aus Kradblatt 12/23 von Lars Godejohann

Opas Sofa …

Honda Helix - hierzulande stets missverstanden
Honda Helix – hierzulande stets missverstanden

Der Honda Helix ist ein Young­timer der 1980er Jahre mit entsprechend technischem Stand. Wer sich so etwas kauft, sollte „Schrauber“ sein und einen entsprechenden Arbeitsplatz haben.

Die Konstruktion des Helix war für die 80er bemerkenswert. Vorne verrichtete eine stabile Schwinge mit Federbeinen ihren Dienst, der Motor war ein stehender, leicht nach hinten geneigter Einzylinder der sehr robusten Sorte.

Nein, das ist keine GoldWing
Nein, das ist keine GoldWing

Vorne über dem Vorderrad (im Schnabel) befand sich der Wasserkühler. Im Cockpit waren Digitalanzeigen. Der Lenker lag perfekt zur Hand. Durch die sehr niedrige Sitzposition saß man im Helix. Trotzdem konnte man die Beine bequem am Bug ablegen. Auch wenn rechts das Bremspedal für die Hinterrad-Trommelbremse sitzt, ging das. Am linken Lenkerende gab es nämlich keinen Bremshebel. Links in der Verkleidung war dafür der Feststell-Bremshebel – praktisch beim Parken am Hang. Wird die bequeme weiche Sitzbank abgenommen – dazu ist nur eine Schraube nötig – hat man das Motörchen auf dem Präsentierteller. Die Ventilsteuerung des Helix war genial, da von außen justierbar! Hinten im Heck war dann der große „Kofferraum“.

Die wenigen Schwachstellen: anfällig ist der Gummi-Ansaugstutzen, wenn der Vergaser keine zusätzliche Halterung hat. Diese Halterung sollte unbedingt montiert werden. Des Weiteren hat der Vergaser eine „Luftabsperrmembrane“ mit einem Deckel. Im Deckel befinden sich zwei Löcher, die zueinander Luftdurchlass haben müssen. Eine Bohrung war jedoch oft nicht tief genug gebohrt. Das lässt sich leicht selbst nacharbeiten. Ein fehlerhaft hergestellter Deckel macht sich durch Auspuffknallen beim Gas wegnehmen bemerkbar. Vibrationsgeräusche in bestimmtem Drehzahlbereich kommen von den Federn der Hinterradfederung (besonders bei Hagondämpfern) – ein Neoprenschlauch drüber schafft Abhilfe.

Der Tacho kann mal laute Geräusche verursachen. Etwas Multifunktionsöl in die Öffnung des Rückstellmechanismus sowie in die Tachowellenaufnahme schafft Abhilfe.

Damals ein futuristisches Cockpit
Damals ein futuristisches Cockpit

Wie weit man nun seinen Helix restauriert und ausstattet bleibt jedem selbst überlassen. Für mich ist der Helix ein Komfort-Cruiser-Tourenroller, den ich (auch mal bei weniger gutem Wetter) oft mit Sozia fahre. Dementsprechend bekam der Helix nach der Teilrestaurierung Heizgriffe, verstellbare hintere Hagon-Federbeine (die Originalen sind nicht verstellbar), seitliche LED-Begrenzungsleuchten (gab es mal original als Option), einen Givi-Topcaseträger (verstellbar) mit entsprechendem Topcase sowie eine Tunneltasche und ein paar extra große Handprotektoren. LED-Zusatzscheinwerfer unterstützen den mauen H4-Scheinwerfer, eine Warnblinkanlage habe ich auch montiert. 

In den USA und Kanada gab es den Helix optional mit einer Kenwood-Radioanlage, d.h. der Lautsprecherplatz ist vorhanden, ein entsprechendes Radio vom freien Markt habe ich nachrüstet (inklusive 12 Volt Steckdose und Sprechanlagenfunktion) – für mich nur, um den Verkehrsfunk und die Nachrichten mal zu hören. Beachten sollte man bei der Montage von elektrischem Zubehör, dass die Lichtmaschine nur (je nach Baujahr) 188 bis 240 Watt leistet.

Eine hohe Scheibe ist serienmäßig und die Höhe sehr gut gewählt, man kann bei Regen drüber sehen und hat keinerlei Turbolenzen (176 cm Körpergröße). 

Praktisch: selbstgebaute Lehne
Praktisch: selbstgebaute Lehne

Den Soziusplatz habe ich etwas angepasst: die originalen Fußrasten auf dem Trittbrett mussten einem Aluriffelblech weichen und es gab noch aus ergonomischen Gründen klappbare, weiter außenliegende Fußrasten. Die hintere Lendenstütze für den Sozius wurde abgespeckt, so hat man mehr Sozius-Sitzfläche.

Die Leistung habe ich aufgrund der 17 PS und der starken Motor-Vibrationen um die 100 km/h anders abgestimmt: 18 Gramm selbstschmierende Malossi-Variorollen statt 21 Gramm original. Dadurch habe ich beim Beschleunigen die volle Leistung (wenn es mal sein muss) und auf der Landstraße/BAB eine gesenkte Drehzahl und keinerlei derbe Motorvibrationen mehr. Wer an der Variomatik schraubt, sollte sich das originale Werkzeug gönnen (100 €), mit Standardblockierern könnten die Flügel der Varioscheibe abbrechen. Als Riemen verwende ich nur Bando – dieser Hersteller liefert auch an Honda. Der Riemen läuft bei mir jetzt 10.000 km ohne Probleme.

Das Fahren mit dem Helix ist eine äußerst gemütliche und bequeme Sache. Eine Fahrerrückenlehne für Solobetrieb – ohne Werkzeug demontierbar – steigert das Ganze noch. Die Ladefähigkeit ist enorm, die Technik eigentlich unkaputtbar (wenn man mal vom Alter absieht).Das Fahrverhalten ist – wenn man den Helix artgerecht bewegt – stabil, der Langlauf super (Radstand über 1,6 Meter!) Bei 100 km/h sollte man es gut sein lassen.

Helix, Opas Reisesofa
Helix, Opas Reisesofa

Ich habe in meinem über 45-jährigen Biker-Dasein schon viele Bikes und Roller gefahren. Der Helix ist mit das Pragmatischste und Bequemste, was ich je gefahren habe und sollte Honda sich dazu durchringen einen modernen Helix auf die Beine zu stellen, dann her damit! Dieser Roller hat nicht umsonst Kultstatus und wird auch als „das Sofa“ oder „Goldwing-Shuttle“ bezeichnet. Ein Burgmanfahrer an der Ampel neben mir meinte: das ist ja fast eine Goldwing. Als „Shuttle“würde ich es nicht bezeichnen, denn ein Forumsmitglied vom Helixforum ist damit durch Schweden-Finnland-Norwegen bis zum Nordkap und retour gefahren.

Der Helix wird auch in Lizenz von CF-Moto weitergebaut, ist hierzulande aber nicht mehr zulassungsfähig – leider. Schade, dass Honda diesen Konstruktionsweg nicht weitergegangen ist. Der Verbrauch liegt bei ca. 3,5 Liter.

Wer sich nun für einen Helix interessiert: im Netz auf YouTube gibt es viele Filme (sogar den original Werbefilm!) und wer sich die japanische Helix-Customszene ansieht, traut seinen Augen nicht. Bei Kleinanzeigen.de und mobile.de gibt es diverse Angebote, aber Achtung: es sind einige verbastelte Schindmähren zum saftigen Preis darunter! Für ein Top-Exemplar mit wenig Kilometern (gibt es sehr selten) sollten 2500–3500 € veranschlagt werden. Restaurationsobjekte gibt es bereits ab ca. 700 €.