aus bma 7/12
von Klaus Herder

Honda-CBR-250-R_rechtsDas beste Argument zur Markteinführung der Honda CBR 250 R heißt Kawasaki Ninja 250 R. Kawas grüner Viertelliter-Twin liefert seit 2008 nämlich eine respektable Erfolgsgeschichte, die ihm aber anfangs sogar von den eigenen Leuten nicht zugetraut worden war. Was mit dem Import homöopathischer und dann überraschend schnell ausverkaufter Stückzahlen begann, bescherte Kawasaki 2011 mit 497 Exemplaren Platz 56 der deutschen Zulassungs-Hitparade. Damit man diese Zahl einordnen kann: Von der einen Platz dahinter platzierten Kawasaki Versys wurden 64 Exemplare weniger unters Volk gebracht; die medial doch recht präsente Honda CBR 600 RR schaffte sogar nur 450 Zulassungen (Platz 59); und für die ebenfalls nicht ganz unbekannte Yamaha YZF-R1 begeisterten sich im vergangenen Jahr bundesweit gerade mal 405 Käufer, was dem Superbike den Hitparaden-Platz 63 bescherte.

Honda-CBR-250-R_MotorFür kompakte, leichte, sparsame, dabei flott gezeichnete und trotzdem bezahlbare Straßenmaschinen scheint es hierzulande also einen Markt zu geben. Doch nicht jeder potenzielle 250er-Inte­ressent verspürt Lust, sich als Drehorgelspieler zu betätigen, damit es mit solch einem Gerät flott vorangeht. Um mit der Ninja richtig Spaß zu haben, ist eine gewisse Vorliebe für fünfstellige Drehzahlen aber fast schon Grundvoraussetzung, der quirlige Zweizylinder benötigt muntere 11000/min, um seine vollen 33 PS zu mobilisieren und dreht auch deutlich darüber hinaus. Eine an selige Zweitaktzeiten erinnernde, recht spitze Charakteristik, die man aber mögen muss. Für alle, die das nicht tun, entwickelte Honda eine ähnlich flott verpackte, in ihrer Grundabstimmung aber gänzlich andere 250er. Die auf der Mailänder Motorradmesse EICMA Ende 2010 präsentierte CBR 250 R ist nach elf Jahren Sendepause endlich wieder ein Viertelliter-Viertakter vom weltgrößten Motorradhersteller. Der komplett neu konstruierte Einzylindermotor setzt auf Durchzug aus eher niedrigen Drehzahlen und fährt nahezu alles auf, was moderne Motorentechnik zu bieten hat. Als da wären: Wasserkühlung, Vierventil-Zylinderkopf mit zwei oben­liegenden Nockenwellen, elektronische Kraftstoffeinspritzung und Dreiwege-Kat.

Der Kurzhuber (Bohrung/Hub 76/55 mm) mobilisiert zwar „nur“ 26 PS, doch die werden bereits bei 8500/min geliefert. Beim maximalen Drehmoment liegt die Honda mit 23 Nm bei 7000/min sogar über der Ninja (22 Nm bei 8200/min) und hat mit vollgetankt 166 kg auch sieben Kilo weniger zu schleppen als die bauartbedingt schwerere Kawa. Entwicklungsziel waren bei Honda eine möglichst gleichmäßige Leis­tungsentfaltung und ein geringer Spritverbrauch, weniger die absolute Spitzenleistung. Einem Single akzeptable Laufruhe beizubringen ist durchaus eine gewisse Herausforderung – die von den Honda-Technikern u. a. mit Hilfe einer Ausgleichswelle souverän gelöst wurde. Nach dem Druck aufs Knöpfchen pröttelt der Vierventiler dezent vor sich hin und reagiert spontan auf Gasbefehle. Um die Kupplung zu betätigen, genügt es beinahe, mit der linken Flosse nur in die Nähe des Handhebels zu kommen – das Teil ist sensationell leichtgängig und da­bei fein dosierbar.

Honda-CBR-250-R_linksFür die Arbeit am Schalthebel ist ebenfalls so gut wie kein Kraftaufwand erforderlich, allerdings mögen es die sechs Gänge, sehr zielgerichtet eingelegt zu werden. Zögerliches Herumfußeln wird ggf. mit Hakigkeit bestraft.

Hinter der designmäßig zwischen Fireblade und VFR 1200 F angesiedelten Verkleidung überzeugt ein sehr gut ablesbares Cockpit. Großer, analoger Drehzahlmesser plus Digitaltacho, Tank- und Kühlmitteltemperatur-Anzeige sowie Zeituhr liegen perfekt im Blickfeld und würden sich auch an manch deutlich größerer Maschine gut machen. Hinterm relativ kurzen 13-Liter-Tank sitzt der Fahrer recht entspannt in kurzbeinerfreundlichen 785 mm Höhe auf einem eher straffen Polster. Langstreckentauglich ist doch etwas anders, und bei gerade mal drei Litern Durchschnittsverbrauch (und damit über 400 Kilometern Reichweite) werden Tankstopps nicht die einzigen Pausen bleiben.

Honda-CBR-250-R_CockpitBereits ab 2000 Touren ist der Single entspannt fahrbar, ab 5000/min kommt Leben in die Bude, und ab 9000/min macht der kernige, aber dabei trotzdem angenehm vibrationsarm laufende Motor klar, dass Ausdrehen wenig bringt. Der rote Bereich wird bei 10500/min erreicht – und bleibt in der Praxis eine eher selten angesteuerte Region, das wahre CBR-Leben spielt sich im vierstelligen Bereich ab. Im unteren und mittleren Drehzahlbereich ist der Honda-Single deutlich kräftiger als der Kawasaki-Twin, arbeitet dafür aber in höheren Regionen zäher. Die Begriffe besser oder schlechter sind als Pauschalurteile an dieser Stelle völlig fehl am Platz – es sind eben gänzlich unterschiedliche (Motor-)Charaktere.

Ein klares „besser“ verdient sich die in Schwarzmetallic und „Tricolor“ lieferbare Honda aber in Sachen (Sicherheits-)Ausstattung, denn für 4755 Euro (inkl. NK) sind ein feinfühlig regelndes, nur dezent spürbares ABS und sogar eine Kombibremse enthalten, bei der das Bremspedal den hinteren und vorderen Stopper, der Handhebel aber nur die vordere Bremse aktiviert. „Combined ABS“ – eine wirklich feine Sache, die es bei der von Haus aus bereits rund 500 Euro teureren Kawasaki selbst für Geld und gute Worte nicht gibt. Großes Lob für die Honda-Sicherheitsfeatures, weniger Lob für die (wie das ganze Motorrad) in Thailand gefertigten IRC-Erstausrüstungsreifen, die zumindest bei Nässe mit Vorsicht zu genießen sind. Ähnlich mäßige Gummis trägt aber auch die Kawa, und auch in Sachen Federelemente nehmen sich die beiden Japohobel nichts.

Honda-CBR-250-RDer Honda-Gabel fehlt etwas Straffheit, die Dämpfung ist eher mäßig, und beim harten Ankern geht sie auf Block. Das Federbein funktioniert zumindest im Solobetrieb ganz passabel und kommt erst mit Sozius und Gepäck an seine Grenzen. Doch das interessiert kaum noch, wenn es auf möglichst verwinkelter Strecke und mit vielen engen Kurven zur Sache geht. Dort spielt die CBR (wie auch die Ninja…) ihre ganz großen Stärken aus, also ihr geringes Gewicht und die faszinierende Handlichkeit. Auf die Gefahr hin, dass das nun folgende Klischee keiner mehr lesen kann, beschreibt es doch ein einziges Wort absolut treffend: Fahrrad! Spielerisch und wunderbar zielgenau lässt sich die auf 110er-/140er 17-Zöllern rollende CBR einlenken. Sie klappt wie von selbst in nahezu unbegrenzte Schräglage, stellt sich weder beim Bremsen noch auf Bodenwellen auf und sorgt einfach nur für ein ganz, ganz breites Grinsen ihres Fahrers. Natürlich lassen sich mit 26 PS keine Bäume ausreißen, aber gerade das kann den besonderen Reiz ausmachen. Wer mit der 250er nämlich wirklich flott unterwegs sein möchte – und das möchte in Anbetracht der Ultra-Handlichkeit eigentlich jeder – muss sich einen sehr runden Fahrstil aneignen, bei dem immer schön viel Schwung mitgenommen werden sollte. Auf der Geraden stumpf die Brause aufdrehen kann jeder Idiot, mit einer 250er wirklich zügig ums Eck zu biegen ist etwas für Könner.

Honda-CBR-250-R_ABSDie absoluten Fahrleistungen sind dabei völlig nebensächlich, sollten der Vollständigkeit halber aber erwähnt werden. Bitteschön: Für den so ungemein wichtigen Sprint von 0 auf 100 km/h benötigt die CBR 250 R acht Sekunden, was zum Verblasen handelsüblicher Kompaktwagen allemal langt. Und wen es tatsächlich auf die Autobahn verschlägt, der ist mit maximal 140 km/h unterwegs, was für den deutlich empfehlenswerteren Landstraßenbetrieb ausreichen sollte.

Die Honda CBR 250 R ist eine absolute Bereicherung der noch recht übersichtlichen 250er-Klasse, und man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass sie nach der Zulassungszahlen-Endabrechnung 2012 bei den Honda-Verantwortlichen für zufriedene Gesichter sorgen wird. Fairer Preis, ABS und Kombi­bremse serienmäßig, ordentliche Verarbeitung und jede Menge Fahrspaß – da kann eigentlich nichts schief gehen. Die 250er-Ninja war völlig zu Recht bislang recht erfolgreich, für die 250er-CBR dürfte evtl. noch etwas mehr drin sein.