aus bma 02/05

von Ralf Christöphler

Honda CB 900 F Bol d'OrNach einem kleinen Bericht über den Umbau meiner CB 750 F Bol d’Or, vor einigen Jahren, bat ich um Meldungen bezüglich günstiger 900er Bol D’or, um diese in den Originalzustand zu versetzen.
Die Resonanz war größer, als ich erhofft hatte. Leider konnte ich nicht alle Angebote persönlich begutachten, da es zu viele waren. Teilweise erübrigte sich ein persönlicher Besuch aber auch, da die Preisvorstellungen und die Beschreibung am Telefon mich nicht wirklich überzeugten.
Andere Angebote waren verlockender. Motor in Fachwerkstatt für mehr als 1000,- DM überholt. Bei den Hondapreisen war es aber keine Überholung, sondern lediglich neue Ventilschaftdichtungen, Ventile einstellen etc..
Dann meldete sich Tommy Ahrensmann aus Vegesack. Seine Anzeige über eine Unfall-Bol d’Or hatte ich gelesen, aber nicht näher in Betracht gezogen. Am Telefon klang es dann aber doch sehr gut. Ich erwarb ein komplettes Fahrgestell, bei dem lediglich die Standrohre verbogen waren. Später kaufte ich noch den dazugehörigen Motor.
In dieser Zeit meldete sich auch Heinz Hagen aus Haaren/Ems. Sein Nachbar wollte sich eventuell von seiner 900er trennen. Also mit Hänger, roter Nummer und Geld hin. Die Maschine hatte das entsprechende Baujahr, eine originale Auspuffanlage und sollte noch gut in Schuß sein.
Die Probefahrt verlief ganz lustig. Die Bolle sprang kalt gleich an. Also rauf und fahren. Super Durchzug. Nur ein leichtes Steuerkettenrasseln. Vor der nächsten Kurve anbremsen. Super Druckpunkt der Bremse, aber keine Verzögerung. Der Bremshebel lag nämlich bereits am Lenker komplett an. Das war der Druckpunkt. Also Hinterradbremse. Keine Reaktion. Das Pedal bewegte sich nicht einen Millimeter. Zwei Gänge runter geschaltet, enorme Schräglage und langsam ausrollen lassen. Auf dem Rückweg der Probefahrt konzentrierte ich mich mehr auf die Funktion der Instrumente und Schalter bei entsprechend gemütlicher Fahrt im zweiten Gang.
iAnsonsten war die „Kiste” top. Sie hatte lediglich etwas über 40.000 km gelaufen. Der Auspuff und der Motor waren wirklich ihr Geld wert. Den Rest brauchte ich eh nicht wirklich. Zuvor war die 900er in Spanien zugelassen. Ein EG-Modell. Warum nicht. Also wurde der Kauf perfekt gemacht.

 

Honda CB 900 F Bol d'OrNun ging ich dabei und zerlegte beide Maschinen. Alle Teile wurden in Kisten gepackt. Bei der Bolle aus Haaren erlebte ich noch, wie Reparaturen günstig ausgeführt werden können. Ein Vorbastler hatte wohl beim Simmerringwechsel an der Gabel ein Tauchrohr beschädigt. Da der Simmerring nicht mehr hielt, wurden er und das Stück aus dem Tauchrohr mit Silikon eingesetzt und schwarz angemalt. Da das Gabelöl vermutlich hier rausgedrückt worden wäre, wurde die Gabelfeder mit einer Hülse auf Spannung gebracht. Beim Fahren und Transport hat man es nicht bemerkt. Als ich die Gabel aber in Einzelteile zerlegt habe, schoss mir die Hülse knapp am Kopf vorbei in die Schuppendecke. Dort ist der Einschlag immer noch zu sehen. Seit der Zeit zerlege ich Gabeln mit der entsprechenden Vorsicht.
Bei Juppi (ehm. Teilehändler bei Hude) bekam ich dann noch günstig ein paar Teile im Ausverkauf. Schade. Dort würde ich noch gerne in den Teilekisten stöbern.
Um nun die originale Bol d’Or aufzubauen, machte ich mich an eine Bestandsaufnahme. Hierbei entdeckte ich meine Liebe zum PC und zu ebay, da zu dieser Zeit noch echte Schnäppchen möglich waren.
So erwarb ich einen Ersatzteilkatalog, Montageanleitungen (wie die Motorräder aus der Kiste beim Händler zusammengebaut wurden) und mehrere Prospekte. So wußte ich, wie die Maschine original aussehen musste. Insbesondere im Detail (verlängerter Schmutzfänger hinten, Halteschrauben an den Instrumenten, Schrauben an den Bremssätteln etc.)
Bei der 900er Bol d’Or wurden im Laufe der Zeit nicht nur die Gabelausführungen, Räder und Bremsen geändert, sondern auch die o.a. Sachen. Einschließlich des kompletten Werkzeuges mit Luftdruckprüfer und Fahrerhandbuch machen diese Details dann auch einen entsprechenden Originalzustand aus.
Bei der von mir aufgebauten 900er handelt es sich um eine Erstzulassung aus April 1981, also Baujahr 1980, Modell 1981 in Candy burgunderrot. Den Lacksatz im o.a. Farbton hatte ich als Ersatzlacksatz für meine 750er liegen. Lediglich den Kauf der Seitendeckel habe ich bei einem Bol dOr Treffen klar gemacht. Bei der 900er sind die Typenschilder als Emblem ausgeführt. Bei der 750er sind sie als Aufkleber auf den Seitendeckeln.
Also den Ersatzteilkatalog zur Hand genommen und mit den Teilekisten den Bestand aufgenommen. Dabei trat die erste Unzufriedenheit auf. Beim Zerlegen der Maschinen habe ich die Teile willkürlich in Kisten gelegt. Wie es eben passte. So sah ich immer in ca. 75 Kisten nach, um ein bestimmtes Teil zu finden, oder festzustellen, dass ich es nicht fand.
Honda CB 900 F Bol d'OrDa sich meine Familie immer häufiger darüber lustig machte, dass ich länger suche als schraube, wurde ein Aufräumtag eingelegt. Alle Kisten wurden unterm Carport aufgestellt und die Teile entsprechend des Kataloges umsortiert. Es sah so aus, dass ich meinem Sohn (damals 5 Jahre alt) gesagt habe, welches Teil in welche Kiste kommt. Nun weiß auch er, was Zündspulen, Vergaser, Schalter etc. sind.
Der Rahmen und der Batteriekasten mussten vor dem Lackieren zum Sandstrahlen. Die anderen Teile habe ich vorher abgeschmirgelt, um Kosten zu sparen. Bis ich soweit war, um alles zum Lackieren zu geben, gingen eh fast zwei Jahre ins Land. Durch Schichtarbeit und Familie blieben alle zwei Tage nur 1 bis 2 Stunden am Abend. Und es sind sehr viele Teile an einem Motorrad.
Alle Teile wurden von mir zerlegt und gereinigt. Sämtliche Stecker von den Kabeln getrennt, die Bremszylinder zerlegt, die Instrumente auseinadergenommen und alle Schalter von innen zerlegt. Dadurch konnte ich sicher sein, daß alles überprüft wurde und auch etwas Geld ansparen. Lack, Vergasermembranen, Bremssattelreparatursätze usw. gibt es nun mal nicht umsonst. Der Zustand einiger Schrauben und Teile war mehr als bedauerlich, da Vorbesitzer den Dreck mit Farbe bedeckt hat, anstatt mal zu putzen.
Also alle Schrauben mit der Drahtbürste bearbeitet und nach Ersatzteilbuch zusammengestellt. Alle Schrau- ben waren vorhanden. Dann auf Draht gewickelt und zum Verzinken an die Firma Pentz in Oldenburg. Der Preis war in Ordnung. Nur fehlten leider ein paar Schrauben nach dem Verzinken. Zwar keine Spezialschrauben, aber immerhin. Denn über Gerhard Moßner (Bol d’Or Club/Nürn- berg) erfuhr ich, daß bei den Hondaschrauben im Kopf teilweise ein H vorhanden ist. Vorher dachte ich immer, daß es etwas mit der Festigkeit der Schrauben zu tun hat (sah für mich wie eine 8 aus). Also wenn original, dann auch ganz.
Als ich dann die Restschrauben erneut zu Pentz brachte (9 St.) wollten die 15,- Euro haben, Mindermengenzuschlag. Vergeßt es. Gerhard hat sie für mich verzinken lassen. Als Versuch wurden auch die Anschlüsse der Bremsleitungen verzinkt. Dazu wurden die Bremsleitungen meiner 750er verwendet, da sie nur drei Jahre im Einsatz waren, bevor ich sie durch Stahlflexleitungen ersetzte. Der Versuch verlief sehr gut. Die Bremsleitungen sehen wie neu aus und sie werfen im Fahrbetrieb auch keine Beulen. Wenn sie dann doch mal altersbedingt ersetzt werden müssen, werde ich sie wohl durch schwarze Stahlflexschläuche ersetzen.
Honda CB 900 F Bol d'OrWas die Ersatzteilversorgung betrifft, habe ich zweimal versucht bei Honda Brau in Oldenburg Teile zu bestellen. Vorher habe ich immer bei Werner Menke geordert. Klappte immer super. Aber als er aus der Donnerschweer Straße raus musste, war es auch dort vorbei. Daraufhin rief ich bei Honda Wellbrock/Lilienthal an. Hier wurde mir bereits zuvor (Dichtsatz Motor für die 750er) sehr schnell geholfen.
Dort erhielt ich auch ein neues Typenschild. Meines ging nämlich beim Strahlen des Rahmens verloren. Toll. Ich bekam das letzte in Deutschland über Honda erhältliche Typenschild. Glück gehabt. Kostete mich nur 4,- Euro.
Leider sind die Händler seit 2004 nicht mehr gehalten, Ersatzteile für die Bol d’Or vorzuhalten. Aber Gerhard Moßner hat mit Bekannten die Firma „Team d’Or“ gegründet und will so eine Ersatzteilversorgung sicherstellen.
Überhaupt ist so ein Projekt nur mit dem Fachwissen anderer Leute möglich. Über Bernhard aus Friedeburg kam ich z. B. mit Klaus aus Wilhelmshaven in Kontakt. So wird der Kreis der Bekannten/Freunde immer größer, was auch bei der Ersatzteilversorgung sehr wichtig ist. Teilehändler haben kaum noch Teile und im Internet werden sie unverständlicher Weise oft über Neupreis gehandelt. So bleiben nur Bekannte, mit denen man Teile tauschen kann. Technische Problemlösungen werden z. Zt. im Honda-Board (Internet) ganz gut gelöst, soweit es als Ferndiagnose überhaupt möglich ist. Meistens sind es Probleme im Bereich der Zündung.
Der Zusammenbau gestaltete sich nicht sonderlich schwierig. Die Teile waren alle gereinigt und auf Funktion geprüft. Es machte richtig Spaß, keine schwarzen Finger beim Schrauben zu bekommen. Die verzinkten Motorhalteschrauben habe ich über Gerhard dann doch verchromen lassen. Original sieht es nun mal besser aus. Beim Motor wurden lediglich die Ölwanne und das Sieb auf Rückstände kontrolliert. Nichts drin. Ölpumpe wie neu. Lichtmaschine war zu meiner Freude auch neu. Der Kettensatz war von Honda. Hatte kaum Kilometer zurückgelegt, war nur total verdreckt. Im Motor habe ich vorsichts- halber die Ventilschaftdichtungen erneuert. Das Ventilspiel wurde von Harry (Meister der Bol d’Or/Kawasaki Schlickel in Oldenburg) eingestellt.
Bei den Vergasern habe ich zur besseren Synchronisation zwischen die Einstellschrauben Federn gesetzt. Diese halten die Schrauben ohne Kontermuttern auf Spannung. Durch das Kontern der Muttern verstellen sich sonst die Stellschrauben und die Synchronisation ist hin, außer man hat das entsprechende Spezialwerkzeug. Die Federn erhält man, wie auch Spezialfolie zur Verhinderung des Kupplungskorbklappern, über den Honda CBX Club.
Durch das Hubraumminus muß die 750er natürlich mehr gedreht werden. Durch den vier in eins Auspuff ist es auf der 750er auch akustisch ein ganz anderes Fahren. Fast schon aggressiv. Mit der 900er fährt man ca. 600 Umdrehungen niedriger, wobei sie absolut nicht schlechter beschleunigt. Das Sitzverhalten ist auch ganz anders. Man sitzt auf der Maschine (750er abgepolsterter Sitz, breiter Lenker, 17 Zoll Fahrwerk) und nicht in ihr. Dadurch kommt bei höherer Geschwindigkeit (ca. 160 km/h) über den Fahrer mehr Unruhe ins Fahrwerk. Es ist aber nicht beunruhigend. Die Gabel kann zur Abstimmung mit Luft beaufschlagt werden. Unter normalen Fahrumständen ist es nicht notwendig.
Die Reifen (Metzeler ME 33 und 99 in 3.25 und 4.00) haften super. Man hat mich vorher gewarnt. Nimm bloß Niederquerschnittreifen. Aber damals ist man auch nicht nur so umgefallen und ich fahre wirklich nicht langsam mit den Reifen. Aufgrund der Einkolbenbremsen, die zwar komplett zerlegt und überholt wurden, muß jedoch sehr vorausschauend gefahren werden.
Die 900er braucht ca. 0,5 Liter mehr Sprit auf 100 km. Damit kann man leben. Es sind im Schnitt ca. 6,5 Liter auf 100 km. Ölverbrauch ist noch nicht feststellbar. Zwischen 4000 und 5000 U/min sind doch mehr Vibrationen spürbar, als bei der 750er. In der 900er sind Denso Kerzen verbaut. Diese funktionieren genauso gut wie die Platinkerzen von NGK, die ich in der 750er verwende. Die Platinkerzen halten ca. 15.000 km. Über die Haltbarkeit der Denso-Kerzen kann ich noch nichts sagen, wobei der Preisunterschied erheblich ist. Wichtig für ein gutes Startverhalten ist, daß ca. 1km vor Fahrtende, bei anschließender längerer Standzeit ab 3 Tagen, der Benzinhahn geschlossen und die Schwimmerkammern leer gefahren werden. Da die zündfähigen Anteile im Benzin bei der Bol d’or sehr schnell über die Vergaserentlüftung verdunsten.
Da ich beide Maschinen auf den ersten 10 – 15 km zwischen 4000 und 5000 U/min warm fahre und dann erst höhere Drehzahlen anstehen, fahren beide problemlos und absolut zuverlässig.
Beim ersten Showdown bei Kawa-Schlickel gab es wirkliche Bewunderung von Harry, Peter und Ralf Biermann. O-Ton Ralf B.: „Weißt Du noch Harry, davon haben wir vor 20 Jahren täglich 10 Stück aus’m Karton geholt. Und diese Blinker!”
Die Vollabnahme durch den GTÜ-Prüfer dauerte 30 Minuten, da er aus dem Schwärmen nicht mehr raus kam. Abnahme ohne Mängel.
Solch einen Aufbau würde ich jederzeit wieder durchführen. Leider gibt es kaum noch günstiges Basismaterial. Die Menschen. die sich von einer Bolle trennen wollen, haben teilweise Preisvorstellungen, die zum Gebotenen in keiner Relation stehen.
Zum Schluss noch Grüße an meine Familie, ohne deren Unterstützung so etwas nicht möglich gewesen wäre.Und natürlich an Peter und Michael. Sie wissen schon wofür.
Das nächste Bol d’Or Treffen soll 2005 in Hamburg stattfinden. Eventuell ergeben sich bis dahin ja noch weitere Kontakte. Man muß nicht im Club sein, was aber bei Problemen enorm hilft, um das Hobby Bol d’Or zu betreiben.