Honda-CB500FHonda legt nach den NC 700 Modellen mit der neuen CB-Baureihe im unteren Marktsegment noch mal nach. Die schicken 500er passen ideal in die neue 48 PS Klasse und können so auch von vielen PKW-Führerscheinbesitzern gefahren werden…

 

 

aus bma 7/13
von Jens Riedel
Fotos: Riedel / Honda / Buenos Dias

Honda CB 500 FamilienbandeNach Jahren von immer mehr Leistung erleben kleinere Motorräder seit einiger Zeit eine leichte Renaissance. Selbst die fast schon ausgestorbene Achtelliter-Klasse erholt sich langsam wieder. Große Hoffnung zur Belebung des kränkelnden Marktes setzen die Hersteller in die neue Führerscheinregelung. Mit der NC 700 hat Honda im vergangenen Jahr bereits erfolgreich mit vorauseilendem Gehorsam reagiert – und legt jetzt noch einmal nach: Unter der traditionsreichen Typenbezeichnung CB 500 kommt eine komplett neu entwickelte Baureihe zu uns.

Baureihe? Ja, wie schon bei der NC belässt es Honda nicht bei einer Maschine, sondern will gleich mehrere Käufergruppen ansprechen. Im Fall der CB ist es sogar noch eine mehr als bei der NC. Da sind das Naked Bike CB 500 F für die breite Masse, die CBR 500 R für den sportlich orientierteren Fahrer und die CB 500 X für Reisende mit großem Fernweh. 

Doch der Reihe nach: Kurz und kompakt steht sie da, die CB 500 F. Dennoch wirkt die kleine und 190 Kilogramm schwere Mittelklässlerin ausreichend erwachsen und auch auf gestandene Biker wie ein richtiges Motorrad. Der im nach unten offenen Rahmen hängende flüssigkeitsgekühlte Zweizylinder ist eine Neukonstruktion. Bis zum halben Liter fehlen ihm ganze 29 Kubikzentimeter Hubraum, das Leistungslimit von 35 kW / 48 PS für den A2-Führerschein nutzt der Twin aber natürlich voll aus. 

Honda CB 500 FPrägendes Designelement der CB 500 F ist neben der großen schwungvollen, flügelförmigen Abdeckung des Kühlers und der vorderen Tankhälfte die mächtige schwarze Plastikblende, die über dem Motor beginnt und sich bis unter das Sitzkissen zieht. Schön geht anders, aber der Zweck und der Sparzwang für ein preisgünstiges Einsteigerbike heiligen die Mittel, schließlich will man nicht stundenlang vor der Honda stehen, sondern vor allem mit ihr fahren. Auch die billig wirkenden und bereits von der NC bekannten Blinker sind keine Anwärter auf einen Schönheitspreis. Den Zubehörhandel freut’s. Dafür bekommt der CB-Besitzer ein neu gestaltetes Cockpit mit LCD-Display, bei dem der digitale Drehzahlmesser zwar nicht üppig, aber immerhin ausreichend groß ausgelegt ist, so dass er schmerzfrei ablesbar ist. Die Instrumente stecken hinter einer kleinen Lampenverkleidung, die aber rein ästhetischen Zwecken dient. Ein kleiner Motorspoiler setzt ebenfalls noch einen sportlichen Akzent. 

Vergessen ist die streitbare Silhouette, sobald man Platz genommen hat. Die CB 500 empfängt ihren Fahrer oder die Fahrerin mit freundlichen 79 Zentimetern Sitzhöhe und einer aufrechten Haltung mit nicht zu schmalem Lenker. Die Fußrasten sorgen für leicht angewinkelte Knie, ohne dass längeren Tagesetappen etwas im Wege stehen würde. Verstellbare Hebel für Kupplung und Bremse dürfen angesichts des Preises von unter 6000 Euro nicht erwartet werden. Dafür gibt es vorne wie hinten je eine modische Wave-Bremsscheibe, ein umgelenktes und neunfach verstellbares Monofederbein an der Kastenschwinge sowie – bei Honda eine Selbstverständlichkeit – natürlich ABS. 

Honda CB 500 ABSDer kurze Radstand von 1,41 Meter sorgt in Verbindung mit der Sitzposition für ein sehr agiles Handling. Spielend gehen Spurwechsel auf engem Raum von der Hand. Auch auf mit Flickenteppichen übersäten Landstraßen zweifelhafter Ord­nung bringt die kleine Honda nichts aus der Ruhe. Sie zeigt sich wunderbar spurstabil. Vor allem aber weiß der muntere Motor zu gefallen. Gerade wer einmal die NC-Modelle gefahren hat und sich den Vortrieb vom gnadenlos einsetzenden Begrenzer bei 6800 Touren nachhaltig hat einbremsen lassen, erlebt auf der kleineren Schwester eine ganz andere Motor(rad)welt. Hier darf die Kurbelwelle fröhlich jubeln, liegt die Spitzenleistung doch ohnehin erst bei 8500 Umdrehungen in der Minute an. Nur ein, zwei Millimeter weiter beginnt auf dem digitalen Balken-Drehzahlmesser dann auch der rote Bereich, von dem der Twin gerne noch 500 Einheiten mitnimmt, ehe auch hier unmissverständlich die Elektronik weiterem Schub einen Riegel vorsetzt.

Am wohlsten fühlt sich der kultivierte Motor, der seine Kraft recht linear entfaltet, zwischen 4000 und 6000 Touren. Dauerhaft will die wohl niemand ernsthaft auf der kleinen Honda fahren. Dazu soll auch noch der Geldbeutel geschont werden. Honda nennt einen Normverbrauch von 3,7 Litern auf 100 Kilometer. Das reicht angesichts eines Tankvolumens von 15,7 Litern durchaus schon einmal für ein tankstellenfreies Wochenende. Für mich ist die CB ein echtes Brot-und-Butter-Bike im besten Sinne des Wortes. Eine ehrliche Haut, die nichts vorgaukelt, aber ein Kumpel ist, auf den man sich im Alltag voll und ganz verlassen kann. Die an­gegebene Höchstgeschwindigkeit von 175 km/h ist eher theoretischer Natur.

Honda CB 500 F CockpitAuch die Ohren dürfen sich übrigens an der 5755 Euro teuren CB erfreuen. Mit sonorem Brummen nimmt der Zweizylinder seine Arbeit auf, um ab 5500 U/min in eine etwas sportlichere Tonart zu wechseln. Begleitet wird dies von einer angenehmen Laufruhe. Die Kolben des Gegenläufers werden getrennt gezündet, und hinter den beiden Zylindern hat Honda noch eine Balancerwelle angebracht, die die Schwingungen ebenfalls wirkungsvoll eindämmt. Das Sechs-Gang-Getriebe lässt sich sehr weich und exakt schalten, die Kupplung fordert nur mittlere Handkraft. Etwas weniger sensibel zeigt sich lediglich die Fußbremse. Die hintere Einkolben-Zange dürfte die 240 Millimeter große Scheibe ruhig etwas beherzter umklammern und lässt für erfahrenere Biker einen ordentlich Druckpunkt vermissen. Aber um den gestandenen Motorradfahrer geht es hier ja auch nicht, sondern primär um Ein-, Auf- und Wiedereinsteiger – und für die ist hier weniger mehr. Honda sieht hier ein Riesenpotenzial schlummern. Auch wenn nur rund 155.000 neue Motorradführerscheine jedes Jahr in Deutschland ausgestellt werden, gibt es hierzulande über sieben Millionen Menschen, die Kraftrad fahren dürften, aber keines besitzen. Dazu kommen noch einmal elf Millionen Pkw-Fahrer, die ihre Fahrerlaubnis vor dem 1. April 1980 bekommen haben und denen der Aufstieg auf ein richtiges Motorrad durch die EU-Neureglung spürbar erleichtert wird. 

Da reicht dann ein Naked Bike allein eigentlich schon nicht mehr aus. Und so frönt Honda, wie schon bei der NC, dem Baukastenprinzip und setzt bei der neuen Modellreihe gleich noch eins drauf. Analog zur NC 700 gibt es die CB 500 ebenfalls als X. Für 500 Euro mehr bietet sie etwas mehr Federweg und Radstand, vor allem aber einen Hauch Abenteuer. 

Honda CBR 500 RDie dritte Variante des Trios bekommt in Anlehnung an ihre großen Schwestern und die klassische Superportler-Nomenklatur bei Honda sogar noch ein R hinter dem CB spendiert: Keine Frage, fesch sieht sie aus, die CBR 500 R und wirkt erwachsen. Die sportliche Verkleidung mit Doppelscheinwerfer, andere Spiegel und vor allem die gekröpften Lenkerhälften verwandeln die F in die R. Ansonsten herrscht Gleichteile-Philosophie. Dennoch offenbart die R einen tatsächlich anderen Charakter. Das dürfte aber weitgehend der Psychologie geschuldet sein. Mit der Halbliter-CBR war ich auf jeden Fall spürbar flotter unterwegs als auf der F, legte mich noch enger in die Kurven und drehte die Gänge vor dem Wechsel mindestens 1000 Umdrehungen höher. Zudem bietet die Verkleidung spürbare Entlastung des Oberkörpers. Ob das alles die 500 Euro Aufpreis wert sind, sollte jeder bei einer Probefahrt selbst entscheiden. 

Apropos 6255 Euro. Für keine 300 Euro weniger gibt es schon die nackte NC 700, die zwar nicht mehr leistet, aber eben doch größer ist. Und für keine 300 Euro mehr würde auch die NC 700 X vor der Garage stehen. Da kann man schon einmal ins Grübeln kommen – und Honda dürfte sich etwas einfallen lassen müssen, um die Verhältnisse in der hauseigenen Mittelklasse wieder etwas geradezurücken. Immerhin, das praktische Doppelkupplungsgetriebe, das einem die Schaltarbeit abnimmt, ist für die CB 500 Modelle nicht zu bekommen. Da muss es dann doch mindestens die NC sein. 

Am besten probiert man bei seinem Honda-Vertragshändler gleich beide Baureihen aus. Falsch macht man sicherlich mit keiner der Maschinen etwas.