aus Kradblatt 2/22, von Torsten Thimm
Für die kleine Rebellion gegen den Überfluss
Die Auswahlmöglichkeiten im Bereich der neuen A2-Cruiser sind bekanntermaßen wirklich begrenzt. Honda machte daher alles richtig und verpasste der Rebel 500 im Jahr 2020 ein Update, was sie neben der Kawasaki Vulcan S in der Klasse mittlerweile zu einem Einzelstück macht. Doch wo liegt der Reiz und der Rebell in der Rebel vergraben?
Böse Buben, sexy Mädchen, Motorradfahrer und Fahrerinnen haben bereits von Beginn an das typische Image der harten Typen, der Rebellen, ja gar der Draufgänger. All diese Klischees scheinen jedoch nicht so wirklich mit der in mattschwarz lackierten CMX500 vereinbar zu sein. Zumal Honda Motorräder grundsätzlich auch eher für andere Tugenden, wie Zuverlässigkeit und Alltagstauglichkeit am Markt stehen, zudem eine ausgereifte Technik bieten und guten Fahrkomfort. Ist es also am Ende lediglich der Name, der den Rebell in der Rebel definiert?
Motor und Leistung. Eins vorneweg im Motor ist der Rebell jedenfalls nicht versteckt. Der flüssigkeitsgekühlte Reihen-Zweizylinder mit 471 Kubik stellt sein Schlauchwerk sehr offenliegend und Chopper- untypisch zur Schau und ist in den meisten Teilen baugleich mit seinem Bruder aus der CBR500R. Doch anders als im kleinen Supersport Model wurde er in der Rebel mittels Überarbeitung der Motorabstimmung, Kraftstoffeinspritzanlage und Zündfolge, gekonnt an den Cruiser und seine Charaktereigenschaften angepasst. Die maximale Leistung von 46 PS liegt hier bei 8.500 Umdrehungen an, das maximale Drehmoment von 43 Nm spürt man bei 6.000 Touren. Diese Daten sind alle ähnlich wie die Daten der 500R, doch liegen die 43 Nm bereits 1.000 Umdrehungen früher an. Das wiederum steht für den eigenständigen Charakter des Aggregats. Damit fokussiert man die Motorabstimmung spürbar in den unteren zwei Dritteln des Drehzahlbandes und nicht wie beim Sportler in den oberen Regionen. Dort geht der CMX nämlich spürbar die Luft aus, während sie unten und in der Mitte angenehm kraftvoll und vor allem auch gleichmäßig die Leistung ans Hinterrad drückt. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 155 km/h, ist man so ganz rebellisch und leicht für die üblichen Landstraßen gerüstet und auch die Autobahn braucht man nicht zu fürchten. Wobei die Rebel egal wo und wie stets einfach und vollkommen beherrschbar zu fahren ist.
Steht der Name dann vielleicht doch eher gar für eine Rebellion in die ganz andere Richtung? Man könnte es fast meinen, denn mit ihren 191 fahrfertigen Kilogramm und den 690 mm Sitzhöhe finden selbst die kleinsten Fahrer einen Platz auf ihr und die Füße einen festen Stand auf dem Boden. Außerdem lässt sie sich damit spielerisch leicht um die Ecken zirkeln und fährt unter Umständen manch einem echten Rebellen auf dem schweren Eisen einfach davon.
Optik und Maße. Optisch gesehen geht Honda einen eigenen Weg mit dem kleinen Bobber. Schwarz ist die dominierende Farbe im Konzept der Special Edition. Schwarz lackierter Motor, schwarze Gussfelgen, freiliegender Gitterrohrrahmen, mattschwarz aufgesetzter Tank und ebenfalls schwarze Kotflügel lassen sie beinahe grimmig wirken. Ein wenig Farbe oder Chrom hätte ihr hier aus meiner Sicht schon gut getan, um das Ganze schwarz etwas aufzulockern. Aber natürlich gibt es für all jene die Bunt mögen auch noch andere Farbvarianten.
Die gut ausleuchtenden LED-Lichtelemente und das überarbeitete digitale Display mit Ganganzeige geben ihr einen modernen Touch mit auf den Weg, wobei das Display aufgrund der Reflexion in der direkten Sonne hin und wieder etwas schwer ablesbar ist. Der gesamte Bobber Look wird von den dicken Schlappen vollendet. Mit 150/80-16 hinten und 130/90-16 vorne wirkt es fast so, als hätte man zu viel Botox in die Reifen gespritzt und sie dann auf die Felgen montiert. Die Menge an Gummi hat aber auch durchaus ihre Vorteile, denn die Eigendämpfung erhöht den Komfort, der Grip ist besser und natürlich trägt es im Konzept auch zur Optik bei.
Ganz anders wirkt da die schmale Mitte der Rebel. Der 11 Liter Tank, der sich lang über das Gittergeflecht spannt und der Lenker schaffen eine Sitzposition, die zum Bike passt. Mit einem gestreckten und vor allem auch geraden Rücken sowie breiten Ellenbogen, sitzt man beinahe draufgängerisch und ganz dem Klischee entsprechend auf der Rebel. Auch das seitlich angebrachte Zündschloss trägt hier zum klassischen Look im Chopper Segment bei. Alle Bedienelemente sind indes selbsterklärend, leicht zu erreichen und wenn man sich mal an den vertauschten Blinker und Hupenknopf gewöhnt hat, ist zudem die letzte kleine, manchmal etwas auffällige Fehlerquelle (Die Hupe klingt sehr nach Bigbike) ausgeräumt. Das macht Spaß und zusammen mit dem Brabbeln, aus dem ja natürlich mattschwarz gehaltenen Auspuff, steigt so die Freude am Fahren noch einmal an.
Wie weiter oben schon geschrieben war unser Test-Bike ein Modell der Special Edition Serie. Die Unterschiede zur Serien-Rebel sind schnell und deutlich sichtbar. Das meiste hat erneut mit der Farbe Schwarz zu tun. So ist der Scheinwerfer von einer mattschwarzen Lichtmaske eingeschlossen, die nichteinstellbare Telegabel ist geschwärzt und mit klassischen Faltenbälgen ausgestattet. Der sehr wuchtig wirkende Kühler hat eine komplette Verkleidung aus schwarzem Kunststoff und das Sitzpolster die Anmutung einer Rautensteppung. Natürlich ist das bei weitem noch nicht alles, denn wie andere Hersteller auch, bezieht Honda ein eigenes Custommanagement mit ein. Im dazugehörenden Zubehör-Katalog kann man lederne Satteltaschen, Gabelabdeckungen oder auch ein Windschild finden und sich ordentlich und individuell austoben. Customizing gehört eben mittlerweile einfach mit dazu und erfreut nicht nur Bastler und Individualisten, sondern auch die Konten der Hersteller.
On the Road. Ein kurzer Radstand (1490 mm) macht handlich und flink, das dürfte klar sein und das trotz der größer gewählten Reifendimensionen. Auch die tiefe Sitzposition und der breite Lenker fördern die Handlichkeit der Maschine. Daneben fiel mir beim Fahren auch immer wieder das leichtgängige 6-Gang Getriebe auf, das sich in Verbindung mit der ebenfalls leichtgängigen Kupplung sanft durchschalten ließ. Seine sportlichen Gene hat der Twin trotz aller Anpassungen nicht ganz verloren, wird aber von den beiden Einscheiben Bremsen (vorne 295 mm und hinten 240 mm Durchmesser) souverän eingefangen. Das serienmäßige ABS unterstützt dabei im Notfall den Fahrer. Wer eine Traktionskontrolle sucht wird diese allerdings nicht finden und auch verschiedene Fahrmodi stehen bei der Rebel nicht im Lastenheft. „Ride Pure and enjoy your Ride“ lautet die Devise.
Genauso einfach und klassisch geht es dann auch am Heck weiter, denn hier stützt sich die Schwinge über zwei in der Federvorspannung einstellbare Stoßdämpfer von Showa mit 95 mm Federweg am Rahmen ab. Zusammen mit der vorne verbauten, nicht einstellbaren 41 mm Teleskopgabel mit 122 mm Federweg ergibt das ein eindeutig auf Komfort ausgerichtetes Fahrwerk, das aber auch die etwas forschere Gangart nicht scheut. Erst wenn die Straßen pickliger, die Bodenwellen und Schlaglöcher stärker werden, merkt man, dass man auf einem Bobber und nicht auf einem Highendbike unterwegs ist.
Fazit. Kommen wir zurück auf die Eingangsfrage des Tests! Was macht die Honda CMX500 Rebel zum Rebellen?
Nachdem Motor, Leistung, Gewicht und so ziemlich alle Chopper- und Cruiser-typischen Merkmale bei der Betrachtung wegfallen ist die Antwort so einfach wie die Technik der Rebel selbst. Es ist das Gesamtpaket. Ein Paket, geschnürt um Motorradfahrer einfach glücklich zu machen. Weg vom ausufernden Hubraum- und PS-Wahn, weg von mittlerweile teils unüberschaubarer Elektronik und zurück zum Zentrum dessen was es sein soll: „Einfach Motorrad fahren“. Und genau das ist sie auch: einfach, vielseitig und alltagstauglich – man verbindet in ihr japanische Stärken mit einem eigenständigen Look. Dabei entflieht man als Fahrer gleichzeitig bewusst oder unbewusst unserer hektischen Welt und kommt bestenfalls zurück zum Ursprung dessen, was Chopper-Fahren einmal ursprünglich war. Freiheit und Entspannung, meine Maschine, ich, eine Straße und die Natur.
Mein Tipp: lasst euch mal drauf ein, denn egal ob man sie als Einsteigermotorrad oder entspanntes Zweitmoped nutzt, die Honda Rebel kann das und macht dich so zu ihrem Rebell.
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