aus Kradblatt 3/18
von Tine & Jogi
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Honda CB 500 Four – keine lahme Ente …

Honda CB 500 Four

Dieses Motorrad hat keine tolle Geschichte, wie „Scheunenfund“ oder „auf einer Versteigerung geschossen“. Völlig unspektakulär hat mein Freund Tom die 1973er Honda CB 500 Four von einem Bekannten angeboten bekommen, der sie aus Altersgründen schon einige Jahre lang nicht mehr bewegt hatte.

Schalter rechts - Honda CB 500 Four Und weil seine Kinder in der alten Honda ein willkommenes Spielzeug sahen, hat er das nicht mehr fahrbereite Motorrad kurzerhand auf den Anhänger befördert und gegen kleines Geld mitgenommen.

Das Interesse der Kinder an dem Spielzeug ließ jedoch ziemlich schnell nach, ebenso schnell, wie in Tom der Ehrgeiz erwachte, die Maschine wieder zum Leben erwecken zu wollen.

Schalter links - Honda CB 500 Four Nach unzähligen Stunden Vergaser-frickeln und Elektrik-flicken, gab die Honda erste Zeichen einer gelungenen Wiederbelebung von sich. Bis zum Segen des TÜV-Prüfers dauerte es nicht mehr lange. Nach der Überarbeitung der Bremsen vergab der Graukittel die ersehnte Plakette und seitdem ist die alte Dame in „orange-flake-metallic“ back on the road.

Obwohl die Honda CB 500 Four zu den meistverkauften Motorrädern gehört, ist sie in unserem Straßenbild nur noch selten zu sehen.

Vergaser - Honda CB 500 Four Die Japaner brachten sie 1971 für günstige 5.595 DM mit dem Ziel auf den Markt, eine Mittelklasse-Maschine so erfolgreich anzubieten, wie die bereits Ende 1968 erschienene große Schwester CB 750 Four. Im Jahr 1972 folgte zusätzlich noch eine kleine Schwester mit 350 ccm. Selbst als der Preis 1975 auf 5.998 DM angehoben wurde, brach Hondas Verkaufserfolg nicht ab. 70 % der in dem Jahr in Deutschland zugelassenen Motorräder der 500er Klasse, waren eine Honda CB 500 Four. Erst 1978 wurde die CB 500 Four durch die, in Form und Motorleistung überarbeitete, CB 550 Four abgelöst.

Technisch basieren alle Four Modelle auf den gleichen konstruktiven Merkmalen. Der Motorblock ist ein quer verbauter 4-Zylinder mit obenliegender Nockenwelle und je zwei Ventilen pro Topf, die über Kipphebel betätigt werden. Die 4 in 4 Auspuffanlage sucht heute noch in Klang und Ästhetik ihresgleichen.

Cockpit - Honda CB 500 Four Dass wir uns die Gelegenheit, noch einmal mit einer Honda CB 500 Four fahren zu dürfen, nicht entgehen lassen, könnt ihr euch vorstellen. Also fix den Rucksack gepackt und ab an den nahe gelegenen Badesee nach Kükels!

Man beginnt jede Four-Ausfahrt mit der heute nicht mehr üblichen Zeremonie, das seitliche Lenkschloss zu entriegeln, den Benzinhahn zu öffnen, den Choke am 4-fach-Keihin-Vergaser zu ziehen, die Zündung einzuschalten, den Kompressionspunkt mit dem Kickhebel zu suchen und kräftig nach unten zu treten. Jupp! Läuft schon nach dem dritten Kick! Boahh, klingt das gut!

Bremse vorne - Honda CB 500 Four Allerdings hat die Honda auch einen kleinen, unscheinbaren Knopf für den Elektrostarter. Den haben wir aber erst hinterher entdeckt und danach die Sache mit dem Kickstarter gelassen. So toll ist das manuelle Antreten nun doch nicht.

Alles andere am Lenker konnten wir leicht zuordnen. Der Blink-Schalter wird einfach nach links oder rechts gestellt. Nach dem Abbiegen muss man ihn allerdings auch wieder in die Mittelstellung zurückfummeln. Die Buchstaben P-L-B auf dem Schalter am anderen Lenkerende stehen für Park-Light-Beam, was so viel wie Parklicht, Abblendlicht und Fernlicht bedeutet. Das Signalhorn ist mit PA beschriftet. Wir kennen diese Abkürzung nur für „Public Amplifier“ (engl. Außen-Verstärker). Der Sinn oder Zusammenhang erschließt sich nicht wirklich. Vielleicht schreibt uns ein kundiger Leser die Lösung dazu.

Honda CB 500 Four Die CB 500 Four wiegt nur 202 kg und ist recht niedrig. Ihr Handling ist so spielerisch, dass wir uns fragen, warum man heute solche entspannenden Motorräder suchen muss. Problemlos und gutmütig lässt sie sich von einer Kurve in die nächste legen. Ein bewusster und deutlicher Lenkimpuls ist dabei hilfreich, denn ihr Geradeauslauf ist stoisch stabil.

Die Sitzbank erstaunt durch ihre Bequemlichkeit, da man auf der langen, weich gepolsterten Sitzfläche so lange hin und her rutschen kann, bis alles passt. Für den Sozius bleibt trotzdem genug Platz.

Motor und Auspuff durften in den 70ern noch richtig Krawall machen. Fröhlich und mit tiefem Bass ballern die ungereinigten Abgase bis 5.000 Touren frei nach hinten hinaus. Darüber wird der Sound nur noch dröhnend lauter, aber nicht mehr schöner. Das turbinenartige Laufgeräusch der heutigen, japanischen Reihenvierer ist der CB 500 Four völlig fern.

Honda CB 500 Four Bei 9.000 U/min soll ihr Motor die brachiale Maximalleistung von 48 PS leisten. Erst bei 9.200 U/min beginnt der rote Bereich. Zu unserer Verwunderung endet er auf der Skala des Drehzahlmessers bei 10.200 U/min auch wieder. Das bringt uns auf schelmische Gedanken.

Nein, wir haben es nicht ausprobiert. Mit Rücksicht auf das Alter der Dame, haben wir es bei maximal 6.000 Touren gut sein lassen. Bis dahin setzt sie sich bereits zügig in Bewegung, fackelt aber trotz Schon-Behandlung rund 10 Liter Super auf 100 km ab.

1973 lag der Preis für einen Liter Superbenzin im Schnitt bei sorgenfreien 38,9 Cent (umgerechnet). Da waren ihre ungezügelten Trinksitten trotz Ölkrise kein ernsthaftes Problem.

Honda CB 500 Four Zu ihren besten Zeiten soll die Honda die 100 km/h Schallmauer schon nach 5,5 Sekunden durchbrochen haben. Wir glauben es ihr einfach. Ebenso wie die in den Papieren stehende Höchstgeschwindigkeit von rasanten 180 km/h.

Eine lahme Ente ist die Honda CB 500 Four also definitiv nicht, auch wenn wir keine Ahnung haben, wie schnell wir persönlich mit ihr wirklich unterwegs waren. Geblitzt wurden wir zwar nicht, aber gefühlt waren wir sehr, sehr schnell. Warum wir keine Ahnung hatten?

Der antike Nippon Seiki Tacho hat schon lange seinen Dienst quittiert und ist bei km 91.463,4 einfach stehen geblieben.

Sollte jemand noch einen Original-Tacho herumliegen und zu veräußern haben, würden wir uns über eine Mail freuen. Bitte auch, falls noch jemand ein bis zwei der putzigen, schnapsglasförmigen Blinker-Gläser oder ein Rücklicht ohne Risse übrig haben sollte.

So gut sich die CB 500 Four in Bewegung setzt und so präzise und geräuscharm sie sich durch ihre fünf Gänge steppen lässt, so schlecht verzögern ihre Bremsen. Obwohl die Honda vorne mit einer zweiten Bremsscheibe nachgerüstet wurde, übernimmt die hintere Trommelbremse die Hauptarbeit. Druckpunkte braucht man nicht zu suchen. Es gibt sie nicht. Einfach beherzt reinlangen, bis die Maschine steht.

Die Nachrüstung der Bremsen war an der CB 500 Four eine der beliebtesten Tuningmaßnahmen. Generell wurde an den Maschinen gerne herumgebastelt. Auch professionelle Tuner wie Scheibel und Fritz Egli haben sich früher an dieser Honda ausgetobt.

Wir waren 1973 gerade einmal ein und sechs Jahre alt, aber wir sind sicher, wenn wir früher das Licht der Welt zu sehen bekommen hätten – die Honda CB 500 Four wäre bestimmt unsere Maschine gewesen …