aus Kradblatt 11/18, von Tine & Jogi / penta-media.de
HONDA NC 750 S DCT
Unkomplizierter Fahrspaß …
Honda selber wählte im Prospekt für die NC750 S die Überschrift „Unkomplizierter Fahrspaß im Naked-Design“. Besser hätte man es nicht umschrieben können, denn die NC ist eine Mittelklasse-Maschine, auf der man sich sofort wohl fühlt und die sehr gutmütig alles mitmacht, was der Fahrer bzw. in unserem Fall in erster Linie die Fahrerin, von ihr will. Solche Motorräder schließt man schnell ins Herz und so hatte unsere NC nach wenigen Tagen schon den hausinternen Namen „NanCy“ weg.
Inzwischen haben wir über 10.000 km mit ihr zurückgelegt und sie hat nach einem Jahr ein durchaus positives Bild bei uns hinterlassen.
Mit 55 PS bei 6.250 U/min wirkt sie zumindest auf dem Datenblatt nur moderat motorisiert, ist jedoch in der Praxis deutlich flotter unterwegs, als einige Motorräder mit höherer Endleistung. Woran es liegt?
Zum einen ist der Zweizylinder-Motor der NC750 S sehr auf Drehmoment im unteren bis mittleren Drehzahlbereich getrimmt, was im Alltag wesentlich hilfreicher ist als ein Motor, der erst am oberen Ende des Drehzahlbandes seine Leistung entwickelt, aber in welchem man in den seltensten Fällen wirklich fährt. Das höchste Drehmoment vom 68 Nm liegt bei der NC bereits bei 4.750 U/min an.
Zum anderen punktet NanCy durch ihr perfekt funktionierendes DCT (Dual Clutch Transmission) Doppelkupplungsgetriebe. Es schaltet wahlweise automatisch oder auf Tastendruck munter, ohne Ruckeln, große Geräuschkulisse und Kraftunterbrechungen, flüssig durch alle sechs Gänge. Insbesondere beim Gangwechsel vom ersten in den zweiten Gang gewinnt das DCT Zeit gegenüber der herkömmlichen, mechanischen Fußschaltung. Zumindest bis zu einem gewissen Tempo sind wir mit diesem Plus einigen stärker motorisierten Motorrädern an der Ampel unangestrengt davongefahren und durften uns über die erstaunten Gesichter der Abgehängten amüsieren.
Zum Beschleunigen schaltet das DCT blitzschnell herunter. Auf Gasbefehl wird so geschwindigkeitsabhängig immer der optimal passende Gang zum drehmomentstärksten Bereich des Drehzahlbandes eingelegt. Manuelles Schalten ist zwar über Tasten am Lenker möglich, aber zumeist überflüssig. Man kann kaum besser schalten, als es die Automatik nicht ohnehin schon machen würde. Höchstens vor engen Kurven kann manuelles Schalten sinnvoll sein, um einen Gangwechsel durch die Automatik in der Kurve zu vermeiden. In der Regel reicht schon die Nutzung des ersten der drei Sport-Programme, welche die Drehzahl im Fahrbetrieb anheben um die Fahrdynamik zu erhöhen, damit ein Schaltvorgang in Schräglage vermieden wird. Ernsthaft problematisch wird es trotzdem nicht, falls es wider Erwarten doch einmal passieren sollte. Alles läuft sehr sanft und kontrollierbar ab. Wenn keine zusätzliche Leistung mehr abgerufen wird, schaltet das DCT sofort wieder in die längste, ökonomisch sinnvoll mögliche Übersetzung.
Wer mit DCT unterwegs ist hat den Vorteil, sich besser auf den Verkehr und die Straße konzentrieren zu können. Insbesondere bei längeren Touren oder beim Kurventraining ist es sehr hilfreich, wenn gegen Ende des Tages die Kondition nachlässt.
Selbst im Offroad-Bereich hat sich die Honda-Automatik inzwischen in der Africa-Twin bewährt, da es durch die Doppelkupplung beim Schaltvorgang nie zu einem Abriss in der Kraftübertragung führt. Das kann z. B. von Bedeutung sein, wenn heruntergeschaltet werden muss, weil man sonst an der Steigung verhungern würde.
Etwas schwieriger wird es mit DCT, die Maschine auf Fahrbahnbreite zu wenden oder zu rangieren, denn eine schleifende Kupplung kennt das Getriebe nicht. Wenn die Marschgeschwindigkeit bei niedrigster Drehzahl im ersten Gang für das Manöver zu hoch ist, muss sie mit der Fußbremse hinten eingebremst werden. Da man beim engen Rangieren die Füße zur Sicherheit gerne unten hat, würden wir uns für die Hinterradbremse einen zweiten Handbremshebel wünschen. Platz dafür wäre am linken Lenkerende ausreichend vorhanden, weil dort der Kupplungshebel fehlt. Bei den NC-Modellen Integra und X-ADV ist Honda diesem Wunsch bereits nachgekommen, wohl weil die eher an Roller erinnern. Wir finden am linken Lenkerende stattdessen eine unauffällige Feststellbremse gegen unkontrolliertes Davonrollen, da in der Parkposition vom DCT kein Gang eingelegt wird. Sie wirkt über einen Seilzug auf einen separaten Bremssattel am Hinterrad.
Obwohl die ABS-Bremsanlage aus dem Hause Nissin mit nur einer 320er Scheibe vorne verzögert, gibt es trotzdem nichts zu meckern. Hinten wird mit einer 240er Scheibe gebremst. Die Gabel zeigt sich verwindungssteif und der Bremsdruck lässt sich gut erfühlen und dosieren. Auch bei unbeabsichtigten Reflexbremsungen muss man sich keine Sorgen machen. Die Bremsen bleiben gutmütig und beißen nicht so vehement zu, dass man sofort über den Lenker fliegt oder das Hinterrad abhebt. Das ABS regelt fein und nicht erst in letzter Sekunde einem Blockieren der Räder entgegen.
Das Fahrwerk ist komfortabel ausgelegt. Gemütliches Cruisen oder flüssiges Fahren sind die zu bevorzugenden Gangarten. Für den sportlichen Fahrstil dürfte es gerne etwas straffer sein. Der Kompromiss ist trotzdem gut gelungen. Auf dem Heidbergring war es beim Kurventraining kein Problem, NanCy bis auf die Fußrasten und die äußerste Kante des 160er Hinterreifens in Schräglage zu bringen. Auch Schotterwege sind mit ihr in moderatem Tempo durchaus gut befahrbar, wie wir in der französischen Drôme feststellen durften.
Die NC750 S ist mit hell ausleuchtendem LED Abblend- und Fernlicht ausgerüstet. Auch hinten leuchtet LED-Technik aus Hondas Baukastensystem. Das Rücklicht kennen wir ja schon von der MSX 125, NC750 X, CBR650 F und CB650 F.
Ebenso kommt auch der LCD-Tacho aus dem bekannten Honda-Regal und ist bis auf gelegentlich leicht störende Reflektionen gut ablesbar und vollständig bestückt. Sogar eine Ganganzeige ist vorhandn – praktisch, wenn man doch mal manuell schaltet.
Ökonomische Fahrweise wird durch grüne Hintergrundbeleuchtung belohnt, unökonomische mit roter signalisiert. Der Bord-Computer animiert durch seine Verbrauchsanzeige zu einem energiebewussten und sehr vorausschauenden Fahrstil.
Unabhängig davon benötigt NanCy, auch ohne dass man aus energiebewusstem Fahrstil ein Hobby machen muss, sensationell wenig Super-Benzin. Honda gibt den Durchschnittsverbrauch mit 3,5 Litern auf 100 km an. Der praktische Verbrauch liegt jedoch eher bei 3,1–3,3 Litern, selbst wenn man Gebrauch von einem der drei Sportprogramme des DCT macht. Man muss schon einen sehr digitalen Umgang mit dem Gasgriff an den Tag legen oder die Maschine mit hohem Tempo über die Autobahn jagen, damit sie tatsächlich 3,5 Liter oder mehr verbraucht. Bei 14,1 Liter Tankinhalt sind so locker 350 km plus Reserve möglich.
Der Tank sitzt bei NanCy tief im Rahmen, der Tankstutzen findet sich, wie auch bei den Schwester-Modellen NC750 X und Integra, unter der Sitzbank. So liegt der Schwerpunkt der Maschine tiefer und die Tankattrappe beherbergt einen Stauraum, in dem sogar ein Helm verschwinden könnte – wenn er nicht meistens schon von Geldbörse, Telefon, Wasserflasche, Schoko-Keksen, Kamera, Warnweste, Verbandtasche usw. belegt wäre.
Der Tourenfahrer freut sich darüber, ebenso wie über die serienmäßige Auspuffanlage. Die wummert in tiefen Bass-Klängen, vorbildlich leise und unaufdringlich. Sie liefert den besten Beweis dafür, dass Sound und Lautstärke nicht zwingend etwas miteinander zu tun haben müssen. Auch auf Langstrecke ist man nicht von der Klangkulisse genervt.
Der Zubehör-Markt hat auf die NC750 S bereits reagiert und bietet Koffersysteme, Navi-Halterungen und Sturzbügel, sowie höhere Scheiben an, sofern einem das von Honda angebotene Zubehör nicht gefällt. Für die kälteren Monate hat sich die mehrstufige Honda-Griffheizung bewährt, die den Biker wegen ihres dezent verbauten Schalters nicht gleich für alle sichtbar als Weichei outet (wobei diese Zeiten ebenso wie Klapphelm-Spott aber wohl vorbei sein sollten).
Die Honda NC750 S DCT gibt es aktuell zum Listenpreis von 8.290 Euro inkl. Überführung. In Anbetracht der verbauten Technik-Leckerbissen geht der Preis völlig in Ordnung. Wer lieber mit dem Fuß schalten möchte – was man sich als DCT-Fahrer/in gar nicht mehr vorstellen mag – ist mit 7.290 € dabei. Fahrt sie mal zur Probe!
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Kommentare
4 Kommentare zu “Honda NC 750 S DCT, Erfahrungsbericht”
als diese Maschine , als 700 er 2013 auf den Markt kam , war ich vom Ausehen sehr angetan .Allerdings als ich die PS Zahl las eher abgetan .Damals fur ich eine Fazer 1000 .Eim paar Jahre später kam diese Honda dann als 750 er mit allerdings nur 55 PS auf den Markt . Zu dieser Zeit fuhr ich eine Harley XR 1200 , machte eine Probefahrt mit der Honda und verkaufte die Harley .Mittlerweile habe ich in den 3 Jahren 45000km auf der Uhr und bin von dem Motorrad sehr angetan .Mit der Leistung habe ich mich arangiert und geniesse das frühe hochschalten mit wenig Drehzahl . Der Spritverbrauch auf der Landstrasse ist mit machmal unter 3.5 Liter wirklich niedrig, gemessen an den ca 20 verschiedenen Maschinen die ich vorher hatte .Das Tankfach ist erste Sahne und möchte ich nicht mehr miesen .Die Stossdämpfer habe ich gegen White Power Federn ausgewechselt . Eine zweite Scheibenbremse und die PS Leistung auf 65 wäre mein Wunsch für dieses Motorrad. Ich denke das bald ein Nachfolger kommen wird der diesen Wunsch erfüllt .Für grade mal 6000 Euro kann man kein zuverlässigeres und wirtschaftliches Motorrad bekommen .
Schöner Bericht, dem ich mich nur anschließen kann.
Ich habe erst 2017 den Motorrad-Führerschein gemacht und hatte erst die NC 750 X. Sie war mir leider etwas zu groß, ich wurde auf ihr einfach nicht sicher. Mit der HONDA NC 750 S bin ich total glücklich. Die Entscheidung für ein DCT Schaltgetriebe habe ich nicht bereut, ich finde die Maschine schaltet optimal.
Fahrspass pur!
ich habe einer 750er dct bj..2017, mit der ich sehr zufrieden bin, bis auf einige Wünsche, für die ich beim Neukauf gerne mehr bezahlen würde:
-in der Höhe verstellbarer Sattel
-Blinkerbirnen in LED
-Schubabschaltung
-automatische Blinkerhebelrückstllung
-bei „Aufbockung“ sollte die Handbremse auch auf das Vorderrad wirken.
-das Staufach und der Tank könnten voluminöser sein
-Kardanwelle
-Verbrauch könnte noch niedriger sein
(3,5 l/100km bei 100km/h ist mir zu viel. Verglichen mit meinem C-Max 1,5 Tonnen, brauche ich für 100km beladen mit Reisegepäck zu zweit bei 120km/h 6,2l. Jeweils im Straßen- mix beider Fahrzeuge. Ich benutze auch zum Bremsen die manuelle Geschichte, da mir die Automatik manchmal viel zu spät herunter schaltet. Trotz rechtzeitiger Wartung bei Honda lässt sich das Ding gefühlt nur mit Mühen schieben, bzw. manövrieren.Die Kopflastigkeit tritt recht überraschend stark und plötzlich ein. Genug gemeckert.
Beste Grüße
Wolfgang Queitsch
-wesenltich leiserer auspuff
Benutzte zur
habe den gleichen Typ seit 01. 2017.
kann mich den Artikelinhalten nur anschließen.
Ein Superbericht.
Habe jetzt 15000km auf dem Zähler.
Komme aber oft zwischen 3,5 und 4 Liter auf 100km lt. Tankbuchaufzeichnungen, weil ich in einer bergigen Gegend wohne und fahre. Guter Tourer. Vermisse die Combibremse der Vorgänger dieses Typs sowie LED-Blinker, Gewicht müsste geringer sein, Sattel in der Höhe verstellbar, eine bessere Hupe als dieses schnarrende Teil. Den Akku aus- und einzubauen ist für mich als Laie fummelig. Könnte ruhig leiser sein (Vergleich zu meiner NC 700 S 2012. Ein Kardanantrieb könnte die Kettenpflege ersparen. Würde so dann gern mehr bezahlen für eine neue Maschine. Gruß und Dank vom Wolfgang