aus Kradblatt 10/22 von Gregor Schinner, www.zweirad-online.de

Der Dauerläufer …

Honda CBX 1000 - 1.000.000 Kilometer sind schon eine Hausnummer
Beide Daumen hoch – 1.000.000 Kilometer sind schon eine Hausnummer

Der Nürnberger Jürgen Hereth, vielen Lesern des fränkischen Motorradmagazins „Zweirad“ als amtierender Ailsbachtal-Nikolaus längst ein Begriff, hat in diesem Jahr eine äußerst spektakuläre Leistung vollendet. Auf seiner Honda CBX1000 mit Sechszylindermotor erreichte er eine Laufleistung von 1.000.000 Kilometern, die er auch nahezu komplett allein auf das Motorrad gefahren hat.

Im Jahre 1963 erblickte Jürgen in Stein, das damals noch zum Landkreis Nürnberg gehörte, das Licht der Welt. Mit zwei Mofas begann sein Einstieg in die Welt der motorisierten Zweiräder, gefolgt von einer Hercules K50 RL. Honda CB 400 NC, CB 750 K2 und MTX 200 R waren seine nächsten Fahrzeuge, ehe er sich 1987 den Traum seines absoluten Lieblingsmotorrades erfüllte: Eine Honda CBX 1000 Pro-Link mit Sechszylindermotor und Tourenverkleidung. Zwar gebraucht (Bj. 1983), aber mit nur 6000 km auf der Uhr und ebenso viele D-Mark teuer.

Jürgen als Ailsbachtal-Nikolaus
Jürgen als Ailsbachtal-Nikolaus

Schon damals und auch viele Kilometer später war es nie das erklärte Ziel, die geliebte CBX irgendwann mal in siebenstellige Kilometerstände zu treiben – es ergab sich zwangsläufig, da Jürgen einfach ein Kilometerfresser war und ist. Schon nach den ersten 100.000 Kilometern war eine Tachoerweiterung um eine Stelle beim Spezialisten KA-JA in Neunkirchen fällig. Doch auch danach sammelte Jürgen weiter fleißig Kilometer auf seinen Reisen durch Europa. Egal ob Schottland, Schweden, Frankreich, die Niederlande, Spanien, Portugal, die Isle of Man (3x) oder das Nordkap – immer war er mit seiner CBX auf Urlaubsreise oder auf dem Weg zum nächsten Markentreffen, und spulte so im Jahr rund 40.000 Kilometer auf den Tacho. Eine Zahl, die manche Vertreter nicht mal mit dem Auto schaffen und Jürgen neben dem ganzen Sprit immerhin vier Satz Reifen pro Jahr kosten. 

Während viele Motorradfahrer, die früher mit Zelt und Schlafsack auf Reisen gingen, heute ein Hotel vorziehen, ist sich Jürgen auch hier treu geblieben. Falls er nicht bei Freunden unterkommen kann, ist das Zelt für die Nacht weiterhin die Bleibe der Wahl.

Eine andere Werkstatt außer seiner eigenen hat die Honda in all den Jahren nicht gesehen, denn Jürgen schraubt gerne selbst an seiner CBX und hat neben den vielen Wartungsarbeiten auch einiges optimiert. Ein Wilbers-Fahrwerk mit progressiven Gabelfedern und ein Stoßdämpfer mit Höhenverstellung sorgen für satte Straßenlage. Von der ZX-9R fand eine stärkere Lichtmaschine (320W) den Weg in die CBX, dazu eine Hallgeber-Zündanlage, Iridium VX Zündkerzen, Veetone Ventilschaftdichtungen, ein lichtstarker LED-Scheinwerfer und noch einiges mehr. Nur von einem Motortuning lässt er die Finger und will sich stattdessen die Zuverlässigkeit des 105 PS starken Sechszylinders
bewahren.

Mit der Honda CBX 1000 auf Reisen
Mit der Honda CBX 1000 auf Reisen

Natürlich mussten im Laufe der Jahre auch einige Unfallschäden repariert werden, denn eine Million Kilometer gehen weder an Mensch noch Maschine spurlos vorbei. Den wohl heftigsten Schaden erlitt die CBX bei einem Autobahnunfall auf der A9 in der Nähe von Greding, wo bis auf den Motor alles zerstört war und neu aufgebaut werden musste. 2016 war es dagegen Jürgen selbst, den es heftig erwischte. Auf einer Urlaubsreise wurde er in Portugal zu Fall gebracht, nur der Hilfe eines unbeteiligten Unfallzeugen war es zu verdanken, dass Jürgen schnell in ein Krankenhaus gebracht und sein Leben gerettet wurde – auch ein Grund, warum er sich gelegentlich mit dem Attribut „unzerstörbar“ vorstellt.

Erst unlängst waren wieder einige Reparaturen an der CBX notwendig, nachdem Jürgen in einer schnellen Kurve eine unschöne Begegnung mit einem Reh hatte. Gerade bei eher unspektakulären Stürzen leidet ein Bauteil immer sehr schnell: Die Auspuffanlage. Schon mehr als fünf Mal mussten einer oder beide Endtöpfe ersetzt werden, bei einem Oldtimer wie der CBX1000 kein leichtes Unterfangen, diese immer wieder zu organisieren. Zum Glück gibt es eine große CBX-Clubszene, die speziell in Frankreich und den Niederlanden gut organisiert ist. Dank digitaler Vernetzung mit einigen Protagonisten dieser Szene gelang es Jürgen bisher immer, die benötigten Teile zu beschaffen.

Der Millionentacho - Honda CBX1000
Der Millionentacho – Honda CBX1000

Der gelernte Kessel- und Behälterbauer arbeitete unter anderem als Stahlbauschlosser, Brennschneider, CNC-Facharbeiter und Logistiker, blieb seinem Ausbildungsbetrieb MAN aber stets treu. Neben Beruf und Motorradfahren bleibt indes wenig Zeit für sonstige Hobbys. Der glühende Marc Márquez-Fan und Ex-Roadie steht dafür auch gerne in seiner Werkstatt und schraubt neben der CBX an verschiedenen Motorrädern. Aktuell wären da noch eine Suzuki GSX 1100 EF sowie eine Honda CBX 750. Und dann gibt es auch noch das „Wintermotorrad“: eine Honda XR 250 RF mit immerhin auch schon 80.000 Kilometern – das Dienstkrad des Ailsbachtal-Nikolaus’. Der Begriff „Wintermotorrad“ lässt es bereits erahnen. Jürgen hat nicht mal ein Auto, geschweige denn einen Auto-Führerschein. Jede längere Strecke wird auf zwei Rädern absolviert, nur für Einkäufe steigt er auf vier Räder um: Ein Fahrrad mit selbstgebautem Anhänger steht für Besorgungen aller Art bereit.

Gerne würde der Single auf seinen vielen Reisen eine weibliche Begleitung an seiner Seite haben, bisher hat sich jedoch die passende Dame noch nicht gefunden. Sie sollte eine unkomplizierte, schlanke Selbstfahrerin zwischen 55 und 59 Jahren aus Nürnberg sein, die sich für längere Motorradreisen, im Zelt pennen und Heavy Metal begeistern kann. Bewerbungen können gerne an ZWEIRAD gesendet werden – wir leiten sie entsprechend weiter.

Einen Ausblick für die nahe Zukunft hat uns der unzerstörbare Honda CBX Highlander auch noch mit auf den Weg gegeben. Im Winter muss erneut der Tachodienst Hand anlegen und eine weitere Stelle im Kilometerzähler einbauen, damit die Million auch würdig im Cockpit verewigt ist. Für 2023 soll es dann wieder ans Nordkap gehen. Das Foto vor der berühmten Weltkugel, welches ihm beim ersten Besuch noch verwehrt wurde, soll dann endlich nachgeholt werden.