aus Kradblatt 8/23 von Jogi & Tine, www.penta-media.de

Familientreffen mit Alltagsrollern …

Familientreffen: Vater und Sohn van Senden und die beiden Honda SH
Familientreffen: Vater und Sohn van Senden und die beiden Honda SH

Die Honda SH Roller haben eine über 36 Jahre lange Geschichte. Die ersten Exemplare liefen bereits 1984 in Belgien vom Band, damals noch mit 50 ccm. Ab 1996 wurden Hondas SH Roller im italienischen Atessa gefertigt. Der SH125 debütierte zusammen mit der 150 ccm Variante im Jahr 2001 und macht seitdem den Piaggio Rollern das Leben schwer. Er schaffte es 2016 in Europa zum bestverkauften Zweiradfahrzeug überhaupt mit über 17.000 Einheiten! Das mag man in Norddeutschland kaum glauben, denn so häufig sieht man ihn hier nicht. Aber die Südeuropäer lieben ihn dafür, nicht nur wegen seiner hohen Zuverlässigkeit. 2005 bekam der SH125 eine elektronische Kraftstoffeinspritzung (PGM-FI) und erhielt deshalb die Bezeichnung SH125 i.

Fahrstabil dank großer Räder
Fahrstabil dank großer Räder

Mein Vater kaufte einen dieser ersten Einspritzer, weil er mit seiner relativ zierlichen Gestalt (also der Roller) prima in den Kofferraum des Wohnmobiles passte und mit seinen großen 16 Zoll Rädern auch für zwei Personen noch gute Fahrstabilität bot. Dieser Roller hat inzwischen nicht nur ganz Europa gesehen, sondern auch einige Regionen Russlands. Zwischendurch hatte er immer wieder bei mir seinen Dienst verrichtet, zum Brötchen holen und im Sommer für Ausflüge an den Badesee oder an die Ostsee. 2017 übergab mir Vati unseren treuen Familienroller samt Papieren als Geschenk zu meinem 50. Geburtstag. 

Zu diesem Zeitpunkt war mein Vater 80 Jahre alt und der Meinung, dass er langsam seine Motorrad- und Roller-Karriere beenden wolle. Angefangen als junger Student auf einer NSU Fox, denn ein VW Käfer war damals für Studierende unerschwinglich, bis hin zu einer schweren Yamaha FJR1300 und mehreren Suzuki Burgman Rollern, hatte Vati stets seine Affinität zu motorisierten Zweirädern gepflegt. Natürlich durfte Mutti auch weiterhin die Motorrad- und Roller-Magazine wegräumen, die überall im Hause umherflogen. So ein Hobby kann man nicht einfach abschalten, wie eine Glühbirne. Irgendwie fühle man sich als Rollerpilot ohne Roller, wie der sprichwörtliche „Fisch ohne Fahrrad“, meinte Vati häufig mit einem verschmitzten Grinsen im Gesicht, bis im Frühjahr 2020 plötzlich das Telefon bei mir klingelte. 

„Ich bräuchte mal deinen Motorradanhänger“, krächzte es vergnügt aus dem Hörer. Nur wenige Stunden später parkte ein nagelneuer Honda SH150 i in „Pearl Splendor Red“, nicht zu Muttis Freude, in ihrem gepflegten Wintergarten. „Keine Sorge“, beschwichtigte Vati. „Ich werde nicht noch einmal, wie damals mit Dieter und dem Heinkel Roller, bis nach Italien zum Camping fahren – versprochen“. Bisher hat er sich an sein Versprechen gehalten. 

Cockpit-Vergleich: SH125i Bj. 2005 (links) vs. SH150i
Cockpit-Vergleich: SH125i Bj. 2005 (links) vs. SH150i

Wir haben die Chance genutzt, den SH150 i neben unseren alten SH125 i zu stellen, um zu vergleichen, was sich in den dazwischenliegenden 15 Jahren getan hat.

Während der Radstand um 13 mm gestreckt wurde, blieben die Sitzhöhe mit 799 mm und die perfekte Ergonomie unverändert. Der neue SH wirkt durch seine frische Formgebung wesentlich moderner. 

Die energiesparende LED-Vollbeleuchtung prägt nicht nur das Erscheinungsbild der Front. Wesentlich mehr Lichtausbeute ist jedoch nicht zu verzeichnen.

Der bereits 2005 veraltet wirkende Tacho mit Tachowelle ist einem modernen Multifunktions-Instrument gewichen. Das war überfällig.

Mehr Stauraum dank verlegtem Tank beim SH150i (rechts)
Mehr Stauraum dank verlegtem Tank beim SH150i (rechts)

Das Gepäck verschwindet bei beiden Rollern unter der Sitzbank und im abnehmbaren 35-Liter-Topcase, das sich beim SH150 i in Verbindung mit dem Keyless Go System selbstständig verriegelt. Der Faulbär freut sich. Das Volumen das Gepäckfachs unter der Sitzbank ist um 10 Liter auf 28 Liter gewachsen und der Tank wanderte von dort aus unter den Fußraum. Der Stahlrahmen musste dafür etwas in die Breite gezogen werden. Das erhöht nicht nur den Nutzwert, sondern sorgt zusätzlich auch für einen niedrigeren Schwerpunkt. Die vorher im Boden liegende Starterbatterie steht beim neuen Modell, durch einen Deckel abgedeckt, im Gepäckfach unter der Sitzbank. Dort ist jetzt auch ein USB-Ladeanschluss zu finden.

Der Tankinhalt ist um 0,5 Liter auf 7,0 Liter geschrumpft. Das reicht bei einem durchschnittlichen Verbrauch von 2,2 Ltr./100 km für rund 300 km Reichweite plus Reserve. Dieser wunderbar niedrige Verbrauch wird insbesondere im Stadtverkehr mit vielen Ampel-Stopps durch die Start-Stopp-Automatik möglich. Sie ist abschaltbar, z. B. wenn man nach längerer Standzeit die Starterbatterie laden möchte. Der alte SH war mit 2,5 Ltr./100 km jedoch auch kein Säufer.

Tankdeckel in der Schürze statt unter dem Sitz
Tankdeckel in der Schürze statt unter dem Sitz

Der Flüssigkeitskühler hat seinen Platz von der Frontschürze auf die Seite vor dem Auspuff gewechselt. Das verkürzt die Wege der Kühlflüssigkeit, zentralisiert die Masse und erhöht damit die auch vorher schon erfreuliche Agilität des Rollers.

Obwohl bei vielen Teilen Gewicht gespart werden konnte, ist der aktuelle SH150 i genau 10 kg schwerer als sein Vorgänger von 2005, insgesamt „fette“ 138 kg bei vollem Tank.  

Das liegt mit an der bedeutendsten technischen Verbesserung, nämlich der Aufwertung der Bremsanlage. Vorne wie hinten wirken zwei 240 mm Scheibenbremsen mit ABS, wo vorher noch eine Scheibe und eine Bremstrommel ohne ABS verzögern mussten. Ein großes Sicherheitsplus.

Außerdem spendierte Honda dem SH150 i eine Traktionskontrolle, die ein Durchdrehen des Hinterrades auf rutschigem Geläuf verhindern soll (HSTC-Honda Selectible Torque Control). Angesichts der überschaubaren Motorleistung wäre es nicht unbedingt nötig gewesen, aber da sehr viele Rollerfahrer die ganze Saison durchfahren, kann es zumindest im Winterhalbjahr nicht schaden. 

Zusätzliches Gewicht brachte auch die Umstellung des Motors von zwei auf vier Ventile. Dafür gibt es nun 16,9 PS bei 8.250 U/min und 14,9 Nm bei 6.500 U/min, während der alte SH125 i für 13,6 PS noch 9.000 U/min drehen musste und 11,5 Nm bei 7.250 U/min drückte.

Mutti lässt Vati machen – Fische brauchen nun mal Fahrräder
Mutti lässt Vati machen – Fische brauchen nun mal Fahrräder

Nun könnte man natürlich einwenden, dass wir Äpfel mit Birnen verglichen hätten. Das ist – zumindest was die Motorisierung angeht – richtig. Deshalb hier zur Vervollständigung: 

Der aktuelle 125er SH leistet zum Vergleich 13 PS bei 8.500 U/min, drückt 12 Nm bei 6.500 U/min und liegt damit dicht an den Werten des SH125 i von 2005. 

Die Karosserie des aktuellen SH125 i ist mit der des SH150 i völlig identisch, ebenso die stufenlose Keilriemen-Automatik.

Endantrieb über komfortable CVT-Automatik
Endantrieb über komfortable CVT-Automatik

Der Sound der Motoren unterscheidet sich wenig, ebenso der unaufdringliche, angenehm leise Klang des Auspuffs. Beim gemeinsamen Ampelstart merkt man jedoch, dass der SH150 i unangestrengter beschleunigt und weniger Drehzahl benötigt um flott in die Hufe zu kommen. Im Alltag wird der Unterschied sicher nicht ins Gewicht fallen, es sei denn, dass man gerne höhere Geschwindigkeiten fahren möchte. Hier erst spielt der 150er SH seine Trümpfe aus. 

Während der alte 125er zügig bis 80 km/h beschleunigt und sich danach bis auf 100 km/h quält, zieht der neue SH150 i bis 100 km/h durch und erreicht bis zu 120 km/h. Das macht ihn auch für Etappen auf der (Stadt)Autobahn tauglich. Ob man das wirklich will, muss jeder selber entscheiden, denn oberhalb von 80 km/h verlässt man mit beiden Rollern die Komfortzone, auch wenn das Fahrwerk des SH150 i an die gestiegene Endgeschwindigkeit angepasst wurde. 

Für B196/A1 Führerscheine gibts den SH auch als 125er
Für B196/A1 Führerscheine gibts den SH auch als 125er

Nicht nur der etwas längere Radstand, sondern auch der auf 26 Grad geänderte Lenkkopfwinkel sorgen bei ihm für mehr Laufruhe. Die Triebsatzschwinge ist beim SH150 i nur noch durch ein Federbein mit dem Rahmen verbunden. Dieses ist 5-fach je nach Beladungszustand einstellbar und besitzt einen Federweg von 83 mm. Vorne arbeitet eine 33 mm Teleskopgabel mit 89 mm Federweg. Obwohl sich das Fahrwerk des SH150 i straffer anfühlt, als das des alten 125ers, hat es nichts an Komfort verloren. 

Mit einem Listenpreis von 4.680 € ist der Honda SH150 i kein Billigheimer, aber ganz sicher einer der besten Roller seiner Klasse. Wer bedingt durch seine Fahrerlaubnis (B196 oder A1) einen aktuellen SH125 i wählt, muss 4.480 € auf den Tisch legen. Und wer mehr möchte, bekommt den deutlich leistungsstärkeren SH350 i für 6.650 € (alle Listenpreise zzgl. Nebenkosten) 

Billig war der Honda SH125 i auch früher nicht. Es liegt noch die alte Rechnung unseres 2005ers im Werkstattbuch. 3.090 € hatte Vati damals bezahlt. Über die letzten 15 Jahre betrachtet, geht das angesichts der Qualität aber in Ordnung und der treue Freund ist schließlich noch lange nicht am Ende.

Auch wenn sich das grundlegende Konzept des SH Rollers nicht verändert hat, so ist es Honda gelungen seinen Bestseller in nahezu allen Punkten zu verbessern.  

Mehr Infos und Probefahrten gibt es bei den Honda-Vertragshändlern.