aus bma 2/11 – Klassiker

von Konstantin Winkler

Honda CB 400 fourNachdem die Motorrad-Verkaufszahlen Ende der 60er Jahre zu wünschen übrigließen, zeigte die Konjunktur einige Jahre später steil nach oben. Grund waren die noch heute als „Reiskocher” verspotteten japanischen Bikes, die moderne Technik und satte Leistung zu günstigen Preisen garantierten. Die europäischen und amerikanischen Hersteller hatten da wenig entgegenzusetzen.

Mitte der 70er Jahre boten die japanischen Motorradersteller viele Konzepte auf. Zwei-, Drei- oder Vierzylinder, schrilles Zweitaktkreischen oder dumpfer Viertakt-Sound. Honda hielt im Gegensatz zu Yamaha, Suzuki und Kawasaki am Viertaktmotor fest. Das ohc-Grundkonzept mit obenliegender Nockenwelle stammt von der legendären Honda CB 750 Four. Der exakt 409 ccm große bzw. kleine Vierzylinder der CB 400 Four leistet 37 PS bei 8500 U/min, und muss sich damit nicht vor der zweitaktenden Konkurrenz verstecken. Kawasakis Dreizylinder-Zweitakter KH 400 leistet 36 PS bei 7000 U/min und Yamahas Zweizylinder-Zweitakter RD 400 sogar 43 PS bei 7200 U/min.

Honda CB 400 fourDie Firma Honda aus dem japanischen Hamamatsu hatte in den 70er Jahren viele Pfeile im Köcher. Schließlich musste man den Speichelfluss der Kunden am Laufen halten. Jede noch so kleine Lücke im eigenen Modellprogramm wurde gefüllt. Zwischen einem 350er Zweizylinder und einer 500er Vierzylinder war also durchaus Platz für die CB 400 Four. „Super Sport” steht auf dem Tank. Der dezente Sound der damals wie heute einzigartigen Vier-in-eins-Anlage untermauert diesen Begriff allerdings nicht. Bildhübsch ist der Reihenvierzylinder mit seinen auf der rechten Motorseite aufgefächerten Krümmern. Die linke Motorseite wirkt dagegen richtig leer! Der fahrtwindgekühlte Motor hat eine fünffach gleitgelagerte Kurbelwelle und eine obenliegende, per Kette angetriebene Nockenwelle. Über Kipphebel werden dann je zwei Ventile pro Zylinder betätigt.

Honda CB 400 fourSo zierlich und kompakt, wie die Honda aussieht, fährt sie sich auch. Schließlich beträgt das Leergewicht nur 184 Kilogramm. Gestartet wird der Reihenvierer per Knopfdruck oder Kickstarter, was beides stets problemlos gelingt. Die Batterie von vier Keihin-Rundschiebervergasern mit 22mm Durchlass benötigt nur kurze Zeit Choke-Unterstützung, dennoch ist die Warmlaufphase nicht besonders kultiviert. Ist der Motor warm, gibt es keine Probleme mehr. Bereits aus niedrigen Drehzahlen zieht das Triebwerk sauber und willig hoch. Zum flotten Beschleunigen sind allerdings hohe Drehzahlen nötig. Schlappe 27 Newtonmeter schafft der Vierzylinder bei 6000 Umdrehungen pro Minute. Das ist für die 184 Kilo plus Fahrer und ggf. Beifahrer zu wenig. Wer 10000 Touren und den roten Bereich des Drehzahlmessers nicht scheut, kommt aber flott voran. Und darf um fleißige Schaltarbeit nicht verlegen sein. Sechs Gänge stehen zur Verfügung, um die angegebene Höchstgeschwindigkeit von 158 km/h zu erreichen. Dabei läuft das Triebwerk in allen Lebenslagen seidenweich und vibrationsarm. Kaum zu glauben, dass dies ein mit einem H-Kennzeichen ver­sehener „Oldtimer” ist!

Dem Fahrwerk sind die Jahre da schon eher anzumerken. In schnell gefahrenen oder welligen Kurven macht sich die zu weiche Dämpfung negativ bemerkbar. Die hydraulische Telegabel und die Zweiarmschwinge mit den beiden hydraulisch gedämpften Federbeinen war ursprünglich für den amerikanischen Markt konzipiert und in erster Linie auf Komfort ausgelegt. Abhilfe schafften Koni-Federbeine. Leichtes Spiel haben die Bremsen mit der Honda. Eine Scheibenbremse vorn und die Trommelbremse hinten – im damaligen Prospekt als „mechanische Innenbackenbremse” beschrieben, sorgen für gute Verzögerungswerte.

Honda CB 400 fourDer Fahrer sitzt bequem. Der Beifahrer nun auch, nachdem die Fußrasten nicht mehr wie bei den ersten Modellen an der Schwinge befestigt sind. Allerdings kann es bei der jetzigen Anordnung vorkommen, dass der rechte Absatz mit dem Auspuff verschmilzt und einen hässlichen Brandfleck hinterlässt. An dem verchromten, breiten Lenker geführt, gibt sich die Honda geradezu leichtfüßig, auch bei zügiger Fahrweise. Sie reagiert spontan auf jeden Schenkeldruck und schlägt sofort den gewünschten Kurs ein. Zwangsstopps gibt es nur zum Tanken oder wenn es dem Biker nach Nikotin oder ähnlichem gelüstet, denn gut gewartet und gepflegt beweisen selbst historische Japaner ihre Zuverlässigkeit.

Nur wenigen Motorrädern ist ewige Jugend beschieden. Die Honda CB 400 Four ist eine davon. 1975 wurde das Motorrad präsentiert. Noch heute wirkt sie frisch und elegant. Nach dem Abstellen des Motors knistert es im Auspuff und es riecht nach verbranntem Öl und Benzin. Das alles macht sie so liebenswert, dass sie noch lange nicht im Keller oder im Museum ihr Gnadenbrot bekommt. Gefahren wird sie!