettensatz, der Auspuff und die Batterie neu. Nach einer Teilzerlegung, bis auf den Motor und das im Rahmen verbleibende Hinterrad, wurde der Hilfsrahmen hinten entrostet und neu lackiert. Als Tip sei hierfür Hammerrit-Farbe genannt. Vorsorglich wurde das Lenkkopflager von Kugellager auf Kegelrollenlager umgerüstet, sowie die Gabelsimmerringe und diverse Kabel erneuert. Die Gabel bekam Federn von Wirth und wurde mit Synthetik-Öl befüllt. Für Solofahrten reicht das hintere Federbein auf Stufe fünf bis sieben aus, sonst muß man Zubehörersatz beschaffen.
Der Motor ist topfit, brauchte nur eine Generalinspektion. Dann wurden die Teile wieder montiert, was dank des Haupständers leicht von der Hand ging.
Schwierigkeiten gab es mit der vorderen Chrom-Radnabenabdeckung von Hein Gericke, die anstatt der Distanzhülse montiert wird. Diese staucht sich beim Anziehen mit 70 bis 75 Nm auf der Achse fest. Die Achse läßt sich dann nicht mehr herausziehen und die komplette Gabel muß dann am Krad zerlegt werden.
Die Honda VT 600 C zieht ruckfrei gut durch. 39 PS und die vier Gänge reichen um gemütlich durch die Lande zu gondeln. Bei mehr Leistungsbedarf hilft nur der Griff zum Dynojet-Kit, zum Hypercharger oder zum BigBore-Kit.
Das Fahrwerk ist sehr stabil und handlich. Das hintere Federbein läßt sich aber schlecht einstellen, da es sehr verbaut ist.
Der Tank ist mit neun Litern viel zu klein. Ich habe deshalb immer einen Reservekanister in der Sissybartasche. Die Reichweite beträgt bei einem Verbrauch von 6,5 Litern etwa 140 bis 160 Kilometer.
An der vordere Bremse bilden die Lucas-Scheibe und Bremsbeläge von Saito eine super Reibpaarung, die deutlich empfehlenswerter als die Lucas-Scheibe mit Lucas-Bremsbelägen funktioniert. Eine Stahlflexleitung tut ihr übriges. Die Bremse hinten? Na ja, sie ist vorhanden, mehr nicht.
Die Vibrationen sind ab 4000 U/min kernig aber nicht unangenehm. Der Sound mit serienmäßiger Anlage klingt noch nach etwas und ist nicht zugestopft. Enttäuschend dagegen der Klang einer Silvertail-Anlage.
Die Sitzposition mit dem breiten und flachen LSL-Lenker, den Trittbrettern, einer Eigenbau-Fahrerrücklehne und dem Windschild läßt auch längere Etappen zu, wenn man einmal vom Tanken absieht.
Das Getriebe läßt sich exakt und weich schalten. Die Gänge flutschen fast von selbst rein. Als Tip sei hier noch der Easy-Clutch-Mechanismus von P & W erwähnt.
Die kleine, alte Shadow macht einfach enorm viel Spaß und ist billig im Unterhalt. Die Technik ist fast unkaputtbar und einfach. Vielleicht muß man deshalb etwas länger nach einer VT 600 C suchen? Ich gebe meine auch nicht mehr her.
Die VT 600 C läßt sich natürlich auch ganz anders umbauen, z.B. mit meterlanger Springergabel von AME. Doch das ist wieder eine ganz andere Geschichte.